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Archiv "Krankenhäuser/Fallpauschalen: Schlecht abgebildet, nicht abgebildet und überhaupt nicht abbildbar" (25.08.2003)

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F

allpauschalen (DRGs) sollen die gesamte Behandlung eines Patien- ten über einen Festpreis vergüten und bundesweit für fast alle Kranken- häuser gelten, die teil- oder vollsta- tionäre medizinische Leistungen er- bringen. Dies soll ohne Berücksichti- gung der Schwerpunkte, Versorgungs- stufen oder Lokalisationen dieser Häu- ser erfolgen. Die Systematik und der Katalog der deutschen DRGs orientiert sich dabei bis auf wenige Ausnahmen am australischen Fallpauschalen-Sy- stem, obwohl die australischen Behand- lungs- und Versorgungsstrukturen wie auch der dortige Einsatz des DRG-Sy- stems gänzlich anders sind. Schwächen waren daher zu erwarten und sollen in dieser Analyse für einige besonders be- deutsame Beispiele hinsichtlich ihrer Charakteristika, die auf alle Fachberei- che übertragen werden können, exem- plarisch aufgezeigt werden.

Die medizinischen und ökonomi- schen Konsequenzen dieser Schwä- chen sind schwerwiegend. Kein Kran- kenhaus kann eine Leistung erbringen, die schlecht oder gar nicht (siehe unten) vergütet wird. Dies kann bereits kurz- fristig zu bedeutsamen Unterdeckun- gen in einer Abteilung oder einer ganzen Klinik führen und konsekutiv somit auch unmittelbar zu einer Ver- schlechterung der Patientenversor-

gung. Die zugrunde liegenden Ursa- chen sind dabei sehr unterschiedlich, letztlich aber in den verschiedenen me- dizinischen Disziplinen identisch und erfordern eine detaillierte Aufarbeitung.

Hierzu standen in dieser Arbeit anonymisierte Daten von knapp 60 000 Fällen des Jahres 2002 aus einer Erhe- bung in 40 bundesdeutschen Herzzen- tren zur Verfügung. Konkret wird in die- ser Arbeit die Analyse von 8 800 kar- diologischen Fällen aus acht Fallgrup- pen dargestellt und mit denen des ersten G-DRG-Katalogs (im Folgen- den Katalog genannt) sowie mit 2 940 stationären Fällen der kardiologischen Abteilung des Universitätsklinikums Münster (UKM) verglichen, wobei für Letztere auch detaillierte Kostenanga- ben vorlagen.

Das Prinzip der DRGs besteht dar- in, dass jeder Patient auf der Basis einer nach ICD-10-SGB V verschlüsselten Hauptdiagnose, die den Krankenhaus- aufenthalt begründet, und gegebenen- falls einer Hauptprozedur (codiert nach Operationsschlüssel [OPS] 301 SGB V) einer spezifischen Fallgruppe zugeord- net („abgebildet“) wird. Diese Fall- gruppen sind beispielsweise bei kardio- vaskulären Erkrankungen mit dem Buchstaben „F“ gekennzeichnet, ge- folgt von einer fortlaufenden Nummer für die verschiedenen Gruppen. Kom- plexe Begleiterkrankungen oder -pro- zeduren wirken bei einigen DRGs schweregradsteigernd und sollen be- sonders aufwendige Behandlungen von Patienten innerhalb einer Fallgruppe ausgleichen. Dabei ist die Verteilung der Patienten in den einzelnen Fall-

gruppen nicht so gleichförmig, wie dies vielleicht zu vermuten wäre. Die Viel- falt der Erkrankungen und Behand- lungsoptionen führt dazu, dass zum Teil medizinisch sehr unterschiedliche Fälle in einer DRG zusammengefasst werden – und damit auch unterschiedlich ko- stenaufwendige Fälle (1). Behandelt ein Krankenhaus in einer Fallgruppe ein Patientenkollektiv, dessen Zusammen- setzung von der des DRG-Katalogs dif- feriert („Inhomogenität“), können die ökonomischen Konsequenzen tief grei- fend sein.

Schlecht abgebildet:

Komplexe Schrittmacher und Endokarditis

Patienten mit Herzschrittmacherim- plantationen werden in der DRG F12Z abgebildet. Die Betrachtung der Hauptdiagnosen und -prozeduren die- ser Patienten im Vergleich mit dem DRG-Katalog zeigte sowohl in den Herzzentren wie auch im UKM eine deutlich längere Verweildauer für Pati- enten mit den Hauptdiagnosen dilatati- ve Kardiomyopathie und Linksherzin- suffizienz von 13,5 Tagen (Herzzentren) beziehungsweise 14,0 Tagen (UKM) ge- genüber der Verweildauer von neun Ta- gen für diese DRG im Katalog. Eine derartige Verlängerung der Ver- weildauer korreliert meist sehr gut mit einer höheren Komorbidität, ausge- drückt durch die über die Nebendia- gnosen errechnete patientenbezogene klinische Komplexitätsstufe (PKKS), und einem entsprechend höheren Ko-

Krankenhäuser/Fallpauschalen

Schlecht abgebildet, nicht abgebildet und überhaupt nicht abbildbar

Schwächen in der Systematik des deutschen Fallpauschalen-(G-DRG-)Systems in allen Fachdisziplinen. Exemplarisch dargestellt anhand einer Analyse von fast 12 000 kardiologischen Fällen

Holger Reinecke

1

, Holger Bunzemeier

2

, Günter Breithardt

1

, Hans H. Scheld

3

, Norbert Roeder

2

1Medizinische Klinik und Poliklinik C (Kardiologie und Angiologie)

2DRG Research Group

3Klinik und Poliklink für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie

Universitätsklinikum Münster,

Albert-Schweitzer-Straße 33, 48149 Münster

(2)

stenaufwand. Die Kostenanalysen für das UKM wiesen entsprechend für die- se Fälle um 70 Prozent höhere Aufwen- dungen auf als für den Gruppendurch- schnitt. Dies entspricht dem 2,9fachen der für diese Fallgruppe im DRG-Pro- jektbericht kalkulierten Kosten. Im Ka- talog haben diese Diagnosen nur einen Anteil von 2,3 Prozent, in den Herzzen- tren 5,0 Prozent und im UKM 6,4 Pro- zent. Bei der Analyse der Ursachen fal- len neben einer hohen Komorbidität dieser Patienten mit einer durchschnitt- lichen PKKS von 3,5 (zum Vergleich:

theoretischer Maximalwert = 4) auch die durchgeführten Prozeduren auf. Ei- ne Reihe von Patienten erhielt biven- trikuläre Schrittmacher, die eine inno- vative und effektive Therapie der Herz- insuffizienz über eine Synchronisation der links- und rechtsventrikulären Kon- traktion ermöglichen (2). Patienten mit dieser Prozedur hatten eine längere Verweildauer von 11,5 Tagen (Herzzen- tren) beziehungsweise 15,0 Tagen (UKM), bei gleichzeitig um 75 Prozent höheren Kosten bei den UKM-Patienten (Grafiken 1 und 2). Unter den Top-15-Prozeduren des Katalogs in dieser DRG fin- det sich diese Prozedur überhaupt nicht (machte also mindestens we- niger als 1,95 Prozent der Fälle aus), sehr wohl aber in 7,8 Prozent der UKM- und 3,5 Prozent der Herzzentren-Patienten. Somit be- steht hier eine deutliche Inhomo- genität. Kliniken, die eine relevan- te Zahl von Patienten mit diesen Diagnosen oder Prozeduren be- handeln, müssten angesichts des Aufwands mit entsprechend be- deutsamen Unterdeckungen rech- nen. Dies gefährdet innovative und auf- wendige Therapien in ihrer Durchführ- barkeit.

Unzureichend abgebildet ist auch die Behandlung der Endokarditis einer Herzklappe, welche als Hauptdiagnose ohne Herzkatheteruntersuchung in der DRG F61Z mit einer mittleren Ver- weildauer von 16 Tagen und einer Be- wertungsrelation von 1,789 abgebildet wird. Fälle mit gleicher Hauptdiagnose und identisch langwieriger und teurer Behandlung werden aber, wenn zusätz- lich ein Herzkatheter zur Abklärung des Ausmaßes einer geschädigten Klap-

pe und einer Operationsindikation durchgeführt wird, in die DRG F42A (Verweildauer 4,2 Tage, Bewertungsre- lation 1,086) eingruppiert. Eine sinnvol- le und häufig notwendige aufwendige Leistung führt also paradoxerweise zu einer drastischen Reduktion der Vergü- tung.Auch hier werden Zentren, die auf die Behandlung dieser Patienten spe- zialisiert sind und daher einen höheren Anteil in der von ihnen betreuten Pati- entengruppe aufweisen, durch die der- zeitige Systematik benachteiligt.

Nicht abgebildet: Beschichtete Stents und Schrittmacher

Mitte 2002 kamen in Deutschland ver- mehrt Koronar-Stents zum Einsatz, die mit dem Immunsuppressivum Sirolimus beschichtet sind und mit einer auf 0 bis 3 Prozent verminderten Re-Stenoserate einhergehen versus 18 bis 25 Prozent bei konventionellen Stents (3). Die gesamt-

wirtschaftlich wünschenswerte Behand- lung vieler Patienten (von der medizi- nisch-ethischen Seite ganz abgesehen) mit dieser neuen Stentgeneration zur Vermeidung nachfolgender und kosten- aufwendiger Infarkte, Bypassoperatio- nen oder erneuter Koronarinterventio- nen wird durch die aktuelle Vergütungs- situation limitiert. Der reine Material- preis beträgt für einen solchen Stent cir- ca 2 500 Euro (konventioneller Stent 350 bis 400 Euro). Dies entspricht dem 6fachen des im Projektbericht zur Kal- kulation der G-DRGs ausgewiesenen Materialpreises (405 Euro) und 75 Pro-

zent der insgesamt für diese DRG kal- kulierten Kosten. Angesichts der gerade kostendeckenden DRGs erscheint es zukünftig kaum vorstellbar, dass eine Klinik bei 20 bis 30 Prozent aller Koro- narinterventionen diese beschichteten Stents verwendet, mit der Folge einer gravierenden Unterdeckung. Es muss befürchtet werden, dass diese effektive Heilmaßnahme nicht im angemessenen Ausmaß den Patienten zugute kommen wird. Detailliertere Kostenanalysen zu diesem Problem sind derzeit überhaupt nicht möglich, da kein OPS-Code die Implantation dieser Stents erfasst.

Ein entsprechendes Problem exi- stiert auch für Patienten mit Vorhof- flimmern/-flattern. Diese erhalten oft- mals besondere Schrittmacher mit so genannten Vorhoftherapiemöglichkei- ten, die zu einer effektiven Reduktion der Vorhofrhythmusstörungen und Ver- besserung der Lebensqualität führen (4). Auch die Implantation dieser spezi- ellen Geräte wird derzeit nicht über die OPS-Klassifikation abgebildet, sondern kann nur pauschal als Zweikammersysteme codiert wer- den. Die Verweildauer dieser Pati- enten ist im Regelfall nicht länger, da die Operation nicht ausgedehn- ter ist als bei einem Standard- Zweikammergerät. Aber die Ge- räte sind im Schnitt um 20 bis 30 Prozent teurer. Zudem ist eine Schrittmacheroperation bei die- sen Patienten fast immer in Voll- narkose erforderlich, da für die Implantation eines Vorhofthera- pie-Gerätes Sinusrhythmus erfor- derlich ist und daher intraopera- tiv häufig eine Elektrokardiover- sion erfolgen muss. Intubation und Elektrokardioversion steigern den Auf- wand im Gegensatz zur Implantation eines konventionellen Zweikammer- gerätes bedeutsam. Da ein Prozeduren- Code für diese speziellen Geräte fehlt, wird dies in dieser Analyse noch am ehesten über die zugeordneten Kosten der UKM-Patienten in dieser Fallgrup- pe mit der Hauptdiagnose Vorhofflim- mern/-flattern von 34 Prozent über dem Gruppendurchschnitt widergespiegelt.

Immerhin ist für diese beiden der- zeit nicht abgebildeten Probleme „be- schichtete Stents“ und „Schrittmacher mit Vorhoftherapie“ eine Lösung denk-

(3)

bar, wenn Prozeduren-Codes einge- führt würden und auch gruppierungsre- levant wären, das heißt zu einer Ein- gruppierung in eine besser vergütete DRG führen würden.

Überhaupt nicht abbildbar:

Schwerpunktbildung und Auftragsleistung

Bei anderen Problemen erscheint es fraglich, ob und wie überhaupt diese in einem Fallpauschalensystem Berück- sichtigung finden können. So besteht in

der Kardiologie des UKM ein überre- gionaler klinischer Schwerpunkt für die Risikostratifizierung und Behandlung von Patienten mit ventrikulären Rhyth- musstörungen. Patienten, aber auch möglicherweise noch nicht manifest er- krankte Angehörige, werden hinsicht- lich eines Risikos für den plötzlichen Herztod untersucht. Ein relevanter An- teil dieser Patienten erhält dabei eine oder mehrere Herzkatheteruntersu- chungen sowie weitere aufwendige Dia- gnostik (Gen-Analysen, Herzbildge- bung) oder Therapien, wie Hochfre- quenzablation oder einen implantierba- ren Cardioverter-Defibrillator. Wird keine dieser letzteren Therapien durch- geführt, werden diese Patienten über den Herzkatheter als Hauptleistung in die Fallgruppe F42 Kreislauferkran- kungen ohne akuten Myokardinfarkt mit invasiver Diagnostik eingruppiert (zwei Schweregrade).Aufgrund der Dia- gnose ventrikuläre Tachykardie werden die Patienten dabei in die höherwertige DRG F42A eingruppiert. Im Katalog beträgt die mittlere Verweildauer dabei

4,2 Tage; 1,9 Prozent der Patienten die- ser DRG hatten die Hauptdiagnose ventrikuläre Tachykardie. In unserer Abteilung hatten 11,7 Prozent (!) der Patienten in dieser DRG diese Haupt- diagnose; ihre Verweildauer betrug sie- ben Tage. Der Kostenaufwand lag um 35 Prozent über dem Gruppendurch- schnitt dieser DRG im UKM und wür- de dem 1,8fachen der im Projektbe- reich kalkulierten Kosten entsprechen.

In den Herzzentren war die mittlere Verweildauer in der DRG F42A mit 5,3 Tagen gering gegenüber dem Katalog erhöht; wie im Katalog hatten nur 1,9

Prozent der Patienten diese Hauptdia- gnose. Die Konsequenz liegt auf der Hand, wenn eine Abteilung eine zehn- mal so große Patientensubpopulation behandelt, wie im Katalog in der DRG enthalten, und dies auch noch doppelt so teuer ist: eine bedeutsame Unter- deckung. Zudem werden Fehlanreize gesetzt, die dazu führen könnten, dass entweder die notwendige Diagnostik reduziert wird oder ein größerer Teil dieser Patienten einen Defibrillator er- hält, um so die entstandenen Kosten durch Eingruppierung in eine besser vergütete DRG auszugleichen.

Demgegenüber stehen Fälle von Pa- tienten, die einer Klinik zur Klärung ei- ner sehr umschriebenen Fragestellung (zum Beispiel Herzklappenfehler mit der Frage der OP-Indikation) zur Herz- katheterdiagnostik zugewiesen werden („Auftragsleistung“) und häufig bereits zum Teil von niedergelassenen Kolle- gen oder zuweisenden Kliniken detail- liert voruntersucht sind. Auch diese Pa- tienten werden in die DRG F42 ein- gruppiert, erhalten in der Regel am

nächsten Tag ihre Herzkatheterunter- suchung und verlassen am Folgetag wie- der die Klinik. Werden solche „Auf- tragsleistungen“ mit den komplexen Fällen in einer Fallgruppe gemischt (zum Beispiel ventrikuläre Tachykar- die) und wird bei der Kalkulation der Fallkosten und der Festlegung der Ver- weildauer nicht differenziert, entstehen bedenkliche Inhomogenitäten.

Auch in diese Kategorie der kaum ab- bildbaren Probleme gehört, dass sich bei Patienten mit akutem Myokardinfarkt die interventionelle Therapie mittels Ballondilatation und Stentimplantation

immer mehr gegenüber der Stan- dardtherapie mit Lyse überlegen erweist (5). Kliniken, die eine 24-Stunden-Ka- theterbereitschaft haben, bieten so ihren Patienten eine besonders effektive The- rapie – mit hohen Kosten für die Vorhal- tung eines kompletten Katheterteams.

Zwar gibt es mit der DRG F10Z eine Fallgruppe, in die Patienten mit Koro- narangioplastie bei akutem Myokard- infarkt eingruppiert werden. Seitens der ICD-Codes und durch die derzeitigen deutschen Codierrichtlinien wird aber nicht unterschieden, ob ein Patient mit einem frischen Infarkt oder einem in den letzten 30 Tagen erlittenen Infarkt be- handelt wird. Auch die Klinik mit einem Katheterlabor, das nur zu Regelarbeits- zeiten besetzt ist, kann also diese Fall- pauschale voll in Anspruch nehmen, wenn sie den Patienten einige Tage oder Wochen später kathetert. Dabei entste- hen dieser Klinik nicht die hohen Vor- haltekosten für die 24-Stunden-Kathe- terbereitschaft. Zudem ist bedeutsam, dass die Patienten mit frischem Infarkt diejenigen sind, die in relevantem An- Grafik 1

Mittlere geometrische Verweildauer (in Tagen)

16–

14–

12–

10–

8–

6–

4–

2–

0– G-DRG Katalog

alle Patienten

Herzzentren UKM

nur bivent.

SM alle Patienten

nur bivent.

SM

Grafik 2

Durchschnittliche Kosten (in tausend Euro)

16–

14–

12–

10–

8–

6–

4–

2–

0– G-DRG Katalog

alle Patienten

Herzzentren UKM

nur bivent.

SM alle Patienten

nur bivent.

SM Keine

Kostendaten übermittelt Für die Patienten mit Herzschrittmacherim-

plantation (G-DRG F12Z) sind die mittleren geometrischen Verweildauern in Tagen (Gra- fik 1) und die dazugehörigen kalkulierten Ko- sten (Grafik 2) der Patienten aus den Herzzen- tren und dem UKM den im Projektbericht der ersten deutschen DRGs aufgeführten Ver- weildauern und Kosten gegenübergestellt. Es zeigt sich eine deutliche Inhomogenität bei den Verweildauern für die Patienten mit bi- ventrikulären Schrittmachersystemen und auch bei den dazugehörigen Kosten (nur für UKM vorhanden), die entsprechende Unterfi- nanzierungen zur Folge hätten.

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teil unter (Multi-)Organversagen und Schock leiden, welche wiederum beson- ders aufwendig zu behandeln sind (Beat- mung, Nierenersatzverfahren). Werden diese Patienten erst nach einigen Tagen invasiv untersucht, sind diese kritischen und aufwendigen Fälle entweder stabili- siert oder verstorben.

DRGs sollen aufwandshomogene Fälle in einer Gruppe zusammenfassen und damit die Basis für eine pauschale Vergütung in einem bundesweit einheit- lichen Preissystem bilden. Deutliche In- homogenitäten bei medizinischen Sach- verhalten, die zum Teil zwar durch Dia- gnosen oder Prozeduren erfasst werden, aber derzeit keinen Einfluss auf die Ver- gütung haben, untergraben dieses Prin- zip der Pauschalen und gefährden die Versorgung der Patienten und die Exi- stenz der Krankenhäuser sowie ihrer Be- schäftigten. Zudem bestehen eine Reihe von medizinischen Sachverhalten und Behandlungen, für die erst noch Codes eingerichtet werden müssen – und die folglich so lange nicht adäquat vergütet werden. Besorgniserregend erscheint die kaum durchführbare Berücksichtigung einer Spezialisierung von Fachabteilun- gen auf besondere Subgruppen inner- halb einiger DRGs. Konkret sind dabei Kliniken mit Schwerpunktbildung als Sammelstellen für aufwendige Behand- lungen im Vergleich zu Kliniken, die sich auf „Auftragsleistungen“ konzentrie- ren, von einer deutlichen und systemati- schen Unterfinanzierung bedroht.

Fachgesellschaften aller Disziplinen sind daher gefordert, in den fachspezifi- schen DRGs relevante Abbildungs- schwächen und Inhomogenitäten zu identifizieren und über Eingaben beim Institut für das Entgeltsystem im Kran- kenhaus gGmbH, Siegburg, Abhilfe vorzuschlagen.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2003; 100: A 2205–2210 [Heft 34–35]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das beim Verfasser erhältlich oder im Internet unter www.aerzteblatt.de/lit3403 abrufbar ist.

Anschrift der Verfasser:

Dr. med. Holger Reinecke Holger Bunzemeier

Prof. Dr. med. Günter Breithardt Prof. Dr. med. Hans H. Scheld Priv.-Doz. Dr. med. Norbert Roeder Universitätsklinikum Münster,

Albert-Schweitzer-Straße 33, 48149 Münster

Attraktive Konzepte

Wenn ein junger Mensch heute Biologie oder Medizin studiert, dann wohl doch noch immer überwiegend deshalb, weil er entweder als Arzt kranken Menschen helfen möchte oder als Wissenschaftler in die Geheimnisse des Lebens eindrin- gen will.Wird jemand also nicht klinisch tätiger Arzt, so ist primär anzunehmen, dass er an der Forschung interessiert ist.

Geht der an Forschung interessierte Absolvent heute nicht mehr in die Ana- tomie? Sind die Autoren so zu interpre- tieren, dass die Forschung im Fach Ana- tomie nicht mehr interessant ist?

Hier wäre ich völlig anderer Auffas- sung. Immunogoldmarkierungen zur subzellulären Lokalisation von Pro- teinen mithilfe des Elektronenmikro- skops, Lebendmikroskopie, konfokale Mikroskopie oder 2-Photonen-Mikro- skopie sind nur einige Beispiele moder- ner Verfahren, die für ganz unterschied- liche biomedizinische Fragestellungen benötigt werden. Diese modernen Vi- sualisierungstechniken gehören in den Bereich der Anatomie und sind, selbst- verständlich im Zusammenhang mit in- teressanten Fragestellungen, zweifels- ohne für viele junge Mediziner und Bio- logen von großem Interesse. Aber die- se modernen Visualisierungstechniken müssen von den Anatomen aufgegrif- fen und weiterentwickelt werden! Statt- dessen sehe ich die Gefahr, dass junge Anatomen neben den vielfältigen Auf- gaben in der Lehre auch noch zusätz- liche Qualifizierungshürden wie den Facharzt für Anatomie, Didaktik- und Rhetorikkurse aufgestellt bekommen und zudem auch noch frühzeitig in Gre-

mien mitarbeiten sollen. Für alle diese Aufgaben kann man Positivargumente finden; sie holen unseren Nachwuchs aber aus dem Labor heraus! Kann es dann verwundern, dass der junge Ab- solvent, der forschen möchte, eine an- dere Disziplin wählt? Man muss sich dann auch nicht wundern, wenn Teile klassischer Forschungsgebiete der Ana- tomie, wie der Zellbiologie oder der Entwicklungsbiologie, wegbrechen und in anderen Disziplinen wieder auftau- chen. Könnte es vielleicht sein, dass der „personelle Notstand“ durch einen konzeptionellen Notstand bedingt ist?

Und nun zu den „Lösungswegen“:

Der Lehre in der Anatomie einen noch größeren Stellenwert einzuräumen, als sie ohnehin schon hat, wäre sicherlich kein Lösungsweg. Ich selbst bin nicht Anatom der Lehre wegen geworden, mache sie aber gern. Auch die meisten Urologen, Neurologen oder Herzchir- urgen sind nicht wegen der Lehre in ihr jeweiliges Fach gegangen. Wenig hilf- reich wird es sein, wenn man, wie von den Autoren vorgeschlagen, die Weiter- bildungsordnungen für Fachärzte mit Pflichtzeiten in der Anatomie versieht.

Jemand, der mit Begeisterung Orthopä- de werden will, wird eine solche Pflicht- zeit in der Anatomie als ein „notwendi- ges Übel“ ansehen und kaum die mo- derne anatomische Forschung voran- bringen. Auch der Vorschlag, mehr Möglichkeiten für die Teilzeitarbeit zu schaffen, erscheint mir kein geeigneter Lösungsweg für das Nachwuchspro- blem. Die Anatomie ist ein Fach, das mit den großen Aufgaben in Forschung und Lehre begeisterungsfähige junge Wissenschaftler braucht (und durchaus auch bekommt), die regelmäßig bereit sind, über die normale volle Arbeitszeit hinaus noch im Labor zu stehen. Vor- aussetzung ist freilich, dass die For- schungsthemen attraktiv sind! Natür- lich ist es richtig, wie die Autoren vor- schlagen, Emeriti mit ihrem großen Er- fahrungsschatz einzubinden. Das kann doch aber nicht ein Lösungsweg für die Nachwuchsproblematik sein! Und dann der Vorschlag, Wissenschaftler aus Ost- europa zu holen. Meinen die Autoren vielleicht, dass Wissenschaftler aus Ost- europa wegen der besseren Verdienst- möglichkeiten in Deutschland zu ge- winnen seien? Ist das eine Lösung für zu dem Beitrag

Nadelöhr für die Medizinerausbildung

von

Dr. med. Dr. agr. Bernd Fischer und

Prof. Dr. med. Reinhard Pabst in Heft 24/2003

DISKUSSION

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Nachwuchsprobleme? Glücklicherwei- se können heute aus allen Teilen Euro- pas Wissenschaftler zu uns kommen. Sie kommen aber nur, wenn wir attraktive Forschungskonzepte haben. Und dann sollten wir die besten für unsere Anato- mischen Institute gewinnen!

Die Autoren haben schon Recht; es gibt durchaus Probleme in der theoreti- schen Medizin. Eine magische Zeitlimi- tierung (Bulmahn-Gesetz) ist sicherlich keine optimale Lösung angesichts der gestiegenen Anforderungen an die Qualitätssicherung bei komplizierten Techniken oder auch angesichts der ge- stiegenen Anforderungen in der Lehre.

Die Universität sollte in der Lage sein, entscheiden zu können, wie wertvoll ihr ein Mitarbeiter ist, wenn es um Verlän- gerung oder Kündigung geht. Gerade in der Lehre kann gelegentlich ein Bewer- ber mit langjähriger Erfahrung den Vorzug vor einem jüngeren, unerfahre- nen Bewerber erhalten. Es sollte um die Sache, um die Eignung eines Bewerbers für eine Aufgabe gehen und nicht um die Zeit, die er schon an universitären Einrichtungen verbracht hat. Wenn es aber Nachwuchsprobleme gibt, wie sie die Autoren für das Fachgebiet Anato- mie sehr düster zeichnen, dann ist wohl zu fragen, ob die Forschungskonzepte für unsere jungen Wissenschaftler nicht mehr attraktiv sind. Ich kenne eine Rei- he Anatomischer Institute, die keine Nachwuchsprobleme haben. Es sind ge- nau jene, die wegen ihrer Forschungs- konzepte für den wissenschaftlichen Nachwuchs attraktiv sind.

Prof. Dr. M. Frotscher, Institut für Anatomie und Zell- biologie der Universität Freiburg, Albertstraße 17, 79104 Freiburg

Ein ärztliches Fach

Da auch die Anatomie (trotz aller Be- nachteiligungen und trotz des „Verlu- stes des Berufsbildes Anatom“) noch immer zur „medizinischen“ Fakultät ge- rechnet wird, sollte man auch die Ana- tomie „ärztlich“ betrachten. Denn ein Hauptgrund für die heutige Situation der Anatomie ist Folge ihrer „Loslösung vom ärztlichen Geschehen“. Und die Wiederherstellung ihrer Stellung inner- halb des ärztlichen Handelns ist eigent- lich der primäre „Lösungsweg“, dem al- le übrigen angegebenen Wege folgen.

Eine Aufwertung des Grundlagen- faches Anatomie innerhalb der ärztli- chen Ausbildung ist dringend geboten, auch wegen bestehenden oder drohen- den Personalmangels, besonders aber wegen ihrer zentralen Bedeutung für den behandelnden Arzt. Darauf weisen auch Umfragen bei niedergelassenen Ärzten hin, die einhellig betonen, dass das für ihre ärztliche Tätigkeit wichtig- ste Fach die Anatomie ist. Ähnlich be- urteilen Studenten den anatomischen Unterricht. Ähnlich auch z. B. ein Or- dinarius für Radiologie, der 70 % sei- ner Tätigkeit in der Anwendung anato- mischen Wissens sieht. Und die Be- liebtheit der vielen von der Anatomie

durchgeführten Operationskurse be- stätigt es ebenfalls.

Für die Aufwertung des Faches Ana- tomie sind die genannten Lösungswege allerdings nur zweitrangig. Das Wesent- lichste ist meiner Meinung nach, dass in einem ärztlichen Fach auch Ärzte arbei- ten. Biologen, Genetiker, Materialprü- fer usw. müssen die Ausnahme bleiben (ähnlich wie auch ein Chirurg, dessen Patient neben seinem Knochenbruch an einer Herzinsuffizienz leidet, die Er- forschung des Herzleidens nur im Ne- benhinein betreiben darf). Ärzte kön- nen auch im Rahmen ihrer Forschungs- projekte den Kontakt zur Klinik her- stellen, indem sie z. B. die Patienten, de- ren Untersuchungsergebnisse sie für ih- re Forschungen verwenden, mitbehan- deln und dadurch zusätzliche Einblicke erhalten. Durch eine solche Wiederher- stellung des Kontaktes zum Patienten wird dem Verlust des Berufsbildes Ana- tom wirkungsvoller entgegengearbeitet als durch Anatomieordinarien, die auf die Frage nach der Anwendbarkeit ih-

res wissenschaftlichen Spezialwissens auf die Therapie von Patienten antwor- ten, das wüssten sie nicht, denn sie wür- den als Anatomen nur Fakten darlegen.

Die Zukunft des Faches Anatomie wird also keineswegs durch die wissenschaft- liche Qualifikation des akademischen Nachwuchses gesichert, vor allem wenn sich die Tätigkeit auf sachfremde Ge- biete wie Zell- und Entwicklungsbiolo- gie oder Biomaterialforschung auswei- tet. Denn gerade solche Bereiche, die nicht umsonst den Namen Biologie tra- gen, führen eher zum Verlust des Be- rufsbildes Anatom.

Nebenbei, der Einsatz von Emeriti als Honorarfachkräfte ist zwar wegen des hohen Fachwissens wünschenswert, doch sind nach meinen Erfahrungen in München gerade die kompetenten Kol- legen nicht zu erneuter Tätigkeit bereit, da auch sie die derzeitige Situation analy- sieren und ihnen eine weitere Mitarbeit nicht wünschenswert erscheint. Es wird im Gegenteil sogar über ein verfrühtes Ausscheiden aus dem Dienst nachge- dacht. Ebenso ist die Einführung von Pflichtweiterbildungszeiten keine sinn- volle Lösung, da ein Kollege erfahrungs- gemäß dann den Arbeitsplatz wechselt, wenn er sich endlich eingearbeitet hat.

Er belastet also anstatt zu entlasten.

Der Bezug der Anatomie zur Lehre ist uralt. Denn in der Anatomie lernt man u. a. die Grundlage der ärztlichen Fachsprache und stellt innerhalb des Studienganges den ersten wirklichen Kontakt zu Ärztlichem und auch zum Patienten her, wenn auch meist in extre- mer Form. Hier wird festgelegt, wie der Student sich später zum Patienten, zur Forschung usw. verhält. Und um hier ei- nen angemessenen Unterricht gewähr- leisten zu können, muss (nicht „sollte“

oder „es wird empfohlen“) eigentlich jeder, der in der Anatomie eine Dauer- stelle anstrebt, Kenntnisse und Fähig- keiten (so die Formulierung in den verschiedenen Facharztordnungen) in Pädagogik nachweisen, d. h., er muss sich die Grundlagen der Pädagogik in Vorlesungen und Kursen aneignen. Al- le übrigen Maßnahmen wie Gruppen- größen, Tischbetreuungsrelationen müs- sen auf lokale Notsituationen be- schränkt bleiben. Besonders wichtig ist, dass aus den vielen zur Verfügung ste- henden Lehrmethoden diejenigen aus- Personalmangel in Anatomischen Insti-

tuten war das Titelthema in Heft 24/2003.

(6)

gewählt werden, die für das Studium am geeignetsten sind, d. h. die in kürzester Zeit das meiste Wissen vermitteln kön- nen. Hier richtungweisend zu wirken, hat auch die neueste Studienreform versäumt. Es wäre viel wirkungsvoller, der Anatomie innerhalb der Lehrveran- staltungen die Bedeutung zurückzuge- ben, die ihr innerhalb des ärztlichen Handelns zusteht, d. h. die klinisch-to- pographische Anatomie wieder im kli- nischen Teil des Studiums zu lehren und im Staatsexamen zu prüfen.

Der Bezug der Anatomie zur Lehre äußert sich übrigens auch beispielswei- se in der Tatsache, dass Studenten sich gerne als Koassistenten im Präparier- kurs oder für Demonstrationen zur Ver- fügung stellen, soweit es ihr Stunden- plan zulässt.

Eine wesentliche Maßnahme, die die personelle Situation in der Anatomie verbessern würde, ist die längst überfäl- lige Einführung des „Facharztes Ana- tomie“ und sind nicht „Habilitations- änderungen“ oder „Juniorprofessuren“.

Ich bin überzeugt, dass der personale Notstand in der Anatomie der Vergan- genheit angehört, wenn die von Prof. Fi- scher und Prof. Papst angegebenen Lö- sungswege in modifizierter Form durch- geführt werden.

Dr. E. Kaiser, Pettenkoferstraße 11, 80336 München

Schlusswort

Das in verschiedener Form (Briefen, Anrufen, Gesprächen) geäußerte Inter- esse an unserem Beitrag im Deutschen Ärzteblatt und die beiden ausführli- chen und inhaltlich kontroversen Le- serbriefe zeigen uns nicht nur die Ak- tualität des Themas, sondern auch, in welch schwieriger Lage sich die Anato- mie derzeit befindet. Die beiden Zu- schriften kennzeichnen stellvertretend für viele weitere Reaktionen auf unse- ren Beitrag wichtige Facetten des Nach- wuchsproblems. Während Herr Kollege Frotscher die Lehre als etwas mehr Ne- bensächliches beschreibt, betont Herr Dr. Kaiser die ärztlichen Aspekte der Anatomie und wünscht sich sogar Pati- entenkontakte. Diese beiden zugespitz- ten Standpunkte lösen unserer Mei- nung nach die Nachwuchsproblema- tik in unserem Fach nicht. Der Anlass

für unseren Beitrag war eine Umfrage bei allen Anatomischen Instituten in Deutschland und die eindeutigen Er- gebnisse und nicht die Situation in un- seren eigenen Instituten. Verschiedene Passagen in dem detaillierten Brief von Herrn Kollegen Frotscher zu aktuellen Forschungsmethoden und Fragestellun- gen in der Anatomie unterstreichen un- sere Ausführungen zur Bedeutung ei- ner „national und international wettbe- werbsfähigen Forschung“ und unsere Hinweise auf interdisziplinäre For- schung.Wir hatten ausgeführt, dass „die Zukunft des Faches Anatomie durch die wissenschaftliche Qualifikation des akademischen Nachwuchses gesichert“

werden muss. „Attraktive“ Forschung mit interessanten wissenschaftlichen Fragestellungen und Methoden sind je- doch kein Allheilmittel. Das lässt sich allein schon dadurch nachweisen, dass die Anatomischen Institute, die angeb- lich kein Nachwuchsproblem haben, vielfach ganz andere Standortvorteile als attraktive Forschung bieten. Be- werbern sind bei ihrer Berufs- und Standortwahl häufig andere Prioritäten (attraktive Wohnorte, Lebensqualität, Lebenshaltungskosten, Vertragsdauer, mittel- und langfristige berufliche Per- spektive von Stelle und Fach, persönli- che Beziehungen zu Professoren) wich- tiger als das Forschungsgebiet und die internationale Reputation der Arbeits- gruppe. Dies ist zwar unter dem Aspekt der Hochleistungsforschung bedauer- lich, spiegelt aber die reale Bewer- bungssituation und Arbeitswelt wider.

Unsere Lösungsvorschläge waren in kurz- und langfristig unterteilt. Eini- ge Vorschläge zur Minderung der Nachwuchsproblematik (Teilzeitarbeit, Emeriti, Ärzte aus Osteuropa) dienten der kurzfristigen Absicherung der Leh- re und sollen dadurch helfen, Zukunfts- chancen für den Nachwuchs mit mehr Zeit für Forschung zu schaffen. Wir tei- len die Meinung von Herrn Kollegen Frotscher über den Stellenwert der Lehre nicht. Wir sind der Meinung, dass sie nicht nur die zweite Säule unseres Berufes, sondern gleichzeitig auch ein wesentliches Element der Nachwuchs- problematik ist, gerade dann, wenn die Lehre bei der Leistungsbewertung der akademischen Mitarbeiter innerhalb der Institute und innerhalb der Fakultä-

ten nicht fair verteilt und berücksichtigt wird. Es ging uns nicht darum, der Lehre in der Anatomie einen „noch höheren Stellenwert“ einzuräumen, wie Herr Kollege Frotscher schreibt, sondern der Lehre in Ergänzung zur Forschungseva- luation endlich die höhere Wertschät- zung in der Leistungsbewertung und Mittelverteilung in den Fakultäten zu geben, die ihr zusteht. Es war nicht Ziel unseres Beitrags, wie Herr Kollege Kai- ser schreibt, auf die Einschätzung der großen klinischen Relevanz, besonders der makroskopischen Anatomie, durch Medizinstudierende und praktizierende Ärzte hinzuweisen, weil dazu bereits früher repräsentative Daten zurzeit des Staatsexamens und durch Ärzte zurzeit der Facharztprüfung publiziert worden sind. Auf den Hinweis auf eine „Ein- führung des Facharztes Anatomie“

durch Herrn Dr. Kaiser möchten wir er- läutern, dass es in zahlreichen Weiterbil- dungsordnungen von Landesärztekam- mern diesen Facharzt seit Jahren gibt.

Die Anatomische Gesellschaft hat für Nicht-Mediziner den „Fachanatomen“

geschaffen, vergleichbar zum „Fach- pharmakologen“. Die Forderung von Herrn Kollegen Frotscher, dass die Uni- versitäten über Verlängerung oder Kün- digung von Mitarbeitern entscheiden und so aktive Nachwuchspolitik betrei- ben sollten, ist uneingeschränkt zu un- terstützen. Nur: Sie geht an den Vorga- ben des Arbeits- und Tarifrechtes vorbei und ist derzeit kein realistischer Ansatz zur Lösung des Nachwuchsproblems.

Schließlich: Die von uns dargestellte Si- tuation in der Anatomie ist nicht nur ty- pisch für Deutschland. Nach einer Mel- dung in Science Ende Februar 2003 ha- ben über 80 % der anatomischen De- partments in den USA „great or mod- erate“ Probleme, qualifizierten akade- mischen Nachwuchs zu finden. Und die- ser Mitteilung zufolge bedienen sich die US-Fakultäten genau einiger der Vor- schläge, die wir in unserem Artikel für Deutschland angeregt haben.

Literatur bei den Verfassern

Prof. Dr. Dr. Bernd Fischer, Institut für Anatomie und Zellbiologie der Martin-Luther-Universität Halle-Witten- berg, Halle/Saale

Prof. Dr. Reinhard Pabst,Abteilung II: Funktionelle und Angewandte Anatomie, Zentrum Anatomie der Me- dizinischen Hochschule Hannover

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