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Archiv "Honorarreform: Köhler: „Eine Milliarde Euro fehlt“" (13.02.2009)

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P O L I T I K

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er Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung (KBV), Dr. med. And- reas Köhler, hat es in einem Brief an die Vertragsärzte und Psychologi- schen Psychotherapeuten, der dem Deutschen Ärzteblatt beilag (DÄ, Heft 5/2009), treffend ausgedrückt:

„Das neue Jahr hat mit einem Pau- kenschlag für Sie begonnen. Von jetzt auf gleich ist eine vollkommen neue Honorarwelt auf Sie eingestürzt.“

Tatsächlich herrscht bei vielen niedergelassenen Ärzten Frust, seit- dem ihnen die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen)

kurz vor Weihnach- ten ihr Regelleis- tungsvolumen mit- geteilt haben. Statt der erhofften Ho-

norarzuwächse befürchten viele nun erhebliche Verluste. Eine im Januar zwischen KBV und Kassen verein- barte Konvergenzphase soll die größten Verwerfungen bei den Ärztehonoraren zunächst mildern (DÄ, Heft 4/2009). Damit sind die Probleme jedoch nur aufgeschoben.

KBV-Chef Köhler hat deshalb angekündigt, bei den Kassen Nach- besserungen der Honorarreform durchsetzen zu wollen. Unter ande- rem würden die versprochenen drei Milliarden Euro nicht vollständig bei den Ärzten ankommen, sagte Köhler bei einer ersten Zwischenbi- lanz der Honorarreform in Berlin.

Dies liege daran, dass die neue Ho- norarsystematik auf Grundlage der Daten von 2007 berechnet worden sei. „Vergleicht man die Einnahmen

von 2007 mit den zu erwartenden Einnahmen 2009, kommt man in et- wa auf die zugesagte Summe“, so Köhler. 2008 seien die Umsätze der Ärzte im Vergleich zum Vorjahr je-

doch deutlich gestiegen.

Das Plus sei durch extra- budgetäre Leistungen, wie Prävention, Mutterschafts- vorsorge oder belegärzt- liche Leistungen, zustan- de gekommen. In diesem Jahr falle dieses zusätzli- che Geld jedoch weit-

gehend weg, berichtete der KBV- Vorsitzende. Im Vergleich mit den Einnahmen von 2008 lägen die Ho- norarsteigerungen der Vertragsärzte deshalb deutlich unter den verspro- chenen drei Milliarden Euro.

Einige KVen verlieren bei der Reform

Man könne nun auch nicht mehr da- von ausgehen, dass keine KV wegen der Honorarreform verliere. So wer- de die KV Schleswig-Holstein nach Berechnungen der KBV vermutlich ein Minus von 0,7 Prozent im Ver- gleich zum Vorjahr verzeichnen. In Baden-Württemberg werde die Ge- samtvergütung um 3,4 Prozent sin- ken (Tabelle). Den Vertragsärzten steht nach Meinung des KBV-Chefs aus diesem Grund zusätzliches Geld

zu: „Eine Milliarde Euro fehlt.“ Ge- sundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) bezeichnete die Aussagen der KBV als „verwunderlich“ und rügte, die Forderung solle von eige- nen „Unzulänglichkeiten“ bei der Umsetzung der Honorarreform ab- lenken. Auch der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversiche- rung reagierte mit heftiger Kritik.

Nur wenige Wochen nach dem Be- schluss der Honorarreform einen Nachschlag zu fordern, lasse an der Verlässlichkeit der Ärztevertreter als Verhandlungspartner zweifeln, sagte Vize-Verbandschef Johann- Magnus von Stackelberg.

Köhler kündigte indes an, bei der nächsten Sitzung des Erweiterten Bewertungsausschusses am 27. Fe- bruar auf weitere Änderungen an der Honorarreform zu drängen. So sol- len Leistungen nach § 115 b SGB V (ambulantes Operieren im Kranken- haus) sowie belegärztliche Leistun- gen vollständig aus der Gesamtver- gütung herausgenommen werden.

Ferner sollen die Kassen auf regio- naler Ebene Zuschläge zum Orien- tierungswert für besonders förde- rungswürdige Leistungen, wie Prävention, ambulantes Operieren oder belegärztliche Leistungen, außerhalb der morbiditätsorientier- ten Gesamtvergütung voll an die Kassenärztlichen Vereinigungen zahlen.

In einem zweiten Schritt will die KBV bis zum 1. Juli 2009 die um- strittenen Beschlüsse zu den Regel- leistungsvolumen (RLV) komplett überarbeiten. So fordert sie für Fachärzte regional zu berechnende Zuschläge zum RLV in Euro für qualifikationsgebundene Leistun- gen. Die Zuschläge für Hausärzte sollen mit dem Ziel einer Höherbe- wertung überprüft werden. Außer- dem will die KBV die Leistungen

HONORARREFORM

Köhler: „Eine Milliarde Euro fehlt“

Viele Ärzte befürchten sinkende Umsätze wegen der Honorarreform. Diese Sorge sei verfrüht, beruhigt KBV-Chef Dr. med. Andreas Köhler. Den aktuellen Vergütungsdaten zufolge profitieren die Ärzte aber weitaus weniger von der Regelung als erhofft.

Foto:Georg J.Lopata

Ich möchte das System gerne erhalten. Wenn die Einschläge aber so nahe kommen, dass die Versorgung bedroht ist, müssen wir über Konsequenzen nachdenken.

Dr. med. Andreas Köhler, Vorstandsvorsitzender der KBV

A276 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 7⏐⏐13. Februar 2009

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 7⏐⏐13. Februar 2009 A277

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im Vorwegabzug – zum Beispiel Notdienst, Sonografie oder Psycho- somatik – begrenzen. Auch plant sie einen eigenständigen Vergü- tungsbereich für Psychotherapie.

Drei Leistungsbereiche sollen kom- plett aus den RLV gestrichen wer- den: Bronchoskopie, Gastroskopie, Narkosen nach Kapitel 5 des EBM sowie Gesprächsleistungen der Psy- chiater und Nervenärzte.

Sollten die Kassen nicht auf die Forderungen der KBV eingehen, müsse man sich die Frage stellen, ob die KVen die Versorgung aufrecht- erhalten können, teilte Köhler mit.

„Ich möchte das System gerne er- halten. Wenn die Einschläge aber so nahe kommen, dass das System bedroht wird, dann muss man über Konsequenzen nachdenken.“ Gleich- zeitig warnte er die Ärzte jedoch vor einem unüberlegten Systemaus- stieg: „Die 30 Milliarden Euro, die

den Ärzten jährlich im Sachleis- tungssystem zur Verfügung stehen, sind kein Pappenstiel.“

Kassenärztetag soll die Folgen der Reform beraten

Köhler kündigte in diesem Zusam- menhang an, dass auf einem Kas- senärztetag am 3. Juli in Berlin die Folgen der Reform beraten werden sollen. Unmut wird dort auch des- halb laut werden, weil die Auswir- kungen der Konvergenzphase für die Regelleistungsvolumina bis da- hin spürbar werden. Zur Erinne- rung: Die Regelung sieht vor, dass in den nächsten sieben Quartalen die Honorarverluste bei den größten Verlierern gebremst werden. Weil die Kassen kein zusätzliches Geld zur Verfügung stellen, werden die Honorarzuwächse bei den größten Gewinnern begrenzt. Neuer Ärger ist deshalb programmiert.

Köhler wies allerdings darauf hin, dass etliche KVen nicht von der Konvergenzphase Gebrauch ma- chen werden. „Die Einkommens- verwerfungen sind in manchen Re- gionen vermutlich doch nicht so dramatisch, wie manche zunächst gedacht haben“, erklärte er. Insge- samt müsse man auch die Vorteile der Reform sehen. Endlich gebe es feste Preise, die Budgets in ihrer bis- herigen Form seien abgeschafft und das gesamte Honorarvolumen sei deutlich aufgestockt worden.

Viele Kollegen hätten reflexartig ihre berechneten Regelleistungsvo- lumina mit den Einnahmen aus dem Vorjahr verglichen. Hinzu kämen aber noch Gelder, die außerhalb der Gesamtvergütung gezahlt würden, sagte Köhler. Die Beträge lägen je nach Arztgruppe zwischen 8 000 und 22 000 Euro pro Quartal. n Samir Rabbata

* einschließlich der erwarteten Vergütungen für Leistungen des Hautkrebs-Screenings und der U7 a in Höhe von 265 Millionen Euro

** Gesamtvergütung 2008, hochgerechnet aus den Abrechnungsdaten des 1. Halbjahrs 2008 TABELLE

Die Gesamtvergütung der Ärzte steigt im Vergleich zum Vorjahr bundesweit um 4,2 Prozent

Kassenärztliche Simulierte Gesamtvergütung 2009 Veränderung Veränderung

Vereinigung auf der Grundlage der Beschlüsse 2009 zu 2007 2009 zu 2008**

des Erweiterten Bewertungsausschusses in Millionen Euro in Millionen Euro

im Jahr 2008 und in Prozent und in Prozent

Schleswig-Holstein 978,3 58,1 6,3 % –7,4 –0,7 %

Hamburg 654,6 53,5 8,9% 25,9 4,1%

Bremen 266,7 18,9 7,6% 8,4 3,2%

Niedersachsen 3 056,9 433,2 16,5% 318,0 11,6%

Westfalen-Lippe 2 817,2 270,2 10,6% 27,4 1,0%

Nordrhein 3 306,5 202,1 6,5% 18,3 0,6%

Hessen 2 220,1 209,3 10,4% 66,7 3,1%

Rheinland-Pfalz 1 418,0 112,4 8,6% 26,4 1,9%

Baden-Württemberg 3 775,0 92,4 2,5% –134,7 –3,4%

Bayerns 4 967,4 294,4 6,3% 78,6 1,6%

Berlin 1 308,4 142,4 12,2% 72,4 5,9%

Saarland 398,5 47,4 13,5% 32,5 8,9%

Mecklenburg-Vorpommern 695,6 112,1 19,2% 71,2 11,4%

Brandenburg 922,3 128,0 16,1% 70,3 8,3%

Sachsen-Anhalt 905,3 147,1 19,4% 103,6 12,9%

Thüringen 828,7 163,7 24,6% 122,9 17,4%

Sachsen 1 608,2 265,9 19,8% 198,8 14,1%

Gesamt 30 392,7* 3 004,9 11,0% 1 232,0 4,2%

West 25 167,6 1 930,2 8,3% 532,5 2,2%

Ost 4 960,0 816,6 19,7% 566,9 12,9%

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