Die Information:
Bericht und Meinung NACHRICHTEN
Wissenschaftsrat über Zahl der
Studienanfänger besorgt
Nach Auffassung des Wissen- schaftsrates – soeben in den Emp- fehlungen .zum neunten Rahmen- plan veröffentlicht – liegt die von den Ländern aufgrund der Kapazi- tätsverordnung festgesetzte Höchst- zahl für die Aufnahme von Studien- anfängern in der Humanmedizin ge- genwärtig bei etwa 10 500. Über die- se Höchstzahlen werden nach Fest- stellungen des Wissenschaftsrates aufgrund der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte noch weitere knapp 1000 Bewerber zugelassen.
Der Wissenschaftsrat betrachtet die- se Entwicklung mit Sorge. Nach sei- ner Auffassung müssen die Höchst- zahlen als Dbergrenze für die Auf- nahme von Studienanfängern ange- sehen werden. Im Interesse der Qua- lität des medizinischen Unterrichts sei es nicht vertretbar, die Anfänger- zahlen über die Höchstzahlen nach der Kapazitätsverordnung zu stei- gern. Schon diese Zahlen lägen ja über den Werten, die der Wissen- schaftsrat in seinen Medizinempfeh- lungen 1976 unter optimalen organi- satorischen Bedingungen für er- reichbar gehalten hat. Auch Ausbil- dungsengpässe rechtfertigen es nicht, die Belastung der Patienten im klinischen Unterricht, dessen Pa- tientennähe das Kernstück der Ap- probationsordnung für Ärzte bildet, weiter zu erhöhen.
Di,. Empfehlungen zum neunten Rahmenplan für den Hochschulbau sehen für die Hochschulen insge- samt bis 1983 weitere 66 000 Stu- dienplätze vor. Das vom Wissen- schaftsrat empfohlene und von Bund und Ländern schon 1976 be- schlossene Ausbauziel von . 850 000 Studienplätzen dürfte nach Meinung des Wissenschaftsrates Mitte der 80er Jahre erreicht sein. Die Hoch- schulen verfügen zur Zeit über 750 000 Studienplätze; damit sind die räumlichen Voraussetzungen für die Aufnahme von jährlich 150 000 bis 170 000 Studienanfängern vor- handen. Im Jahre 1978 wurden etwa 12 000 Studienplätze neu geschaf-
fen. Wie aus den Empfehlungen zum neunten Rahmenplan weiter hervor- geht, sind für die Investitionsvorha- ben in den Jahren 1980 bis 1983 finanzielle Mittel in Höhe von jähr- lich 2,8 Milliarden DM erforderlich.
Davon entfallen über 40 Prozent auf Neubauten und Sanierungsmaßnah- men für die Hochschulkliniken und akademischen Lehrkrankenhäu-
ser. EB
FDP-Abgeordneter Cronenberg
für Selbstmedikation
Für eine begrenzte Selbstmedika- tion mit Heilmitteln des täglichen Gebrauchs hat sich der stellvertre- tende FDP-Fraktionsvorsitzende Dieter-Julius Cronenberg MdB (Arnsberg) ausgesprochen. Aus- drücklich stellte sich der FDP-Po- litiker hinter die Forderungen des Bundesfachverbandes der Heil- mittelindustrie e. V., Köln, der aus Anlaß seines 25jährigen Beste- hens ein Thesen-Papier zur
„Selbstmedikation. Notwendiger Bestandteil des Gesundheitswe- sens" (63 Seiten) veröffentlichte.
Nach Meinung Cronenbergs setzt die Selbstmedikation allerdings ei- ne möglichst informative Heilmit- telwerbung nicht nur bei den Ärz- ten, sondern auch gegenüber dem
„allgemeinen Publikum" voraus, und zwar in allen geeigneten Me- dien. Diese begrenzte Selbstmedi- kation sieht Cronenberg im Zu- sammenhang mit der Eigenverant- wortung des einzelnen und der Kostenentwicklung in der Kran- kenversicherung. Angesichts stei- gender Ausgaben und neuer ko- stenträchtiger Aufgaben der Kran- kenkassen – etwa bei der psycho- therapeutischen Versorgung und der ins Gespräch gebrachten Ein- beziehung des Pflegerisikos in die Krankenversicherung – könne die Beitragsstabilität nur durch ein stärkeres Maß von Eigenbeteili- gung an gewissen Krankheitsko- sten gewahrt bleiben. Nur durch materielle Anreize könnten die Versicherten zu kostenbewußtem Verhalten veranlaßt werden. EB
AUS EUROPA
FRANKREICH
Wechsel im
Gesundheitsministerium
Nachdem Simone Veil ins Europa- parlament eingezogen und dort zur Präsidentin gewählt worden ist, hat sie ihr Amt als französische Gesundheitsministerin niederge- legt. Nachfolger wurde der bishe- rige Minister für Handel und Hand- werk, Jacques Barrot. Der neue Minister ist zwar Jurist, hat jedoch familiäre Verbindungen zum Ge- sundheitswesen, da er Sohn eines Apothekers ist, der sich seinerzeit auch politisch aktiv betätigte: Der Sohn erbte von seinem Vater auch den Wahlkreis. Bekannt wurde er in Frankreich vor allem durch seine Mitarbeit an der Reform des Krankenhauswesens. Neuer Staatssekretär im Gesundheitsmi- nisterium mit der Zuständigkeit für die Sozialversicherung wurde Jean Farge. Er ist eigentlich Fi- nanzexperte, woraus ersichtlich wird, daß der Premierminister von ihm die finanzielle Sanierung des Sozialversicherungs-, insbesonde- re des Krankenversicherungs- systems erwartet. Erwartet wird im übrigen auch, daß in absehbarer Zeit die Zuständigkeit für die Fa- milienpolitik vom Gesundheitsmi- nisterium weggenommen und in einem neuen Ressort der jetzigen Staatssekretärin für Frauenfragen, Monique Pelletier, übertragen werden wird. Auf diese Weise wür- de der neue Gesundheitsminister bei einer drohenden persönlichen Schwierigkeit entlastet: Der aktive Katholik müßte nicht das von sei- ner Vorgängerin durchgesetzte Abtreibungsgesetz vertreten und möglicherweise reformieren. gn
—BLÜTENLESE
Bange Frage
Kann ein Regime auch mal zu einem Ancien rögime wer-
den? Durrak
2028 Heft 32 vom 9. August 1979 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT