Frage 8:
Zur Rechtfertigung einer Offenbarung des Arzt- geheimnisses gegen den Willen des Patienten müssen im Anwendungsbereich des § 34 StGB (rechtfertigender Notstand) folgende Voraus- setzungen vorliegen:
1) Die Offenbarung muss das mildeste Mittel darstellen.
2) Es müssen eindringliche Gespräche mit dem Patienten zur Selbstoffenbarung oder Unterlassung gefährlicher Handlungen stattgefunden haben (Ausnahme: unver- zügliches Handeln erforderlich).
3) Der Arzt muss eine genaue Kenntnis der rechtfertigen- den Umstände haben.
4) Es muss eine gegenwärtige Gefahr für die Rechtsgüter des Arztes oder eines Dritten bestehen.
a) Nur 2, 3 und 4 treffen zu b) Nur 2 und 3 treffen zu c) Nur 1 und 4 treffen zu d) Alle Angaben sind richtig e) Alle Angaben sind falsch Frage 9:
Im Arbeitsrecht muss der Arzt bezüglich der ärztlichen Schweigepflicht Folgendes beachten:
1) Der Arbeitgeber des Patienten hat einen Anspruch auf Mitteilung der wichtigsten Diagnosen.
2) Der Arbeitgeber des Patienten hat keinen Anspruch auf Mitteilung der wichtigsten Diagnosen.
3) Die Krankenhausverwaltung hat ein generelles Ein- sichtsrecht in die Patientenunterlagen des Kranken- hauses.
4) Die Krankenhausverwaltung hat kein generelles Ein- sichtsrecht in die Patientenunterlagen des Kranken- hauses.
a) Nur 1 und 4 treffen zu b) Nur 2, und 4 treffen zu c) Nur 1 und 3 treffen zu d) Nur 2 und 3 treffen zu e) Nur 2 trifft zu Frage 10:
Standes- und berufsrechtlich ist für den Arzt Folgendes zur ärztlichen Schweigepflicht zu be- achten:
1) Rechtsverbindlich ist für ihn die aktuelle Version der Musterberufsordnung der Bundesärztekammer.
2) Rechtsverbindlich ist für ihn die aktuelle Version der jeweiligen landesspezifischen Berufsordnung (Bun- desland der Berufausübung).
3) Ein rechtswidriger Verstoß gegen die Schweige- pflicht ist standesrechtlich unbeachtlich.
4) Ein rechtswidriger Verstoß gegen die Schweige- pflicht führt zwingend zur Berufsunwürdigkeit.
5) Ein rechtswidriger Verstoß gegen die Schweige- pflicht kann standesrechtlich geahndet werden.
a) 1 und 2 treffen zu b) 2 und 5 treffen zu c) 3 und 5 treffen zu d) 1, 3 und 4 treffen zu e) 1, 2 und 4 treffen zu
M E D I Z I N
Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 5⏐⏐4. Februar 2005 AA297
Wichtiger Hinweis
Die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung ist ausschließlich über das Internet möglich:
www.aerzteblatt.de/cme
Einsendeschluss ist der 17. 3. 2005 Einsendungen, die per Brief oder Fax erfolgen, können nicht berücksichtigt werden.
Die Lösungen zu dieser cme-Einheit werden in Heft 13/2005 an dieser Stelle veröffentlicht.
Die cme-Einheit „Anorexia und Bulimia nervosa im Kindes und Jugendalter“ (Heft 1–2/2005) kann noch bis zum 24. 2. 2005 bearbeitet werden.
Für Heft 9/2005 ist das Thema „Die chronische Herz- insuffizienz“ vorgesehen.
Lösungen zur cme-Einheit in Heft 49/2004 Lagrèze W, Wilhelm H, Göbel H: Kopfschmerz und Auge. 1/3, 2/2, 3/1, 4/5, 5/4, 6/1, 7/5, 8/2, 9/2, 10/5
AUSGEWÄHLT UND KOMMENTIERT VON H. SCHOTT AUSGEWÄHLT UND KOMMENTIERT VON H. SCHOTT
MEDIZINGESCHICHTE(N))
Medizin und Literatur Der Zauberberg
Zitat:„Dieser Widerstreit zwischen den Mächten der Keusch- heit und der Liebe – denn um einen solchen handle es sich –,wie gehe er aus? Er endige scheinbar mit dem Siege der Keusch- heit.Furcht,Wohlanstand,züchtiger Abscheu,zitterndes Rein- heitsbedürfnis, sie unterdrückten die Liebe, hielten sie in Dun- kelheiten gefesselt, ließen ihre wirren Forderungen höchstens teilweise, aber bei weitem nicht mit ihrer ganzen Vielfalt und Kraft ins Bewußtsein und zur Betätigung zu.Allein dieser Sieg der Keuschheit sei nur ein Schein- und Pyrrhussieg, denn der Liebesbefehl lasse sich nicht knebeln, nicht vergewaltigen, die unterdrückte Liebe sei nicht tot, sie lebe, sie trachte im Dun- keln und Tiefgeheimen auch ferner sich zu erfüllen, sie durch- breche den Keuschheitsbann und erscheine wieder,wenn auch in verwandelter,unkenntlicher Gestalt ...Und welches sei denn nun die Gestalt und Maske,worin die nicht zugelassene und un- terdrückte Liebe wiedererscheine? So fragte Dr. Krokowski und blickte die Reihen entlang, als erwarte er die Antwort ernstlich von seinen Zuhörern. Ja, das mußte er nun auch noch selber sagen, nachdem er schon so manches gesagt hatte. Nie- mand außer ihm wußte es, aber er würde bestimmt auch dies noch wissen,das sah man ihm an.Mit seinen glühenden Augen, seiner Wachsblässe und seinem schwarzen Bart, dazu den Mönchssandalen über grauwollenen Socken, scheint er selbst in seiner Person den Kampf zwischen Keuschheit und Leiden- schaft zu versinnbildlichen, von dem er gesprochen hatte.We- nigstens war dies Hans Castorps Eindruck, während er wie al-
le Welt mit größter Spannung die Antwort darauf erwartete, in welcher Gestalt die unzugelassene Liebe wiederkehre. Die Frauen atmeten kaum. Staatsanwalt Paravant schüttelte rasch noch einmal sein Ohr, damit es im entscheidenden Augenblick offen und aufnahmefähig wäre. Da sagte Dr. Krokowski: In Gestalt der Krankheit! Das Krankheitssymptom sei verkapp- te Liebesbetätigung und alle Krankheit verwandelte Liebe.
Nun wußte man es, wenn auch wohl nicht alle es ganz zu würdigen vermochten. Ein Seufzer ging durch den Saal, und Staatsanwalt Paravant nickte bedeutsamen Beifall, während Dr. Krokowski fortfuhr, seine These zu entwickeln. Hans Ca- storp senkte den Kopf, um zu bedenken, was er gehört hatte, und sich zu erforschen, ob er es verstünde.Aber ungeübt, wie er war in solchen Gedankengängen, und außerdem wenig gei- steskräftig infolge seines unbekömmlichen Spazierganges, war er leicht abzulenken und wurde denn auch sogleich abge- lenkt durch den Rücken vor ihm und den zugehörigen Arm, der sich hob und rückwärts bog, um mit der Hand, dicht vor Castorps Augen, von unten das geflochtene Haar zu stützen.
[...] Hans Castorp träumte, den Blick auf Frau Chauchats Arm gerichtet.“
Thomas Mann: Der Zauberberg. Roman (1924). Frankfurt am Main 1995, Seite 176 f. – Mann (1875–1955) schildert im „Zauberberg“ den Aufenthalt seines Romanhelden Hans Castorp in einem Davoser Lungensanatorium. Der Assistenzarzt Dr. Krokowski, der missio- narisch die Sache der Psychoanalyse, wie hier in einem Vortrag vor den Patienten, vertritt, wird mitsamt seiner Lehre durchweg ironisch dargestellt.