Der kleine Arztsohn Jonathan Schmidt scheint sichtlich Gefallen an der Lektüre seiner Mutter zu haben. Zwar bleibt es fraglich, ob er bei- spielsweise den Beitrag über Ärzte in den Fän- gen der Verwaltung sorgfältig gelesen hat. Doch soll es auch ganz vereinzelt erwachsene Bezieher geben, die nicht jedem Beitrag im Deutschen Ärz- teblatt die nötige Aufmerksamkeit widmen. Die Redaktion des Deutschen Ärzteblattes wünscht aall-- lleenn Lesern ein frohes Weihnachtsfest und ein glück-
liches neues Jahr.
S C H L U S S P U N K T
[80] Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 50½½½½15. Dezember 2000
J
eden ersten Samstag im Monat steht Börsebius be- kanntlich mit Rat und Tat zur Seite, wenn Leser in Gelddingen der Schuh drückt.Da aber, wie ich weiß, viele Anrufer trotz der vierstün- digen Session am Telefon gar nicht durchkommen, möchte ich hier einen Über- blick über die meistgestellten Fragen geben.
Zwei Drittel aller Anrufe hatten einen depressiven bis verzweifelten Grundton. Hier haben sich viele Anleger mit Aktien des Neuen Marktes völlig verhoben und sitzen jetzt auf Verlusten von 50 Prozent und mehr, teilweise auch noch kreditfinanziert.
Die an mich gestellten Fra- gen bezogen sich auf die bange Erwartung, man müsse die Aktien (zum Beispiel EM.TV, Gigabell, Openshop und viele andere mehr) doch wohl einfach aussitzen, und
der Markt werde es irgend- wann einmal richten und sich wieder erholen.
Diese Annahme ist ganz und gar nicht gerechtfertigt.
Erstens ist es einer Aktie völlig egal, zu welchem Kurs gerade Sie gekauft haben, und zwei- tens sind speziell am Neuen Markt Preise bezahlt worden, die samt und sonders astrono- mischen Charakter haben.
Beispiel: Nehmen Sie doch bit- te an, Ihre Praxis wäre eine Aktiengesellschaft und erziel- te einen jährlichen Überschuss von 200 000 Mark.
Wenn Sie nun überlegen, wie hoch der Praxiswert ist, kommen Sie je nach Fachrich- tung und Ausstattung auf eine
Summe, die – sagen wir mal – sich irgendwo bei einer Milli- on bewegen mag. Bei den gleichen Fakten, auf Aktien des Neuen Marktes bezogen, wurde noch zu Jahresbeginn ein Börsenkurs von dreißig bis vierzig Millionen Mark be- zahlt. Mit anderen Worten:
Selbst die jetzige Kurshalbie- rung induziert immer noch ei- ne krasse Überbewertung!
Diese Rechnung zielt sehr direkt auf eine andere Frage nach dem „fairen“ Aktienkurs beispielsweise bei SAP und T- Online, die ein Anleger stellte.
Das ist natürlich nicht so ein- fach zu beantworten, da selbst der faire rechnerische Aktien- kurs oft genug von der echten
Börsennotiz erheblich diffe- riert. Auf der anderen Seite lassen sich schon so genannte Ranges abbilden, innerhalb deren Spannen ein Kurs als ge- rechtfertigt oder eben nicht angesehen werden kann.
Als T-Online im Frühjahr an die Börse kam, habe ich an dieser Stelle eine Kolumne mit dem Titel „Frech und dreist“ geschrieben, weil mir der Emissionspreis von 27 Eu- ro viel zu hoch erschien. Zwar stieg die Aktie in der ersten Euphorie fast auf 50 Euro, um dann aber doch in meine pro- gnostizierten Gefilde abzu- sacken. Der aktuelle Kurs von rund 15 Euro kann aber im- mer noch um dreißig Prozent verlieren. So ist das halt. Wer sich am Neuen Markt tum- melt, muss wissen, dass er sich in einer Zockerbude aufhält.
Viel gewinnen, alles verlieren, das Letztere ist am Ende meist die traurige Realität. ✮
Rund ums Geld
Börsendepression
Post Scriptum
Börsebius
Fotos: Constanze Schmidt