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Archiv "Krankenhaus: Blinder Eifer" (15.08.1997)

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as Bundesverwaltungsgericht (BVG) in Berlin hat durch sein Urteil vom 19. Juni 1997 einen Rechtsstreit entschie- den, in dem es um den Punktwert von Fallpauschalen und Sonderentgelten ging, zu dem die Krankenhäuser den Krankenkassen rund 20 bis 30 Prozent ihrer Leistungen – überwiegend in den operativen Fachgebieten – in Rech- nung stellen. Ausgangspunkt der Aus- einandersetzung war eine der Über- gangsvorschriften aus der 1995 neu ge- faßten Bundespflegesatzverordnung (BPflV). § 28 Absatz 7 BPflV lautet:

„Den Bewertungsrelationen für Fall- pauschalen und Sonderentgelte nach den Anlagen 1 und 2 liegt ein Punkt- wert von einer Deutschen Mark für das Jahr 1993 zugrunde. Die Vertrags- parteien auf Landesebene haben bei der erstmaligen Vereinbarung nach

§ 16 Absatz 1 diesen Punktwert zu berücksichtigen und für den Pflege- satzzeitraum fortzuschreiben.“

Diese Bestimmung hat zu der von der AOK Rheinland (Düsseldorf) und der Krankenkasse der Rheinischen Landwirtschaft angestrengten Ausein- andersetzung geführt, deren gerichtli- cher Schlußpunkt das BVG-Urteil war. Mit diesem Urteil hob das Bun- desverwaltungsgericht das vorinstanz- liche Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 16. Januar 1996 und einen Bescheid der Bezirksregierung Düsseldorf vom 30. Juni 1995 auf. Das Gericht gelangt zu der Auffassung, das Bundesgesundheitsministerium habe lediglich den Auftrag gehabt, Orien- tierungsgrößen festzulegen, nicht aber Normvorgaben für die auf Landesebe- ne zu vereinbarenden Punktwerte zu machen. Obwohl noch gar nicht be- kannt ist, welche Argumente und Be- gründungen die Richter dem Urteil zu Grunde legen, sind die Krankenkassen mit Folgerungen rasch bei der Hand.

„Bereinigung“?

Die Spitzenverbände kündigten an, auf Landesebene niedrigere Fallpauschalen und Sonderentgelte durchsetzen zu wollen. Die geltenden Punktwerte seien überholt und be- dürften einer „Bereinigung“. Bis zur Entscheidung des Bundesverwal- tungsgerichts seien die Krankenkas-

sen gezwungen gewesen, den Kran- kenhäusern „überhöhte Preise“ für Fallpauschalen und Sonderentgelte zu zahlen. Künftig könnten Preise vereinbart werden, die die Beitrags- satzstabilität der Krankenkassen nicht zusätzlich gefährdeten.

In der Öffentlichkeit müssen die Absichten der Krankenkassen so ver-

standen werden, als hätten sie einen unermeßlichen finanziellen Schaden mit Auswirkungen für die Beitrags- satzstabilität erlitten. Die Kranken- hausgesellschaft Schleswig-Holstein sprach von Erstattungen in Millionen- höhe, die die Krankenkassen nun für zurückliegende Jahre für die rund 100 Krankenhäuser fordern würden.

Es ist indes höchst zweifelhaft, daß es zu derartigen Erstattungen tatsächlich in bedeutendem Umfang kommt. Solche Berechnungen über- sehen eine andere wesentliche Be- stimmung der Bundespflegesatzver- ordnung von 1995, die nicht nur nicht aufgehoben, sondern in der 5. Ände- rungsverordnung zur Bundespflege- satzverordnung sogar noch für zwei weitere Jahre verlängert werden soll:

die Bestimmung zum Erlösabzug, die

§ 12 BPflV enthält. Danach sind bei Krankenhäusern, deren Leistungen nicht vollständig mit Fallpauschalen berechnet werden (das sind nahezu alle Krankenhäuser), für die Pflege- satzzeiträume in den Kalenderjahren 1995 bis 1997 ursprünglich 95 Prozent, inzwischen 100 Prozent der voraus- kalkulierten Erlöse aus Fallpauscha- len und Sonderentgelten von den pflegesatzfähigen Kosten des Kran- kenhauses abzuziehen. Nur der Rest der pflegesatzfähigen Kosten geht dann in das über tagesgleiche Pflege-

sätze (Abteilungspflegesätze und Ba- sispflegesätze) abgerechnete übrige Budget des Krankenhauses ein.

Somit führt ein hoher Erlös bei den Fallpauschalen und Sonderent- gelten zu einer Senkung des restlichen Budgets, wohingegen bei einem nied- rigeren Erlös aus Fallpauschalen und Sonderentgelten die nach deren Ab- zug verbleibenden pflegesatzfähigen Kosten über ein entsprechend höhe- res Restbudget auszugleichen gewe- sen wären beziehungsweise auszuglei- chen sind. Ein finanzieller Schaden ist den Krankenkassen also überhaupt nicht entstanden und konnte unter den Bedingungen des Erlösabzugs auch gar nicht entstehen. Nur wenn es bei dem inzwischen korrigierten Er- lösabzug von 95 statt 100 Prozent ge- blieben wäre, wäre über eine Bela- stung der Krankenkassen in Höhe von fünf Prozent der Differenz zwischen vereinbartem Betrag und aus Kassen- sicht angestrebtem Betrag für den Punktwert zu diskutieren gewesen.

Abschlag unnötig Mit dem 2. GKV-Neuordnungs- gesetz werden Fortschreibung und

„Pflege“ der Kataloge von Fallpau- schalen und Sonderentgelten der Selbstverwaltung übertragen. Zu ei- nem pauschalen Abschlag auf alle Sonderentgelte und Fallpauschalen gibt es keinen Anlaß. Für einzelne Fallpauschalen und Sonderentgelte ist allerdings tatsächlich zu berück- sichtigen, daß die Kostenstruktur im Bereich der Sachmittel im Vergleich zum Jahr 1993 günstiger geworden ist.

Die daraus resultierenden Anpassun- gen würden gewiß nicht erleichtert, wenn es zunächst zu pauschalen Schlagabtäuschen und Auseinander- setzungen zwischen den Vertragspart- nern der Selbstverwaltung käme.

Auch in dieser Hinsicht kann die alte Erfahrung nicht schaden: Blinder Ei- fer schadet nur.

Rudolf Henke Bendstraße 36 52066 Aachen

A-2103

P O L I T I K KOMMENTAR

Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 33, 15. August 1997 (15)

Krankenhaus

Blinder Eifer

Der Verfasser ist – als einer der beiden vom Deutschen Ärztetag gewählten Vertreter wei- terer Ärztinnen/Ärzte – Mitglied des Vorstan- des der Bundesärztekammer.

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