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Archiv "Medikamentöse Therapie der Parkinson-Krankheit" (11.04.1997)

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Komplizierte Themen wieder- holt in der Fortbildung zu besprechen und zu präzisieren, ist richtig und not- wendig. Dieses Ziel haben die Auto- ren des oben erwähnten Artikels er- reicht. Jedoch muß man auch bereit sein, Überholtes über Bord zu werfen, und dazu gehören die Anticholinergi- ka bei der Therapie der Parkinson- schen Krankheit. Mit Anticholinergi- ka lassen sich bei Gesunden Störun- gen kognitiver Leistungen auslösen und bei Kranken mit Demenz ver- schlimmern. Das kommt bei Parkin- son-Kranken vor, und deshalb ist ge- rade „bei jüngeren Patienten auch mit tremor-dominanter Symptomatik der initiale Behandlungsversuch mit Anti- cholinergika“ nur sehr selten gerecht- fertigt.

Prof. Dr. med. Helmut Kewitz Kaunstraße 2

14163 Berlin

Herr Prof. Kewitz bezieht in sei- nem Leserbrief kritisch Stellung zur Frage der Wertigkeit von Anticholin- ergika in der Therapie der Parkinson- Krankheit. Zu Recht wird in seinem Kommentar darauf hingewiesen, daß die Wertigkeit der Anticholinergika- Behandlung in der modernen Parkin- sontherapie eingeschränkt ist und daß die Therapie mit Anticholinergika nicht mehr regelhaft bei allen Patien- ten indiziert ist. Die von Herrn Prof.

Kewitz skizzierte Ablehnung der Anti- cholinergika möchten wir in dieser weitgehenden Form allerdings nicht ohne Einschränkung unterstreichen.

Die Daten zur klinischen Wirk- samkeit von Anticholinergika stam- men überwiegend aus älteren Studi- en, die aktuellen methodischen An- forderungen an eine konfirmatori-

sche Studie nicht standhalten. Insge- samt wurden nur wenige Studien dop- pelblind unter kontrollierten Bedin- gungen durchgführt (1, 3, 4, 5). Dar- über hinaus liegen allerdings zahlrei- che offene Studien vor, die auf eine therapeutische Wirksamkeit von Anti- cholinergika, insbesondere im Hin-

blick auf die Kardinalsymptome Tre- mor und mit Einschränkung auch Ri- gor, hinweisen. Die Aussagen dieser Studien sind zwar bezüglich exakter quantitativer Aussagen zur Wirksam- keit kritisch zu bewerten, eine schwa- che bis mäßige therapeutische Wirk- samkeit kann aber grundsätzlich als gesichert angesehen werden.

Obwohl niemals im Rahmen ei- ner kontrollierten Studie verifiziert, herrscht aufgrund offener Studien und klinischer Empirie allgemeiner Konsens, daß Anticholinergika sich von anderen Antiparkinson-Medika- menten in ihrem qualitativen Wirk- profil unterscheiden. Bei insgesamt schwacher oder nicht sicher nachweis- barer Wirkung auf Bradykinese der Extremitäten und axiale Störungen besteht eine relativ gute Wirkung auf den niederfrequenten Ruhetremor.

Allerdings variiert das Ansprechen der Patienten auf die Gabe von Anti- cholinergika. Der Anteil an Non- Respondern wird in offenen Studien mit etwa 40 bis 60 Prozent angegeben und liegt somit relativ hoch. Berichte über positive therapeutische Effekte von Anticholinergika auf motorische Spätkomplikationen wie Fluktuatio- nen, Peak-dose-Dyskinesien und Off- dose-Dystonien sind nicht hinrei- chend gesichert.

Aufgrund unterschiedlicher phar- makologischer Angriffspunkte kann es bei Patienten, die auf Dopaminer- gika nicht mit einer Besserung des Tremors ansprechen, nach Gabe eines Anticholinergikums zu einer Sym- ptombesserung kommen. Dies gilt so- wohl für eine Monotherapie als auch für die meist zu bevorzugende Kom- bination mit L-Dopa. Klinische Prä- diktoren für das individuelle Anspre- chen/Nichtansprechen auf Anticho- linergika existieren allerdings nicht.

Eine generelle Ablehnung der Anticholinergika-Gabe wird neben der schwachen/mäßigen Wirksamkeit meist mit dem ungünstigen Neben- wirkungsprofil der Anticholinergika begründet. Zu Recht wird in diesem Zusammenhang auf die reversible Verschlechterung mnestischer/kogni- tiver Funktionen, insbesondere nach höherdosierter Medikation, und auf das gehäufte Auftreten reversibler pharmakotoxischer Psychosen hinge- wiesen. Das Psychoserisiko ist insbe- sondere bei älteren Patienten ab etwa dem 65. Lebensjahr und bei Patienten mit vorbestehenden kognitiven Störungen deutlich erhöht. Die In- duktion irreversibler dementiver Pro- zesse ist nicht hinreichend belegt.

Darüber hinaus können bei allen Pati- enten eine Reihe, ebenfalls reversi- bler, peripher-autonomer muscariner- ger Funktionsstörungen auftreten.

Nach Ansicht der Autoren kön- nen Anticholinergika auch heute noch, neben der Therapie neuroelep- tikainduzierter Parkinson-Syndrome, auch zur Behandlung der Parkinson- Krankheit wirksam und klinisch sinn- voll eingesetzt werden. Allerdings sollten in Anbetracht von spezifi- schem Wirksamkeits- und Nebenwir- kungsprofil klare Richtlinien bei der Indikationsstellung eingehalten wer- den.

Die medikamentöse Ersteinstel- lung der Parkinson-Krankheit sollte in der Regel mit L-Dopa oder einem Dopaminagonisten vorgenommen werden, da in den meisten Fällen auch eine funktionsbehindernde Bra- A-994

M E D I Z I N

(54) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 15, 11. April 1997

DISKUSSION

Medikamentöse Therapie der Parkinson-Krankheit

Überholtes über Bord werfen?

Zu dem Beitrag von

Priv.-Doz. Dr. med. Horst Baas, Prof. Dr. med. Günter Deuschl, Prof. Dr. med. Wolfgang Oertel und Prof. Dr. med. Werner Poewe in Heft 39/1996

Schlußwort

(2)

A-995

M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 15, 11. April 1997 (55) dykinese vorliegt. Bei stark tremor-

dominantem Krankheitsbild ist aber als Alternative ein Therapieversuch mit einem Anticholinergikum bei jüngeren Patienten auch heute noch gerechtfertigt. Ein Therapieversuch mit zusätzlicher Gabe eines Anti- cholinergikums ist ebenfalls sinnvoll, wenn unter der Gabe von L-Dopa/

Dopaminagonisten keine hinreichen- de Besserung des Tremors erreicht werden kann. Bei jüngeren Patienten ist das Psychoserisiko gering, bei Pa- tienten über zirka dem 65. Lebensjahr und bei Patienten mit vorbestehen- den kognitiven/dementiven Störun- gen sollte allerdings auf die Gabe von Anticholinergika in der Regel ver-

zichtet werden; bei Auftreten phar- makotoxischer Psychosen sind An- ticholinergika unbedingt abzusezen.

Die hier skizzierten therapeutischen Richtlinien entsprechen auch den Empfehlungen einer internationalen Konsensuskonferenz zum therapeu- tischen Management der Parkinson- Krankheit (2).

Literatur

1. Koller WC: Pharmacologic treatment of parkinsonian tremor. Arch Neurol 1986; 43:

126–127.

2. Koller WC, Silver DE, Lieberman A: An algorithm for the management of Parkin- son’s disease. Neurology 1994; 44: Suppl. 10.

3. Martin WE, Loewenson RB, Resch JA, Baker AB: A controlled study comparing trihexyphenidyl hydrochloride plus levodo- pa with placebo plus levodopa in patients

with Parkinson’s disease. Neurology 1974;

24: 912–919.

4. Parkes JD, Baxter RC, Marsden CD, Rees JE: Comparative trial of benzhexol amanta- dine and levodopa in the treatment of Par- kinson’s disease. J Neurol Neurosurg Psy- chiatry 1974; 37: 422–426.

5. Timberlake WH: Double-blind comparison of levodopa and procyclidine in Parkinsonism with illustrations of levodopa-induced move- ment disorders. Neurolgy 1970; 20: 31–35.

Anschrift für die Verfasser

Priv.-Doz. Dr. med. Horst Baas Klinik für Neurologie

Klinikum der Johann-Wolfgang- Goethe-Universität

Zentrum der Neurologie und Neurochirurgie Theodor-Stern-Kai 7 60590 Frankfurt DISKUSSION

Im Gegensatz zur optimistischen Meinung der Autoren Nikol und Höfling, die Gentherapie stecke zwar noch „in den Kinderschuhen“, basiere aber auf soliden wissen- schaftlichen Kenntnissen, und die bisher unzureichenden klinischen Erfolge reflektierten nur das An- fangsstadium einer neuen The- rapieform, vor allem in Kombina- tion mit dem Humangenomprojekt (HUGO), hier einige kritische, eher grundsätzliche Anmerkungen.

Zunächst sei bemerkt, daß in der Mehrzahl der sogenannten

„Meilensteine der Gentherapie“ Er- folg nicht erst die klinische Besse- rung oder gar Heilung im medizini- schen Sinne, sondern schon der er- folgreiche Gentransfer im Sinne so- genannter „Surrogat-Marker“ (1) ist. Hier verläßt diese Form des klini- schen Experimentes häufig den Be- reich der Humanmedizin, die ihr Tun streng am Wohlergehen des einzel- nen Patienten zu orientieren hat und nicht in erster Linie als Beitrag zur Wissenschaft oder im Sinne nachfol- gender Generationen. Der Selbst- versuch beziehungsweise Versuch

am gesunden freiwilligen Probanden hat in der sogenannten „Genthera- pie“ bezeichnenderweise keinen Raum, stehen doch genügend final Kranke (beispielsweise austhera- pierte Tumorpatienten) zur Verfü- gung, die jeden Strohhalm zu ihrer Rettung ergreifen dürften.

Somatische Therapie, wie im Artikel beschrieben (selbst wenn sie

die bisher erheblichen Probleme des passenden und inerten Genvektors, die Einflüsse des kaum zu beinflus- senden Zielortes sowie die Instabi- lität des transferierten Genmaterials von bisher wenigen Wochen lösen könnte), „kann immer nur eine zeit- lich befristete Therapie sein, die durch die In-vivo-Lebensdauer der gentechnisch modifizierten Zelle be- grenzt ist“ (2). Selbstverständlich ist daher das Fernziel einer effektiven

Gentherapie die Stammzelle bezie- hungsweise die Keimbahn als Gold- standard, mag dies auch noch so hef- tig abgestritten werden. So läßt die unlängst verabschiedete Bioethik- Konvention des Europarates gerade hier Lücken, wenn sie zwar gezielte Keimbahneingriffe ablehnt, diese je- doch „als unerwünschte Nebenwir- kung einer somatischen Genthera- pie“ durchaus toleriert.

Der Entwurf einer allgemeinen Erklärung zum menschlichen Ge- nom und zu den Menschenrechten der Unesco vom 4. März 1996 erklärt gar das menschliche Genom (ohne noch zwischen somatisch – Stamm- zelle – Keimbahn zu differenzieren!) zum gemeinsamen Erbe der Men- scheit, ganz im Sinne der am Projekt HUGO beteiligten Forscher, die sich in der Hybris wähnen, den „Gral der Medizin“ entschlüsseln zu wollen – und dies mit einem Etat von 200 Mil- lionen US-Dollar pro Jahr über 15 Jahre, in der Bundesrepublik Deutschland zirka 200 Millionen DM!

Es geht eben nicht nur um ein

„enormes Potential für innovative Therapien und das zunehmende Ver- ständnis für die menschliche Biolo- gie“, sondern auch um eine „Geneti-

Aktueller Stand der Gentherapie

Grundsätzliche Einwände

Zu dem Beitrag von Dr. med. Sigrid Nikol und Prof. Dr. med.

Berthold Höfling in Heft 41/1996

(3)

fizierung“ des Lebens, um Verände- rungen des Gesundheitsbegriffes hin zu einseitig mechanistischen Welt- bildern, denen sich auch scheinbar wertfrei Forschende stellen müssen, seien sie auch noch so fasziniert von den „verlockenden“ Möglichkeiten der Eingriffe ins menschliche Ge- nom.

Literatur

1. Nowak R: Problems in clinical trials go far beyond misconduct. Science, 1994; 264:

1538–1541.

2. Brach MA, Herrmann F: Grundlagen und Strategien der Gentherapie. Internist, 1996;

37: 343–349.

Dr. med. A. Mauckner,

im Vorstand des Ökologischen Ärztebundes

Bleibergerstraße 168 52074 Aachen

Im Beitrag von Herrn Dr.

Mauckner vom Ökologischen Ärzte- bund ist die Bemühung um Sachlich- keit unverkennbar, wenn sich auch das Weltbild von dem unseren grundsätzlich unterscheidet. Er rich- tet sich vor allem gegen die Praxis der Durchführung klinischer Gentherapiestudien und gegen den zunehmenden Stellenwert der Er- forschung der Gene und der Mög- lichkeit des therapeutischen Einsat- zes dieses Wissens.

Zu diesem Thema seien noch ei- nige Anmerkungen erlaubt, da der vorstehende Beitrag die weitverbrei- tete Angst aufgrund unzureichender Kenntnis widerspiegelt, die eine sachgerechte Diskussion erschweren kann.

Der zitierte, nicht mehr ganz ak- tuelle Science-Artikel aus dem Jahre 1994 kritisiert die Art und Weise der Durchführung von klinischen Studi- en im allgemeinen, geht jedoch in keiner Weise auf die Gentherapie als solche ein. Sicherlich ist die Durch- führung von klinischen Medikamen- tentestungen einschließlich der Te- stung der Gentherapie verbesse- rungsfähig.

Ein umfassender klinisch-biolo- gischer Erfolg wird immer erstre- benswert sein, doch sind auch Teilas-

pekte wie die Bioverfügbarkeit, der Wirkmechanismus und die Sicher- heit der Anwendung von großer Be- deutung. Letztere lassen sich zwar sehr weitreichend im Tierversuch te- sten, doch nicht immer sind dort be- währte Anwendungsverfahren und Dosierungen problemlos auf Patien- ten übertragbar.

So ist bei der Gentherapie selbst bei klinischem Mißerfolg doch der erfolgreiche Gentransfer schon ein wichtiger Teilerfolg, weil er meist durch Verbesserungen zum kom- pletten Erfolg mit gewünschter bio- logischer Wirkung führen kann.

Auch hier ist es letztendlich eine Frage der optimistischen oder pessi- mistischen Einstellung, ob ein Teil- erfolg bereits als Erfolg gewertet werden darf. Die Angst vor dem Teilerfolg oder gar Mißerfolg ist re- spektabel, sollte jedoch nicht dazu führen, vielversprechende Ansätze aufzugeben. Daß jeder Einsatz am Patienten gut überlegt, geplant und gegebenenfalls durch außenstehen- de Sachverständige geprüft sein muß, versteht sich von selbst. Oh- nehin unterliegen Gentherapiestudi- en einer wesentlich schärferen Kon- trolle als konventionelle klinische Medikamentenstudien.

Wie bei jeder neuen Therapie- form müssen auch bei der Erpro- bung der Gentherapie im Übergang zur klinischen Testung geeignete Pa- tienten ausgewählt werden, bei de- nen die Chance auf einen Therapie- erfolg am größten ist. Die Genthera- pie-Forschung konzentriert sich des- halb und aufgrund des bestehenden Bedarfs neuer Therapiestrategien auf die Therapie bisher unheilbarer Erkrankungen wie Tumorerkran- kungen, HIV-Infektion, monogene und andere chronische Erkrankun- gen. Somit handelt es sich dann auch bei den klinischen Probanden fast ausschließlich um bisher „aussichts- los“ Kranke.

Ein Versuch am gesunden, frei- willigen Probanden würde die Frage nach dem Therapieerfolg nicht be- antworten können. Auch möchten wir nicht so weit gehen zu fordern, daß jeder Arzt, der sich mit einer neuen Therapieform beschäftigt, sich einem Selbstversuch unterzie- hen müsse, um jedes von ihm ent-

wickelte, wirksame Therapieverfah- ren zu prüfen.

Offensichtlich besteht auch noch Unklarheit über die Möglich- keiten der Gentherapie, insbesonde- re über die Beeinflußbarkeit des Zielortes und der Stabilität des Gen- transfers.

Wie bereits ausführlich darge- stellt, kann durch die lokale Appli- kation (1, 2) oder gewebe-/zell- typspezifische Promotoren der Wirk- ort begrenzt werden. Auch wurde bereits die stabile Genexpression mindestens drei Jahre nach der klinischen Gentherapie bewiesen (3); längere Beobachtungszeiträume fehlen derzeit noch. Übersehen soll- te man dabei nicht, daß nur bei der Behandlung von monogenen Erkrankungen und Autoimmuner- krankungen tatsächlich ein lebens- langer Therapieeffekt wünschens- wert ist. Bei allen anderen Indikatio- nen ist eine zeitliche Begrenzung der Gentherapie durchaus gewollt. So, wenn der Tumor oder die HIV-In- fektion ausbehandelt oder die Re- stenose nach Angioplastie erfolg- reich verhindert ist. Aus den glei- chen Überlegungen stellt die ange- sprochene Keimzellentherapie bei den meisten Erkrankungen keine Lösung dar.

Selbst bei monogenen Erkran- kungen ist die optimierte Genthera- pie einzelner Organe meist ausrei- chend. Die derzeitigen Bemühungen konzentrieren sich deshalb gerade auf die Verbesserung der bestehen- den Möglichkeiten der somatischen Gentherapie.

Es spricht grundsätzlich nichts dagegen, eine sichere Therapie mehrmals im Leben anzuwenden, falls nur ein mehrjähriger Therapie- erfolg erreicht werden kann. Insulin- abhängige Patienten injizieren sich beispielsweise Zeit ihres Lebens mehrmals täglich Insulin, oder Pati- enten mit rheumatoider Arthritis unterziehen sich jahrelang neben- wirkungsreichen Therapieschemata, ohne daß deswegen die Therapie in Frage gestellt wird.

Es ist allgemein akzeptiert, daß die herkömmliche Therapie bei ei- ner Reihe von Erkrankungen nicht oder nicht ausreichend wirksam ist oder wirksam, aber mit vielen uner- A-996

M E D I Z I N

(56) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 15, 11. April 1997

DISKUSSION

Schlußwort

(4)

A-997

M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 15, 11. April 1997 (57) wünschten Wirkungen behaftet ist.

Gleiche Chancen sollte man auch der Gentherapie zubilligen, vor al- lem dann, wenn sie einen Ausweg bieten kann, der sonst nicht re- alisierbar wäre. Die unterstellte

„Genetifizierung des Lebens“ ist als wenig überlegte Äußerung einzustu- fen und bleibt überdenkenswert.

Der verantwortungsvoll Forschende ist sich durchaus bewußt, daß zwei- fellos noch viele Probleme bei der Optimierung der Gentherapie beste- hen und soweit wie möglich experi- mentell und nicht am Patienten gelöst werden müssen. Bei der Gentherapie existieren bereits we-

sentlich höhere Sicherheits- und ethische Maßstäbe als bei wirksa- men konventionellen Therapien (zum Beispiel Chemotherapie, Me- dikamentendauertherapien). Es soll- te vielmehr darüber nachgedacht werden, welche Konsequenzen diese Hürden haben.

Soll die Weiterentwicklung ein erstrebenswertes Ziel der Medizin bleiben, dann muß am Ende einer Entwicklung neuer Therapiestrate- gien nach ausreichender Prüfung freilich immer der Schritt zur klini- schen Anwendung im Patienten ge- wagt werden. Nichtstun ist keine Al- ternative.

Literatur

1. Blaese RM, Culver KW, Miller AD et al.:

T Lymphocyte-directed gene therapy for ADA-SCID: Initial trial results after 4 years. Science 1995; 270: 475–480.

2. Bordignon C, Notarangelo LD, Nobili N et al.: Gene therapy in peripheral blood lymphocytes and bone marrow for ADA- immunodeficient patients. Science 1995;

270: 470–475.

3. Höfling B, Huehns TY: Intravascular local drug delivery after restenosis. Eur Heart J 1995; 16: 437–440.

Anschrift für die Verfasser Dr. med. Sigrid Nikol Medizinische Klinik I Klinikum Großhadern Marchioninistraße 15 81377 München DISKUSSION

Es ist den Autoren für die detail- lierte und anschauliche Beschreibung der dynamischen Kardiomyoplastik zu danken, die neben einem grundle- genden Verständnis für die zellulären und molekularen Prozesse der Ske- lettmuskel-Transformation und -kon- ditionierung auch die Ergebnisse ei- ner fünfjährigen Anwendung des Ver- fahrens in der klinischen Praxis ver- mittelte. Die angewandte Methodik und Statistik werfen jedoch eine Rei- he von Fragen auf. Welche Art von Voroperationen am Herzen gelten als Kontraindikationen? Zählen bei- spielsweise transluminale Eingriffe (wie Ballonvalvuloplastik) ebenfalls dazu, oder sind lediglich Eingriffe am Myokard gemeint?

Obwohl die geringfügige Steige- rung der linksventrikulären Ejekti- onsfraktion bei ihren Patienten wie auch in den zitierten Arbeiten von Moreira et al. und Chachques et al.

von ihnen dankenswerterweise vor- sichtig bewertet wurden, halte ich es nicht für gerechtfertigt, dabei von ei- ner „Verbesserung“ zu sprechen, zu- mal es sich vermutlich um in Ruhe be- stimmte Werte handelt. Die Diskre- panz zwischen den genannten hämo- dynamischen Parametern und der kli- nischen Befindlichkeit anhand der

NYHA-Klassifikation ergibt sich doch zwingend aus dem Umstand, daß die Diagnose „Herzinsuffizienz“ viel mehr beinhaltet als kardiologische Meßgrößen wie Herzfrequenz, Blut- druck, Ejektionsfraktion et cetera! Ei- ne Vielzahl von Kompensationsme- chanismen (Zunahme des enddiasto- lischen Druckes, chronotrope Ant- wort, peripher erhöhte Sauerstoff-

ausschöpfung [lokale Azidose, erhöh- ter 2,3-DPG-Spiegel], Anstieg des pulmonalen Lymphflusses, veränder- te Lungencompliance) können teil- weise schwere Dysfunktionen des lin- ken Ventrikels bei höhergradiger Herzinsuffizienz (EF < 30 Prozent) ausgleichen.

Die Autoren haben recht, wenn sie die wissenschaftliche Definition der Lebensqualität als kompliziert einstufen. Es gibt jedoch probate Me- thoden zur metrischen Erfassung der subjektiven körperlichen und psychi- schen Befindlichkeit bei Herzinsuffi-

zienz, die als Einzelbeschwerde oder Summen-Scores (Dyspnoe/Ortho- pnoe, Ermüdbarkeit bei körperlicher Belastung, Abgeschlagenheit, Ödeme und anderes) eine valide statistische Beschreibung und Auswertung erlau- ben. In diesem Zusammenhang er- scheint mir die Frage nach der

„krankheitsbedingten Funktionsein- schränkung“ zu global.

Es erscheint fragwürdig, bei Pati- entenzahlen von n = 8 (Lange et al.), 9 (Magovern et al.) beziehungsweise 22 (Moreira et al.) überhaupt eine Testung auf Signifikanz vorzuneh- men. Vor allem dann, wenn daraus der Schluß gezogen wird, daß hinsichtlich der geprüften Parameter eine Verbes- serung in der Gruppe der operierten Patienten eingetreten sei. Zum Bei- spiel dürfte bei der von den Autoren angeführten LV-EF die Schwankungs- breite zwischen prä- (21,2 +/- 5,2 Pro- zent) und postoperativen Werten (36,6 +/- 17,6 Prozent) keine Irrtums- wahrscheinlichkeit von p < 0,05 mehr zulassen.

Anschrift des Verfassers

Dr. med. Andreas Alexander Knaackstr. 94

10435 Berlin

Dynamische Kardiomyoplastik

Einige Fragen unbeantwortet

Die Verfasser haben auf ein Schlußwort verzichtet

Zu dem Beitrag von

Priv.-Doz. Dr. med. Rüdiger Lange, Priv.-Doz. Dr. med.

Johannes Brachmann und Prof. Dr. med. Siegfried Hagl in Heft 37/1996

Referenzen

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