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Archiv "Honorarverteilung: Jetzt entscheiden die Regionen" (20.04.2012)

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A 788 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 16

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20. April 2012

HONORARVERTEILUNG

Jetzt entscheiden die Regionen

Die Kassenärztlichen Vereinigungen können seit diesem Jahr wieder weitgehend eigenständig bestimmen, wie das Geld aus der Gesamtvergütung an die Ärzte verteilt wird. Dabei setzt eine Mehrheit auf Stabilität statt auf einen Systemwechsel.

A

m besten regelt man die Din- ge vor Ort und nicht im fer- nen Berlin – erst recht, wenn es

um so wichtige Entscheidungen wie das Honorar für die bundes-

weit rund 140 000 Vertragsärz- tinnen und -ärzte geht. Auf

diesen Standpunkt stellten sich immer mehr Kas- senärztliche Vereinigun- gen (KVen), nachdem die jüngste Honorarreform von 2009 zu erheblichen Umvertei- lungen innerhalb und zwischen den Regionen geführt hatte.

Die Politik hat diese Forderun- gen nach weniger Zentralismus aufgegriffen. Seit Inkrafttreten des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes am 1. Januar haben die 17 KVen wieder größere Spielräume bei den Honorarverhandlungen mit den Krankenkassen und der Verteilung des Geldes an die Ärzte (siehe Kasten). Inzwischen zeichnet sich allerdings ab, dass es in einem Großteil der KVen zunächst einmal nicht zu grundlegenden Änderun- gen bei der Honorarverteilung kommen wird. Über Honorarzu-

wächse kann in diesem Jahr ohne- hin nicht verhandelt werden. Die hat der Gesetzgeber auf 1,25 Pro- zent beschränkt.

Keine neue Umverteilung Im Süden des Landes, wo die größ- ten Kritiker des Berliner Zentralis- mus sitzen, herrscht Pragmatismus.

„Unsere Ziele sind Stabilität, kalku- lierbare Preise und keine neuen Umverteilungen“, erklärt der Spre- cher der KV Baden-Württemberg, Kai Sonntag. Deshalb habe man be- schlossen, die Systematik aus Re- gelleistungsvolumen (RLV), qualifi- kationsgebundenen Zusatzvolumen (QZV) und freien Leistungen zur

Honorarverteilung beizubehalten.

Drehen will man nur an vergleichs- weise kleinen Stellschrauben. So werden künftig alle Leistungen ei- ner Arztgruppe aus einem eigenen Topf bezahlt, dessen Honorarvolu- men auf dem ersten Halbjahr 2011

aufsetzt. Außerdem setzt man in Baden-Württemberg auf strikte Mengenbegrenzungen insbeson- dere für Leistungen, die mit ei- nem floatenden Punktwert vergü- tet wurden, wie Ultraschalluntersu- chungen. „Unser Konzept wird be- stehende Ungerechtigkeiten nicht beseitigen können“, räumt Sonntag ein. „Wir wollen aber keine neuen Ungerechtigkeiten schaffen.“ Denn in einem gedeckelten System führe jede grundlegende Änderung wie- der zu neuen Umverteilungen und damit zu Problemen.

Ähnlich sieht man das in Ham- burg. Auch dort hat sich die Vertre- terversammlung (VV) dafür ausge- sprochen, zunächst einmal RLV und QZV beizubehalten, zumal sich die Ärzte mit der neuen Honorar- systematik inzwischen arrangiert hätten. „Dazu kommt, dass jede weitere Umstellung Gewinner und Verlierer zur Folge hat“, betont der stellvertretende Vorsitzende der KV, Walter Plassmann. „Und um das abzufedern, fehlt uns das Geld.“

Gleichwohl werde man in der zweiten Jahreshälfte über grund- sätzliche Veränderungen diskutie- ren. Um das System komplett um- zustellen, benötige man aber Zeit.

„Schnellschüsse nützen gar nichts“, sagt der KV-Vorstand, der fürs Ers- te damit zufrieden ist, dass die Regionen wieder mehr Gestaltungs - möglichkeiten haben.

„Zurzeit ist es an der Honorar- front weitgehend ruhig“, sagt auch der Sprecher der KV Niedersach- sen, Detlef Haffke. „Deshalb wol- len wir nach dem Auf und Ab in der

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20. April 2012 A 789 Vergangenheit Kontinuität wahren

und am System aus RLV und QZV festhalten.“ Verändert werden soll in Niedersachsen jedoch die Be- zugsgröße zur Bemessung der Fall- zahlen. Derzeit wird geprüft, ob es nicht besser ist, sich statt am Vor- jahresquartal am vorherigen Quar- tal zu orientieren. Wie es in Sachen Honorarverteilung konkret weiter- geht, soll die VV am 18. April ent- scheiden (nach Redaktionsschluss).

„Raus aus der RLV-Welt“

Im Saarland bleibt die bisherige Systematik der Honorarverteilung vorerst unverändert. Änderungen ergeben sich seit April nur verein- zelt, so beim Labortopf und den Zuschlagsregelungen zum RLV für fachübergreifende Gemeinschafts- praxen. In Bremen, Nordrhein und Westfalen-Lippe werden die VVen erst im Mai und Juni über die Ho- norarverteilung entscheiden. Aller- dings werden auch dort keine er- heblichen Änderungen erwartet.

Die KV Hessen hat Mitte März beschlossen, wie der neue Honorar- verteilungsmaßstab (HVM) ausse- hen soll; Einzelheiten zur Um - setzung will man den Ärzten und Psychologischen Psychotherapeu- ten bald mitteilen. Die KV Bran- denburg hat ebenfalls kaum Än - derungen vorgenommen. Sie dis- kutiert derzeit Anpassungen, die jedoch nicht vor dem dritten Quar- tal wirksam werden sollen. Die KV Berlin plant größere Änderungen erst für das Jahr 2013. Auch die KV Schleswig-Holstein will sich Zeit lassen, genauso wie die KV Sach- sen-Anhalt.

Die KV Sachsen will im dritten Quartal über eine Neukonzeption des HVM entscheiden. Der KV-Vor - standsvorsitzende, Dr. med. Klaus Heckemann, wies im Februar auf erste vorgezogene Änderungen hin:

So werden alle Hausbesuche oh- ne Mengenbegrenzung bezahlt, die Vergütung von Arztbriefen ist neu geregelt, Honorarverwerfungen zwi- schen Nervenärzten, Psychiatern und Neurologen sind geglättet.

Neue Wege will man dagegen in Bayern, Rheinland-Pfalz und Thü- ringen beschreiten. „Wir wollen den gewonnenen Spielraum voll-

Mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz, das am 1. Januar 2012 in Kraft trat, sind viele Kompeten- zen von der Bundesebene zurück in die Regionen verlagert worden.

Das wird zentral entschieden:

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Bewertungsausschuss, in dem Ärzte und Kas- sen vertreten sind, treffen im Wesentlichen Rah- menvorgaben. In Sachen Honorarverteilung legt die KBV in Abstimmung mit den Kassen die Trennung der hausärztlichen und fachärztlichen Vergütung sowie die angemessene Höhe der Ver- gütung für die Psychotherapie fest. Über die Be- reinigung der Gesamtvergütung im Rahmen von Selektivverträgen entscheidet der Bewertungs- ausschuss. Er gibt außerdem Empfehlungen zur

Weiterentwicklung der Gesamtvergütung und de- finiert, welche Kriterien besonders förderungs - würdige Leistungen oder Versorgungsverbes - serungen erfüllen müssen, um mit Zuschlägen versehen zu werden.

Das wird regional entschieden:

Die 17 Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) legen fest, wie das Honorar verteilt wird. Sie können dabei die im Jahr 2009 eingeführte Sys- tematik der Regelleistungsvolumen und qualifi- kationsgebundenen Zusatzvolumen verlassen.

Auch über die Höhe der Honorare können die KVen von 2013 an weitgehend eigenständig mit den Krankenkassen verhandeln. Für 2012 hat der Gesetzgeber eine Steigerungsrate von 1,25 Prozent vorgegeben.

MEHR REGIONAL, WENIGER ZENTRAL

umfänglich ausnutzen“, betont die Vorsitzende der KV Rheinland- Pfalz, Dr. med. Sigrid Ultes-Kaiser.

Dort wurden bereits zum zweiten Quartal 2012 die RLV abgeschafft und durch Individualbudgets er- setzt. Die Mengenbegrenzung er- folgt auf Basis der tatsächlich er- brachten Leistungsmenge des Vor- jahresquartals. Bei den Haus- und Fachärzten der Grundversorgung werden zudem die Grundpauscha- len vorweg mit einem weitgehend festen Punktwert von 3,7 Cent (Hausärzte) und 3,2 Cent (Fachärz- te) vergütet. „Honorarsteigerungen können nun wieder in vollem Um- fang an die Praxen weitergegeben werden“, erklärt Ultes-Kaiser. Die KV sei nicht mehr an die Ausschöp- fung der RLV gebunden.

„Wir wollen zu dem System zu- rückkehren, dass wir bis Ende 2008 hatten“, erklärt der Sprecher der KV Thüringen, Matthias Zenker.

Abgelöst werden sollen die RLV bereits ab dem 1. Juli. Dann werden Fachgruppentöpfe gebildet, wobei die Ärzte innerhalb ihres „Topfes“

auf der Basis eines individuellen Punktzahlvolumens vergütet wer- den. Davon werden 65 Prozent mit einem festen, der Rest mit einem floatenden Punktwert bezahlt.

Auch in Bayern will man „raus aus der RLV- und QZV-Welt“, wie eine KV-Sprecherin erklärt. Von 2013 an soll dort eine neue Syste-

matik der Honorarverteilung grei- fen, die zurzeit erarbeitet wird. Der neue HVM für das zweite Halbjahr 2012 fußt allerdings noch auf der Systematik von RLV und QZV. Neu ist, dass der Honorarzuwachs in diesem Jahr asymmetrisch verteilt werden soll. Profitieren sollen die Facharztgruppen, die seit 2008 über- mäßige Honorarrückgänge zu ver- kraften hatten oder im Jahr 2011 von überproportionalen Abstaffe- lungen betroffen waren.

Mengenbegrenzung bleibt

„Die KV Mecklenburg-Vorpom- mern hat als einzige KV die Chance zum 1. Januar 2012 ergriffen und die Honorarverteilung regionalisiert“, hieß es bereits Ende 2011 in einem Rundschreiben des KV-Vorstands- vorsitzenden, Dr. med. Wolfgang Eckert. Ziel der Veränderungen: die Honorare planbarer zu machen und ärztliche Leistungen tatsächlich zu vergüten. Die Fallzahl ergibt sich nicht mehr aus dem Vergleichsquar- tal des Vorjahres, sondern die indivi- duelle Fallzahl eines jeden Quar- tals ist entscheidend. Sie wird mit dem arztgruppenspezifischen Fall- wert multipliziert. Mecklenburg-Vor- pommern kann sich das leisten, weil die Fallzahlen heute schon hoch sind.

Gleichwohl – der HVM sieht noch immer Abstaffelungsregelungen und Fallwertbegrenzungen vor.

Heike Korzilius, Sabine Rieser

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