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Archiv "FDP will mit Modellversuchen zur Selbstbeteiligung Ernst machen: Interview mit Dieter Julius Cronenberg, stellvertretendem Vorsitzenden der FDP-Bundestagsfraktion" (21.08.1980)

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Bericht und Meinung

DAS INTERVIEW

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT: Im Oktober 1978 hat auf Initiative der FDP das Bundesarbeitsministe- rium ein wissenschaftliches Gut- achten mit dem Titel „Untersu- chung zu den Auswirkungen von Wahltarifen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)" an das Internationale Institut für em- pirische Sozialökonomie in Augs- burg (Direktor: Prof. Dr. rer. pol.

Martin Pfaff) vergeben. Den An- kündigungen des Parlamentari- schen Staatssekretärs des Bun- desarbeitsministeriums, Hermann Buschfort, zufolge, sollte diese Expertise Ende Mai 1980 abge- schlossen und veröffentlicht wer- den. Aber bislang sind Ergebnisse der Untersuchungen nicht be- kanntgeworden. Wie steht es ei- gentlich mit diesem Forschungs- vorhaben?

Cronenberg: Es war nicht einfach, den Koalitionspartner und Bun- desminister Ehrenberg überhaupt davon zu überzeugen, ein solches Gutachten zu erstellen. Nach lang- wieriger Verhandlung ist der Auf- trag erteilt worden, und wir hatten in der Tat die Hoffnung, bis zum Sommer dieses Jahres konkrete Ergebnisse vorliegen zu haben.

Bedauerlicherweise haben sich die Untersuchungen als sehr viel schwieriger herausgestellt, als wir vermutet hatten. Insbesondere ist es wohl schwierig gewesen, das erforderliche Material aus jenen Bereichen, in denen mit der Selbstbeteiligung bereits Erfah- rung gesammelt werden konnte, zu gewichten. Vielleicht ist es aber auch gut, daß die Ergebnisse die- ser Untersuchung nicht in den Wahlkampf gezerrt werden.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT: Das Thema der Wahltarife war ja in der Regierungserklärung von 1976 gar nicht angesprochen worden. Auch ist in der Öffentlichkeit nicht be- kanntgeworden, ob dies über-

haupt Gegenstand der Koalitions- vereinbarung zwischen SPD und FDP gewesen ist. Besteht nun eine Hoffnung, daß die Thematik der Wahltarife bzw. der modellhaften Erprobung von Direktbeteili- gungsverfahren in der kommen- den Legislaturperiode von der FDP, gleichgültig mit wem sie koa- liert, konkreter vorangetrieben wird? Kann man damit rechnen, daß es zu praktischen Modellver- suchen kommt?

Cronenberg: Richtig ist, daß in dem Koalitionsvertrag 1976 be- dauerlicherweise keine Modellver- suche vereinbart worden sind. Un- tersuchungen sind zugesagt wor- den. Die Formulierungen waren wohl auch nicht so klar, daß es uns möglich war, mehr zu errei- chen als eben die angesprochene Untersuchung. Es wird niemanden überraschen, daß der Koalitions- partner in dieser Frage sich außer- ordentlich zurückhaltend verhält.

Aus diesem Grunde haben die Ge- sundheits- und Sozialpolitiker der FDP auf dem Freiburger Wahlpar- teitag 1980 allergrößten Wert dar- auf gelegt, daß nunmehr konkret Modellversuche verlangt werden.

Und wir gehen davon aus, daß wir uns mit dieser Rückenstärkung, entsprechendes Wahlergebnis vorausgesetzt, auch durchsetzen werden. Dies wird um so leichter sein, je stärker die FDP ist, und dies wird um so leichter sein, je mehr der Koalitionspartner einse- hen muß, daß wirksame Maßnah- men zur Kostendämpfung im Ge- sundheitswesen unerläßlich sind.

Die Notwendigkeit der Kostensen- kung im Gesundheitswesen ergibt sich nach unserer Auffassung ein- mal aus ordnungspolitischen Überlegungen. Wir wünschen, daß der mündige Bürger, wo auch im- mer, mit einem Höchstmaß an Ei- genverantwortlichkeit möglichst viele Lebensbereiche gestaltet.

Dies trifft ganz besonders auch für sein Verhalten im Bereich seiner Gesundheit zu. Abgesehen davon halten wir aber auch aus gesell- schaftspolitischen Überlegungen eine Dämpfung bei den Krank- heitskosten und den anderen So- zialkosten für unerläßlich. Nicht zu Unrecht beklagt sich mancher Bürger, daß seine Abgaben von seinem brutto Verdienten ihm net- to nicht genügend an freiverfüg- barem Einkommen belassen. Da die Steuerlastquote seit Beginn der Bundesrepublik praktisch konstant geblieben ist, ist diese Kritik im wesentlichen darauf zu- rückzuführen, daß die Abgaben für die Sozialkosten — das heißt:

Sozialversicherungsbeiträge für die Kranken-, Renten- und Arbeits- losenversicherung — überpropor- tional gestiegen sind.

Am Rande sei vermerkt, daß diese Kostensteigerung im wesentlichen auf gesetzliche Maßnahmen aus der Zeit der großen Koalition zu- rückzuführen sind. Ich möchte in diesem Zusammenhang beson- ders an die unglückliche arbeits- rechtliche Lösung der Lohnfort- zahlung im Krankheitsfall erin- nern.

Wer also für Beitragsstabilität so hartnäckig eintritt, wie wir dies tun, möchte damit auch die Frei- heitsräume des einzelnen Bür- gers, über sein verdientes Geld verfügen zu können, erhalten wissen.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT: Die Selbstbeteiligung wird oftmals als ein Instrument interpretiert, um die Beiträge stabil zu halten, ja, sie sogar zu senken. Auf diese Steue- rungswirkung zielen offenbar auch die seit 1976 von der FDP vorgeschlagenen Wahltarife ab.

Der 83. Deutsche Ärztetag im Mai 1980 in Berlin hat sich nun in den

„Gesundheits- und Sozialpoliti- schen Vorstellungen der deut- schen Ärzteschaft (Blaues Pa- pier)" auf kein konkretes Modell der Selbstbeteiligung festgelegt.

Es ergibt sich daraus die Frage, ob die FDP ausschließlich Wahltarife favorisiert oder ob sie auch ande- ren praktikablen Vorschlägen auf- geschlossen gegenüberstünde, et-

FDP will mit Modellversuchen zur Selbstbeteiligung Ernst machen

Interview mit Dieter Julius Cronenberg,

stellvertretendem Vorsitzenden der FDP-Bundestagsfraktion

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 34 vom 21. August 1980 2015

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Bericht und Meinung

Modellversuche mit Selbstbeteiligung

wa dem Vorschlag des Würzbur- ger Nationalökonomen Prof. Bru- no Molitor, eine moderate Arznei- mittelkostenbeteiligung bei halb- jähriger Kostenerstattung einzu- führen, oder etwa ein allgemeines Kostenerstattungsverfahren zu er- proben, oder aber den Hebel in einzelnen Leistungssektoren an- zusetzen. Was steht in diesem Zu- sammenhang konkret hinter der Forderung des Gesundheitspoliti- schen Programms der FDP von 1976, in dem es heißt: " ... Jeder Bürger muß die freie Wahl seiner Krankenversicherung haben."? Ergeben sich daraus nicht Mög- lichkeiten, daß einzelne Kranken- kassen in Zusammenarbeit mit der jeweiligen Selbstverwaltung auf freiwilliger Basis Modellversuche in der angedeuteten Form starten könnten?

Cronenberg: Wer, wie die FDP das

tut, Modellversuche verlangt, kann

nicht von einem festen Ergebnis dieser Versuche ausgehen. Das Ziel unserer Bemühung, Kosten- dämpfung und vernünftige Verhal- tensweisen durch den Einbau des Faktors Eigenverantwortung zu erreichen, kann sicher auf ver- schiedene Weise erreicht werden.

Ein Modell, das zweifelsohne bei uns in der FDP favorisiert wird, sind die Wahltarife. Dies schließt nicht aus, daß andere Modelle ebenfalls untersucht werden. Was wir in jedem Fall brauchen, sind AOKs, lnnungskrankenkassen, Er- satzkassen, die bereit sind, solche Modellversuche zu tragen, wobei es selbstverständlich ist, daß hier- durch die Vorsorgeuntersuchun- gen ebensowenig berührt werden dürfen wie der erste Besuch beim Arzt.

Entscheidend für die FDP ist in diesem Zusammenhang auch, daß die Solidargemeinschaft in der ge- setzlichen Krankenversicherung hierdurch nicht aufgelöst wird, das heißt, jedes Mitglied der ge- setzlichen Krankenversicherung hat nach wie vor einen Solidarbei- trag für die Solidargemeinschaft zu erbringen.

Es erübrigt sich in diesem Zusam- menhang auch zu sagen, daß wir hartnäckige Anhänger des geglie-

derten Systems sind und dieses, soweit möglich, auch ausgebaut wissen wollen. Für uns ist es durchaus keine lebensfremde Vor- stellung, wenn wir daran denken, daß es möglich sein muß, auch Arbeiterersatzkassen neu zu grün- den oder weiterzuentwickeln.

Selbstverständlich lehnen wir es im Sinne gesicherter Grundversor- gung für den Bürger ab, die Versi- cherungspflicht und Beitragsbe- messungsgrenze abzuschaffen oder spürbar zu erhöhen.

..,. Wir sind uns im klaren darüber, daß Modellversuche zur Einfüh- rung von Selbstbeteiligungsmo-

Dieter Julius Cronen- berg MdB Foto:

Deutscher Bundestag dellen in der gesetzlichen Kran- kenversicherung die Bereitschaft und die Aufgeschlossenheit der Krankenkassenverbände voraus- setzen. Und wir überlegen, zu ge- gebener Zeit ein Hearing sowohl mit den Ärzteorganisationen als auch mit den Kassenvertretern speziell zu dieser so wesentlichen sozialpolitischen Frage zu veran- stalten. Außerdem bestehen aus- sichtsreiche Kontakte bereits mit einer Ersatzkasse, die sehr aufge- schlossen ist, Modellversuche zu starten. Jedoch kommt es beson- ders darauf an, daß die zu untersu- chende Population sehr breit ge- streut ist. Ersatzkassen betreuen ja eine spezifische Klientel. Jedem Einsichtigen ist allerdings klar, daß bei einer zu befürchtenden absoluten SPD-Mehrheit in dieser Frage sich nichts bewegen wird.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT: Das FDP-Parteiprogramm von 1976 konstatiert, daß "die solidarische

2016 Heft 34 vom 21. August 1980 DEUTSCHES ARZTEBLATT

Sicherung gegen Kranksein gebo- ten ist, gerade um die individuelle Freiheit des Bürgers in der moder- nen Industriegesellschaft zu si- chern." Nun bedarf wohl nicht das ganze Volk einer solidarischen Absicherung im KrankheitsfalL ln der gesetzlichen Krankenversiche- rung gibt es die unterschiedlich- sten Versichertenkreise. Arbeiter unterliegen ausnahmslos der Ver- sicherungspflicht; aber . es gibt heute noch eine Versicherungs- pflichtgrenze für Angestellte. Gibt es eine auch noch so vage Hoff- nung, die Versicherungsberechti- gung in der gesetzlichen Kranken- versicherung wieder zu begrenzen - auch als eine Form von "Selbst- beteiligung?"

Cronenberg: Die solidare Siche- rung hat für die FDP nach wie vor einen ganz hohen Stellenwert.

Dies ist aber keine Begründung für eine wie auch immer ausge- baute oder ausgestaltete totale Versicherungspflicht und ganz si- cher nicht eine hinreichende Be- gründung für eine Einheitsversi- cherung. Das bedeutet: Wir sind nachhaltig für das gegliederte Sy- stem der Krankenversicherung - Ersatzkassen, lnnungskassen, Be- triebskrankenkassen und die privaten Krankenversicherungen (PKV) -, die alle nach unserer Vor- stellung ihren besonderen Steilen- wert in unserem Versicherungssy- stem haben. Es darf auch nicht übersehen werden, daß die PKV insbesondere durch ihre Zusatz- leistungen bei der stationären Be- handlung einen nicht unerhebli- chen Beitrag für die Solidarge- meinschaft leistet.

Eine totale Versicherungspflicht ist abzulehnen. Wir bejahen die freiwillige Versicherungsmöglich- keit und möchten auch keine un- terschiedlichen Bedingungen für denjenigen haben, der freiwillig in der gesetzlichen Krankenversiche- rung versichert ist. Dies ist um so notwendiger, als wir die Versiche- rungspflichtgrenze nicht so hoch angesetzt wissen möchten. Das heißt, daß es immer einen relativ großen Kreis an Beschäftigten ge- ben wird, der einmal oberhalb und einmal unterhalb dieser Versiche- rungspflichtgrenze liegt.

(3)

Eine Frage an den Arzt Dr. med.

Jörg-Dieter Gursky (Internist in Dortmund), stellvertretenden Vor- sitzenden des Bundesfachaus- schusses für Sozial-, Gesund- heits- und Gesellschaftspolitik der FDP. (Sein Antrag beim FDP- Bundesparteitag in Freiburg be- wirkte, daß die Forderung nach Selbstbeteiligung in das Wahlpro- gramm seiner Partei aufgenom- men wurde.)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT: In der Diskussion um die Selbstbe- teiligung wird des öfteren das Ar- gument verwandt, die Versicher- ten könnten wegen des von ihnen gescheuten Kostenrisikos Krank- heiten verschleppen und zu spät zum Arzt gehen, so daß letztlich doch die Krankheitshäufigkeit und die Schwere der Erkrankung zu- nehmen. Als wie stichhaltig beur- teilen Sie dieses Argument?

Dr. Gursky: In den früheren Jah- ren und noch bei der Beschluß- fassung des Gesundheitspoliti- schen Programms der FDP 1976 war ich ein entschiedener Gegner der Einführung einer Selbstbetei- ligung in der gesetzlichen Kran- kenversicherung. Meine Erfah- rungen in zwei Jahren Tätigkeit als niedergelassener Arzt haben mich jedoch überzeugt, daß sol- che Modellversuche nun durch- geführt werden müssen.

Als Kassenarzt erlebe ich, daß das Anspruchsdenken, die Erwar- tungshaltung und der Versuch, sich zu „bereichern" oder zumin- dest zu _verbessern", zur Ko-

stenbelastung aller in der Solidar- gemeinschaft führen,

Deshalb müssen Versuche ge- startet werden, um die Eigenver- antwortlichkeit des einzelnen zu stärken, ihn zu gesundheitsbe- wußteren Verhaltensweisen zu ermuntern, ja zu erziehen. Aller- dings würde ich wieder davon ab- gehen, eine Selbstbeteiligung zu realisieren, wenn sich bei wissen- schaftlichen Längsschnittsunter- suchungen nach mehreren Jah- ren erweisen würde, daß die Krankheitshäufigkeit und die Pro- gredienz der zu behandelnden Krankheitsbilder sektoral oder gar insgesamt bei der Bevölkerung zunähmen. Die Stärkung der Ei- genverantwortlichkeit und der

Kostendämpfu ngsbestrebu ngen dürfen nicht zu Lasten der Ge- sundheit unserer Mitbürger ge- hen. Jedoch meine ich, An- spruchsdenken und hochge- schraubte Erwartungshaltungen in der Bevölkerung sind so verbrei- tet, daß wir solche Modellversu- che, denen diese Motivation zum gesundheitsbewußten Verhalten innewohnt und die langfristig Bei- tragsstabilität garantieren, durch- führen müssen.

Ein Erfolg eines Heilverfahrens erscheint mir nur dann, ja beson- ders dann gesichert, wenn der Patient entsprechend motiviert ist, indem er etwa bei einem vierwö- chigen Kuraufenthalt eine Woche seines Jahresurlaubs für dieses Heilverfahren opfert. Das ist auch ein Selbstbeteiligungsbeitrag, ei- ne ideelle Eigenleistung!

Bericht und Meinung Modellversuche

Wie unterschiedlich aber die an- deren Parteien die Frage der tota- len Versicherungspflicht bewer- ten, möge man daran erkennen, daß zur Zeit der großen Koalition die Versicherungspflicht ausge- dehnt wurde. Bei vergleichbaren politischen Konstellationen ist ei- ne totale Versicherungspflicht auch für die Angestellten zu be- fürchten.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT: Von Kennern der Kassenverwaltungen kommt häufig das Argument, daß Selbstbeteiligungssysteme, ganz gleichgültig auf welchen Versi- chertenkreis sie sich beziehen könnten, alle von der Verwal- tungsseite her viel zu teuer wären, jedenfalls die Verwaltungskosten unverantwortlich höher lägen als derzeit. Haben Sie sich darüber im Zusammenhang mit dem Selbst- beteiligungsvorschlag Ihrer Partei Gedanken gemacht?

Cronenberg: Zunächst einmal be- zweifle ich stark, ob der Verwal- tungsaufwand tatsächlich um so viel größer ist. Die Einführung der EDV-Technik bei unseren Versi- cherungen hat in den vergange- nen Jahren zu großen Einspa- rungseffekten im Verwaltungsbe- reich geführt und hat außerdem die Möglichkeiten individueller Gestaltung um vieles erhöht. Doch nicht alle Möglichkeiten sind voll ausgeschöpft. Im übrigen wird bei solcher Argumentation überse- hen, daß ja nicht die Frage der Kostenersparnis im Verwaltungs- bereich Begründung für unsere Forderung ist, sondern daß die Be- gründung in der zu erwartenden unterschiedlichen, veränderten Verhaltensweite des einzelnen Versicherten zu suchen ist. Und diese Änderungen in der Verhal- tensweise dürften bei nicht weni- gen Bürgern möglicherweise auch einen gesundheitsfördernden Ef- fekt haben.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT: In der Tat sind wir jetzt gemeinsam auf ein Nebengleis geraten. Wir möchten aber noch einmal auf die Frage der in den verschiedensten Leistungsbereichen denkbaren Selbstbeteiligungen zurückkom- men .

Cronenberg: Also abgesehen von der Selbstbeteiligung genereller Art im Sinne einer Teilkaskoversi- cherung ist natürlich die Überle- gung anzustellen, ob sektoral für einzelne Leistungen im Gesund- heitswesen spezielle Selbstbeteili- gungen möglich sind. Dies ist denkbar sowohl im Bereich der Medikamente, wobei je nach Art der Medikamente auch unter- schiedliche Beteiligungen denk- bar sind. Dies ist sicher ebenso möglich im Bereich der ärztlichen Dienstleistung wie auch der Heil- und Hilfsmittel. Der gelegentlich praktizierte „Kurlaub" ist ganz si- cher kein Beitrag zur Eigenverant- wortung. Für sinnvolle und not-

wendige Kuren einige Tage Urlaub zu opfern, ist jedem zumutbar und sicher eine praktikable Form der Selbstbeteiligung. In diesem Zu- sammenhang darf auch das Kran- kenhaus nicht außer acht gelassen werden. Wir müssen ja mit Bedau- ern feststellen, daß es uns in der vergangenen Legislaturperiode nicht gelungen ist, mehr wirt- schaftliche Elemente im Kranken- haus einzuführen. Das Kranken- hausfinanzierungsgesetz ist aus den bekannten Gründen geschei- tert. Ich bin hartnäckig der•Auffas- sung, daß Krankenhäuser auch Gewinn machen sollten, und zwar nicht nur, um ihre Investitionsko- sten zu begleichen, sondern auch,

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 34 vom 21. August 1980 2017

(4)

Bundesgesetzblatt

513

Teil

Nr. 28

Tag Inhalt: Seite

17. 8.55 Gesetz über Kassenarztrecht 513

17.8. 55 Gesetz über die Verbände der gesetzlichen Krankenkassen und der Ersatzkassen 524

1955 Ausgegeben zu Bonn am 19. August 1955

Gesetz über Änderungen

von Vorschriften des Zweiten Buches der Reichsversicherungsordnung und zur Ergänzung des Sozialgerichtsgesetzes

(Gesetz über Kassenarztrecht — GKAR).

Vom 17. August 1955.

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundes- rates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderungen der Reichsvers* ,--- 9

hat Anspruch auf die ärztliche gt

§ 388 e

Versorgung, die zur 'Heilung oder Linderung Der Versicherte h nach den Regeln der ärztlichenKunst zweck- mäßig und ausreichend ist (§ 182 Abs. 2). Leistun- gen, die für

die des Heilerfolg der Erzielung

es nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, kann

. Versicherte nicht beanspruchen, der Kassenarzt

und der beteiligte Arzt dürfen sie nicht bewi rken oder verordnen; die Kasse darf sie naclitr:glidi nicht bewilligen.

§ 3681 für

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. d die ankenkasse entrichtet (§ 368) rnit, be-

(1) Die (1 L,Dkiea 1<:' ärztliche Ve's°2`V,,,ütung

(2) D

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tat (2) Die erfolgt

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,ots g). rere Orte oder für Ortsteile (Kassenarztst,,.

Soweit sich die folgenden Vorschriften auf Ärzte beziehen, gelten sie entsprechend für Zahnärzte.

(2) Die kassenärztliche Versorgung umfaßt die ärztliche Behandlung. Zu ihr gehören auch die Anordnung der Hilfeleistung anderer Personen, die Verordnung von Arznei und Heilmitteln und von Krankenhauspflege sowie die Ausstellung der Bescheinigungen, die die Krankenkassen zur Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben be- nötigen.

§ 368 a

(1) Um eine ausreichende ärztliche Versorgung und die freie Wahl unter einer genügenden Zahl von Ärzten zu gewährleisten > sind im Zulas- sungsbezirk (§ 368b Abs. 1) in der Regel

auf je fünfhundert Mitglieder ein Arzt und auf je neunhundert Mitglieder ein Zahnarzt zuzulassen (Verhältniszahl). Bei der Feststellung Verhältniszahl werden, soweit es sich um die versicherten Rentner handelt Verbesserung der vom

Vor 25 Jahren, am 19. August 1955, ist das – in Kurzform so genannte – Gesetz über Kassenarztrecht im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden; ein Datum, das nicht unbeachtet vorübergehen sollte, zumal seither die sozialpolitische Haltung der Regierung, des Gesetzgebers wie der Sozialpartner zu Fragen der ambulanten ärztlichen Versorgung der Bevölkerung an den unverzichtbaren Grundsätzen die- ses Kassenarztgesetzes gemessen wird, nämlich an den bis heute soviel zitierten

„essentials": Sicherstellungsauftrag an die Kassenärztlichen Vereinigungen, Selbstverwaltung der Kassenärzteschaft und Vertragsfreiheit gegenüber den Kran- kenkassen. Ein Artikel, der – aus berufener Feder – das Gesetz über Kassenarzt- recht von 1955 aus heutiger Sicht eingehend würdigt, wird in einer der folgenden Ausgaben des DEUTSCHEN ÄRZTEBLATTES veröffentlicht werden DÄ Bericht und Meinung

DAS DOKUMENT Modellversuche

um ihre Wirtschaftlichkeit nachzu- weisen — dies ist nebenbei be- merkt auch eine Wettbewerbs- chance für kleinere Häuser. Unab- hängig davon ist es durchaus zu- mutbar, daß der Patient für erspar- te Verpflegungskosten einen be- stimmten Eigenbeitrag für die Ta- ge des Aufenthalts im Kranken- haus leistet — ein unkomplizierter, praktikabler und wirksamer Bei- trag zur Kostensenkung!

Daß für uns die hier angesproche- nen Fragen selbstverständlich auch ein Stück praktizierter Mittel- standspolitik sind, braucht eigent- lich nicht erwähnt zu werden. Wir werden unsere Position auch in der sozialen Gesundheitspolitik auf unserem Mittelstandskongreß am 1. September in Mainz noch einmal verdeutlichen. Für uns sind die Leistungen der Mittelständler und Freiberufler, insbesondere auch der Ärzte, Dienst an der Ge- sellschaft. Diese wird mit Produk- ten und Dienstleistungen optimal durch solche selbständig tätigen Mittelständler versorgt.

Im ärztlichen Bereich gehören da- zu die Niederlassungsfreiheit und die freie Arztwahl. Wir möchten gewährleistet sehen, daß dem Bür- ger alle Möglichkeiten gegeben werden, den Arzt seines Vertrau- ens und die gewünschte Therapie- richtung selbst zu wählen. Durch unsere Forderung nach mehr Be- legkrankenhäusern — in denen ja niedergelassene Ärzte ihre Patien- ten auch stationär behandeln — möchten wir die freie Arztwahl möglichst auch im Krankenhaus erreichen. Wir wollen mehr Frei- heit für den im Gesundheitswesen Tätigen, aber auch mehr Möglich- keiten für den Patienten, selbst- verantwortlich zu handeln.

Schließlich geht es uns um die Er- haltung der Pflichtkassen, Ersatz- kassen und Privatversicherungen, eben unseres gegliederten Versi- cherungssystems.

Wenn es gelingt, diese Position in der nächsten Legislaturperiode verstärkt zur Geltung zu bringen, dann habe ich keine Befürchtung für unser freiheitliches Gesund-

heitssystem.

2018 Heft 34 vom 21. August 1980 DEUTSCHES ARZTEBLATT

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