Psychiatrie
Entmystifizierung
Heinz Häfner: Das Rätsel Schi- zophrenie. Eine Krankheit wird entschlüsselt. Verlag C. H. Beck, München, 2000, 415 Seiten, 44 Abbildungen, 41 Tafeln, bro- schiert, 44 DM
Der renommierte Autor gibt eine umfassende, fundiert und spannend geschriebene Übersicht über diese Erkran- kung. Es geht ihm um Ent- mystifizierung, um rationale Aufklärung im guten Sinne.
Dazu gehört auch seine Kritik des Missbrauchs psychia- trischer Krankheitsbegriffe durch die Medien. Als Grundlinie vertritt der Autor eine Somatogenese. Diese Forschungsergebnisse sind
flüssig lesbar aufbereitet und geben einen guten Einblick in die Fülle der Befunde. Psy- chologische Theorien werden jedoch verkürzt und nicht auf dem neueren Stand der Dis- kussion dargestellt.
Als Leser sind Fachleute, aber auch Erkrankte und de-
ren Angehörige angespro- chen. Man kann den Leser- kreis weiter fassen: Journali- sten, besonders solche gewis- ser populärer Blätter, hätten vielleicht doch größere Be- denken beim Schreiben stig- matisierender Artikel nach dem Lesen des Kapitels „Schi- zophrenie und Gewalttätig- keit“. Auch Juristen und Poli- tiker können sich fundiert in- formieren zu Fragen von Vor- beugung, Behandlungskosten, Rehabilitation und über allge- meine Rechtsfragen. Für Ärz- te, besonders Hausärzte, dürf- te die Übersicht über die Behandlungsprinzipien sehr hilfreich sein. Obwohl das Buch auch für Laien gedacht ist: Das Niveau ist doch sehr hoch. Hermann J. Joosten
Evidenzbasierte Medizin
Ausgezeichnetes Hilfsmittel
Regina Kunz, Günter Ollen- schläger, Heiner Raspe, Günther Jonitz, Friedrich-Wilhelm Kolk- mann: Lehrbuch Evidenzbasierte Medizin in Klinik und Praxis.
Schriftenreihe Hans Neuffer- Stiftung. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln, 2000, 432 Seiten, 20 Abbil- dungen, 74 Tabellen, 78 DM
Ärzte können Indikationen wissenschaftlich begründet oder angemessen stellen.
Die Technik evidenzbasier- ter Medizin ist dabei ein In- strument, mit dem sich aus der Vielzahl klinisch-epide- miologischer Erkenntnisse, die sich in der wissenschaftli- chen „Weltliteratur“ ange- sammelt haben, gültige und verlässliche Indikationsre- geln für die praktische Ent- scheidungsfindung ableiten lassen.
Die Anwendung dieser Technik evidenzbasierter Me- dizin, nämlich die jeweils rele- vante aktuelle Wissenschafts- literatur zu rezipieren und daraufhin abzusuchen, welche Indikationsregel gilt, ist alles andere als einfach und evi- dent: Sie muss daher gelernt werden. Ein ausgezeichnetes Hilfsmittel dazu ist das neue Lehrbuch.
Verfasst von 57 Autoren und Herausgebern, umfasst es 42 Beiträge, ausgehend von den theoretischen Grund- lagen über die Bewertungs- technik und das Handwerks- zeug (zum Beispiel welche Bestandteile muss die am Anfang einer jeden EbM- Recherche stehende Frage enthalten, damit sich aus ihr klare Suchstrategien erge- ben, die dann zu relevanten Antworten führen können?) bis zur klinischen Entschei- dungspraxis konkreter Pa- tientenprobleme, zu Fragen der Implementation und des
Nutzens dieses Ansatzes un- ter einer Systemperspektive.
Eine Reihe von Beiträgen wendet sich an den Kliniker in der Versorgungspraxis, und zwar ausgehend von typi- schen Problemstellungen der medizinischen Fächer. Sie führen vor, wie sich der Arzt, der in der Begegnung mit dem Patienten mit einem Problem konfrontiert ist, für seine Ur- teilsbildung die evidenzba- sierte Medizin zunutze macht, mit den Erkenntnissen sein Problem löst und zu einer Diagnostik- oder Therapie- entscheidung kommt bezie- hungsweise ein realistisches Therapieziel definiert. Aus- gehend von Fallgeschichten, wird der Leser durch ein klini- sches Szenario geleitet. Nicht zuletzt wegen der Klarheit und vermeintlichen Einfach- heit der Texte und der Ver- ständlichkeit ihrer Botschaf- ten fühlt sich der Leser aufge- fordert, die vorexerzierten Arbeitsschritte anhand eige- ner Problemstellungen selbst durchzuspielen und zu erpro-
ben. Ingbert Weber
A
A910 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 14½½½½6. April 2001
B Ü C H E R
Friedhelm Wawroschek, Christi- an Bannert, Rolf Harzmann:
Arzneimitteltherapie in der Uro- logie. Ein klinisch-pharmakolo- gischer Leitfaden. Wissenschaftli- che Verlagsgesellschaft, Stuttgart, 2000, 216 Seiten, 103 Tabellen, kartoniert, 49 DM
Leitlinien für verschiedene Behandlungsverfahren sind entwickelt worden, um die Therapie effektiver und be- zahlbarer zu machen. Ob die Absicht, damit zu einer „opti- mierten klinischen Pharma- kologie“ zu kommen, erfolg- reich umgesetzt werden kann, dürfte eher kritisch gesehen werden.
Das Buch bietet eine Hilfe- stellung, wie die Therapie ef- fektiver und schlanker gestaltet werden kann. So gibt es zum Beispiel Informations- möglichkeiten über Antibioti- katherapien in der Urologie unter Einbeziehung von ein- schränkenden Faktoren wie Schwangerschaft, Leberfunkti- onsstörungen oder Nierenin- suffizienz. Ausführlich wird auch die Arzneimitteltherapie der benignen Prostatahyper- plasie behandelt, wobei an die- sem Beispiel deutlich wird, dass
weniger effektive Therapiever- fahren erheblich preiswerter sein können als aggressivere Therapieformen. Bei der en- dokrinen Therapie des Prosta- takarzinoms ist die Grundlage heute die Androgenabhängig- keit des Karzinoms, wobei von der Kostenseite her der Ver- gleich zwischen der Orchiekto- mie und den medikamentösen Behandlungsverfahren fehlt.
Der Chemotherapie urogeni- taler Tumoren ist breiter Raum gewidmet. Auch die medika- mentöse Schmerztherapie wird detailliert dargestellt. Weitere Themen sind die Arzneimittel- therapie von Blasenfunktions- störungen, der erektilen Dys- funktion, der Therapie und Prophylaxe der Steinerkran- kungen.
Alle, die mit urologischen Krankheitsbildern befasst sind, können von diesem übersichtlichen, gut ausge- statteten Buch profitieren.
Für den Krankenhausapo- theker und interessierten Pharmazeuten ist das Buch eine wertvolle Hilfe für eine intensive Vertiefung des Wis- sens um urologische Arznei- stoffe. Jürgen Sökeland
Urologie