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Archiv "Fällt die FDP um?" (13.08.1981)

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DEUTSCHE S ÄRZTEBLATT

Ärztliche Mitteilungen

Herausgeber: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung

Fällt die FDP um?

Das „Sparprogramm" —

harte Belastungsprobe der sozial-liberalen Koalition

Nach den Koalitionsverhandlun- gen in der letzten Juli-Woche soll das Bundeskabinett am 2.

September 1981 das Sparpaket zuschnüren und mit Eilboten auf den Weg der Gesetzgebung brin- gen. Die Befriedigung, mit der Bundeskanzler Schmidt nach Abschluß der Juli-Koalitionsge- spräche das Sparprogramm an- kündigte, kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Bela- stungsprobe der sozial-liberalen Koalition noch bevorsteht.

Den Wählern, die bei der letzten Bundestagswahl die FDP zum ersten Mal wieder seit nahezu zwanzig Jahren über die 10-Prozent- Grenze gehoben haben, weil sie das bürgerliche und liberale Ele- ment in dieser Regierung stärken wollten, wird im Sparpaket der Bundesregierung auch eine Antwort auf die Frage verpackt sein:

Fällt die FDP um?

Es spricht alles dafür, daß die Führungsspitze der FDP genau weiß, daß sie ihre Glaubwürdigkeit nicht aufs Spiel setzen kann, ohne die parlamentarische Existenz der Partei zu gefährden. Die klare Hal- tung gegenüber den chaotischen Zuständen im Berliner Landesver- band der FDP ist ein Indiz dafür.

Das Sparprogramm 1981 stellt die sozial-liberale Koalition auf die bisher härteste Belastungsprobe. Es sei daran erinnert, daß die CDU/

CSU-FDP-Koalition seinerzeit ebenfalls an der Haushaltspolitik zer- brach. Was stellt in dem bisher bekanntgegebenen und bekannt gewordenen Sparprogramm den kleineren Koalitionspartner auf die härtere Probe? Hier müssen aus dem Gesichtswinkel der Freien Berufe mindestens drei Komplexe angesprochen werden:

• Die vorgeschlagene Ergänzungsabgabe für alle Lohn- und Ein- kommenssteuerpflichtigen,

• die geplante Erhöhung der Umsatzbesteuerung der Entgelte für freiberufliche Leistungen,

• die beabsichtigten Manipulationen im Sozialbudget und mit den Sozialversicherungsträgern.

Die Entscheidung über die „Ergänzungsabgabe" ist in den Koali- tionsgesprächen bis Ende Juli 1981 völlig offengeblieben. Bei dem Vorschlag handelt es sich um eine Initiative des größeren Koalitions- partners. Wenn darüber noch keine Einigung erzielt worden ist, dann wegen des Widerstandes des kleineren Koalitionspartners. Die zuerst vom SPD-Vorsitzenden Willy Brandt in einer öffentlichen Rede angedeutete und durch spätere Informationen immer klarer herausgearbeitete Absicht ist unverkennbar: Die „stärkeren" Schul- tern sollen mehr aufgebürdet bekommen als die schwächeren Schultern. Das hört sich sehr gut an. Wertneutraler ausgedrückt Heft 33 vom 13. August 1981 1545

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Die Information:

Bericht und Meinung Bonner „Sparprogramm"

heißt es: Die Ergänzungsabgabe soll die Steuerpflichtigen mit hö- heren Löhnen, Gehältern und Ein- kommen stärker belasten als die Steuerpflichtigen mit „geringe- ren" Einkommen. Nach den bisher an der Nachrichtenbörse gehan- delten Grenzwerten kann das gan- ze Projekt nur dann etwas brin- gen, wenn praktisch alle diejeni- gen noch härter besteuert werden, die aufgrund höherer Leistungen auch mehr verdienen. Das trifft zielsicher in diejenige Bürger- schicht, die der FDP zu dem von ihr selbst nicht erwarteten Wahl- sieg 1980 verholfen hat.

Die Verdoppelung der Umsatz- steuer für Entgelte für freiberufli- che Leistungen von 6,5 Prozent auf 13,0 Prozent scheint an dieser Größenordnung gemessen ein

„kleiner Fisch". Tatsächlich je- doch ist dies ein ganz konsequen- ter Programmpunkt zur weiteren Einebnung der Freien Berufe in die Arbeitnehmergesellschaft.

Der Gesetzgeber wußte bei Ein- führung der Mehrwertsteuer sehr wohl, daß ein ganz erheblicher Teil der Angehörigen der Freien Berufe nicht in der Lage ist, diese Steuer auch de facto weiterzuwäl- zen. Er wußte sehr genau, daß die Umsatzbesteuerung der Entgelte für freiberufliche geistige Leistun- gen mindestens für alle künstleri- schen und publizistischen Berufe einer Schmälerung des Honorar- volumens gleichkam und gleich- kommt.

Den Veröffentlichungen ist bisher nicht zu entnehmen, ob und gege- benenfalls in welcher Weise die ärztlichen Honorare von einer Än- derung des Umsatzsteuergesetzes betroffen werden sollen. Die Um- satzbesteuerung der kassenärztli- chen Honorare würde unmittelbar zu einer weiteren Belastung der gesetzlichen Krankenversicherun- gen und damit unweigerlich zur Beitragssteigerung führen müs- sen. Umsatzbesteuerungen der ärztlichen Privathonorare wirken vergleichbar.

Ist die Unglaubwürdigkeit dieses

„Sozialstaates" nicht bereits hin-

langlich dadurch belegt. daß er sich ungeniert am Arzneimittelum- satz für Kassenpatienten bedient, gleichzeitig aber Kosten dämpft, die ihm nichts bringen?

Im übrigen geht es hier um die Glaubwürdigkeit der Sympathie- kundgebungen der Freien Demo- kraten an die Adresse der Freien Berufe.

Auf eine besonders harte Probe wird die Glaubwürdigkeit der FDP in der Sozialpolitik gestellt. Die ge- planten und diskutierten Verschie- bungen innerhalb des Sozialbud- gets stellen in der Unbedenklich- keit, mit der hier Manipulationen öffentlich erwogen werden, der Öffentlichkeit bereits vor Augen, daß von einer Beachtung oder Be- wahrung des „gegliederten Sy- stems sozialer Sicherheiten" gar keine Rede mehr sein kann:

Hier handelt es sich ganz offen- sichtlich bereits um einen einzi- gen großen Verschiebebahnhof al- ler sozialen Lasten und sozialen Leistungen. Wie am Beginn der vorhergehenden Legislaturperi- ode Probleme der Rentenversi- cherung zu Lasten der Sozialen Krankenversicherung gelöst wur- den, so werden jetzt alle de jure selbständigen Einrichtungen der sozialen Sicherung de facto wie Abteilungen einer allgemeinen Staatsversorgung behandelt.

Dies entspricht dem uralten Kon- zept der Sozialisten.

Die FDP ist in dieser Koalitionspo- litik bereits bis an den Rand ihrer Glaubwürdigkeit manövriert wor- den. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sieht die Füh- rung der FDP mindestens am Bei- spiel des künftigen Schicksals der Ersatzkassen, wozu sie hier ihre Stimme abgeben soll. Auch diese Vorhaben würden zielsicher in diejenige Bürgerschicht treffen, die der FDP zum Wahlsieg 1980 verholfen hat.

Liest man die Regierungserklä- rung und die Debatten dazu noch einmal sorgfältig nach, so war sich die Führung der FDP einschließ- lich ihrer sozialpolitischen Spre-

cher noch vor wenigen Monaten darüber klar, daß eine Verschär- fung des „Krankenversicherungs- kostendämpfungsgesetzes", wie sie jetzt von Bundesminister Eh- renberg gefordert wird, die ge- meinsame Selbstverwaltung von Krankenkassen und Kassenärzten zur Farce machen würde.

Die Führung der FDP und ihre So- zialpolitiker waren sich zu dieser Zeit auch darüber klar, daß in die- sem Bereich von den Sozialisten nicht mehr offen von „Sozialisie- rungsabsichten", sondern nur noch von „strukturellen Verbesse- rungen" gesprochen wird. Diese Vokabel taucht verdächtig oft in den aktuellen Erklärungen auf.

Worum es hier im einzelnen geht, braucht an dieser Stelle nicht wie- derholt zu werden, weil dies de- tailliert in Heft 32 des DEUT- SCHEN ÄRZTEBLATTES unter der Überschrift „Ehrenberg droht mit dem Knüppel aus dem Sack" von Eckart Fiedler dargestellt worden ist. Hier und jetzt darf man sich daher mit der Annahme begnü- gen, daß die Führung der FDP und ihre Sozialpolitiker noch sehr ge- nau wissen, was sie bei den Koali- tionsvereinbarungen verhandelt und was sie zur Regierungserklä- rung beigetragen haben.

Es besteht auch kein Grund zu der Annahme, daß der kleinere Koali- tionspartner nicht die Absicht durchschaut, die Gelegenheit des großen Öffentlichkeitsspektakels der Haushaltsberatungen möchte vom größeren Koalitionspartner genutzt werden, Staat und Ge- sellschaft der Bundesrepublik Deutschland ein erhebliches Stück tiefer hineinzuführen in die sozialistische Planwirtschaft.

Bis zur Stunde spricht alles dafür, daß die Führung der Freien Demo- kratischen Partei nicht umfallen wird — aus Grundsatztreue und weil sie weiß, daß die FDP sich danach wohl kaum noch bis zur 5- Prozent-Hürde wieder würde auf- richten können.

J. F. Volrad Deneke DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

1546 Heft 33 vom 13. August 1981

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