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Archiv "Vertreterversammlung der KBV in Köln: Das Handlungskonzept: Aktion statt Reaktion - Otfrid P. Schaefer über die künftigen Strukturen der kassenärztlichen Versorgung" (25.12.1989)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

N

ach der Sitzung der Vertreterver- sammlung der KBV am 9. De- zember in Köln zeichnet sich klar ab, was die kassenärztliche Selbstverwal- tung für die nächste und eine fernere Zu- kunft will:

• Sie will nicht re-agieren auf zu erwar- tende Vorschläge anderer, sondern will einen eigenen kassenärztlichen Stand- ort und eigene Ziele bestimmen, wie es Dr. Otfrid P. Schaefer bekräftigt hat. ln diesem Sinne stand das seit der Sep- tember -Sitzung der Vertreterversamm- lung weiterentwickelte "Handlungskon- zept der KBV" erneut im Mittelpunkt in- tensiver Diskussionen. Die Verwirkli- chung dieses Handlungskonzeptes, dessen Leitsätze auf den folgenden Seiten dokumentiert und erläutert sind, setzt voraus, so hatte es Dr. Schaefer schon wenige Tage zuvor bei der

"Konzertierten Aktion" betont:

• "daß der notwendige finanzielle Rah- men von den Krankenkassen vor jed- weder Beitragssenkung zur Verfügung gestellt wird und die strukturellen Vor- aussetzungen insbesondere für die Qualität der hausärztlichen Versorgung erhalten oder geschaffen werden."

• Innerhalb ihres Handlungskonzeptes will die Kassenärzteschaft einen eige- nen Beitrag für die künftige strukturelle Gliederung der hausärztlichen und fachärztlichen Versorgung erarbeiten, ein Vorhaben, bei dem es einen großen Diskussionsbedarf gab und gibt, wes- halb schließlich beschlossen wurde, zur weiteren Erörterung einen Arbeits- ausschuß der W dem bestehenden Ar- beitsausschuß des Vorstandes zur Sei- te zu stellen. Im Mai 1990 werden Prä- zisierungen vorgelegt werden.

• Ganz aktuell - am 12. Dezember waren die Verhandlungen mit den Kassenver- bänden fortzusetzen - widmete sich die Vertreterversammlung intensiv der Vergütungsfrage. Ausgehend von der realistischen Beurteilung, daß eine rei- ne Einzelleistungsvergütung durch die Kassen derzeit nicht durchzusetzen ist, breitete Dr. Norbert Tautz namens des KBV-Vorstandes vor den Delegierten ein klar gegliedertes Konzept aus, wel- che Leistungen die Kassen im näch- sten Schritt mit festem Punktwert aus- statten sollen. Über Grundsätze und Einzelheiten der Vergütungspolitik der KBV wird auf den folgenden Seiten be-

richtet. DÄ

AKTUELLE POLITIK

Vertreterversammlung der KBV in Köln

Das Handlungskonzept:

Aktion statt Reaktion

Otfrid P. Schaefer über die

künftigen Strukturen der kassenärztlichen Versorgung

Als Dr. Otfrid P. Schaefer, Zweiter Vorsitzender der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung (KBV), ans Rednerpult trat, herrschte gespannte Aufmerksam- keit im Sitzungssaal des Kölner Ärz- tehauses. Schaefers Bericht zur La- ge, das war den 92 Delegierten der KBV-Vertreterversammlung klar, konnte nur ein zentrales Thema ha- ben: das Handlungskonzept der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung.

Im September waren die Grund- züge des Konzepts in der Vertreter- versammlung vorgestellt und dis-

~utiert worden (DEUTSCHES ARZTEBLATT, Heft 38/1989). Nun ging es um die Fortentwicklung des Strategie-Papiers, dessen Ziele weit über die aktuelle Tagespolitik der KBV hinausreichen.

Warum der Vorstand der KBV eine so weitreichende berufspoliti- sche Initiative ergriffen hat, machte Schaefer zu Beginn seiner Ausfüh- rungen nochmals deutlich: "Die Kas- senärzteschaft darf sich nicht darauf beschränken, Eingriffe in das Kas- senarztrecht lediglich abzulehnen."

Nur mit eigenen Ideen sei die eigene Position zu behaupten - eine Posi- tion, die sich an drei Grundprinzi- pien ausrichte:

e

am Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen für eine bedarfsgerechte kassenärzt- liche Versorgung,

e

an der Vertragsfreiheit zwi- schen Ärzten und Krankenkassen für die Gestaltung und Vergütung der kassenärztlichen Versorgung und

e

an der Sicherstellung der kas- senärztlichen Versorgung durch frei- beruflich tätige Kassenärzte.

Zur besseren Orientierung hatte der KBV-Vorstand 20 Leitsätze for- muliert, in denen die wesentlichen Aussagen des Handlungskonzepts zusammengefaßt sind und die auch dem Referat Dr. Schaefers zugrunde Jagen (Siehe die Dokumentation auf den folgenden Seiten.). Auf einige Bereiche ging Schaefer näher ein, insbesondere auf die künftigen Strukturen der kassenärztlichen Versorgung, denen auch das Haupt- interesse der Delegierten galt.

I

Haus- und fach- ärztliche Versorgung

"Kein Teil des Handlungskon- zeptes hat soviel innerärztliche Dis- kussion ausgelöst wie der Vorschlag, die kassenärztliche Versorgung in ei- ne hausärztliche und fachärztliche Versorgung zu gliedern", sagte Schaefer. Die Reaktionen hätten ge- zeigt, daß nach wie vor Mißverständ- nisse bestünden. Darum zur Klar- stellung:

~ Das Handlungskonzept schränkt die freie Arztwahl unter Hausärzten und Fachärzten nicht ein. Damit unterscheidet es sich grundsätzlich vom Vorschlag des Sachverständigenrates für die Kon- zertierte Aktion, der den Primärzu- gang zum Arzt grundsätzlich auf den Hausarzt beschränken will.

~ Unterschiedliche Vergü- tungsformen für hausärztliche und

fachärztliche Tätigkeit sind nicht

vorgesehen - im Gegensatz zum Vorschlag des Sachverständigenra- tes, der den Hausarzt pauschal ver-

güten will. C>

Dt. Ärztebl. 86, Heft 51!52, 25. Dezember 1989 (15) A-3923

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~ Die Einheitlichkeit des Arzt- berufs wird nicht aufgegeben. Durch eine sinnvolle Arbeitsteilung unter den verschiedenen Arztgruppen wer- den die Einheitlichkeit bewahrt und die Freiberuflichkeit gesichert.

Das Handlungskonzept, fuhr Otfrid P. Schaefer fort, beschränke sich darauf, die hausärztliche Ver- sorgung in ihrem Inhalt zu umschrei- ben. "Dabei sollen einerseits Kern- bereiche hausärztlicher Tätigkeit festgelegt werden, die auf die Funk- tion des Hausarztes zugeschnitten sind. Andererseits sollen einige mit Hilfe der Medizintechnik erbrachten Leistungen langfristig aus dem Lei- stungsspektrum des Hausarztes aus- gegliedert werden."

Zwar sei die Aufgabe, Inhalt und Umfang der hausärztlichen Ver- sorgung zu bestimmen, den Partnern des Bundesmantelvertrages aus- drücklich durch § 73 des Sozialge- setzbuches V zugewiesen, doch ginge es in dieser Frage keinewegs primär um den "Gesetzesvollzug". Vielmehr sei aus Sicht der KBV langfristig eine Arbeitsteilung aus Gründen des Ko- stendrucks, des Konkurrenzdrucks und der Qualitätssicherung notwen- dig, um das leistungsfähige ambulan- te Versorgungssystem zu erhalten.

"Kein Arzt kann heute für sich in Anspruch nehmen, alles zu wissen und alles zu können", sagte Schae- fer. "Selbst der Spezialist bedarf des Subspezialisten, um Fragestellungen außerhalb der eigenen Fachkompe- tenz zu beantworten." Der Notwen- digkeit einer Arbeitsteilung dürfe man daher nicht ausweichen.

Das Handlungskonzept ließe aber zweifelsfrei auch erkennen, daß alle Überlegungen zu einer stärkeren Arbeitsteilung die Besitzstandswah- rung für die jetzt zugelassenen Kas-

~~närzte im Auge haben und längere Ubergangszeiten berücksichtigen.

Gerade dieser Teil des Hand- lungskonzepts, mit dessen Ausgestal- tung eine Arbeitsgruppe des KBV- Vorstandes befaßt ist, befindet sich noch in einem Frühstadium. Der stellvertretende KBV-Vorsitzende kündigte in diesem Zusammenhang an, daß das Ergebnis der weiteren Beratungen erneut der Vertreterver- sammlung vorgelegt werde, und schloß den dringenden Appell an:

"Ich bitte Sie daher, vorurteils- frei, ohne vordergründige Gruppen- egoismen, mit Sachargumenten das Für und Wider einer stärkeren Glie- derung der kassenärztlichen Versor- gung und damit auch e~!ler verbes- serten Kooperation der Arzte unter- einander zu diskutieren."

I Verbesserte Kooperation

Der verbesserten Kooperation unter den Ärzten widmet sich das Handlungskonzept noch unter einem weiteren Gesichtspunkt: ärztliche Zusammenarbeit und gemeinsame Nutzung der Medizintechnik Ein Angebot, aber keine Verpflichtung, wie Schaefer nachdrücklich heraus- stellte.

Der Zweite Vorsitzende der KBV betonte vor der Vertreterver- sammlung nochmals die Vorteile von Gemeinschaftspraxen oder Praxisge- meinschaften: gegenseitige Vertre- tungsmöglichkeiten, kollegialer Er- fahrungsaustausch in medizinischen Fragen, kostengünstigere Nutzung von Praxiseinrichtungen, bessere Auslastung von medizinisch-techni- schen Geräten und die Sicherung des Fortbestandes der Praxis nach Ausscheiden eines Praxispartners.

Auch die Bildung von Apparate- gemeinschaften will die KBV för- dern. Dabei, schränkte Schaefer ein, dürften sich jedoch nicht die negati- ven Erfahrungen auf dem Laborsek- tor wiederholen. Strenge Anforde- rungen an die Qualität der persön- lichen Leistungserbringung in sol- chen Apparategemeinschaften müß- ten dies verhindern.

Ein dritter Punkt ist die ver- stärkte Beschäftigung von Assisten- ten in der Kassenpraxis: Sei es, um eine spätere Gemeinschaftspraxis vorzubereiten, oder aber um eine Weiterbildung für die spätere fach- orientierte Niederlassung abzulei- sten.

I Höhere Qualifikation

Bei der Qualifikation des Kas- senarztes - ebenfalls ein wichtiges Kapitel des Handlungskonzepts - fand Otfrid Schaefer deutliche War-

A-3924 (16) Dt. Ärztebl. 86, Heft 51!52, 25. Dezember 1989

"Gemeinsamkeit ist unser aller Ziel"

Die Sitzung der KBV-Vertreter- versammlung am 9. Dezember im Kölner Haus der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein mußte ohne den Ersten Vorsitzenden des Vor- standes stattfinden: Dr. Ulrich Oesingmann befand sich nach einer schweren Fußverletzung infolge ei- nes unverschuldeten Jagdunfalls in stationärer Behandlung. Durch ih- ren Vorsitzenden, Dr. Horst Kohne, übersandte die Vertreterversamm- lung telegrafisch ihre Genesungs- wünsche.

Als Stellvertreter oblag es daher dem Zweiten Vorsitzenden, Dr. Ot- frid P. Schaefer, den "Bericht zur Lage" vorzutragen und dabei das

"Handlungskonzept" der KBV

nochmals zu erläutern.

Dr. Kohne begrüßte diesmal- da es sich gemäß der Tagesordnung mehr um eine interne Arbeitssit- zung handelte - einen nur kleinen Kreis geladener Gäste, im wesent- lichen Vertreter der Vertragspart- ner aus der Krankenversicherung, ferner eine wie immer große Zahl von Vertretern der Medien.

Ein weiterer Gast überbrachte (womit eine alte Tradition wieder aufgenommen worden ist) ein Grußwort, nämlich der Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Kar- sten Vilmar. Er unterstrich die Ver- bundenheit der beiden ärztlichen Spitzenorganisationen, die sich an- gesichts der demografischen Ent- wicklung, des medizinischen Fort- schritts und der Bemühungen aus dem politischen Raum, die daraus resultierende Ausgabenentwicklung zu steuern, weitgehend gleichen Problemen gegenübersehen. Dies bedeute nicht, daß alle Handlungs- konzepte unbedingt voll überein- stimmen müssen; es gebe jedoch so viele Gemeinsamkeiten, daß man auf jeden Fall eine "Argumentation in der gleichen Richtung" anstreben kann (wie sie zum Beispiel erst vor kurzem in der gemeinsamen Erklä- rung der ärztlichen Körperschaften und Verbände zusammen mit allen übrigen Leistungserbringern zur Konzertierten Aktion im Gesund- heitswesen vorgebracht worden war). Vilmar rief dazu auf, daß die ärztliche Selbstverwaltung die in solcher Gemeinsamkeit liegenden Chancen erkennt und nutzt. gb

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te der Kritik gegenüber der Politik, aber auch gegenüber den jüngsten Vorstellungen des Marburger Bun- des zur Allgemeinarztausbildung.

Die KBV vertritt in ihrem Hand- lungskonzept das sogenannte „Fünf- plus-Drei-Modell": die Verkürzung des Medizinstudiums auf fünf Jahre und eine dreijährige Weiterbildung in der Allgemeinmedizin als Zu- gangsvoraussetzung für den allge- meinmedizinisch tätigen Kassenarzt.

Dies, so Schaefer, schien noch vor wenigen Monaten ein Kompro- miß zu sein, über den sich ein Kon- sens innerhalb der Ärzteschaft her- stellen ließe. Der Marburger Bund sei nun aber davon abgewichen und habe neben der Verkürzung der Stu- diendauer eine höchstens zweijähri- ge Vorbereitungsphase auf die kas- senärztliche Tätigkeit nach der Ap- probation gefordert.

Die KBV, daran ließ Schaefer keinen Zweifel, hält an ihrem „Fünf- plus-Drei-Modell" fest: „Unterhalb dieser Schwelle kann es keine weite- ren Kompromisse geben." Die drei- jährige Mindestweiterbildung zum Allgemeinarzt müsse notfalls auch dann eingeführt werden, wenn die Reduzierung des Medizinstudiums von sechs auf fünf Jahre scheitern sollte.

Und, an die Adresse der Politik gerichtet: „Wäre die von der Ärzte- schaft geforderte Änderung der Ka- pazitätsverordnung schon umgesetzt worden, würde eine Reihe von Pro- blemen, die sich heute aus der zu großen Arztzahl für die Ausbildung zum Arzt und für die Qualifikation des Kassenarztes durch fehlende Weiterbildungsmöglichkeiten erge- ben, nicht bestehen."

Ausbau der

Qualitätssicherung

Die Qualifikation des Kassen- arztes und die Struktur der kassen- ärztlichen Versorgung hängen, so Schaefer weiter, eng mit der Quali- tätssicherung kassenärztlicher Lei- stungen zusammen. Ein Thema, dem das Handlungskonzept der KBV gro- ßes Gewicht beimißt.

Schon jetzt könne kein anderer Leistungsbereich im Gesundheitswe-

sen ein so breites Spektrum quali- tätssichernder Maßnahmen aufwei- sen wie die ambulante Versorgung.

Die KBV sei bereit, dies noch weiter auszubauen, wolle dabei aber die Motivation und Beratung des Arztes eindeutig in den Vordergrund stel- len. Schaefer: „Externe Maßnahmen der Qualitätskontrolle mit der un- mittelbaren Folge von Honorarkür- zungen oder der Entziehung der Fachkunde sind ungeeignete Instru- mente."

Ferner seien für den Ausbau der Qualitätssicherung die Einführung

Dr. Otfrid P. Schaefer vertrat eindringlich das überarbeitete Handlungskonzept der KBV

des „Fünf-plus-Drei-Modells", die Intensivierung der Fortbildung und die Entwicklung von Methoden für den internen und externen Quali- tätsvergleich Voraussetzung. „Die zusätzlich entstehenden Kosten müs- sen über eine angemessene Vergü- tung durch die Krankenkassen fi- nanziert werden", forderte Schaefer in diesem Zusammehang nachhaltig.

Der Vergütung kassenärztlicher Tätigkeit insgesamt kommt für die Weiterentwicklung der leistungsfähi- gen ambulanten Versorgung zentrale Bedeutung zu. Das Handlungskon- zept geht auf diese Frage ausführlich ein. Auch im Bericht des stellvertre- tenden KBV-Vorsitzenden bildete dieser Bereich einen Schwerpunkt.

Dr. Schaefer beschränkte sich aller- dings auf grundsätzliche Anmerkun- gen und verwies in bezug auf die ak- tuellen Honorarverhandlungen auf die sich anschließende gesonderte Stellungnahme seines Vorstandskol- legen Dr. Norbert Tautz (siehe die folgenden Seiten).

Mehr finanzielle Mittel notwendig

Schaefer kritisierte zunächst den im Gesundheits-Reformgesetz fest- geschriebenen Grundsatz der Bei- tragssatzstabilität. Es stehe außer Frage: Auf die gesetzliche Kranken- versicherung kommt aus medizini- schen und humanitären Gründen ein unabweisbarer Leistungsmehrbedarf zu. Durch den Altersaufbau unserer Gesellschaft und die Entwicklung der medizinischen Wissenschaft wer- den mehr finanzielle Mittel benötigt, als durch die starre Anbindung an die Grundlohnsummenentwicklung verfügbar sind.

Der Grundsatz der Beitragssatz- stabilität sei deshalb völlig verfehlt.

Diese Auffassung wurde im übrigen von allen Leistungserbringern in der gesetzlichen Krankenversicherng vor der jüngsten Konzertierten Aktion nachdrücklich vertreten.

Es sei für die Kassenärzteschaft nicht hinnehmbar, daß der kassen- ärztlichen Versorgung ein Finanz- deckel übergestülpt wird, was eine ganze Reihe von Problemen außer acht lasse: den ungeregelten Zu- strom von Ärzten, die Veränderung des Morbiditätsrisikos und die zwangsläufige innovative Verteue- rung der Gesundheitsversorgung durch neue Untersuchungs- und Be- handlungsmethoden.

Gleichzeitig, so Schaefer unter dem Applaus der Delegierten, bau- ten die Krankenkassen jedoch ihren Wettbewerb untereinander aus und gewährten ihren Versicherten Lei- stungen, auf die diese nach dem Ge- setz keinen Anspruch haben.

Mit Blick auf das Krankenhaus vermerkte Schaefer: „Dort gilt das Selbstkostendeckungsprinzip mit der Folge ungebremster kostenbedingter Pflegesatzsteigerungen, die sich im nächsten Jahr besonders dramatisch Dt. Ärztebl. 86, Heft 51/52, 25. Dezember 1989 (17) A-3925

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Weitere Schritte zur

Einzelleistungsvergütung

durch die berechtigten Tariferhö- hungen für das Pflegepersonal aus- wirken werden."

Mit derselben Berechtigung müsse aber auch die Kassenärzte- schaft die Forderung nach einem an- gemessenen Ausgleich unvermeidba- rer Kostensteigerungen erheben!

Eindringlich warnte Otfrid Schaefer vor dem Verlust der Lei- stungsfähigkeit der freien Praxis.

„Wer die ambulante Versorgung in ihrer Leistungsfähigkeit mindert, muß damit rechnen, daß in der am- bulanten Versorgung dann nicht mehr erbringbare Leistungen zwangsläufig in den sehr kostenin- tensiven Krankenhaussektor abwan- dern werden."

Und weiter: „Wer Qualität und Qualifikation in der Kassenpraxis fordert, muß auch die dafür notwen- digen finanziellen Mittel bereitstel- len." Eine Deckelung der Gesamt- vergütung, die unabhängig vom Lei- stungsbedarf die Ausgaben beitrags- bezogen festschreibe, könne daher unter keinen Umständen akzeptiert werden.

Zum Schluß seines Referats griff Otfrid P. Schaefer einen Appell von Dr. Karsten Vilmar auf. Der Präsi- dent der Bundesärztekammer hatte zu Beginn der Vertreterversamm- lung in einem Grußwort die Ärzte- schaft zur Einigkeit und Geschlos- senheit aufgerufen. Dr. Schaefer da- zu: „Die auf die Kassenärzteschaft zukommenden Probleme lassen sich nicht mit Gruppenegoismus und Zwist, sondern nur durch Geschlos- senheit in der Vertretung ärztlicher, kassenärztlicher Positionen gegen- über der Politik und unseren Ver- tragspartnern bewältigen."

Ein eigenes Handlungskonzept der KBV sollte nicht den Eindruck erwecken, als ob die Kassenärztliche Bundesvereinigung aus dem Konzert der ärztlichen Verbandspolitik aus- scheren wolle. „Davon kann keine Rede sein", betonte Dr. Schaefer un- mißverständlich. „Die Kassenärzt- liche Bundesvereinigung muß jedoch.

in Wahrung der Rechte ihrer Mit- glieder zunächst die eigene Position sehr deutlich und eindeutig formu- lieren, um sie dann in den innerärzt- lichen Abstimmungsprozeß einbrin- gen zu können." JM

Wenn sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung in den Honorar- verhandlungen mit den Spitzenver- bänden der Krankenkassen durch- setzt, werden schon bald mehr als 20 Prozent aller kassenärztlichen Lei- stungen wieder nach der reinen Ein- zelleistungsvergütung honoriert.

Mit diesem Ziel geht die KBV nach den Worten von Dr. Norbert

Dr. Norbert Tautz erläuterte im einzelnen die Positionen der aktuellen Honorarpolitik

Tautz, KBV-Vorstandsmitglied und Vorsitzender der Gebührenord- nungs-Reformkommission, in das Gespräch mit den Kassenverbänden.

Tautz erläuterte vor der Vertreter- versammlung die Grundsatzpositio- nen des KBV-Vorstandes in der ak- tuellen Honorarpolitik. Der Bonner Allgemeinarzt tat dies in einer be- merkenswerten Weise: offen heraus und in dem klar erkennbaren Bemü- hen, die Entscheidungskriterien transparent werden zu lassen.

Dr. Tautz verwies zunächst auf die gemeinsame Erklärung der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Kran- kenkassen vom 21. Februar 1989, worin die Vertragspartner ihren Wil- len bekräftigt haben, nach Abschluß der EBM-Erprobungsphase zur Er- rechnung der ärztlichen Vergütung nach Einzelleistungen zurückzukeh- ren. Zuvor wollten sich die Vertrags- partner allerdings über Rahmenbe- dingungen zur Steuerung der soge- nannten Mengenentwicklung ver- ständigen.

Tautz räumte ein, „daß die For- derung nach einer sofortigen Rück- kehr zu einer reinen Einzelleistungs- vergütung für alle Leistungen gegen- über den Vertragspartnern der KBV im Augenblick nicht durchzusetzen ist". Gleichwohl halte die KBV an ihrem honorarpolitischen Ziel fest:

Wenn es nicht auf einmal geht, dann müssen einzelne Leistungen und Leistungsbereiche sukzessiv aus der pauschal gezahlten Gesamtvergü- tung ausgegliedert werden.

Im Verhandlungskatalog der KBV zur schrittweisen Rückkehr zur Einzelleistungsvergütung stehen in der ersten Runde: sämtliche Nacht-, Sonntags- und Feiertags-Beratungen sowie Besuche; alle Erst-Inanspruch- nahmen; alle Leistungen nach den GO-Abschnitten B VIII/N I bis N IX und 147 operative Leistungen aus den Kapiteln J, K, L und M; alle ope- rationsbezogenen Anästhesieleistun- gen, die in Katalogen nach Nr. 90 und 91 aufgeführt sind; die Leistun- gen der präoperativen Diagnostik;

alle Zielaufträge; die gutachterab- hängige Psychotherapie; alle Lei- stungen der Histologie nach Ab- schnitt B I; alle Leistungen der Strahlentherapie nach Kapitel T;

und alle Leistungen der Onkologie.

Diese Leistungen sollen nach dem

Norbert Tautz über die anstehenden Honorarverhandlungen

A-3926 (18) Dt. Ärztebl. 86, Heft 51/52, 25. Dezember 1989

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