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Archiv "Der Fristenlösung so nahe wie möglich?: Anmerkungen zum Schutz von Ungeborenen aus ärztlicher Sicht" (27.11.1975)

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DEUTSCHE S

ÄRZTEBLATT Spektrum der Woche Aufsätze •Notizen

THEMEN DER ZEIT:

Der Fristenlösung so nahe wie möglich?

AUS DEM BUNDESTAG:

Skepsis gegenüber

„Freier Medizinischer Hochschule"

BEKANNTMACHUNGEN:

Kassenarztsitze

PERSONALIA

GESCHICHTE DER MEDIZIN Pfeifhähne und Pfeifhennen

FEUILLETON:

Weihnachtskonzert zugunsten

behinderter Kinder Arzt — und Poet dazu

Die weltweite Empörung Ende Sep- tember gegenüber der Vollstrek- kung von fünf Todesurteilen an spanischen Polizistenmördern oder Systemgegnern mag symptomisch für die Überzeugung in der westli- chen Welt sein, daß Humanität nicht mit Härte und eben auch nicht mit Unerbittlichkeit in Einklang zu brin- gen ist; und daß heute nicht ein- mal Mord durch die Todesstrafe vergolten werden sollte.

Warum ist aber das 1000fache Um- bringen Ungeborener in einem zivi- lisierten Land noch nie mit einer annähernd vergleichbaren Empö- rung oder gar mit politischen Sanktionen quittiert worden? — Ist auch das ein Symptom unserer Zeit und jener Schizophrenie, die uns schon von einer Verbesserung der Lebensqualität schwafeln läßt, während wir zum Beispiel die Ver- giftung des Wassers mit Pestiziden in Flüssen, Seen und Ozeanen, in den Tropen wie in der Antarktis zu- lassen? — Die instabilen Systeme, die — von uns geschaffen — das ökologische Gleichgewicht in der uns anvertrauten Natur so mörde- risch gefährden, drohen freilich erst in der nächsten oder übernächsten Generation umzukippen; und so le- ben wir denn heute sorglos auf Ko- sten unserer Kinder und Enkelkin- der!

> Ist denn die ihnen drohende Ka- tastrophe wirklich unvermeidlich?

> Sollen gar die Weichen so ge- stellt werden, daß etwa jedes zwei- te Ungeborene das Licht dieser Welt gar nicht erst erblickt?

> Wollen wir die schwere Verant- wortung für diese Entscheidung in praxi letztlich der betroffenen Frau überlassen?

I> Wollen wir uns nach jenen rich- ten, die im Juli 1975 mit einer Bus- sternfahrt in die holländischen Ab- treibungskliniken demonstrierten

„Ob Kinder oder keine, entschei- den wir alleine"?

Sicher: die sogenannte Fristenlö- sung ist mit dem Bundesverfas- sungsgerichtsurteil als grundgesetz- widrig erkannt und in der Bundes- republik passe, im Unterschied etwa zur DDR. Aber „der Fristenlö- sung so nahe wie möglich" zu kommen, war schon im Sommer das erklärte Ziel der Koalitionspar- teien, die darauf bedacht waren, den im Bundesverfassungsge- richtsurteil gesteckten Rahmen voll auszuschöpfen!

Nach dem Text des jetzt vorgeleg- ten (Koalitions-)Entwurfs eines 15.

Strafrechtsänderungsgesetzes (vgl.

dazu den Artikel in Heft 44, Seiten 3017-20) sowie dem Stand der Be- ratungen in den Parteien ist nicht anzunehmen, daß wir auf eine däm- mernde Einsicht in ärztliche Erwä- gungen und medizinische, d. h.

Der Fristenlösung

so nahe wie möglich?

Anmerkungen zum Schutz von Ungeborenen aus ärztlicher Sicht

Gerd Iversen

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 48 vom 27. November 1975

3323

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Der Fristenlösung so nahe wie möglich?

auch sozialmedizinische und psy- chologische Erkenntnisse schlie- ßen dürfen; dachten vielleicht eini- ge maßgebliche Koalitionspolitiker vor allem daran, die Freigabe der Abtreibung in den ersten drei Mo- naten besser zu kaschieren?!

Auch in einer freiheitlichen Gesell- schaft findet die Freiheit des Ein- zelnen dort ihre Grenzen, wo sie

> das „Wohl und Wehe", die Ge- sundheit eines anderen also will- kürlich mindert,

> seine Entfaltung blockiert,

> das Reifen seiner Anlagen ent- scheidend behindert.

> Wer mag sich in diesem Zusam- menhang vergegenwärtigen, daß wir das Leben von ungezählten ge- sunden Ungeborenen auslöschen sollen?!

Bei einem Seminarkongreß des Berufsverbandes der Kinderärzte (Mitte Oktober 1975 in Bad Orb) konstatierte Prof. Dr. E. Schmidt, Düsseldorf, daß in der Bundesre- publik Deutschland 9000 bis 10 000 Kinder jährlich weniger sterben müßten, wenn wir der Säuglings- sterblichkeit hier ähnlich erfolg- reich begegnen würden wie andere westeuropäische Länder. Über mehrere hunderttausend nicht er- wünschte Ungeborene lohnt es sich wohl erst recht, gründlich nachzudenken!

Mutterschaft ist doch einer der vielschichtigsten biologischen Pro- zesse, der die Entwicklung einer jungen Frau zu gestalten, ihre Rei- fung zu fördern vermag. Die vielen Jugendlichen allerdings, die diesen Prozeß infolge Insuffizienz noch nicht schaffen können, verdienen unsere vorsorgliche Beratung und eine präventive ärztliche Hilfe in großzügigster Weise!

Die ungewollt Schwangeren die- ser Altersgruppe, die — manchmal fast noch Kinder — zum Aufziehen eines Kindes die Mindestvorausset- zungen nicht erfüllen, brauchen in

der Regel jenen helfenden Eingriff, der sie von der Last eines drohen- den und besonders schwerwiegen- den seelischen Schadens befreit.

Wo immer aber die Schwanger- schaft zu einem entscheidenden Reifungsimpuls werden könnte, sollten wir diesen zu fördern versu- chen und die Gravidität erhalten helfen!

An dieser Stelle ist wohl auch ein Wort zu den jungen Männern am Platze: Damit aus dem Erzeuger ei- nes Kindes, das noch im Mutterleib ge- und verborgen ist, ein Vater wird, aus dem eben noch sorglo- sen Geschlechtspartner also ein verantwortungsbewußter Beschüt- zer und schließlich fürsorglicher — nicht nur „stolzer" — Vater, ist zweifellos auch ein Reifungsprozeß vielschichtiger Art notwendig.

Wenn Gleichberechtigung propa- giert wird, reichen Deklamationen nicht aus: selbstverständlich ge- hört dazu auch „Gleichverpflich- tung": Die Verhütung einer nicht gewollten Schwangerschaft obliegt zweifellos genauso dem Mann. Da- mit zusammenhängende Besorg- nisse oder konkrete Sorgen wer- den aber primär immer wieder der Frau aufgebürdet.

Alle sozialen Weichen

sollten wir im übrigen jetzt endlich so stellen, daß für unsere Junior- partner Elternschaft wieder gleich- bedeutend wird mit Bereicherung, Erfüllung und Glück! — Eine Unter- stellung wäre es nämlich, ohne weiteres anzunehmen, daß die jun- ge Generation „entartet"; nach Montesquieu „verdirbt diese nur, wenn die Erwachsenen schon ver- dorben sind" (Die Erziehung in der Republik IV, 3).

Ohne Gebote, die uns zu einem ge- wissen Lebenssinn verpflichten, verharrt unser Leben in bloßer Be- reitschaft. Das ist die furchtbare Lage, in der sich heute unsere be- ste Jugend befindet. Das konsta- tierte nicht etwa in diesen Tagen der Sprecher des Wortes zum

Sonntag, sondern vor 45 Jahren — im „Aufstand der Massen" — Orte- ga y Gasset! — Auch bei nüchter- ner Betrachtung wäre es abwegig, wenn wir uns über Ideale nur des- halb lustig machten, „weil sie oft mit der Wirklichkeit so seltsam konstrastieren"; „der Enthusias- mus", schrieb Carl Schurz einmal,

„ist doch das Schönste im Men- schen. So lange er lebt, stirbt die Jugend nicht".

Als Leitlinie einer zeitgemäßen Fa- milien- und Gesundheitspolitik möchte ich jedenfalls bei dem Re- formkonzept zu § 218 StGB und den dazu gehörigen „flankierenden Maßnahmen" nur die gründliche Förderung der arg reduzierten Kin- derfreundlichkeit anerkennen! — Diese fördert man aber schwerlich mit der provozierenden Devise

„Der Fristenlösung so nahe wie möglich", sondern nur durch kon- sequentes Bemühen um

die Verbesserung der Lebens- chancen Ungeborener,

I> die Verbesserung der Aussich- ten primär ungewünschter Kinder, I> die soziale Sicherung lediger Schwangerer und Mütter,

I> die gesellschaftliche Gleichbe- handlung unehelicher Kinder, aber auch die Bewältigung des „Baby- schocks".

Diesen „Babyschock" zu überwin- den, ist, nach den Feststellungen des Kieler Antropologen H. W. Jür- gens, gegenwärtig sehr wichtig. Auf dem Wege zur Verwirklichung ei- nes Kinderwunsches treten näm- lich nicht selten „erhebliche Hin- dernisse auf, und zwar besonders nach der Geburt des ersten Kin- des", so daß danach häufig „der ursprüngliche Kinderwunsch dra- stisch reduziert" wurde!

So erwünscht gewiß auch weitere wirtschaftliche Hilfen für Kinderrei- che sein mögen, zunächst gilt es offenbar, dem „Babyschock" ent-

gegenzuwirken, jener unter Um- ständen fast reflexartig anmuten-

3324 Heft 48 vom 27. November 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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den Abneigung gegen ein zweites Kind bei jungen Eltern, die erfah- ren mußten, wieviel schwerer sie es in unserer Gesellschaft mit ei- nem Baby oder Kleinstkind haben als kinderlos!

Hüter der Gesundheit und des Le- bens sind selbstverständlich zu dem verpflichtet, was wir nüchtern als Güterabwägung bezeichnen.

Ihre besondere Aufmerksamkeit gehört aber

[> zunächst der Erhaltung des Le-

bens,

f>

dann der Minderung gesund-

heitlicher Risiken (deren restloser Ausschluß von ihnen nicht gefor- dert werden kann) und

f>

schließlich jener Hilfestellung,

auf die insbesondere sozial Schwa- che angewiesen sind.

Wenn man die Mutter, "besonders die Proletarierin, die auf Grund ih- rer ökonomischen Notlage sich au- ßer Stande sieht, ihr Kind zu klei- den und ernähren, das sie erwar- tet," aus diesem Grunde ermäch- tige, ihr Kind legal umbringen zu lassen, "anstatt den hier mensch- lich einzig möglichen Schluß zu ziehen, nämlich nunmehr hier mit den Mitteln der Gemeinschaft, de- nen der Gesellschaft das Leben dieses jungen Menschen sicher zu stellen", dann sei dies - so formu- lierte vor knapp 20 Jahren der SPD-"Kronjurist" Dr. Adolf Arndt - doch nichts anderes "als staat- lich sanktionierter Mord"! Arndt unterstrich die Verpflichtung des Staates "auch dem schwächsten Glied seiner Gesellschaft, auch dem Ärmsten, ein menschenwürdi- ges Dasein zu garantieren" und sagte, Aufgabe der Sozialisten sei es, "sich schützend vor das kei- mende Leben zu stellen"!

Vorbeugen ist besser als

Abbrechen einer Schwangerschaft!

Das weiß jedes geschlechtsreife Mädchen so gut wie der Arzt. Das kommt auch in dem Urteil des Bun-

Spektrum der Woche Aufsätze · Notizen

Der Fristenlösung so nahe wie möglich?

desverfassungsgerichtes vom 25.

Februar 1975 zum Ausdruck. Darin weist der Gerichtshof darauf hin, daß es dem Staat obliegt,

f>

durch vorbeugende Schwanger-

schaftsverhütung einerseits sowie

[> durch soziale Förderungsmaß-

nahmen und

[> durch eine allgemeine Verände-

rung der gesellschaftlichen Auffas- sungen andererseits

die Abtötung Ungeborener zu ver- hindern. Auch das Gericht läßt also klar erkennen, daß Prävention den Vorrang vor der Repression hat.

Junge Mädchen sollten sich des- halb zwar nicht so früh wie mög- lich, aber doch mindestens so früh wie nötig an den Arzt ihres Ver- trauens wenden. Dieser wird bei der Verordnung oraler Kontrazepti- va die Leitsätze beachten, die kürz- lich vom wissenschaftlichen Bei- trag der Bundesärztekammer be- kannt gegeben wurden (DEUT- SCHES ÄRZTEBLATT, Heft 37/1975 vom 11. September 1975, Seite 2521 ff.).

Allerdings können diese Verord- nungsrichtlinien die Gewissensent- scheidung des einzelnen konsul- tierten Arztes nur erleichtern, nicht ersetzen. Mit der Ablehnung eines erbetenen Pillenrezeptes ist es nicht getan. Die ruhige Beratung und der Hinweis auf konventionelle Verhütungsmittel kann wichtiger sein! - Damit können wir u. U.

schon helfen, Vertrauen fördern, vielleicht auch die gemeinsame Verantwortung der Partner deutlich machen!

Zu einer intensiveren psychosozia- len Hilfe durch den Arzt gehört aber außer der präventiven Bera- tung die Sorgfalt bei der vom Ge- setz künftig (in § 218 b) vorge- schriebenen Beratung der Schwan- geren (z. B. im Sinne eines bei der Ärztekammer Schleswig-Holstein erarbeiteten Katalogs). Aus Grün- den der Sicherheit wird sich neben der mündlichen Beratung die Aus-

gabe eines Merkblattes empfeh- len. Selbstverständlich muß der konsultierte Arzt auch bei der Fest- stellung der Indikation von seinem Ermessungsspiel raum gewissen- haften Gebrauch machen. Die Re- gierungskoalition hat mit ihrem Entwurf zu einer Novellierung des

§ 218 ja über die bisherigen Mög- lichkeiten hinaus einen wesentlich erweiterten Rahmen gesetzt. Seine sorgfältige Beachtung obliegt na- türlich dem Arzt!

Staat und Gesellschaft

können dem Einzelnen helfen, die Aufgaben zu bewältigen, die ihm das Leben stellt. Dabei denken wir heute in erster Linie an eine Ver- besserung der materiellen Lebens- qualität. - Hilfestellung kann aber ebenso wichtig sein, wo es um

"ideelle" Charakteristika geht:

Das könnte schon damit beginnen, daß als Alternative zu "crime and sex" künftig Leitbilder bevorzugt werden, mit denen die Fähigkeit zur Partnerwahl gefördert wird; diese steht ja vor der Begründung einer aussichtsreichen Lebensgemein- schaft.

II>- Erwünscht wäre sicher auch das Wecken einer normalen und ge- sunden Verantwortungsfreude jun- ger Menschen für sich selbst und für einander.

II>- Materielle und psychosoziale Förderungsmaßnahmen sollten vor- rangig dem Schutz von Schutzbe- dürftigen gelten; z. B. Frauen, die vielleicht ihr Kind auch austragen möchten, wenn es der Partner nicht will; und besonders jenen Frauen, die in der Labilität der er- sten drei Schwangerschaftsmonate

nicht mit einer formalen Beratung durch junge Psychologen abgefun- den werden sollten, wo es auf ärzt- liche Erfahrung und Empathie an- kommt.

II>- Nachgehende Fürsorge sowohl bei Genehmigung wie auch bei Ab- lehnung eines Schwangerschafts- abbruchs setzt im übrigen die Be-

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Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen

Der Fristenlösung so nahe wie möglich?

reitstellung ausreichender Mittel und qualifizierten Personals vor- aus!

Ganz gleichsinnig ist der soziale Rechtsstaat zweifellos dem schutz- losen Ungeborenen verpflichtet.

~ Deshalb sollte das Ministerium für Jugend, Familie und Gesund- heit endlich mit der gebotenen Klarheit und Entschiedenheit un- verantwortlichen Abtreibungsparo- len entgegenwirken!

~ Es muß spürbar werden, daß dieser Staat mit seinen Mandats- trägern und Ärzten, mit Sozialhel- fern und finanziellen Mitteln be- drängten Schwangeren zu helfen

und sich ebenso für das Lebens- recht der Ungeborenen einzuset- zen bereit ist. - Der gesetzliche Rahmen sollte entsprechend kom- mentiert werden, damit das neue Gesetz nicht kinderfeindlich, son- dern kinderfreundlich praktiziert wird!

~ Den schutzlosen Ungeborenen ist ja auch bei einer Summation diskreter Ungerechtigkeiten kein Protestmarsch nach Sonn möglich!

Gerade diese Wirklichkeit würdigt auch das Bundesverfassungsge- richtsurteil, wenn es neben der me- dizinischen, ethischen und krimino- logischen Indikation nur dann eine soziale Indikation für rechtmäßig erachtet, wenn die soziale Notlage ebenso schwer wiegt, wie die übri- gen Gründe für eine zulässige Indi- kation. Das Bundesverfassungsge- richt konstatierte allerdings, daß die allgemeine soziale Lage der Schwangeren und ihrer Familien Konflikte von solcher Schwere er- zeugen könne, daß von der Schwangeren über ein bestimmtes Maß hinaus Opfer zugunsten des ungeborenen Lebens mit den Mit- teln des Strafrechts nicht erzwun- gen werden können. Die Fortset- zung der Schwangerschaft soll aber nicht nur subjektiv unzumut- bar sein; die Schwere des voraus- zusetzenden sozialen Konfliktes muß so deutlich erkennbar sein, daß die Indikation zum Schwanger-

Schaftsabbruch mit den anderen Indikationsfällen kongruent bleibt!

Die Konsequenzen im Koalitionsentwurf eines 15. Strafrechtsänderungsgesetzes erscheinen im Text von § 218 a und 218 b um einige Nuancen dürrer als in den Feststellungen des Bun- desverfassungsgerichtes. Wer aber künftig, zum Beispiel bei Entschei- dungsschwierigkeiten, diese höchst- richterlichen Aussagen gegenwär- tig hätte, dem sollte der Gesetzes- text im Grunde nicht zweifelhaft sein. Schon ein€m laut Entwurf dem § 218 hinzuzufügenden 2. und 3. Satz in Absatz 3 ist zu entneh- men, daß das Gericht von einer Be- strafung der Schwangeren (nach Satz 1) nur absehen kann, "wenn sie sich zur Zeit des Eingriffs in be- sondererBedrängnis befunden hat."

Mit dem Wort "besonderer" wird m. E. unterstrichen, daß es sich nicht nur um so etwas handelt wie eine Kalamität oder zum Bei- spiel darum, daß eine unwillkom- mene Schwangerschaft Pläne durchkreuzt, deren Aufgabe zwar mit Opfern verbunden ist und inso- fern auch eine Bedrängnis bedeu- tet, die aber zurnutbar ist.

ln § 218 a heißt es, daß der mit Ein- willigung der Schwangeren von ei- nem Arzt vorgenommene Schwan- gerschaftsabbruch nicht nach § 218 strafbar ist, "wenn er unter Berück- sichtigung der gegenwärtigen und zukünftigen Lebensverhältnisse der Schwangeren nach ärztlicher Er- kenntnis angezeigt ist, um eine Ge- fahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beein- trächtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren abzuwenden, und die Gefahr nicht auf eine ande- re für sie zurnutbare Weise abge- wendet werden kann".

Hiernach ist die Annahme unsin- nig, eine seelische Verstimmung - im Sinne einer reaktiven Baisse - genüge für den Entschluß zum Schwangerschaftsabbruch. Die Ge- fahr einer Beeinträchtigung des

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Heft 48 vom 27. November 1975

DEUTSCHES ARZTEBLATT

körperlichen oder seelischen Ge- sundheitszustandes der Schwange- ren muß tatsächlich als so schwer- wiegend angesehen werden, daß

sie "nicht auf eine ande-

re ... zurnutbare Weise abgewen- det werden kann"!*)

Mit anderen Worten: Aus ärztlicher Sicht muß das gegeben sein, was wir bisher als medizinische oder aber als Sozialmedizinische Indika- tion für so schwerwiegend erachtet haben, daß nach allen Erfahrungen die Fortsetzung der Schwanger- schaft mit einem erheblichen Risi- ko verbunden und folglich nicht zu- mutbar wäre.

Die Gründe, die aus ärztlicher Sicht für die Straffreiheit eines Schwangerschaftsabbruches bei eugenischer und ethischer Indika- tion (im Koalitionsentwurf unter

§ 218 a, Abs. 2 und 3) sprechen, be- dürfen wohl kaum einer ausführli- chen Erörterung. Die gerechtfertigte Annahme, daß das Kind an einer nicht behebbaren schwerwiegen- den Schädigung seines Gesund- heitszustandes leiden würde, drängt zu Konsequenzen, die eher ein Ausdruck der Humanität sein dürften als etwa Ausdruck eines kurzschlüssigen Unwillens.

Führt eine rechtswidrige Tat (ge- mäß §§ 176 bis 179) zu einer Schwangerschaft oder liegen

"dringende Gründe für die Annah-

me" solcher Umstände vor, so

wäre die Fortsetzung der Schwan- gerschaft zweifellos ebenfalls un- zumutbar.

Schwieriger wird im Einzelfall die Entscheidung aus "sozialer Indika-

tion". Auch hier muß aber "die Ge-

fahr einer schwerwiegenden Beein-

*) Die Bundesärztekammer betonte soeben nochmals, daß sie grundsätzlich bereit ist, an der Durchführung einer Neurege- lung des Schwangerschaftsabbruchs mitzuwirken, wenn die· Indikation für einen zulässigen Schwangerschaftsab- bruch eindeutig auf eine nur durch den Schwangerschaftsabbruch abwend- bare Gefahr einer gesundheitlichen Schädigung der Schwangeren abgestellt ist, deren Vorliegen durch eine neu- trale ärztliche Gutachterstelle festzustel- len ist.

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Der Fristenlösung so nahe wie möglich?

trächtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren" wahrscheinlich sein; und zwar „die Gefahr einer Notlage", die es mit dem Eingriff abzuwenden gilt, weil sie eben so schwer wiegt, daß schlechterdings von der Schwangeren die Fortset- zung der Schwangerschaft nicht verlangt werden kann!

■ Gewissenhaftes Abwägen ist also auch hier unerläßlich. Dem Arzt obliegt — in zumutbarem Um- fang — eine sorgfältige Prüfung der Umstände im konkreten Einzel- fall. Auch wenn dabei sein subjek- tives Ermessen von Bedeutung sein wird, muß er von diesem doch gewissenhaft Gebrauch machen, was sich schon aus § 1 der Berufs- ordnung für die deutschen Ärzte ergibt.

Die Bedeutung

der Beratung durch den Arzt muß offenbar auch im Gespräch mit Kollegen immer wieder unter- strichen werden. Nur wenn es sich um eine eingehende Beratung han- delt, kann diese dem Sinn des Ge- setzes entsprechen. Hierzu gehö- ren nachdrückliche Hinweise auf die nachfolgend angeführten Fak- ten, deren Bedeutung von Rat- suchenden allzu häufig unterschätzt und gelegentlich auch von Kolle- gen zu gering veranschlagt wird.

Auch deren neuerliche schriftliche Unterrichtung halten wir deshalb (im Bereich der Ärztekammer, Schleswig-Holstein) für geboten.

— Denn:

O Der Eingriff ist nicht risikolos und wird umso komplizierter, je weiter die Schwangerschaft fortge- schritten ist. Er ist größer und ge- fahrvoller als eine Fehlgeburt und deren Behandlung.

• Wenn ein Schwangerschaftsab- bruch in Erwägung gezogen wird, sollte er möglichst bis zur neunten Woche erfolgen. Jenseits der zwölften Woche ist er nur bei Le- bensbedrohungen der Mutter durch die Schwangerschaft er- laubt. Schon zwischen der neunten

bis zwölften Woche werden die Komplikationsraten erheblich grö- ßer.

OO

In jedem Fall eines Schwanger- schaftsabbruches muß mit Kompli- kationen gerechnet werden. Dabei handelt es sich im einzelnen um Frühschäden, die unmittelbar im Anschluß an den Eingriff auftreten, und Spätschäden, die sich erst später bemerkbar machen. Da es sich bei 20 bis 30 Prozent um Frau- en unter 20 Jahre handelt, können die Schäden, insbesondere für die weitere Fortpflanzungsfähigkeit, schwerwiegend sein.

O Die Komplikationsrate liegt nach unterschiedlichen Statistiken zwi- schen 5 und 40 Prozent und ist von der Methode der Durchführung kaum abhängig.

O Die häufigsten Komplikationen:

5.1. Lebensbedrohliche Blutungen, die einen Blutersatz erforderlich machen, in zehn Prozent.

5.2. Verletzungen des Uterus in 2 bis 15 Prozent.

5.3. Fieber über 38 Grad länger als 24 Stunden als Zeichen einer Ad- nexentzündung bis zu 27 Prozent.

5.4. Spätkomplikationen (Entzün- dungen, Blutungsstörungen und ähnliche) bis zu 36 Prozent.

5.5. Nachfolgende Sterilität mit röntgenologisch nachgewiesenem Verschluß der Tuben in fünf bis zehn Prozent. Von einzelnen Auto- ren werden noch höhere Zahlen angegeben (bis zu 60 Prozent).

5.6. Häufigere Regelwidrigkeiten nach erfolgter Interruptio bei er- neuter Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett, z. B. Plazenta praevia, vorzeitige Lösung der nor- mal sitzenden Plazenta, Frühgebur- ten, Plazenta accreta, atonische Nachblutungen, Cervixinsuffizienz als Folge von Cervixrissen. — Eine ganze Reihe weiterer Komplikatio- nen sind bekannt.

5.7. Die Mortalität ist nicht gleich Null. Vielmehr starben in England bei 100 000 legalen Schwanger- schaftsabbrüchen 34 Frauen; das würde auf die BRD übertragen be- deuten, daß bei ca. 4-500 000 zu erwartenden Schwangerschaftsab- brüchen jährlich ca. 135 bis 170 Frauen an dem Eingriff sterben würden.

O Der Eingriff muß stationär aus- geführt werden; die ambulante Durchführung ist gefährlich und nicht zu verantworten.

O Die Patientin soll — nach Erläu- terung der genannten Zahlen — eine Bedenkzeit von mindestens drei Tagen haben. Bei gegebener Situation soll ein Sozialberater zur Frage der Adoptionsvermittlung, der Unterbringung des zu erwar- tenden Kindes und eventueller fi- nanzieller Beihilfen eingeschaltet werden.

Diese Punkte sollten bei der Bera- tung der Schwangeren bedacht, genannt und in einem Merkblatt zu- sammengefaßt werden!

Wir glauben — wie gesagt —, daß der Arzt der Schwangeren im An- schluß an die Beratung dieses Merkblatt aushändigen sollte. Dar- auf sollten noch einmal in entspre- chenden Formulierungen die am häufigsten beobachteten Komplika- tionen bei legal durchgeführten Schwangerschaftsabbrüchen ge- nannt sein. — Die Schwangere sollte sowohl die gesetzlich vorge- schriebene Beratung wie auch den Empfang des Merkblattes schrift- lich bestätigen. Für besonders wichtig halten wir es, daß die Schwangere nach der ärztlichen Beratung noch einmal mit ihrem Mann, ihren Eltern oder dem Vater des zu erwartenden Kindes zwei bis drei Tage Zeit zu überlegen hat, ob der von ihr gewollte Schritt wirklich der richtige ist. Wenn sie diese Frage trotz reiflicher Überle- gung bejaht, sollte sie ihren Arzt fragen, wo sie den genehmigten Eingriff durchführen lassen kann.

Auch dann können allerdings noch überraschende Wendungen eintre- ten.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 48 vom 27. November 1975 3327

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Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen

Der Fristenlösung so nahe wie möglich?

Fragwürdige Verfahrensweisen

bei der Beratung Schwangerer, beim Ausloten einer zweifelhaften Indikation und bei der Entschei- dung über einen gewünschten Schwangerschaftsabbruch wären sicher als Kennzeichen eines mo- dernen und gerechten Sozialstaa- tes ganz ungeeignet. Ist schon für die Lösung psychischer Konflikte die Kürette mehr als problema- tisch, so muß sie als Instrument moderner Sozialpolitik vollends verworfen werden!

Sicher sind manche heute üblichen Geburtenregelungspraktiken revisi- onsbedürftig. Auch an der Überfäl- ligkeit einer Reform von§ 218 zwei- felt sicher kein erfahrener Arzt.

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Oben: Zunahme der Schwanger- schaftsabbrüche in Schleswig-Hol- stein von 1968 bis 1975 um das Vier- fache (=

+

410 Prozent).

Rechts: Zunahme der Sterilisationen von 1968 bis 1975 in Schleswig-Hol- stein um das Fünfzehnfache (=

+

1500 Prozent). Die Angaben für 1975 sind hochgerechnet.

Wir alle aber sind bei der Einfüh- rung einer neuen Regelung zu be- sonderer Aufmerksamkeit ver- pflichtet. Wer weiß denn außer den Ärzten schon, daß die Frühkompli- kationsrate nach legalen Schwan- gerschaftsabbrüchen in der Litera- tur bis zu 20 Prozent angegeben wird? Wer hat mit ähnlicher Sorge die Entwicklung der legalen Schwangerschaftsabbrüche und Sterilisationen in den letzten sie- ben oder acht Jahren verfolgt? ln dem überwiegend ländlich struktu- rierten Schleswig-Holstein ver- zeichneten wir von 1968 bis 1975 eine Zunahme der legalen Schwan- gerschaftsabbrüche um etwa 410 bis 420 Prozent, also um das Vier- fache, und eine Zunahme der Steri- lisationen um gut 1500 Prozent, also um das Fünfzehnfache!

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3328 Heft 48 vom 27. November 1975 DEUTSCHES ARZTEBLATT

Diese Entwicklung kann nach einem Blick auf eine entsprechende gra- phische Darstellung der Zahlen aus den Jahren 1968 bis 1975 sicher nicht mit einem Achselzucken quit- tiert werden. - Oder sollte dieses traurige Ergebnis, bei dem zweifel- los SOzialmedizinische Indikationen mit zu Buche schlugen, lediglich durch eine Gesetzesreform legali- siert werden?

Diese rethorische Frage lenkt auf den Ruf nach mehr Verständnis für das Kind in unserer Zeit und für die jungen Mütter zurück. (Die ein- schlägigen und sehr ausführlichen Beratungen der Deutschen Gesell- schaft für Sozialpädiatrie und der Deutschen Gesellschaft für Kinder- heilkunde vom 8. bis 10. September 1975 in München verdienten zwei- fellos die Aufmerksamkeit der ge- samten Ärzteschaft!)

Mit der Geburtsstunde eines neuen § 218

wird weder die Ärzteschaft noch etwa der einzelne Arzt von über- nommenen Pflichten entbunden oder auch von der generellen Mit- verantwortung, die wir alle für un- sere Zukunft zu tragen haben. - Deshalb sei abschließend noch einmal unterstrichen, was der Deutsche Ärztetag - in Überein- stimmung mit dem Weltärztebund - 1974 in Berlin bestätigte, daß nämlich ein "Schwangerschaftsab- bruch nur als therapeutische Maß- nahme durchgeführt" werden soll- te!

Konstruierte Indikationen können von Ärzten solange nicht gestützt werden, wie diese sich noch als Hüter des Lebens und der Gesund- heit verstehen; sie kämen indika- tionslosen Eingriffen gleich, die - nur dem Anschein nach legalisiert - mit Todesfolge für Tausende von Ungeborenen enden würden.

Damit wäre gegenüber der soge- nannten "Fristen Iösung" nur ein formaler Unterschied erreicht. Die Konsequenz bliebe die gleiche: ln der Medizin würde sich damit die so oft leichtfertig beschworene Kri- se tatsächlich abzeichnen, eine

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Spektrum der Woche Aufsätze - Notizen

Der Fristenlösung so nahe wie möglich?

Krise, wie wir sie bisher nicht er- lebt haben, weil sie nicht auf die Medizin und das Gesundheitswe- sen beschränkt bliebe; vielmehr dürfte eine solche Krise unsere ge- samten sozialpolitischen Zukunfts- vorstellungen aushöhlen. Wir müs- sen auch darüber endlich offen sprechen!

Kinderfeindlichkeit in der Gesell- schaft und rückläufige Geburten- zahlen sind sehr ernstzunehmende Symptome für die schon jetzt of- fenkundigen Versäumnisse in der Sozialpolitik! — Wir sind als Ärzte bereit, Primärmaßnahmen zur Ver- hütung von Abtreibungen zu unter- stützen!

In der zweiten Hälfte der 50er Jahre konstatierten Geburtshelfer und Kinderärzte die ersten Thalidomid- Schäden an Kindern mit großer Be- troffenheit. Als sich die Zusammen- hänge mit der Schadensursache eindeutig herausgestellt hatten und bekannt wurde, daß rund 2500 Kin- der schwer mißgebildet waren, wurde in der westlichen Welt von der „Contergan-Katastrophe" ge- sprochen. Damit wurde die kritische Aufmerksamkeit gegenüber einer gefährlichen Medikation während der Schwangerschaft so geschärft, wie es zu keinem Zeitpunkt gegen- über den tödlichen Manipulationen zu beobachten war, die anschei- nend als Auskratzungen zum ärzt- lichen Alltag gehörten; bei diesen wurde aber sehr viel mehr aufs Spiel gesetzt, als die Gliedmaßen von zweieinhalbtausend Kindern, nämlich das Leben von mehreren hunderttausend Ungeborenen all- jährlich in der Bundesrepublik!

Wir haben die Freiheit, primär un- gewollte Schwangerschaften unter einen besonderen Schutz zu neh- men oder abzubrechen.

Die Entwicklung der letzten Jahre spricht dafür, daß wir künftig noch häufiger vor dieser Alternative ste- hen. Zu angemessenen Entschei- dungen können die beteiligten Ärz- te nur finden

I> bei einem sehr differenzierten Einfühlungsvermögen,

I> mit gehörigem ärztlichen und sozialmedizinischen Sachverstand, I> mit gleichbleibend wacher Sorg- falt beim Abwägen und

I> einem hierauf gegründeten, das heißt wohlfundierten Urteilsvermö- gen.

Das gilt in jedem Einzelfall: für je- den beteiligten Arzt also und für jede ratsuchende Schwangere!

Und darum muß auch die Verfah- rensfrage so geregelt werden, daß wir nicht mit einem neuen § 218 doch zu einer kaschierten „Fristen- lösung" kommen! Die Ärzteschaft legt Wert darauf, schwerwiegende Eingriffe nur dann vorzunehmen, wenn diese auf eine nachprüfbare und rechtfertigende Indikation ge- stützt sind.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Gerd lversen

Facharzt für innere Krankheiten

— Psychotherapie — 2360 Bad Segeberg

Bismarckallee 1 ECHO

Zu: „Raucherzimmer in Schulen"

in Heft 22/1975 Seite 1693 Broschüre

gegen Raucherzimmer

„Mit einer Broschüre wollen die Bundesärztekammer

und

die Kassenärztliche Bundes- vereinigung den Raucherzim- mern in Schulen den Kampf ansagen. Dies geht aus der jüngsten Ausgabe des DEUT- SCHEN ÄRZTEBLATTES her- vor. In der Informations- schrift soll auf die Gesund- heitsgefährdung der Kinder und Jugendlichen durch das Rauchen hingewiesen wer- den. Raucherecken sollten nach Ansicht der Autoren wieder abgeschafft werden.

Zur Begründung nennt das Ärzteblatt eine steigende Zahl von rauchenden Schü- lern..." (Hannoversche Allge- meine Zeitung und andere Tageszeitungen)

AUS DEM BUNDESTAG

Skepsis gegenüber

„Freier Medizinischer Hochschule"

Die Bundesregierung beurteilt das Vorhaben des Hartmannbundes zur Gründung einer Freien Medizini- schen Hochschule insgesamt mit

„erheblicher Skepsis". Die Beden- ken beziehen sich dabei zunächst weniger auf rechtliche Gesichts- punkte als vielmehr auf die Finan- zierbarkeit und Lebensfähigkeit ei- ner privaten Medizinhochschule.

Dies antwortete der Parlamentari- sche Staatssekretär des Bundesmi- nisteriums für Bildung und Wissen- schaft, Dr. Peter Glotz, auf eine parlamentarische Anfrage des SPD-Bundestagsabgeordneten Dr.

Olav Schwencke (Nienburg). Die Bundesregierung teile auch die vom rheinland-pfälzischen Kultus- minister Dr. Bernhard Vogel vertre- tene Auffassung, daß eine solche Hochschule nur genehmigt werden könne, wenn sie sich in der Frage der Gebühren ebenso wie die staatlichen Hochschulen verhalte.

Der Hartmannbund gehe davon aus, daß die benötigten Finanzie- rungsmittel im Rahmen einer priva- ten Stiftung durch Spenden, insbe- sondere aus der deutschen Ärzte- schaft, aufgebracht werden könn- ten. Es müsse aber nach Auffas- sung der Bundesregierung bezwei- felt werden, ob dies angesichts des bekanntermaßen sehr erheblichen laufenden Mittelbedarfs bei der Medizinerausbildung realistisch sei. „Aller Voraussicht nach" wür- de eine solche Hochschule über kurz oder lang den Staat um finan- zielle Hilfe angehen müssen — eine Entwicklung, die nach Ansicht der Bundesregierung „für den Staat unerträglich" wäre.

Der CDU-Vorsitzende und rhein- land-pfälzische Ministerpräsident Dr. Helmut Kohl hatte dagegen auf der Hauptversammlung des Hart- mannbundes das Vorhaben aus- drücklich begrüßt und erklärt, daß seine Landesregierung die Grün- dung der Hochschule in Koblenz nach Kräften fördern wolle.

VVZ/CK

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 48 vom 27. November 1975 3329

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