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Archiv "Medizinische Versorgungszentren: Lockende Investoren, misstrauische Ärzte" (03.06.2005)

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eit dem 1. Januar 2004 können ne- ben Vertragsärzten und ermächtig- ten Ärzten auch Medizinische Ver- sorgungszentren (MVZ) an der ambu- lanten Versorgung innerhalb des ge- setzlichen Systems teilnehmen (§ 95 SGB V). Diese können von allen zuge- lassenen Leistungserbringern gegrün- det werden. Mit der Neuregelung wollte der Gesetzgeber die Möglichkeit schaf- fen, eine Versorgung „aus einer Hand“

anzubieten. Dazu sollten die Ärzte ver- mehrt fachübergreifend und gemein- sam mit nicht-ärztlichen Leistungser- bringern in Zentren zusammenarbei- ten. Die Zahl der Doppeluntersuchun- gen sollten so verringert, Arzneimittel koordiniert verschrieben und die Wege für die Patienten verkürzt werden.

Begehrte Vertragsarztsitze

Knapp einhalb Jahre später ist zu kon- statieren: Die Versorgungslandschaft hat sich kaum geändert. Zwar soll es bundesweit inzwischen mehr als 200 Medizinische Versorgungszentren ge- ben. Dabei handelt es sich aber meist um „Umwidmungen“: Aus Gemein- schaftspraxen wurden MVZ. Die Ein- heiten sind entsprechend klein. Neu- gründungen „im großen Stil“ – mit vie- len Ärzten und anderen Leistungser- bringern wie Physiotherapeuten, Pfle- gediensten, Logopäden oder Apothe- ken unter einem Dach –, wie von der Politik erwünscht, gibt es bisher selten.

Auffallend ist vor allem die Zurückhal- tung der Krankenhausträger auf diesem Gebiet – bietet sich ihnen doch mit der Angliederung eines MVZ an das Kran- kenhaus die willkommene Chance, das Leistungsspektrum auf den ambulanten

Bereich ausweiten. Darüber hinaus könnte der stationäre Bereich gestärkt werden, indem ärztliche Zuweiser ver- traglich an das Krankenhaus gebunden werden.

Neben einigen rechtlichen Unklar- heiten erweist es sich als Hemmnis, dass die MVZ in die Systematik der ver- tragsärztlichen Versorgung eingebun- den sind. Somit gilt der Vorbehalt der Zulassung durch den Zulassungsaus- schuss, also die gesetzliche Bedarfspla- nung. Um in „gesperrten“ Gebieten ein MVZ zu gründen, müssen die Kranken- hausträger demnach Vertragsärzte für die Teilnahme gewinnen – oder ihnen den Vertragsarztsitz abkaufen. Die mei- sten Ärzte zieren sich jedoch, Freiheiten aufzugeben und als Partner oder Ange- stellter in einem MVZ tätig zu werden.

Sie misstrauen den wohl klingenden Versprechungen der Krankenhausma- nager, weil sie keine guten Erinnerun- gen an ihre Zeit im Krankenhaus haben.

Das Beharrungsvermögen der Ärzte sei erstaunlich groß, berichteten denn auch mehrere Klinikchefs bei einer „Eurofo- rum“-Tagung zum Thema MVZ-Grün- dung Mitte April in Hamburg.

Mit welchen Argumenten Ärzte für die Tätigkeit in einem Medizinischen Versorgungszentrum motiviert werden können, deutete Walter Plassmann an.

Der stellvertretende Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hamburg verwies auf Privilegien der MVZ im Zulassungsrecht: „Einer der wesentlichen Gründe, warum Ärzte sich für die Berufsausübung in einem MVZ entscheiden, ist die Möglichkeit, in Teilzeit zu arbeiten.“ Dies sei beson- ders für Ärztinnen interessant. Manche Ärzte locke auch die Aussicht, als Ange- stellter nicht mehr das wirtschaftliche

Risiko der Praxisführung zu tragen. Ein weiteres Plus: Die MVZ-Verantwortli- chen sind bei der Wahl des Nachfolgers für einen Vertragsarztsitz autonom.

Dies sei zwar auch bei Nachbesetzun- gen innerhalb von Gemeinschaftspra- xen üblich, sagte Plassmann, die Zulas- sungsausschüsse könnten den vorge- schlagenen Nachfolger in solchen Fäl- len aber auch ablehnen.

Abgesehen von diesen Begünstigun- gen im Zulassungsrecht sieht Plass- mann allerdings wenig Gründe, warum Ärzte die Berufsausübung in einem MVZ der in einer Gemeinschaftspraxis vorziehen sollten. „Über den Nutzen bestehender Kooperationsformen hin- ausgehende Vorteile sind schwer auszu- machen“, sagte der KV-Vize. Abrech- nungsvorteile gebe es nicht. So gehöre es zu den weit verbreiteten Irrtümern, dass MVZ im Einheitlichen Bewer- tungsmaßstab bevorzugt würden. Auch dürften MVZ nicht beliebig viele Ärzte anstellen. Plassmanns Fazit: „Rolle und Bedeutung der Medizinischen Versor- gungszentren werden meines Erachtens überschätzt.“

„Scheck auf die Zukunft“

Diese Einschätzung teilte Prof. Dr.

med. Dr. rer. nat. Dieter Adam, Verein für Integrative Patientenversorgung, München, nicht. Er warnte die Ver- tragsärzte davor, eine wichtige Ent- wicklung zu verschlafen: „Ambulante Versorgungszentren werden künftig ei- nen entscheidenden Platz einnehmen.

Im eigenen Interesse sollten sich die Vertragsärzte deshalb aktiv an der Neu- gestaltung der Versorgungslandschaft beteiligen.“ Die Wahl zwischen unter- nehmerischer Selbstständigkeit oder abhängiger Anstellung werde jetzt ge- troffen. Die Entscheidung, eine Ge- meinschaftspraxis in ein von der Politik protegiertes MVZ umzuwandeln, müs- se als „Scheck auf die Zukunft“ ver- standen werden.

Peter Zeidler, Verwaltungsdirektor der Paracelsus-Klinik Schöneck (Sach- sen) nahe der tschechischen Grenze, nannte ein weiteres Argument für die Gründung eines MVZ: die Sicherstel- lung der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum . . . Jens Flintrop P O L I T I K

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A1562 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 22⏐⏐3. Juni 2005

Medizinische Versorgungszentren

Lockende Investoren, misstrauische Ärzte

Bislang gibt es nur vereinzelt Neugründungen Medizinischer

Versorgungszentren „im großen Stil“. Hemmschuh ist, dass

auch diese Versorgungsform der Bedarfsplanung unterliegt.

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