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Archiv "Kostendämpfung im Krankenhaus durch mehr Transparenz?" (17.08.1989)

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Academic year: 2022

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

In der gesundheitspolitischen Diskussion hat sich eine These verfe- stigt, die zwar viel zitiert und unablässig wiederholt wird, die aber dennoch nicht stichhaltig ist: Das kostenexpansive Krankenhaus müsse nur mit allen möglichen rigorosen internen wie externen

„Wirtschaftlichkeitsprüfungen und -kontrollen", Transparenzaktio- nen und Stellenplankürzungen unter Druck gesetzt werden, dann werde es betriebswirtschaftlich wieder gesunden.. .

M

ehr noch — so diese „Gesun- dungsthese" weiter —: Mit Hilfe einer über die Maßen eingespannten automatisierten Da- tenverarbeitung, mit erweiterten ob- ligatorischen Kosten- und Leistungs- Verzeichnissen, mit Hilfe von Dia- gnosen- und Leistungsstatistiken und anderen administrativen Maßnah- men müsse die totale Transparenz auch im Krankenhausbetrieb herge- stellt werden. Dann würden Ratio- nalisierungs- und Sparreserven of- fengelegt und Unwirtschaftlichkeiten zielgerecht erkannt werden können.

Die verbesserte Transparenz würde ökonomische Hebel freilegen, zum Vorteil der Krankenkassen, zum Se- gen der Beitragszahler und Versi- cherten. Denn gerade die Kranken- kassen und die Versicherten müßten ein vitales Interesse daran haben, die von den Krankenkassen ausgewiese- nen Selbstkosten über die Kosten- und Leistungsverzeichnisse (anstelle der früheren Selbstkostenblätter) zu kontrollieren, Wirtschaftlichkeitsre- serven durch Wirtschaftlichkeitsprü- fungen erschließbarer zu machen.

Die Schlußfolgerung, mehr Transparenz und ein verstärkter Ein- satz der automatisierten Datenverar- beitung würden automatisch zur Ko- stensenkung führen, ist viel zu sim- pel, als daß sie vor der Realität Be- stand haben könnte. Noch nie haben Anstrengungen, die Kosten offenzu- legen und zu kontrollieren, diese ein- fach wegrationalisiert und zur Aus- gabendämpfung bei den Kranken- kassen geführt. Allenfalls wurden die Quellen der Kostenverursachung mit

Hilfe der EDV offengelegt und Stör- quellen eingegrenzt. Nicht selten wurden gerade mit Hilfe der EDV wahre Datenfriedhöfe angelegt, die oftmals zu vordergründigen Schuld- zuweisungen und Rechtfertigungs- zwängen veranlaßten. Mit dem Da- tenfundus im Bereich der Kosten und Leistungen wußte aber kaum je- mand etwas Sinnvolles anzufangen.

Ein Indiz dafür sind die Budget- verhandlungen nach dem novellier- ten Krankenhausfinanzierungsrecht.

Hier beklagen die Krankenhaus- praktiker, daß die „massenweise zu- tage geförderten" Kostennachweise (bis hin zur detaillierten Kostenstel- lenrechnung) zwar Beschäftigungs- therapie und Arbeitsbeschaffungs- maßnahme für ganze Heerscharen von Datenkontrolleuren darstellen, aber in den Budget- und Pflegesatz- verhandlungen mit den Krankenkas- sen bisher so gut wie überhaupt nicht herangezogen wurden.

Abteilungspflegesätze, echte Leistungspreise

Dies ist auch nicht verwunder- lich. Oftmals gehen die Krankenkas- sen mit vorgefaßten Meinungen und mit der Devise in die Verhandlun- gen, das Grundlohnsummenlimit dürfe auch im stationären Bereich bei den Budgetverhandlungen nicht überschritten werden. Die Budget- abschlüsse müßten tunlichst darun- ter liegen, zumal gerade der statio- näre Sektor Hauptverursacher des in den vergangenen Jahren bei den

Kostendämpfung im Krankenhaus durch mehr Transparenz?

Krankenkassen aufgetretenen Aus- gabendefizits war (Größenordnung von 1,5 bis 3 Milliarden DM jährlich).

Bei aller Kritik am Transparenz- fetischismus und an übertriebenen Wirtschaftlichkeitskontrollen sollte man sich jedoch davor hüten, das Kind mit dem Bade auszuschütten.

Die Verwaltungs-EDV, die in den Krankenhäusern bereits zu 90 Pro- zent eingesetzt wird, ist sehr wohl dazu geeignet, mehr Informationen über das komplexe Kosten- und Lei- stungsgeschehen des Krankenhauses zu gewinnen. Wird das externe Bud- get in mehrere kostenstellengerecht gegliederte interne Budgets aufge- teilt und werden budgetbezogene Verantwortungs- und Gestaltungs- bereiche festgelegt, so kann eine transparentere Kostengestaltung und Rechnungslegung eine ausge- zeichnete Basis zum Kostenmanage- ment, zur zielgerechten Betriebsfüh- rung bilden. Betriebswirtschaftlich- analytisch aufbereitete Kostenrech- nungen sind zudem eine tragbare Grundlage für die Budget-Verhand- lungen mit den Kostenträgern. Auch externe Betriebsvergleiche können dadurch objektiviert werden.

Allerdings sollten betriebsinter- ne Kommunikationssysteme und ei- ne für die Kostenrechnung aktivierte EDV nicht dazu eingespannt wer- den, um mit einseitig ökonomistisch motivierten Interventionen in den Krankenhausbetrieb und in die Au- tonomie des Trägers und der Ver- waltung hineinzuregieren.

Gewiß: Nichtssagende Durch- schnittszahlen und pauschalierte Pflegesätze oder retrograd aufgeteil- te Jahresbudgets sagen noch wenig über die Leistungsfähigkeit und das Kostengebaren der Krankenhausbe- triebe aus. Daraus lassen sich für das Krankenhausmanagement zu wenige und nur grobschlächtige Anhaltszah- len und Parameter ableiten.

Die Anstrengungen sollten viel- mehr darauf abzielen, differenzierte verursachergerecht ermittelte Ver- Dt. Ärztebl. 86, Heft 33, 17. August 1989 (17) A-2265

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gleichszahlen zu erheben. In diese Richtung zielen Vorschläge, den pauschalen Pflegesatz durch Abtei- lungspflegesätze, vermehrte Sonder- entgelte und echte Leistungspreise abzulösen. Regionalen und hausspe- zifischen Besonderheiten sollten deshalb größere Bedeutung als bis- her eingeräumt werden. So auch die Quintessenz einer Fachtagung über

„Das Krankenhaus der Zukunft", veranstaltet von der Wirtschaftswis- senschaftlichen Fakultät der Univer- sität Witten/Herdecke zusammen mit dem nordrhein-westfälischen Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales in Dortmund-Hohensy- burg.

Mehr Kosten- und Leistungs- transparenz kann aber auch dazu führen, daß den Kostenträgern und der Politik besser als bisher verdeut- licht werden kann, inwiefern Nach- holbedarf, Versorgungslücken und Versorgungsengpässe im Kranken- hausbetrieb bestehen. Werden Defi- zite dadurch abgebaut, können ver- mehrte Kosten- und Leistungstrans- parenz und der Einsatz von EDV auch kostensteigernd wirken.

!

Mißbrauch von Daten unterbinden

Wie alle Daten, die im Kranken- haus erhoben werden, sind auch die Kosten- und Leistungsdaten hoch- sensibel. Datenbesitz und die Ver- fügbarkeit über den Datenfundus bedeuten — wie in anderen Lebens- bereichen — Herrschaftswissen, Macht und Informationsvorsprung.

Deshalb wird es in Zukunft darauf ankommen, Kommunikations-, In- formations- und EDV-Systeme auch im Krankenhausbetrieb zielgerecht einzusetzen, sie umfassend zu nut- zen, aber den Mißbrauch für externe Zwecke möglichst durch Sicherheits- vorkehrungen zu unterbinden. Ko- stentransparenz darf nicht zum Fe- tisch und Selbstzweck werden. Wer- den Daten zur externen Formulie- rung von Norm- und Durchschnitts- kosten eingespannt, so wäre der fata- le Trend zu einem von der Ökono- mie dominierten Krankenhaus nicht mehr aufzuhalten.

Dr. rer. pol. Harald Clade

Festbeträge:

Für Bundesarbeitsminister Dr. Norbert Blüm sind sie er- klärtermaßen das Herzstück seiner Gesundheits-Reform:

die Festbeträge. Und für uns Ärzte? Zunächst einmal eine zusätzliche Belastung. Wie groß sie sein wird, wissen wir mit Sicherheit erst nach dem 1.

September. Denn an diesem Tag treten die ersten Festbe- träge für Arzneimittel mit identischen Wirkstoffen in Kraft.

Das Gesetz verlangt von den Ärzten, daß sie bei der Verordnung von Arzneimit- teln, deren Preis über dem Festbetrag liegt, den Patienten auf seine Zuzahlungspflicht hinweisen müssen. Was sich einfach liest, bedeutet aber in der Praxis: zeitraubende Er- läuterungen und Diskussionen.

Erfreulich ist das für den Arzt ganz gewiß nicht, zumal er sich zunächst einen überblick über alle zuzahlungspflichtigen Arz- neimittel verschaffen muß.

Wenngleich aus ärztlicher Sicht bei der Entscheidung über die Verordnung von Arz- neimitteln weiterhin medizini- sche Gründe oberste Priorität haben müssen, ist der Arzt dennoch auf Informationen über Festbeträge angewiesen.

Die Kassenärztliche Bun- desvereinigung will hierbei ei- ne Hilfestellung leisten. Sie finden nachstehend eine Zu- sammenstellung aller Medika- mente, die ab 1. September

1989 einem Festbetrag unter- liegen und deren Preise diesen Festbetrag übersteigen. Die Informationen beruhen auf

Angaben des Bundesverban- des der Betriebskrankenkassen (BdB), der in dieser Frage fe- derführend für die Spitzenver- bände der Krankenkassen ist, und der Informationsstelle für Arzneispezialitäten (IFA).

Bewußt wurde auf eine umfangreiche Darstellung aller von den Festbeträgen erfaßten Präparate verzichtet, um den bürokratischen Wildwuchs als Folge des Gesundheits-Re- formgesetzes nicht noch zu vermehren.

Weitere Preisänderungen sind aber bereits in naher Zu- kunft zu erwarten. Um Ihnen die Arbeit so weit wie möglich zu erleichtern, bemüht sich die KBV über diese Erstinforma- tion hinaus, alle weiteren für Ihre Verordnungstätigkeit not- wendigen Informationen stän- dig zu aktualisieren.

Noch ein Wort zur unver- zichtbaren Therapiesicherheit:

Sie sollten sich nicht aus Grün- den der vermeintlichen Ver- einfachung der „Aut simile"- Regelung zuwenden, da Sie hierdurch Gefahr laufen, die Therapiesicherheit und -kon- trolle zu verlieren. Zudem ist die Compliance seitens des Pa- tienten gefährdet. Bei Fragen zur Qualität eines Arzneimit- tels sollte das Fachwissen des Apothekers zugezogen wer- den. /-

Dr. Ul ch Oesingmann Erster, Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung

Für Blüm das Herzstück, für die Ärzte Belastung

A-2266 (18) Dt. Ärztebl. 86, Heft 33, 17. August 1989

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