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Archiv "Gesundheitstelematik: In kleinen Schritten" (30.03.2007)

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A832 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 13⏐⏐30. März 2007

P O L I T I K

Mancher habe vielleicht schon länger die Niederlassung oder eine Arbeit im Ausland erwogen, meint Dr. Jörg-Peter Vandrey, Geschäfts- führer des MB-Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern. Aber

„durch die Art und Weise, wie die Verwaltung mit den Ärzten umgeht, wird die Entscheidung beschleu- nigt“. Andere Ärzte blieben zwar, klagten aber gegen ihren Arbeitge- ber, berichtet Vandrey. Tendenz in seinem Bundesland: steigend.

Das gilt auch für Baden-Würt- temberg. Der dortige Geschäfts- führer des MB-Landesverbandes, Bernhard Resemann, sagt, dass sich die Klinikarbeitgeber völlig unter- schiedlich verhielten: „Einige Trä- ger wollen die Ärzte nicht demoti- vieren, andere suchen den Clinch.“

Dass es Auseinandersetzungen gibt, hängt seiner Meinung nach aber auch damit zusammen, dass es man- cherorts „fast mehr Häuptlinge gibt als Indianer“. In einem Kreis bei- spielsweise befinden sich mehrere kommunale Kliniken. Das größte Haus verfügt in etwa über die glei- che Bettenanzahl wie die kleinen zusammen. Doch dort arbeitet zu- sammengerechnet rund die Hälfte mehr Oberärzte. „Da kommt dann ein Verwaltungschef schon ins Grü- beln“, sagt Resemann.

Konflikt war absehbar

Der MB-Geschäftsführer aus Ba- den-Württemberg hat die Tarifver- träge mit ausgehandelt und weiß, wie weit Marburger Bund und VKA die ganze Zeit über bei der Einstu- fung der Oberärzte auseinander la- gen. Ärger bei der Umsetzung war also programmiert. In einem erbos- ten Brief hat dies VKA-Hauptge- schäftsführer Manfred Hoffmann Mitte März bestätigt. In dem Schrei- ben wirft er MB-Chef Montgomery vor, dieser gefährde „im Zusam- menhang mit der Eingruppierung der Oberärzte den Betriebsfrieden an den kommunalen Krankenhäu- sern“. Weiter heißt es: „Sie waren . . . angetreten, jeden Oberarzt mit einer Höhergruppierung zu bedienen . . . Wir haben unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass das mit uns nicht zu machen ist.“ I Sabine Rieser

F

ür ein „Leuchtturmprojekt“

nimmt sich der Anfang recht bescheiden aus: Seit Ende 2006 er- proben zwei von bundesweit sieben Testregionen die ersten elektroni- schen Gesundheitskarten (eGK) im MKT+-Szenario (Kasten). Jeweils bis zu 10 000 Versicherte werden hierfür in Flensburg und in der Region Lö- bau-Zittau mit den neuen Karten aus- gestattet. Getestet wird bislang nur die schlichte Lesbarkeit der Karte:

„Wir stellen erfolgreich fest, dass man mit multifunktionalen Chipkar- tenlesern sowohl die alte Kranken- versichertenkarte (KVK) als auch die neue Gesundheitskarte lesen kann“, so Jan Meincke, Projektleiter in Flensburg. Patienten, die mit ihrer eGK eine Testpraxis aufsuchen, hän- digen der medizinischen Fachange- stellten ihre Gesundheitskarte aus.

Diese steckt die Karte in dasselbe Kartenlesegerät, mit dem auch die KVK eingelesen wird, denn das Pra- xisverwaltungssystem (PVS) muss beide Karten verarbeiten können. Die Funktionalitäten für das elektronische Rezept (eRezept) und die Notfallda- ten werden in dieser Phase noch nicht umgesetzt. Allerdings sind die Pro- zessorchips der Karten für künftige Funktionserweiterungen vorbereitet.

Mehraufwand befürchtet Die Erfahrungen in den Arztpraxen mit den neuen Karten sind vor die- sem Hintergrund nicht sonderlich spektakulär. In Flensburg nutzen die niedergelassenen Ärzte zudem seit mehreren Jahren eine funktionieren- de Telematikplattform, das „Gesund- heitsnetzwerk Flensburg“. Darüber hinaus wurde in der Region bereits seit 2001 ein schleswig-holsteini- sches Modell der Gesundheitskarte getestet. „Wir stehen der Telematik grundsätzlich positiv gegenüber, doch wir sehen auch, dass das eGK-

Projekt problembehaftet ist, was die Arbeitsprozesse für uns Ärzte und was die Honorierung betrifft“, be- tont der Flensburger Testarzt Micha- el Bergeler. Nach Ansicht des Allge- meinmediziners kann die Qualität der Versorgung durch die Gesund- heitskarte verbessert werden, weil durch sie mehr Informationen über den Patienten zugänglich werden. Er befürchtet jedoch erheblichen zeitli- chen Mehraufwand, wenn das eRe- zept getestet wird. „Die Politik wird keine Rücksicht darauf nehmen, wie der Test verläuft“, glaubt er. Ähnli- ches Misstrauen hegt auch sein Kol- lege Dr. med. Eckehard Meissner.

Der Internist und Pneumologe arbei- tet mit einer vollelektronischen Kar- teikarte und ist davon überzeugt,

„dass Vernetzung etwas bringt. Von der eGK und dem eRezept haben die niedergelassenen Ärzte aber nichts – nur mehr Arbeit und mehr Kosten“, erklärt er. Einen Boykott der Tests, wie ihn etwa der NAV-Virchowbund durchsetzen will, hält er indes nicht für sinnvoll. Er beteiligt sich am Test, um Erfahrungen zu sammeln und „das Schlimmste zu verhüten“.

Fest steht für ihn allerdings: „Wenn das Problem der Honorierung nicht gelöst wird, werden wir das Projekt torpedieren.“

Der Erkenntnisgewinn in Schles- wig-Holstein: Noch sei der Lesevor- gang nicht optimal, so Meincke. So benötige die eGK länger als die bis- herige KVK, um die Stammdaten des Versicherten zur Verfügung zu stel- len. „Dies wirkt sich auf die gesamte Anwendungskette aus und würde da- mit auch zu Zeitverlusten etwa beim Erstellen von eRezepten führen.“

Die Fehler waren bislang marginal:

Vereinzelt konnten Karten nicht ein- gelesen werden. Einige Versicherte hatten ihre alte KVK bei Empfang der Gesundheitskarte vernichtet.

GESUNDHEITSTELEMATIK

In kleinen Schritten

Seite Dezember 2006 wird die elektronische

Gesundheitskarte in den Testregionen Flensburg und

Löbau-Zittau erprobt – bislang überwiegend reibungslos.

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 13⏐⏐30. März 2007 A833

P O L I T I K

In Sachsen sei die Testphase bis- lang ruhig verlaufen, berichtet Mirko Weißbach, Leiter des Projektbüros SaxMediCard in Dresden. Anfein- dungen durch Anrufe und Faxe ge- genüber teilnehmenden Arztpraxen wie in Flensburg habe es nicht gege- ben. Bis Anfang März sind in der Re- gion Löbau-Zittau circa 6 400 Kar- ten an die Versicherten ausgegeben worden. Der Landkreis, in dem rund 130 000 Versicherte leben, wurde wegen seiner praktischen Erfahrun- gen durch ein Vorgängerprojekt mit dem elektronischen Heilberufsaus- weis ausgewählt. In Sachsen beteili- gen sich sieben Arztsoftwareherstel- ler an den Tests. Die Ärzte konnten zwischen vier verschiedenen Karten- lesegeräten wählen.

Positive Erwartungen

Die Stimmungslage unter den teil- nehmenden Ärzten und bei den Ver- sicherten sei sehr gut, versichert Weißbach. Alle bisherigen Fehler seien „absolute Peanuts“, weil noch nicht das Gesamtsystem getestet werde. Das Projektbüro stellt monat- lich aktualisierte Testberichte ins In- ternet (www.saxmedicard.de). Da- nach war bei 2 750 gesteckten Kar- ten seit Testbeginn in knapp 150 Fäl- len die Karte nicht lesbar (Stand 9.

März 2007). Im Fehlerfall informiert die Arztpraxis den Support im Pro- jektbüro per Telefon, Mail oder Fax.

Bei den von der IKK ausgegebenen Karten ist der Fehler immer noch un- klar, bei den übrigen beteiligten Krankenkassen sind die Kinder- krankheiten inzwischen überwunden.

Zur Verwirrung trugen auch unter- schiedliche Institutionskennzeichen auf der eGK und der KVK bei. Um am Quartalsende bei der Abrechnung keine böse Überraschung zu erleben, werden Testabrechnungen mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Sachsen durchgeführt. Zwei PVS funktionieren zurzeit fehlerfrei mit den neuen Karten, die anderen Syste- me werden noch angepasst.

Dr. med. Gottfried Hanzl, stellver- tretender Vorsitzender des sächsi- schen Hausärzteverbands, betont:

„Als Hausärzteverband in Sachsen wollen wir uns der eGK nicht ver- schließen. Wir wollen aber Einfluss auf die Entwicklung haben.“ Bislang

habe es wenig Probleme gegeben, be- richtet der Allgemeinarzt aus Oder- witz. Das Personal wurde vorab ge- schult, das Einspielen des Program- mupdates dauerte eine halbe Stunde.

Der Zusatzaufwand durch die Test- teilnahme sei minimal, so Hanzl.

Ähnliche Erfahrungen hat auch Cars- ten Brendel in Zittau gemacht. Den Facharzt für Chirurgie suchen monat- lich bis zu 30 Patienten mit der neuen Karte auf. Brendel erhofft sich von der Technologie, dass der Karten- missbrauch erschwert und das Doc- tor-Hopping eingedämmt werden, weil die Karte künftig für mehr Transparenz sorge. Der Zugriff auf Daten und Informationen über einen Patienten, etwa in Notfällen oder bei Überweisungen, werde erleichtert.

„Sobald Heilberufsausweis, Kon- nektor und eRezept ins Spiel kom- men, werden auch die potenziellen Fehlerquellen zunehmen“, meint Weißbach. Der Einstieg in diese Pha- se (Release 1) ist für beide Testregio- nen ab Mitte Juni vorgesehen – so- fern es nicht zu Lieferengpässen für Lesegeräte und Konektoren kommt, wie einige Experten befürchten. Mit- te August sollen dann die Testregio- nen Bochum-Essen, Heilbronn und

Ingolstadt ebenfalls mit dem Re- lease 1 starten sowie nochmals vier bis sechs Wochen später Trier und Wolfsburg. Mit dem Einstieg in das Online-Szenario ist frühestens Ende des Jahres zu rechnen – erst dann dürfte es richtig spannend werden.

Vor dem Hintergrund der andau- ernden Kritik vieler Ärzte an dem Telematikprojekt hat die Arbeitsge- meinschaft der KVen für die Telema- tik (ARGE) eine stärkere Orientie- rung am Nutzen gefordert, um die Akzeptanz bei den Anwendern zu er- höhen. „Der Nutzen der Telematik für die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten muss deutlich sein – und zwar sowohl im Praxisall- tag als auch in Sondersituationen wie Notdienst oder Hausbesuch“, heißt es in einer Presseerklärung der ARGE.

Daher wollen die KVen die Anwen- dungen vorantreiben, die für die Ärz- te tatsächlich relevant sind und von denen sie direkt profitieren, wie On- line-Abrechnung und elektronische Patientenakte. Die Infrastruktur, die für die eGK aufgebaut wird, ist auch die Basis für diese Dienste und bietet große Möglichkeiten, die Abläufe in der Praxis zu optimieren. I Heike E. Krüger-Brand

Ablauf der Testmaßnahmen

>MKT+Szenario: Auslesen der Versicherten- stammdaten von der eGK. Die multifunktionalen Kartenterminals müssen die eGK und die KVK verarbeiten können; die Praxisverwaltungssoft- ware muss entsprechend angepasst sein.

>Release 1: Hinzu kommen die Funktionalitäten eRezept und die Notfalldaten, offline. Hierfür sind Konnektoren und Heilberufsausweise er- forderlich. Die Arbeitsabläufe bleiben unverän- dert. Voraussichtlicher Start: Juni 2007

>Release 2: Anbindung an die Telematikinfra- struktur zum Online-Abgleich von Versicherten- stammdaten und Zuzahlungsstatus. Die eRe- zepte werden auf der Karte oder auf Servern gespeichert und können vom Patienten in der Apotheke eingelöst werden. Sie müssen mit dem HBA elektronisch signiert werden. Voraus- sichtlicher Start: Dezember 2007

Die Frage der Kostenübernahme

Für die Teilnahme an den Tests erhalten die nie- dergelassenen Ärzte 3 000 Euro für die Anschaf- fung der Geräte sowie 3 200 Euro Aufwandspau- schale.

Darüber hinaus ist die Finanzierung der Tele- matikinfrastruktur noch unklar. Das Bundesge- sundheitsministerium geht trotz Einwänden von Experten nach wie vor von 1,4 Milliarden Euro Einführungskosten aus. Die Investitionskosten der Leistungserbringer sollen teilweise über Transaktionsgebühren refinanziert werden, doch Höhe und Dauer der Zuschläge sind noch nicht ausgehandelt.

DIE GESUNDHEITSKARTE IM TEST

Foto:DAK

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