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Archiv "Patienteninformation: Mehr Transparenz im Datendschungel" (16.09.2005)

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er Patient hat Anspruch auf Auf- klärung, Beratung und Informati- on – so steht es zumindest in der Charta der „Patientenrechte in Deutsch- land“. Es hat zwar in den vergangenen Jahren verschiedene Gesetzesrevisio- nen gegeben, die dabei helfen sollten, dieses Ziel umzusetzen: So fördern Krankenkassen gemäß § 65 b SGB V be- reits seit fünf Jahren unabhängige Einrichtungen der Patientenbera- tung. Zudem ist die Patienten- beauftragte der Bundesregierung, Helga Kühn-Mengel, seit In- Kraft-Treten des GKV-Modernisie- rungsgesetzes (1. Januar 2004) dar- um bemüht, Fragen von Patienten zu beantworten. Bei der Suche nach Ärzten, die über bestimmte Qualifikationen verfügen, oder nach Krankenhäusern, die Erfah- rungen mit einer bestimmten Behandlung gesammelt haben, konnte jedoch bislang niemand helfen. Das hat sich geändert: Seit August stehen Patienten Online- Angebote der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin und von Krankenkassen zur Verfügung, die für mehr Transparenz im Gesund- heitswesen sorgen sollen.

Beispiel KV Berlin:Bundesweit erst- mals können sich Patienten auf der Homepage der KV Berlin (www.kvber lin.de) unter dem Stichwort „Arztsuche“

über die Qualifikation ambulant tätiger Ärzte und Psychologischer Psychothe- rapeuten informieren. Dabei sind die- jenigen Untersuchungs- und Behand- lungsverfahren aufgelistet, die zusätzli- chen Qualitätskontrollen der KV unter- liegen – in Berlin ist dies mehr als jede zweite der rund 2 000 Leistungen. Hat ein Arzt seine fachliche Qualifikation für eine solche „qualitätsgesicherte (QS-)Leistung“ nachgewiesen – etwa

für Darmspiegelungen, Impfungen, Röntgenuntersuchungen oder Schmerz- therapie –, erkennt der Patient dies an einem Gütesiegel, das auf der Seite erscheint. Er erfährt, welche Vorausset- zungen der Arzt oder Psychotherapeut erfüllen muss, um eine der Leistungen durchführen zu dürfen, und welche Prü- fungen er bestehen muss. Patientenver-

treter haben die KV bei der Erweiterung der Arztsuche beraten. Bisher haben sich mehr als 80 Prozent der rund 7 800 niedergelassenen und 400 ermächtigten Ärzte und Psychotherapeuten dazu be- reit erklärt, ihre qualitätsgesicherten Leistungen im Internet veröffentlichen zu lassen; erwartet wird, dass die übrigen nachziehen. Dr. med. Angelika Prehn, Vorstandsvorsitzende der KV Berlin, geht davon aus, dass auch andere KVen ihre Arztsuche schrittweise um Qua- litätsaspekte erweitern werden.

Beispiel AOK:Diese Krankenkasse startete am 24.August ein eigenes Inter- net-Projekt, den Krankenhaus-Naviga-

tor (www.aok.de). Die AOK-Versicher- ten erhalten dort nach Eingabe der ge- wünschten Therapie beziehungsweise der vom Arzt gestellten Diagnose eine Liste von Krankenhäusern in der Nähe ihres Wohnortes mit Informationen über die Krankenhausart, die Betten- zahl und Links zur Homepage der jewei- ligen Klinik. Recherchieren können die Versicherten in allen 2 200 Kranken- häusern nach sieben medizinischen Be- handlungsgebieten: Herz und Gefäße, Hüft- und Kniegelenk, Wirbelsäule, Ge- burtshilfe, Brust sowie Rachen- und Gaumenmandeln. Vom Navigator aus- gewählt und bewertet werden die Kran- kenhäuser jedoch lediglich danach, wie häufig die gewünschte Behandlung im letzten Jahr bei AOK-Versicherten durchgeführt wurde. Schritt für Schritt will die AOK den Navigator erweitern.

Neben Angaben zur Qualität der Krankenhäuser sollen den Versi- cherten künftig auch Informatio- nen zum ambulanten und zum Rehabilitationsbereich sowie zum Thema Heil- und Hilfsmittel im In- ternet angeboten werden. Bereits Ende September will die Kasse mit einer differenzierteren Suchma- schine für Ärzte zum Thema Kran- kenhausqualität online gehen.

Beispiel Krankenkassenver- bände: Gemeinsam haben der BKK- und der IKK-Bundesver- band, die Bundesknappschaft, der Bundesverband der landwirtschaft- lichen Krankenkassen, die Ersatz- kassenverbände VdAK/AEV e.V.

sowie der Verband der privaten Krankenversicherung e.V. eine Datenbank entwickelt, in die sie seit Anfang August sukzessive die Qualitätsberichte (lediglich die Struk- turdaten) einstellen, die sämtliche Akutkrankenhäuser für das Berichts- jahr 2004 erstellen müssen (www.g- qb.de; Rubrik „Krankenhaussuche“).

Ende August war bereits knapp die Hälfte der Berichte als PDF-Dokumen- te abrufbar. Die einheitlich aufgebau- ten Datensammlungen geben Auskunft über die Struktur- und Leistungsdaten, so etwa über Betten-, Personal- und Fallzahlen, zu Leistungsschwerpunkten und zur Ausstattung der Einrichtungen.

Außerdem werden die zehn häufigsten Operationen in den Fachabteilungen, T H E M E N D E R Z E I T

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A2446 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 37⏐⏐16. September 2005

Patienteninformation

Mehr Transparenz im Datendschungel

Angaben zu Qualifikationen von Kliniken und Ärzten im Netz

Datenbanken erleichtern die Recherche nach dem geeig- neten Arzt oder Krankenhaus.

Foto:AOK

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die fünf häufigsten ambulanten Eingriffe sowie die „Top-30 DRG“ der Kranken- häuser erfasst. Ärzten und Patienten soll die Wahl eines Krankenhauses über eine Suchfunktion erleichtert werden, mit der Häuser in einem bestimmten Bundes- land, Ort oder Postleitzahlbereich re- cherchiert werden können. Über die Stichwortsuche kann der Nutzer gezielt nach bestimmten Begriffen, wie zum Beispiel „Orthopädie“, recherchieren.

Wichtige Kriterien für mehr Transpa- renz sind neben dem einfachen Zugang zu den Daten auch Verständlichkeit und eine nutzerfreundliche Darstellungs- form. Gerecht wird diesem Anliegen der

„Krankenhaus-Navigator“ der AOK.

Über eine benutzerfreundliche Such- maske brauchen die Versicherten nur ih- re Postleitzahl, den Entfernungsradius und die Diagnose einzugeben, um ein geeignetes Krankenhaus zu finden. Te- sten können das Portal während des gesamten Monats September auch Nicht-AOK-Versicherte. Das Prinzip der erweiterten Arztsuche der KV Ber- lin ist ebenfalls leicht verständlich. Ein- ziges Manko: Der Benutzer muss wissen, nach welcher QS-Leistung er suchen will. Denn aufgrund der Vielfalt an Lei- stungen hat die KV verständlicherweise darauf verzichtet, alle aufzulisten. Bei den Qualitätsberichten hapert es dage- gen an Benutzerfreundlichkeit: Die Suchmaske der Datenbank ist nicht in- tuitiv bedienbar, die Volltextsuche über PDF-Dokumente schwerfällig, und das Sichten und Vergleichen der Ergebnisse erfordert vom Patienten Spezialwissen, über das dieser in der Regel nicht verfügt.

Der Mangel aller Internetportale: Sie enthalten keine Daten zur Ergebnisqua- lität einer Behandlung – der Patient er- fährt beispielsweise nichts über Kompli- kations- und Mortalitätsraten oder über Stärken und Schwächen bestimmter Ärzte. „Mit dem Krankenhaus-Naviga- tor können sich AOK-Versicherte zu- mindest erstmals anhand des Qualitäts- indikators ,Häufigkeit einer Behand- lung‘ ein Bild über die speziellen Erfah- rungen der Krankenhäuser machen“, betont Dr. jur. Hans Jürgen Ahrens, der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bun- desverbandes. Dies sei ein erster Schritt zu mehr Transparenz im Gesundheits- wesen.Martina Merten, Heike E. Krüger-Brand, Dr. med. Eva A. Richter-Kuhlmann

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A2448 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 37⏐⏐16. September 2005

KOMMENTAR

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ie durchschnittliche Lebenser- wartung steigt in Deutschland weiter. Die Hälfte der Frauen wird über 80 Jahre alt – zwei Drittel von ihnen leben allein. Das wird mehr Altenheimkapazität erfordern und ver- größert die jetzt schon bestehenden Qualitätsprobleme erheblich. Eine Be- obachtung aus der gynäkologischen Ambulanz einer Universitätsklinik ver- deutlicht dies.

Mehrmals monatlich werden Senio- rinnen aus Altenheimen mit den Dia- gnosen „vaginale Blutung, Blutung nach Menopause, gynä-

kologisches Mali- gnom/Corpuskarzi- nom“ eingewiesen.

Das Ambulanzper- sonal nimmt die Se- niorinnen – meist auf Liegen gebracht – in Empfang. Er- fahrene Helferin-

nen machen „Blickdiagnostik“, die in neun von zehn Fällen stimmt. Eigen- ständig untersuchen sie den Urin, ent- weder durch Miktion auf der Liege bei schlechtem Allgemeinzustand oder in Begleitung auf dem WC. Nicht selten gelingt beides nicht. Katheterisieren ist notwendig – unter Beachtung der Desinfektionsregeln. Das Ergebnis be- stätigt sich: blutiger Urin. Nicht ein Tumor im Urogenitalbereich ist der Grund, sondern eine hämorrhagische Zystitis. Die Ursache ist mangelnde Flüssigkeitszufuhr und damit Keimas- zension (meist Coli-Bakterien) in der atrophischen Urethra.

Vom Heimpersonal wird die Häma- turie als vaginale Blutung interpretiert.

Dies führt über den Heimarzt zur Ein- weisung in die Frauenklinik. Meist han- delt es sich um chronische Entzündun- gen, die auch tiefere Schichten der Blasenwand erfassen. Darauf lässt die länger bestehende Exsikkose als Pfle- geversagen schließen: unzureichende Wasseraufnahme mangels Durstgefühl bei den Seniorinnen. Sie werden nicht regelmäßig zu zwei Liter Flüssigkeits- aufnahme pro Tag ermuntert. Was das Ambulanzpersonal sofort erkennt, sollte auch vom Personal des Altenpfle-

geheims registriert werden: trockene Haut (Falten bleiben als luxierte Haut stehen), borkige Zunge (erschwert das Sprechen) und Müdigkeit, oft ausge- prägt bis zur Apathie.

Bei diesen bedauernswerten Patien- tinnen ist oft keine Anamneseerhebung mehr möglich. Sie werden zum Trinken aufgefordert (ein halber Liter Mineral- wasser), und bei Bedarf wird eine Rin- ger-Lösung als Infusion angelegt. Be- reits nach einer Stunde ist bei ungefähr der Hälfte ein „mentales Aufhellen“

beobachtbar. Eine Anamneseerhebung wird möglich,ausge- nommen bei Alzhei- mer-Patientinnen.

Dass ausgepräg- te Exsikkose erheb- lich die Kognition reduziert, ist aus der Intelligenz-For- schung hinreichend bekannt. Diese Se- niorinnen zeigen regelrechte Urämie- Symptome: Anorexie, Nausea, urinö- ser Geruch, Stomatitis, Verwirrtheit und motorische Unruhe. Solche

„Harnvergiftungen“ durch lang an- dauerndes Flüssigkeitsdefizit sind als Pflegeversagen zu bewerten. In den Arztbriefen der Ambulanz wird das auch so formuliert.

Kognition zu erhalten setzt den trivial erscheinenden Parameter „ausreichen- de Flüssigkeitszufuhr“ trotz fehlenden Durstgefühls im Senium voraus. Das trägt zu längerer Eigenständigkeit bei.

Am ehesten gelingt das in der Familie und weniger durch Pflegekräfte in Altenheimen. Ein Mangel an grund- pflegerischer Versorgung in Form von Flüssigkeit über Monate wäre durch Heimaufsicht (und Heimleitungen!) leicht erfahrbar. Unangemeldet wird Urin per Stix (kosten wenige Cent) auf spezifisches Gewicht und Entzün- dungszeichen überprüft. So ließe sich ein wesentlicher Aspekt der Heim- qualität einfach abschätzen und in Be- zug zur Kognition und Lebensqualität seiner Bewohner bringen. Exsikkose- Probleme stellen die Spitze des Eisber- ges „Pflegedefizite in Altenheimen“

dar. Prof. Dr. med. J. Matthias Wenderlein

Altenpflege

Defizite – und

kein Ende?

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