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Archiv "Karotis-Endarteriektomie - ein vertretbares Risiko?" (07.01.1991)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Karotis-Endarteriektomie - ein vertretbares Risiko?

Komplikationen

Die Karotisendarteriektomie (CEA) hat sich in den USA zu der am häufigsten durchgeführten Gefäß- operation entwickelt, obwohl ein Nut- zen des Verfahrens bisher empirisch nicht belegt und das Risiko des Ein- griffes groß ist. Bei 85 000 CEA im Jahre 1982 betrug die Sterblichkeit des Eingriffes 2,8 Prozent. Dies be- deutet einen Tribut von etwa 2000 To- ten für einen prophylaktischen Ein- griff! Die Gesamtkomplikationsrate — Schlaganfall und/oder Tod — wurde auf etwa 10 Prozent geschätzt. Die gut dokumentierten Durchschnittszah- len kontrastieren mit Veröffentli- chungen von Arbeitsgruppen, die weit niedrigere Komplikationsraten ange- ben. Ursachen für diese Diskrepanzen liegen unter anderem darin, daß be- sonders schlechte Statistiken nicht mitgeteilt werden und der postopera- tive Befund oft nicht vom neurologi- schen Fachmann erhoben wird. Dies führt dazu, daß schwieriger zu diagno- stizierende neurologische Defekte wie Störungen der Feinmotorik, Ge- sichtsfeldausfälle, halbseitige Affe- renzstörungen, partielle Aphasien, Apraxien und Hemineglekte überse- hen oder als reversible Störung baga- tellisiert werden.

Im neurologisch kontrollierten European Carotid Surgery Trial, an dem nur erfahrene Gefäßchirurgen partizipieren, liegt die Rate schwerer Hirninfarkte und Todesfälle bei > 5 Prozent (Sterblichkeit 1,8 Prozent).

Schließt man leichte Insulte ein, er- gibt sich eine Gesamtkomplikations- rate der CEA von 8,3 Prozent. In der größten bisher veröffentlichten, pro- spektiv randomisierten TIA-Ver- gleichsstudie (Joint Study of Extra- cranial Arterial Disease) hatten nach 42 Monaten (einschließlich der peri- operativen Komplikationsrate von 11,3 Prozent) 26,6 Prozent der Pa- tienten einen Schlaganfall erlitten oder waren verstorben. Im Nichtope- rierten-Kollektiv lagen Hirninfarkt- rate und Sterblichkeit nach 42 Mo- naten bei 25,8 Prozent. Der Effekt der Operation lag darin, daß ein gro-

ßer Teil der ohnehin zu erwartenden Schlaganfälle und Todesfälle in den perioperativen Zeitraum vorverlegt wurde. Erst nach dem break even point nach dreieinhalb Jahren er- rechnet sich für das Operiertenkol- lektiv ein statistischer Vorteil, wobei der durch die Operation eingetrete- ne anfängliche Verlust an „Monaten frei von Tod und Schlaganfall" bei li- nearer Hochrechnung erst nach sie- ben Jahren aufgeholt wäre.

Trotz dieser enttäuschenden Operationsergebnisse dürfte eine Restindikation für die Karotisendar- teriektomie gegeben sein. Diese er- fordert jedoch eine sorgfältige Be- achtung von Ausschlußkriterien und Indikationseinschränkungen, die sich aus der unterschiedlichen Ätio- logie ischämischer Insulte ergeben.

Ätiologie ischämischer Insulte Lakunäre Infarkte machen etwa 30 Prozent aller im CT sichtbaren Ischämiefolgen aus. Sie manifestie- ren sich klinisch häufig als rein moto- rische oder rein sensible TIA und be- ruhen meist auf einer Mikroangio- pathie intraparenchymatöser Gefä- ße, sind also nicht auf Karotisver- änderungen zurückzuführen. Bei prädominierender Mikroangiopathie (multiple lakunäre Infarkte im CT, Augenhintergrundveränderungen) dürfte eine CEA wegen der schwe- ren Hyalinose der intraparenchyma- tösen Gefäße eher das Hirnblutungs- risiko erhöhen als eine Prognosever- besserung herbeiführen.

Territorial- oder Astverschluß- infarkte machen > 40 Prozent aller Hirninfarktmuster aus. Sie sind ent- weder embolisch oder durch autoch- thone Thrombose bedingt. Die Em- boli stammen entweder vom Herzen oder von hirnversorgenden Arterien wie der Karotis. Eine kardiale Em- boliequelle muß daher vor jeder CEA mittels transthorakaler und transösophagealer Echokardiogra- phie ausgeschlossen werden. Zu- rückhaltung ist auch bei absoluter Arrhythmie ohne eindeutigen Trom- busnachweis geboten. Grenzzonen-

infarkte sind hämodynamischen Ur- sprungs und weisen auf einen hoch- gradigen oder kompletten Karotis- verschluß hin. Sie sind mit 10 bis 15 Prozent aller Hirninfarkte selten.

Risiko-Nutzen-Abwägung Ist eine Karotisstenose als Ursa- che eines passageren Insultes identi- fiziert, muß eine sorgfältige Risiko- Nutzen-Abwägung erfolgen. Patien- ten mit verkürzter Lebenserwartung kommen für eine CEA nicht in Fra- ge. Bei koronarer Herzerkrankung ist Vorsicht geboten, da das periope- rative Risiko erhöht und die Lebens- erwartung verkürzt ist. Zumindest sollte ein Belastungs-EKG zur besse- ren Risikoabschätzung vorliegen, zu- mal die peroperative Herzinfarktrate mit bis zu zwei Prozent angegeben wird. (Hinsichtlich simultaner Ope- ration an Karotis und Koronarien siehe unter asymptomatischer Steno- se.) Auch andere schwere internisti- sche Begleiterkrankungen limitieren die Indikation zur CEA.

Asymptomatische Stenose Bei asymptomatischen Stenosen liegt die Schlaganfallserwartung mit 0,5 bis 2,5 pro Jahr in der gleichen Größenordnung wie die nach gelun- gener CEA. Die perioperative Risi- koerhöhung ist somit durch Verbes- serung der Langzeitprognose nicht auszugleichen. Eventuelle Ausnah- men bei hochgradigen (> 70 Prozent Lumeneinengung), progredienten und/oder ulzerierenden Stenosen be- dürfen der empirischen Evaluation durch zur Zeit laufende prospektive Untersuchungen. Auch für die Emp- fehlung einer Karotissanierung vor größeren chirurgischen Eingriffen fehlt eine sichere empirische Be- gründung, zumal sich perioperative Hirninfarkte bei einseitiger Karotis- stenose (> 50 Prozent Lumeneinen- gung) praktisch gleich häufig auf poststenotische wie auf sonstige Hirn- areale verteilen. Allerdings lag in ei- ner prospektiven Studie an Patienten mit hochgradigen Internastenosen (> 70 Prozent Lumeneinengung) und instabiler Angina pectoris die peri- operative Hirninfarktrate bei simulta- ner Operation (CEA und aortokoro- narer Bypass) etwas niedriger als bei der Bypass-Operation allein.

A-48 (50) Dt. Ärztebl. 88, Heft 1/2, 7. Januar 1991

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Passagerer ischämischer Insult Die Probleme der Indikations- stellung beziehen sich im wesentli- chen auf die Situation beim TIA, so daß hier auf Wiederholungen ver- zichtet werden kann.

Die Notwendigkeit einer umfas- senden Gesamtbeurteilung wird auch aus der Tatsache evident, daß Patienten mit TIA doppelt so häufig an Herz- wie an Hirninfarkten ver- sterben. Letztlich muß der Patient selbst entscheiden, ob er durch die CEA ein im perioperativen Zeitraum erhöhtes Risiko für eine eventuelle Verbesserung der Langzeitprognose in Kauf nehmen will oder nicht. Eine Aufklärung nach dem Motto: „Dies muß operiert werden"! ist nicht be- gründet.

Progredienter und frischer Insult

In frischen Insultstadien verviel- facht die CEA auch dann die Sterb- lichkeit, wenn der Eingriff in den er- sten Stunden erfolgt. Dies gilt auch für Crescendo-TIA.

Eine funktionelle Besserung kann nicht erwartet werden. Eine prophylaktische CEA ist höchstens bei Insulten mit geringem restlichem Defizit sinnvoll, trägt aber ein erhöh- tes Operationsrisiko. mrx

Marx, P.: Karotisendarteriektomie. Ein vertretbares Risiko für Prophylaxe ischä- mischer Insulte? Fortschr. Med. 107 (1989) 727-732

Prof. Dr.med. Peter Marx, Leiter der Neu- rol. Abt. im Klinikum Steglitz der FU Berlin, Hindenburgdamm 30, W-1000 Berlin 45

Ulzera oder die Amputation von Fuß und Bein bei Diabetikern signifikant reduzieren konnte. Lng

Malone, J. M. et al.: Prevention of Ampu- tation by Diabetic Education, Am. Jour.

Surg. 158 (1989) 520-524

Dr. James M. Malone, Maricopa Medical Center, 2601 East Roosevelt, PO Box 5099, Phoenix, Arizona 85010, U.S.A.

Leber-

transplantation beim akuten Leberversagen

Von einem fulminanten Leber- versagen spricht man dann, wenn sich innerhalb von acht Wochen nach Ein- setzen von hepatischen Symptomen eine Enzephalopathie entwickelt, wo- bei ein chronisches Leberleiden aus- geschlossen werden muß. Beim Koma Stadium III oder IV liegt die Letalität deutlich über 50 Prozent und erreicht in einigen Serien 90 Prozent. Da die konservativen Therapiemöglichkei- ten enttäuscht haben, wird zuneh- mend der Einsatz einer Lebertrans- plantation diskutiert. Die Autoren ha- ben die weltweit in Europa, den Ver- einigten Staaten und Australien ge-

wonnenen Erfahrungen bei dieser In- dikation analysiert und kommen zu dem Schluß, daß die Lebertransplan- tation mit einer Überlebensrate von 59 Prozent dem konservativen Vorge- hen überlegen sei. Auch wenn bislang keine kontrollierten Studien vorlie- gen, sollte frühzeitig bei Patienten mit akuter Leberinsuffizienz eine ortho- tope Lebertransplantation diskutiert werden, da die Prognose im Komasta- dium I und II nach bislang vorliegen- den Erfahrungen deutlich günstiger ist als in den Stadien III und IV. W

Chapman, R. W., D. Forman, R. Peto, R.

Smallwood: Liver transplantation for acute hepatic failure? Lancet I: 32-35, 1990 Department of Gastroenterology, John Radcliffe Hospital, Oxford, UK.

Rohe Zwiebeln führen zu

Sodbrennen

Patienten mit gastroösophage- aler Refluxkrankheit geben häufig Sodbrennen nach gut gewürzten Mahlzeiten an.

Die Autoren untersuchten den Einfluß von rohen Zwiebeln auf Säu- rereflux und Refluxsymptome bei 16 Probanden und 16 Patienten mit be- kannter Refluxösophagitis. Die Teil- nehmer an der Studie erhielten eine pH-Elektrode in die Speiseröhre ge- legt, nachdem sie einen Hamburger und ein Glas Eiswasser zu sich genom- men hatten. An einem anderen Tag wurde eine identische Mahlzeit einge- nommen, mit Ausnahme der Tatsa- che, daß eine Scheibe rohe Zwiebel hinzugefügt wurde. Während sich bei den gesunden Probanden keine Ände- rung der pH-Werte in der Speiseröhre feststellen ließ und auch keine Reflux- symptome registriert wurden, kam es bei Patienten mit bekannter Reflux- krankheit nach Genuß der Zwiebel- scheibe zu einem signifikanten An- stieg des pH und einer deutlichen Zu- nahme des Sodbrennens.

Allen, M. L., M. H. Mellow, M. G. Robin- son, W. C. Orr: The Effect of Raw Onions an Acid Reflux and Reflux Symptoms. Am.

J. Gastroenterol. 85: 377-380, 1990.

Oklahoma Foundation for Digestive Re- search, Presbyterian Hospital, Northeast 13th at Lincoln Boulevard, Oklahoma City, OK 73104.

Prävention der Amputation durch Unterricht

Eine prospektive randomisierte Studie bewertete den Einfluß eines Unterrichtsprogrammes für Diabeti- ker zur Verhinderung einer Amputa- tion der unteren Gliedmaßen. 203 Pa- tienten wurden randomisiert zwei Gruppen zugeteilt: Gruppe eins mit Unterricht (103 Patienten, 203 untere Gliedmaßen) und Gruppe zwei ohne Unterricht (100 Patienten, 193 untere Gliedmaßen). Es konnte hinsichtlich medizinischer Behandlung oder klini- scher Risikofaktoren kein signifikan- ter Unterschied zwischen den beiden Gruppen festgestellt werden.

Die Amputationsrate war in Gruppe zwei dreimal höher (21 von 177 unteren Gliedmaßen gegenüber 7 von 177,; p 5_ 0,025); die Häufigkeit von Geschwüren lag dreimal höher in Gruppe zwei (26 von 177 untere Gliedmaßen gegenüber 8 von 177;

p 0,005). Es bestand kein Unter- schied in der Gesamtinzidenz einer Infektion (zwei von 177 unteren Gliedmaßen). Die Gesamterfolgsra- te unterschied sich mit 90 Prozent von Gruppe eins zur Gruppe zwei mit 72 Prozent hoch signifikant (160 von 177 gegenüber 128 von 177;

p < 0,0005).

Die Studie demonstriert, so die Autoren, daß ein einfaches Unter- richtsprogramm das Auftreten von

Dt. Ärztebl. 88, Heft 1/2, 7. Januar 1991 (53) A-49

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