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Archiv "Obhuts- und Fürsorgepflicht: Rechtsunsicherheit" (16.07.2001)

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omatische Kinderkliniken werden oft damit konfrontiert, psychisch gestörte Patienten aufzunehmen.

Die Kinderkliniken haben für diese Pa- tienten zwar eine Obhuts- und Fürsor- gepflicht, können aber oft die erforder- liche Sicherheit nicht gewährleisten, da sie weder über entsprechend geschultes Personal noch über eine geschlossene Station verfügen.

Bei dem Versuch, eine nahe gelegene psychiatrische Klinik, oder idealerwei- se eine Kinder- und Jugendpsychiatri- sche Klinik, zur Übernahme des Patien- ten zu bewegen, besteht oft auf beiden Seiten Unsicherheit über die rechtliche Lage: Darf man einen minderjährigen und nicht zweifelsfrei vernunftgesteu- erten Patienten ohne Zustimmung der Erziehungsberechtigten überhaupt in die Psychiatrie verlegen? Darf er über- nommen werden? Bei der Beantwor- tung dieser Fragen können folgende Ge- sichtspunkte für Pädiater und Psychia- ter hilfreich sein:

Das Krankenhaus und die angestell- ten Ärzte haben eine Obhuts- und Für- sorgepflicht für jeden Patienten. Das gilt besonders für Minderjährige und verstärkt für diejenigen, die mögli- cherweise nicht vernunftgesteuert und selbstverantwortlich handeln können.

In diesem Fall muss das Krankenhaus die Patienten vor Eigengefährdungen und Selbstschädigungen schützen sowie sie daran hindern, andere Personen oder Sachen zu schädigen.

Juristisch ausgedrückt: Die Kranken- häuser haben gegenüber dieser Patien- tengruppe eine Garantenstellung. Das bedeutet, wenn die Obhuts- und Für- sorgepflicht nicht wahrgenommen wird, werden die Folgen einer Tat des Patien- ten (sei es, dass dieser vorsätzlich oder nur fahrlässig oder gar schuldlos gehan- delt hat) dem Arzt als vorsätzliche Un-

terlassenstat zugerechnet (siehe § 13 Strafgesetzbuch). Der Arzt muss sich also für die Eigengefährdungen, Selbst- schädigungen, Selbsttötungen sowie Fremdschädigungen des Patienten we- gen vorsätzlicher Körperverletzung, vor- sätzlicher Tötung oder vorsätzlicher Sachbeschädigung verantworten.

Psychiater sollte entscheiden

Dies trifft nicht nur auf den Arzt zu, der die Obhut faktisch gehabt hätte, diese aber nur nachlässig ausgeübt hat. Es gilt ebenso für den Arzt, der verweigert, die Obhut und Fürsorge zu übernehmen.

Hat der Arzt bei einem Patienten An- haltspunkte, dass dieser möglicherwei- se nicht vernunftgesteuert und selbst- verantwortlich handeln wird, muss er sich für eine sachgerechte Obhut einset- zen. Der für den Umgang mit solchen psychischen Defiziten fachlich kompe- tente Psychiater darf die Obhut nicht verweigern. Das gilt noch verstärkt, wenn der Erziehungsberechtigte nicht erreichbar ist. Letztlich gilt: Der Psychi- ater – auch der Erwachsenenpsychia- ter – muss die Obhut sicherstellen, da er mehr Sachkunde und Erfahrung besitzt zu entscheiden, ob die Unterbringung in einer geschlossenen Station ange- zeigt ist und welche Stellen (Eltern, Vormundschaftsgericht oder andere amt- liche Stellen) gegebenenfalls eingeschal- tet werden müssen.

Priv.-Doz. Dr. med. habil. Peter C.Clemens Kinderklinik des Klinikums Schwerin, Wismarsche Straße 397, 19049 Schwerin

Priv.-Doz. Dr. med. habil. Dr. med. Reinhart Clemens Alexianer Fachkrankenhaus für Neurologie und Psychiatrie, Kölner Straße 64, 51149 Köln

Dr. jur. Thomas Clemens Burgfeldstraße 9, 34131 Kassel

A

A1872 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 28–29½½½½16. Juli 2001

Obhuts- und Fürsorgepflicht

Rechtsunsicherheit

Darf eine Kinderklinik psychisch gestörte Kinder und Jugend- liche ohne Zustimmung der Eltern in die Psychiatrie verlegen, und müssen diese dort angenommen werden?

T H E M E N D E R Z E I T

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