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Archiv "Gesundheitstelematik: Mit mehr Tempo in die Fläche" (22.07.2013)

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A 1406 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 29–30

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22. Juli 2013

E

s gibt sie – erfolgreiche tele- medizinische Anwendungen in der Regelversorgung, wenn bis- lang auch nur selten und regional zumeist eng begrenzt. Zu den funk- tionierenden Beispielen aus der Praxis, die beim Fachforum Tele- med 2013* in Berlin vorgestellt wurden, zählt etwa das Teleradiolo- gieportal für die Konsiliardiagnos- tik von Knochen- und Weichteiltu- moren am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität Mün-

chen. Das Portal bietet niedergelas- senen Ärzten eine schnelle, direkte Beratung zu muskuloskelettalen Er- krankungen durch ein Experten- team an. Ebenfalls erfolgreich ar- beitet das Herznetz Nordbayern, in dem das Universitätsklinikum Er- langen als Kompetenzzentrum für Herzerkrankungen bei Kindern fun- giert. Die Kooperationspartner, nie- dergelassene Kardiologen und Kin- derkliniken, können auf sämtliche zu einem Patienten erstellten Infor- mationen (von OP-Bildern über La- borwerte bis zur Echokardiogra- phie) über eine gemeinsame elek- tronische Krankenakte zugreifen.

Von einem flächendeckenden Ein- satz telemedizinischer Verfahren in

der Patientenversorgung ist man hierzulande jedoch noch weit ent- fernt, obwohl „die Potenziale der Telemedizin vielfach belegt sind“, wie zuletzt Ende Juni die 86. Ge- sundheitsministerkonferenz der Län- der in Potsdam konstatierte. Aus Sicht der Länder besteht Hand- lungsbedarf bei der Einführung von nutzerorientierten Telematikan- wendungen im Gesundheitswesen.

Unter anderem fordern sie in ei- nem einstimmig gefassten Beschluss mehr Mitsprache und mehr Förde- rung für die Telemedizin, „damit diese schneller in die Regelversor- gung überführt werden kann“. Der Bewertungsausschuss und der Ge- meinsame Bundesausschuss sollen dies durch zeitnahe Entscheidun- gen unterstützen. Zudem sollen re- gionale Telemedizindienste „an die Telematikinfrastruktur angebunden werden, um den dauerhaften, siche- ren und interoperablen Betrieb si- cherzustellen“.

Hintergrund für den Beschluss ist zum einen, dass der Bewertungsaus- schuss die gesetzlich vorgegebene Frist, nach der er bis Ende März 2013 festlegen sollte, in welchem Umfang ärztliche Leistungen im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen abgebildet werden können, ergebnislos hatte verstrei- chen lassen. Immerhin gibt es inzwi- schen eine unterschriftsreife Rah- menvereinbarung von Kassenärztli- cher Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband, die einen ent- sprechenden Prüfauftrag an den Be- wertungsausschuss formuliert.

Zum anderen kommt der Aufbau der geplanten bundesweiten Tele- matikinfrastruktur, den die Be- triebsgesellschaft gematik im ge- setzlichen Auftrag managt, immer noch nur sehr langsam voran. Der Zuschlag für den Online-Rollout der Stufe 1 an ein Industriekonsor- tium soll bis Ende 2013 erteilt wer- den. Zwei Anwendungen stehen dabei im Fokus: die Aktualisierung der Versichertenstammdaten auf der elektronischen Gesundheitskar- te und die qualifizierte elektroni- sche Signatur mittels Heilberufs- ausweis, die eine rechtssichere elek- tronische Unterschrift ermöglicht.

Ab September 2014 sollen die Tests

*„Nutzung, Nutzer, Nutzen von Telemedizin – eine Standortbestimmung“, veranstaltet von der TMF – Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V., der DGG – Deutsche Gesellschaft für Gesundheitstelematik und dem BVMI – Berufsverband Medizinischer Informatiker e.V.

GESUNDHEITSTELEMATIK

Mit mehr Tempo in die Fläche

Telemedizin soll schneller in die Regelversorgung gelangen.

Vor aussetzungen dafür sind eine sichere Telematikinfrastruktur, die Integration in Arbeitsabläufe und tragfähige Vergütungsmodelle.

Foto: iStockphoto

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Deutsches Ärzteblatt

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22. Juli 2013 A 1407 in den zwei großen Regionen Nord-

west (Schleswig-Holstein, Nord- rhein-Westfalen und Rheinland- Pfalz) und Südost (Bayern, Sachsen) mit jeweils 500 Ärzten und Vertre- tern anderer Gesundheitsberufe star- ten, berichtete Prof. Dr. Arno Elmer, Hauptgeschäftsführer der gematik.

Aufbau paralleler Infrastrukturen

Weil gleichzeitig der Bedarf an elek- tronischer Kommunikation stark an- steigt, arbeiten parallel dazu auch die KBV und die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) daran, ihre elektronischen Kommunikationsnet- ze zu einem dezentralen System (KV-SafeNet) auszubauen und darin Anwendungen für die Ärzte und mittelfristig auch für weitere Nutzer zur Verfügung zu stellen. „38 000 Ärzte nutzen das Netz, Tendenz stei- gend“, berichtete Holger Rostek von der KV Brandenburg. Derzeit ste- hen 130 Applikationen, vorwiegend für Verwaltungszwecke, über KV- SafeNet bereit. Die Anwendungen kann jede KV ihren Mitgliedern zur Verfügung stellen. So ermöglicht et- wa der E-Mail-Dienst KV-Connect innerhalb des KV-SafeNet den ver- schlüsselten Datenaustausch zu si- cheren Empfängern, da das Netz nicht von außen erreichbar ist, erläu- terte Rostek. Derzeit werde daran gearbeitet, den E-Mail-Client in die Arztsysteme zu integrieren. „Die In-

tegration in den Arbeitsalltag und in lokale Arbeitsabläufe und Software ist extrem wichtig für die Akzep- tanz“, betonte Rostek.

Die Frage aus dem Auditorium, ob dadurch eine konkurrierende Sekundär infra struktur zur Telema - tik infrastruktur mit dem Risiko feh- lender Interoperabilität aufgebaut werde (Kasten), beantworteten die Vertreter von gematik und KV opti- mistisch: Die verschiedenen Infra- strukturen könnten später über ge- eignete Schnittstellen verknüpft werden, hieß es.

„Dinge, die wir erwarten, gesche- hen stets langsamer, als wir denken.“

Mit diesem Zitat von John Naisbitt, US-amerikanischer Trendforscher, charakterisierte Gerhardt Härdter, IT-Leiter am Klinikum Stuttgart, die Situation aus Sicht eines Praktikers aus dem Krankenhaus. Von den re- gulatorischen, organisatorischen und technischen Herausforderungen bei der Umsetzung seien die technischen noch am einfachsten zu lösen. „Nut- zenbewertung und Abrechnungspro- blematik stellen viel größere Hürden dar“, meinte der IT-Fachmann. Pra- xen und Krankenhäuser müssten heute aufgrund des Kostendrucks kooperieren, um wirtschaftlich zu bleiben. Die niedergelassenen Ärzte befürchteten laut Härdter jedoch, ih- re Patienten an die Krankenhäuser und Zentren zu verlieren, es gebe ein Grundmisstrauen hinsichtlich der

Verteilungspolitik. Wichtig sei es da- her, die Menschen mitzunehmen.

E-Health diene als Projektionsflä- che für alle möglichen Ängste, weil das Thema komplex sei, bestätigte auch Dr. med. Johannes Schenkel, Bundesärztekammer. Aus Sicht der Ärzte sind Schenkel zufolge der me- dizinische Nutzen und die Verbesse- rung von Prozessen, Datensicherheit und Datenschutz sowie die Freiwil- ligkeit der Nutzung die wesentlichen Voraussetzungen für Akzeptanz. Der Einsatz von Telemedizin in der ambu- lanten Versorgung könne derzeit zwar noch keinen quantitativen, wohl aber einen qualitativen Beitrag leisten.

Für Patienten bislang enttäuschend

Für die Patienten ist die Einführung telemedizinischer Verfahren aufgrund der Vielzahl von Projekten intranspa- rent, der Nutzen oft nicht klar er- kennbar. Ein Problem sei vor allem, dass die Angebote immer noch nicht flächendeckend verfügbar seien, kri- tisierte Hannelore Loskill von der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbst- hilfe. Sie werde oft von Patienten ge- fragt, ob ein bestimmtes Projekt für sie geeignet sei. Ihre Antwort darauf:

„Ja, aber es kommt darauf an, wo du wohnst und bei welcher Krankenkas- se du bist.“ Zwar profitiere die For- schung, aber die Patienten hätten bis-

lang nichts davon.

Heike E. Krüger-Brand

Voraussetzung dafür, dass Daten in der Medizin zwischen unterschiedlichen Systemen ausge- tauscht werden können, ist die technische und die semantische Interoperabilität. Ist deren Um- setzung schon im nationalen Rahmen proble- matisch, verschärft sich die Situation nochmals im europäischen Kontext. „Durch viele EU-Akti- vitäten entsteht ein Bedarf an international ein- heitlicher Dokumentation und Übersicht“, be- tonte Prof. Dr. med. Otto Rienhoff, Universitäts- medizin Göttingen. Ein Beispiel ist das Projekt epSOS (European Patients’ Smart Open Ser- vices), in dem die Möglichkeiten eines integrier- ten europäischen Versorgungsraums anhand des elektronischen Rezepts und der elektroni- schen Patientenkurzakte erprobt werden.

Das Thema beschäftigt daher nicht nur die Medizininformatiker, sondern auch die europä - ischen Regierungen. So hat die „eHealth Gov- ernance Initiative“, die Arbeitsebene des eu- ropäischen E-Health-Netzwerks, in dem 27 Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, Vorschläge zur semantischen und technischen Interopera- bilität ausgearbeitet, wie Falk Schubert vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) erläu- terte. Diese umfassen unter anderem die ver- stärkte Kooperation der Mitgliedstaaten, die Verwendung der empfohlenen Standards in öf- fentlichen Ausschreibungen und die verein- fachte Portabilität von medizinischen Daten für Ärzte und für Patienten. Einige Punkte, wie etwa der Erwerb einer EU-weiten Lizenz der

teuren klinischen Terminologie SNOMED CT, sind jedoch strittig. Zudem ist die Umsetzung der Vorschläge freiwillig.

In Deutschland, wo Rienhoff zufolge der Be- reich der medizinischen Ordnungs- und Klassifi- kationssysteme lange Zeit sträflich vernachläs- sigt wurde, hat sich unter Vermittlung des Bun- desverbands Gesundheits-IT und des BMG eine Initiative gebildet, die die Entwicklung und den Einsatz von standardisierten Klassifikations- und Ordnungssystemen künftig vorantreiben will.

Vorrangiges Ziel sei es, noch in diesem Jahr ein Förderprogramm auf den Weg zu bringen und ein Problembewusstsein dafür zu schaffen, dass eine gemeinsame Sprache in der Medizin not- wendig sei, sagte der Medizininformatiker.

DIE FRAGE DER INTEROPERABILITÄT

P O L I T I K

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