Da eine Übertragung durch Aerosole hervorgerufen werden kann, und zu- dem nur eine geringe Zahl an Organis- men nötig sind, um eine Infektion hervorzurufen, werden beide Erreger als potenzielle terroristische Biowaffe angesehen. Allerdings sind Übertra- gungen von Mensch zu Mensch selten, sodass von einem terroristischen An- schlag keine große Epidemie zu er- warten wäre, und sich die Fälle auf die direkt mit den Erregern in Kontakt gekommenen Personen beschränken würden. Zudem gibt es experimentelle Daten zur Wirksamkeit einer Post- expositionsprophylaxe mit Co-Trimo- xazol (7).
Weitere Informationen sind bei der Europäischen Task Force on Bio- logical and Chemical Agents Threats unter http://www.eurosurveillance.org abzurufen.
Ausblick
Die Prävalenz der Melioidose in Nicht-Endemiegebieten wird wahr- scheinlich unterschätzt. Die Tatsache, dass bis zu 30 Jahre nach Exposition Erkrankungen mit Burkholderia pseu-
domallei beschrieben wurden, legt den Schluss nahe, dass die Dunkelziffer weit höher liegt, als es die Zahl der in den infektiologischen Fachjournalen vereinzelt publizierten Fallberichte vermuten lässt.
Da auch rezidivierende Infektionen keine protektive Immunität hervor- rufen, sind die Aussichten für die Ent- wicklung eines Impfstoffes eher un- günstig (28).
Für Patienten mit Diabetes melli- tus, chronischen Nierenerkrankungen oder zystischer Fibrose besteht ein erhöhtes Risiko bei einem Aufenthalt in einem Endemiegebiet mit Burk- holderia pseudomallei infiziert zu werden. Vor einem Aufenthalt in Hochendemiegebieten wie zum Bei- spiel Nordost-Thailand, sollten ge- fährdete Patientengruppen im Rah- men der reisemedizinischen Beratung zumindest über das Risiko der Melioi- dose informiert werden. Eine genaue Reiseanamnese sowie die Aufmerk- samkeit der Kliniker im Bezug auf die Melioidose kann dazu beitragen, Patienten mit dieser zwar seltenen aber schwerwiegenden Erkrankung früh zu diagnostizieren und adäquat zu therapieren.
M E D I Z I N
Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 31–32⏐⏐8. August 2005 AA2169
Manuskript eingereicht: 31. 3. 2004, revidierte Fassung angenommen: 1. 6. 2005
Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.
❚Zitierweise dieses Beitrags:
Dtsch Arztebl 2005; 102: A 2166–2169 [Heft 31–32]
Anschrift für die Verfasser:
Dr. med. Klaus Göbels, DTM&H Tropenmedizinische Ambulanz
Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie
Universitätsklinikum Düsseldorf Moorenstrasse 5, 40225 Düsseldorf E-Mail: goebels@med.uni-duesseldorf.de
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das beim Verfasser erhältlich oder im Internet unter www.aerzteblatt.de/lit3105 abrufbar ist.
Mikrobiologische Diagnostik bei Melioidose
Prof. Dr. med. Ivo Steinmetz Friedrich-Loeffler-Institut für Medizinische Mikrobiologie der Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald E-Mail: steinmetz.ivo@uni-greifswald.de Dr. med. Ernst-Jürgen Finke
Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr E-Mail: institutfuermikrobiologie@
bundeswehr.org
AUSGEWÄHLT UND KOMMENTIERT VON H. SCHOTT AUSGEWÄHLT UND KOMMENTIERT VON H. SCHOTT
MEDIZINGESCHICHTE(N))
Medizin und Literatur Cholera
Zitat:„Die Cholera ist in Berlin ausgebrochen; man er- wartet sie auch hier jeden Tag, weil niemand glaubt, daß der Elbkordon [1] sie abhalten werde. [. . .] Die Wohnun- gen sind erfüllt von den widerwärtigsten Apparaten [2] . Die Stadt ist in sieben Gesundheitsbezirke abgeteilt, und in jedem steht eine Bude auf der Straße, welche das Nöti- ge für schleunige Fälle enthält. Man kommt zusammen, will nicht von dem Unglück des Tages reden – das Ge- spräch spinnt sich in Hast und Pein eine Zeitlang fort, stockt, man sieht einander stumm an – und unversehens befindet sich die ganze Gesellschaft wieder in der Pestre- gion. Indessen drängt sich das Unangenehme nicht so, wie die Zeilen eines Briefes es darstellen müssen. Es gibt noch so manche heitere Stunde; denn schon hat sich auch das Gegengift aller physischen und moralischen Influenzas [3] gemeldet, das Komische. Es werden die ergetzlichsten Geschichten von Übersorge und ausschweifender Furcht erzählt. X. läßt bereits jeden, der ihn sprechen will, durch ein Räucherkabinett [4] gehen, und Y. liegt mit Ausnahme der Geschäftsstunden fortwährend im Bette, um nicht aus
der Transpiration [5] zu kommen. Im ganzen sind Männer ängstlicher als Frauen. Das gemeine Volk, welches denn doch die Wahrheit am meisten zu fürchten hat, verhält sich ganz gleichgültig, zecht, lärmt wie sonst und genießt das wohlfeilste Obst im Übermaße. Sie hegen wie überall nur Scheu vor den Heilanstalten, weil sich die abenteuer- lichsten Vorstellungen über die Behandlung der Kranken in denselben bei ihnen festgesetzt haben [6].“
Karl Immermann: Die Cholera droht (Reisebericht, Herbst 1831). In: Peter Schwinning: Die erste Choleraepidemie in Deutschland 1831. Dr. Karl Heinrich Ebermaier: Beobachtungen und Resultate [. . .] Düsseldorf 1997, Seite 117.–
Der Jurist und Schriftsteller Immermann (1796–1840), Verfasser des „Münchhau- sen“ (1839), berichtet hier auf seiner Reise im September und Oktober 1831 in seine Heimatstadt Magdeburg vom Ausbruch der großen Choleraepidemie, die auch als Pest des 19. Jahrhunderts bezeichnet wurde. [1] Kordon von französisch
„cordon sanitaire“ (Seuchensperrgürtel). [2] Alle möglichen Apparate, insbe- sondere zum Räuchern und Versprühen, wurden eingesetzt. [3] Psychische Ansteckungen. [4] Räuchern war traditionelles Abwehrmittel gegen Seuchen, insbesondere die Pest. [5] Offenbar eine Art Schwitzkur. [6] Seinerzeit war der Verdacht im einfachen Volk weit verbreitet, Ärzte und Gesundheitsbehörden wollten die Armen mithilfe der Cholera insgeheim dezimieren.