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Archiv "Von den Tricks, der Fristenlösung so nahe wie möglich zu kommen: Fehlleistungen" (04.09.1980)

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Aufsätze • Notizen

Schwangerschaftsabbruch

ten Sie, daß s000 die Kinder aus dem ersten Zellhaufen entstehen?

„Zur Hälfte dem Vater zugehö- rig ... " das wäre es ja! Damit wäre gewiß ein großer Prozentsatz der Abtreibungen unnötig, wenn es so wäre, wenn es die entsprechenden Väter so sähen mit entsprechender Mitverantwortung, Hilfe und Vor- freude. Aber nicht nach Altherge- brachtem: Der Vater legt das Sa- menkorn in der Mutter Schoß, die es nur ernährt, schützt und umhüllt und dann dem stolzen Vater in des- sen Familie gebärt. Und um die Er- ziehung mag sich weiterhin die Mut- ter kümmern! Nein, lieber Herr Kolle- ge, so mittelalterlich das klingt, die- ses ist noch weit verbreitet. Dazu kommt die ungeheuerliche Unge- rechtigkeit des Renten-Generations- vertrages: Alle Verdienenden be- kommen später ihre 100prozentige Rente, die Mutter aber, die nur ihre Kinder aufgezogen hat, die später die Renten zahlen, bekommt 60 Pro- zent.

Ich glaube nicht, daß unsere Kultur wegen des „Zweikindersystems" in Gefahr ist, sondern wegen des feh- lenden fruchtbaren Bodens, der zum Wachsen der „Genies" gehört. Näm- lich „unser Zeitgeist", der nur der Bequemlichkeit, der „Selbstverwirk- lichung" dient. Von den Viel-Kinder- Familien blieben häufig nur zwei oder weniger übrig (Goethe, Mo- zart). Wir könnten uns heute die Ge- burtenrate unserer Vorfahren nicht mehr leisten, dazu ist unsere Medi- zin zu gut und unser Land zu klein.

Wie immer sollten wir Maß halten, Maß auch beim Urteil über den Ab- treibungsparagraphen! In Hochach- tung vor einem altgedienten Prakti- ker, der leider noch zu patriarcha- lisch denkt.

Dr. Renate Heinke Vogelstange 26 6340 Dillenburg

Gesellschaftliche Realität

... Wir leben in keiner „materiali- stisch demoralisierten Gesell- schaft", es gibt keine „gesteuerte

Propaganda", die eine „neue Frei- heitspsychose" schürt, um einen

„wilden Abtreibungsrausch" zu steuern. Auch glaube ich nicht, daß der hochangesehene Sebastian Haffner das werdende Leben im Mutterleib als „Qualle" oder „Kaul- quappe", wie Sie es sagen, „be- zeichnet" hat. Dazu ist Herr Haffner viel zu vorsichtig im Umgang mit dem Wort, ganz abgesehen davon, daß die Ontogenese eine Wiederho- lung der Phylogenese ist — können Sie in jedem Embryologiebuch nachlesen — mithin jeder Mensch, der atmet, auch Sie, verehrter Herr Kollege, * irgendwann jenes „Qual- len- oder Kaulquappen-"Stadium durchlebt hat.

Ich frage mich auch, was „das Wort eines bekannten Generals" in dieser ärztlichen Diskussion zum Schutze des ungeborenen Lebens und der betroffenen Mütter verloren hat. Hat dieser General etwa auch gesagt:

„Wir borgen uns Geburtenfreudige aus dem Süden ... und übersehen, daß wir dadurch unsere biologische Substanz als Deutsche völlig verän- dern?" Sie sagen: „Der Zeitgeist' läßt sich manipulieren, zum Guten und zum Schlechten!" Haben wir in den letzten 50 Jahren in Deutsch- land nicht viel zu viel Manipulation erlebt — zum „Guten" als auch zum

„Schlechten"?

Ich erlaube mir, auch auf die weni- gen „sachlichen" Argumente Ihrer Einlassung zurückzukommen: Sie schreiben, „nach gewissenhaften ärztlichen Forschungen, daß die Ab- treibungsquote etwa 75 000 im Jahr erreichte und daß dabei 97 Frauen ums Leben kamen (Statistisches Bundesamt)." Was für eine Quote meinen Sie? Welches Jahr? Legale oder illegale Abbrüche? Wie hoch ist die Dunkelziffer? Ich finde, es hätte sich gelohnt, auf diese wichti- gen Punkte etwas genauer einzuge- hen, statt von „Abtreibungsunter- nehmen" zu reden.

Ich finde es unfaßbar, wenn Sie von der „kritiklosen Masse" reden, wenn es um Einzelschicksale geht. Wollen Sie jeder Frau, die den Arzt ihres Vertrauens zu einer hilfeleistenden

Beratung aufsucht „Feigheit" oder

„Bequemlichkeit" vorhalten? Damit verstellen Sie sich jeglichen Zugang zu Ihrer Patientin und, übrigens, Feigheit kennen wir in unserem Sprachgebrauch nur „vor dem Feind". (Hat hier etwa auch Ihr „be- kannter General" Formulierungshil- fe geleistet?)

Tatsache bleibt jedenfalls, daß, um in Ihrem Sprachgebrauch zu blei- ben, die „Feigheit" privilegierter Frauen jene Hindernisse, die Sie durch Propagierung einer „Erhal- tung des Unrechtbewußtseins (?)"

errichten wollen, jederzeit überstei- gen können, um sich im Ausland in fachärztliche Behandlung zu be- geben.

Verehrter Herr Kollege! Abtreibung ist eine gesellschaftliche Realität, der wir mit Parolen und Verächtlich- machung großer Teile unserer Ge- sellschaft nicht beikommen können.

Man sollte dabei immer im Auge be- halten, daß die „kritiklose Masse" in Einzelschicksale sich auflöst, denen bei unbedachtem und lieblosem Ge- brauch von Schlagworten das Ver- trauen und der Mut hinweggeredet wird. Dann bleibt nur noch der Weg in die Waschküche, der Gebrauch der Stricknadel und die miesen Ge- schäftemachereien. Wie schreibt uns die Weltgesundheitsorganisa- tion vor:

Gesundheit ist körperliches, seeli- sches und soziales (!) Wohlbefinden.

Wir wollen es hierbei belassen.

Jo Bayer Ackerstraße 29 4000 Düsseldorf

Fehlleistungen

. Im folgenden seien nur die gröb- sten Fehlleistungen zitiert und kom- mentiert:

— „Heute wissen wir, nach gewis- senhaften ärztlichen Forschungen,

... daß dabei 97 Frauen ums Leben kamen." Der Kollege beruft sich hier auf eine Statistik, offenbar ohne Kenntnis der medizinischen Wirk-

2122 Heft 36 vom 4. September 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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„Halbgott in Weiß" „Halbgott in Schwarz"

... wie das Gesetz es befahl Zeichnung: Ivo Starnberg

Aufsätze • Notizen Schwangerschaftsabbruch

lichkeit. Die Opfer von Abtreibungen sterben auf Intensiv- und Dialyse- stationen. Als Todesursache er- scheint (wie ich aus eigener An- schauung weiß) oft nur „Herz-Kreis- lauf-Versagen bei Sepsis" oder

„Nierenversagen" — d. h. die Dunkel- ziffer ist hoch!

— „Sterbendes Volk", „biologische Substanz als Deutsche", und andere völkische Denkschablonen: Die BRD ist mit 249 Einwohnern pro qkm ei- nes der dichtestbesiedelten Länder Europas (Frankreich z. B. 97 Ein- wohner pro qkm). An diesem Bild ändert sich nichts, wenn man die in der Bundesrepublik lebenden Aus- länder (in der Terminologie des Au- tors „Geburtenfreudige aus dem Sü- den") abrechnet. Und selbst wenn man die Prämisse vom „sterbenden Volk" akzeptiert: Ist eine Selbstredu- zierung durch freiwillige Geburten- beschränkung nicht humaner als die bis 1945 unter Beteiligung des deut- schen Volkes geübte und anderswo leider auch noch heute ablaufende Dezimierung einer übervölkerten Welt durch Krieg und Hunger?

— „Man taumelt verantwortungslos in den Rausch des Vergnügens hin- ein": Solche Enthüllungen einer ver- klemmten Sexualität sind uner- wünscht und peinlich; die Redaktion hat durch deren Abdruck dem Kolle- gen sicher keinen Dienst erwiesen.

— „Es gibt keine verzweifelten Situa- tionen, sondern nur verzweifelte Menschen": Dieser Ausspruch eines

„welches?) Generals ist schon ein Zynismus im Hinblick auf dessen Untergebene, die — Angriffskrieg oder Verteidigungskrieg — fakultativ und nur zu oft real in Stücke ge- schossen werden. Der Zynismus wird potenziert, wenn ein solches Bonmot in Zusammenhang mit der Notlage einer ungewollt Schwange- ren zitiert wird, und sei diese Notla- ge noch so gering.

— „Wenn unsere Vorfahren das Zweikindersystem befolgt hätten, dann wären ein Immanuel Kant, ein Albrecht Dürer, ein Johann Seba- stian Bach . . . ungeboren. Die Na- tur braucht eine gewisse Streubreite

für ihre Genies.": Diese Milchmäd- chen-Rechnung über das Zustande- kommen von Genies ist tatsächlich mit rationellen Argumenten nicht zu widerlegen. Die Kulturhistoriker dür- fen sich freuen, daß eines ihrer Pro- bleme endlich gelöst ist.

Natürlich hat Kollege Luft seine Res- sentiments letztlich nur vor sich selbst zu verantworten. Was ich ihm vorwerfe: Daß er diese Dinge, ver- brämt mit Statistiken, als Sozialme- dizin verkaufen will. Was ich insbe- sondere dem DEUTSCHEN ÄRZTE- BLATT vorwerfe: Daß hier auch ein Minimum an redaktioneller Sorg- faltspflicht vernachlässigt wurde.

Dr. med. Wolfram Klinger Bleichanger 4

8080 Fürstenfeldbruck

Familienideologie

Der einzige Unterschied der Thesen von Dr. Luft zur nationalsozialisti- schen Familienideologie scheint in der Berechnungsgrundlage für die zur Erhaltung des deutschen ,Vol- kes' erforderliche Kinderzahl je Fa- milie zu liegen: Hatte Burgdörfer (Seite 170) (1) noch „rechnerisch ge- nau die Geburt von 3,4 Kindern, also 3 bis 4 Kindern in jeder fruchtbaren Ehe" für erforderlich gehalten, so ermäßigen Sie das Soll auf „2,5 also 3 Kinder", die „in jede fruchtbare Familie" gehören. Gemeinsamkei- ten mit den bevölkerungs- und ras- senpolitischen Vorstellungen des

„Führers" Adolf Hitler ergeben sich in folgenden Punkten:

Die Angst, daß „man verantwortungslos in den Rausch des Vergnügens" hinein-

taumele, ist mit der Hitlers identisch, der das öffentliche Leben „von dem er- stickenden Parfüm unserer modernen Erotik befreit" sehen wollte (Hitler, Seite 279) (2), und der sich über die „Locke- rung der Moral und Sitte" als „Treibhaus sexueller Vorstellungen und Reize" em- pörte (Hitler, Seite 282) [2].

Ferner meint Luft, daß durch weibliche Emanzipationsbestrebungen die abend- ländische Kultur in Gefahr sei („Emanzi- pationssucht") und geht dabei mit Hitler konform: „Die deutsche Frau braucht sich in den wirklich guten Zeiten des deutschen Lebens nie zu emanzipieren"

(Hitler zitiert nach Murray) (3).

Luft sorgte sich, wie die Rassisten des Dritten Reiches, um die völlige Verände- rung unserer biologischen Substanz als Deutsche („Wir sind ein sterbendes Volk") durch ausgeborgte „Geburten- freudige aus dem Süden". Auch die na- tionalsozialistische Familienideologie war geprägt von dem Dämon der „Aus- , rottung der Nation durch slawische Völ- ker", ... „Denn ein Volk ohne Artwillen würde zum Pöbel verkommen" (Georg, Seite 48) (4).

Abgesehen davon, daß die Ausfüh- rungen von einem biologischen Menschenbild zeugen, ist festzustel- len, daß in dem Beitrag diejenigen Menschen, die doch durch ihre Ge- bärleistung die abendländische Kul- tur bewahren sollen, als „kritiklose Masse" diffamiert werden, die sich qua „Zeitgeist" leicht manipulieren läßt. Die Reduzierung der Frau auf die Rolle einer „ernährenden schüt- zenden Hülle" für eventuell dort her- anwachsende Genies — natürlich männlichen Geschlechts — verrät ei- ne ungeheuerliche patriarchalisch- autoritäre Frauenverachtung. Den fast schon messianisch anmutenden Anspruch, Verzagte behutsam aus ihrem Zustand herauszuführen,

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 36 vom 4. September 1980 2123

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