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ach Angaben der Deut- schen Parkinson Ver- einigung leiden in Deutschland rund 250 000 Menschen an der Parkinson- Krankheit. Von den Betroffe- nen erhalten nach Einschät- zung von Dr. Gudrun Ulm (Kassel) lediglich 100 000 ei- ne adäquate Therapie. Mo- torische Fluktuationen wie das Wearing-off-Phänomen zählen zu den gefürchteten Komplikationen im fortge- schrittenen Stadium der Krankheit.Wie internationale Exper- ten auf einem Symposium in London resümierten, verzö- gert der neue COMT-Hem- mer Tolcapon (Tasmar®, Hoffmann-La Roche) bei Parkinson-Patienten ohne Fluktuationen das Eintreten der gefürchteten Wearing- off-Phänomene signifikant um etwa 40 Prozent. Dadurch gewinnt der Patient zusätzli- che Jahre mit hoher Lebens- qualität und relativ geringen Therapiekosten.
L-Dopa in Kombination mit einem Dopa-Decarboxy- lase-Hemmer gelten nach wie vor als Goldstandard in der Behandlung von Parkin- son-Patienten. Doch dieses Therapieregime hat auch Schattenseiten. Besonders
bei Patienten mit dem fluktu- ierenden Krankheitsbild mit den On- und Off-Phasen, Schwankungen zwischen starker Symptomatik und guter Beweglichkeit, sei die- se Therapie noch nicht ideal.
Motorische Kontrolle
Den Schlüssel hierfür könnte nach Einschätzung von Prof. Christopher G.
Goetz (Chicago) das Enzym COMT bieten. COMT steht für Catechol-Omethyl-trans- ferase. „Die Kombination der herkömmlichen L-Dopa- Therapie mit dem COMT- Hemmer wie Tolcapon ver- bessere deutlich die Biover- fügbarkeit des L-Dopa und erweitere damit die Thera- piemöglichkeiten.“
Als Folge wandert mehr L-Dopa ins Gehirn, wo dann mehr Dopamin synthetisiert wird. Dies sei in diversen Mo-
dellversuchen bewiesen wor- den, so Goetz. Von den bei- den COMT-Hemmstoffen, die sich in fortgeschrittener klinischer Entwicklung befin- den, verstärke Tolcapon die Bioverfügbarkeit des L-Dopa effektiver. Und: „Positive kli- nische Erfahrungen mit Tol- capon gibt es sowohl bei Pati- enten mit Fluktuationen als auch bei Patienten ohne diese Phasen“, erklärte Prof. Wolf- gang Oertel (Marburg).
Insgesamt drei Studien hätten bei Parkinson-Patien- ten mit Fluktuationen deutli- che Verbesserungen bei den motorischen Fähigkeiten und der Schwere der Symptoma- tik im Vergleich zum Plazebo ergeben, hieß es in London.
Nach drei Monaten mit drei- mal täglich 100 mg oder 200 mg des COMT-Hemmers sei- en die Off-Zeiten deutlich re- duziert, gleichzeitig seien die On-Zeiten erhöht worden.
Diese Verbesserung der motorischen Kontrolle wurde
erreicht trotz einer Redukti- on der L-Dopa-Dosierung um zehn Prozent im Ver- gleich zum Plazebo, so Oer- tel: „Bei Parkinson-Patienten ohne Fluktuationen erbrach- te eine Therapie mit dem COMT-Hemmer Tolcapon in den gleichen Dosierungen über sechs Monate deutliche Verbesserungen im Vergleich zum Plazebo, gemessen an der Unified-Parkinson-Dis- ease-Rating-Scale.“ Diese Verbesserungen seien er- reicht worden, obwohl die Dosis des L-Dopa um 20 Pro- zent reduziert wurde.
Das Nebenwirkungsprofil von Tolcapon scheint eben- falls günstig. Am häufigsten treten nach Angabe von Oer- tel Durchfälle auf. Die häu- figste dopaminerge uner- wünschte Wirkung durch die erhöhte Bioverfügbarkeit des L-Dopa war die Dyskinesie bei Beginn der Therapie.
Diese Nebenwirkung war al- lerdings meist leicht unter Kontrolle zu bringen, indem die L-Dopa-Dosierung ver- ringert wurde.
Das neuartige Präparat ist nach Angaben des Herstel- lers Ende August von der eu- ropäischen Zulassungsbehör- de EMEA zugelassen wor-
den. Kurt Thomas
A-2427 Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 38, 19. September 1997 (63)
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