Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 109|
Heft 19|
11. Mai 2012 A 947RANDNOTIZ
Johanna Protschka
Kleine Fragen kommen manchmal groß daher. So wie die Kleinen An- fragen, die die Oppositionsparteien der Regierung stellen und die oft- mals viele Seiten umfassen. Die je- weilige Regierung soll Rechenschaft über bestimmte Maßnahmen able- gen oder erklären, warum die Maß- nahmen gar nicht erst ergriffen wur- den. Natürlich werden dabei auch die Partikularinteressen der Wähler-
schaft berücksichtigt. Eine Kleine Anfrage aus wahltaktischen Moti- ven? So kann das laufen in einer Parteiendemokratie. Nicht zuletzt zeigen die Parteien der Bevölkerung damit: Seht her, wir tun was!
Doch abgesehen von ihrer Kontroll- funktion, bergen Kleine Anfragen auch die Chance für einen echten Erkenntnisgewinn. In der Gesund- heitspolitik fallen dabei die Grünen auf: Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen hat seit Beginn die- ses Jahres ganze 13 Kleine Anfra- gen formuliert. Zum Vergleich: Die Linke schaffte zehn, die SPD brachte es auf vier. Doch nicht nur in der Masse liegen die Grünen vorn, auch inhaltlich zeichnete sich die themati- sche Auswahl durch Aktualität und Sachkenntnis aus. Ob zur Umset- zung des Orientierungswertes für Krankenhäuser, zu den steigenden Raten der Kaiserschnittentbindungen oder zur Berufshaftpflichtversiche- rung in medizinischen Berufen, die Grünen scheinen auf Zack zu sein.
Und: Wer fragt, der führt. Das weiß der Kommunikationstrainer schon lange. Ein interessanter Aspekt auch im Hinblick auf die Piraten-Partei, die, nach eigener Aussage, mehr unbequeme Fragen als Antworten bereithält. Alle Fragenden sollten aber bedenken: Wer vorher fragt, sollte es später auch wissen. Und wer was weiß, der wird auch irgend- wann einmal um Antworten gebeten.
Man kann ja mal fragen
Das Bundeskabinett hat die All - gemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Medizinprodukte- gesetzes (MPGVwV) in der Fassung,
die sich aus dem Beschluss des Bun- desrates vom 30. März (Drucksache 863/11) ergibt, verabschiedet. Damit will die Bundesregierung einen Bei- trag zur Optimierung der Überwa- chung im Medizinproduktebereich leisten. Ausgelöst durch den PIP- Brustimplantateskandal wird seit Dezember 2011 über die Sicherheit MEDIZINPRODUKTEGESETZ
Kabinettsbeschluss soll Sicherheit erhöhen
von Medizinprodukten diskutiert.
Mit der Verwaltungsvorschrift wird ein wichtiger nationaler Baustein für mehr Sicherheit gelegt.
Mit dem Inkrafttreten der MPGVwV zum 1. Januar 2013 sol- len Rahmenbedingungen für eine bundeseinheitliche qualitätsgesicher- te Überwachung durch die Länder vorliegen. Dazu werden unter ande- rem Regelungen zur Bestimmung einer zentralen Koordinierungsstel- le der Länder, für Inspektionen, für den Umgang mit Proben und zur Überprüfung von Medizinproduk- ten getroffen. Geregelt werden zu- dem der Aufbau von Qualitätsma- nagementsystemen, die Qualifizie- rung und Fortbildung der mit der Überwachung beauftragten Perso- nen sowie die Ausstattung und Zu- sammenarbeit der Behörden. Ziel ist es, die Effektivität beim Vollzug des Medizinprodukterechts und der Überwachung von Medizinproduk- ten zu verbessern. EB Die Qualitätssicherung in der Psych -
iatrie ist noch nicht allzu weit vor - angeschritten. „Es muss dringend mehr Transparenz in psychiatrische Kliniken“, forderte Dr. med. Iris Hauth, St.-Joseph-Krankenhaus Ber- lin, bei einem Pressegespräch des
„Forums Qualitätskliniken“ Anfang Mai in Berlin. Zwar hat der Gemein- same Bundesausschuss (G-BA) am 15. März das AQUA-Institut (Insti- tut für angewandte Qualitätsförde- rung und Forschung im Gesund- heitswesen) nach § 137 a Sozialge- setzbuch V beauftragt, ein sektoren- übergreifendes Qualitätssicherungs- verfahren zur Versorgung bei psy- chischen Erkrankungen zu entwi- ckeln. Doch die Instrumente und Indikatoren werden voraussichtlich erst 2017 zur Verfügung stehen.
Der G-BA greift mit diesem Auf- trag eine Forderung im Gesetzent- wurf zum Psychiatrie-Entgeltsystem auf. „Die Qualitätssicherung ist ein QUALITÄTSSICHERUNG
Mehr Transparenz in der Psychiatrie
positiver Effekt der Vergütungs - reform“, betonte Dr. Wulf-Dietrich Leber vom GKV-Spitzenverband. Im Rahmen des alten „unterentwickel- ten“ Vergütungssystems sei Qualitäts- sicherung kaum möglich gewesen.
Hauth wies weiter auf die Beson- derheiten von Qualitätsindikatoren in der Psychiatrie hin: Ethische Fra- gen, wie der Umgang mit Zwangs- maßnahmen, müssten berücksichtigt werden. Institutsambulanzen seien ein weiterer Indikator für Qualität, ebenso die subjektiven Einschät- zungen der Patienten. Die Indikato- ren müssten jedoch aus den Routi- nedaten erhoben werden, forderte Chefärztin Hauth: „Ein zusätzlicher Aufwand darf nicht sein.“ Im Übri- gen müssten auch die Krankenkas- sen ihre Daten zur Verfügung stel- len – und das sektorenübergreifend.
Das Portal www.qualitaetsklini ken.de hat den Kriterienkatalog jetzt für die Psychiatrie erweitert. pb
Der Skandal um die Brust- implantate der Firma PIP führte zu einer Debat-
te über Medi- zinprodukte.
Foto: dapd