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Archiv "Krankenhäuser/Fallpauschalen: Einen Schritt vor und zwei zurück" (24.02.2006)

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T H E M E N D E R Z E I T

A

A460 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 8⏐⏐24. Februar 2006

D

ie DRG-Konvergenzphase hat nicht zuletzt das Ziel, durch jährli- che Anpassungen schließlich auf- wandsgerechte Erlöse zu erreichen. Bis- her wird vielfach die Unterdeckung der unfallchirurgischen Versorgung allge- mein und besonders in der Maximal- versorgung angeführt. Bezogen auf den Norm-Basisfallwert des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus, lag das Defizit bei Betrachtung der Normallie- ger-Fälle in der eigenen Klinik im Jahr 2004 bei 20 Prozent, während es im Vor- jahr noch 24 Prozent ausmachte. Vor al- lem Fälle, die ein aufwendiges Behand- lungsprotokoll erfordern, verstärken die defizitäre Grundsituation. Dies gilt insbesondere für die Versorgung von Komplikationen bei postoperativem In- fekt nach Osteosynthese, wenn die ope- rative Erstversorgung nicht im eigenen Krankenhaus erfolgte. Das DRG-Sy- stem bietet dazu keinerlei Differenzie- rungen an. Nachdem sich die Erlös- situation für diese Fälle im Jahr 2004 gegenüber dem Vorjahr verbesserte, fielen die Fallpauschalen 2005 wieder auf das alte Niveau zurück. Trotz wich-

tiger Änderungen am Fallpauschalen- system für 2006 findet die postoperative Infektproblematik weiterhin keine aus- reichende Berücksichtigung.

Komplexe Krankheitsbilder, hohe Komorbidität

Krankenhäuser der Maximalversorgung sind in ihrem Einzugsgebiet Anlaufstelle für Patienten mit besonders komplexen Krankheitsbildern oder Verletzungen bei relativ hoher Komorbidität. Aller- dings werden die Patienten häufig erst sekundär zuverlegt, wenn andere Klini- ken ihre eigenen Ressourcen für nicht ausreichend halten. In anderen Fällen stellen sich Patienten selbst in der Not- aufnahme vor, oder die Einweisung er- folgt durch einen niedergelassenen Arzt.

Medizinisch ist die Behandlung dieser Fälle in Krankenhäusern der Schwer- punkt- und Maximalversorgung sinn- voll: vorwiegend dort wird durch die höhere Frequenz in der Behandlung komplexer Fälle eine spezielle medizini- sche Kompetenz vorgehalten. Ebenso

kann in diesen Häusern durch ver- mehrte Anästhesieressourcen und stär- kere chirurgische Dienstmannschaften ein Eingriff unverzüglich durchgeführt werden, der bei Verzögerung eine Verschlechterung des Krankheitsbildes nach sich ziehen könnte. Durch Mehr- facheingriffe bei postoperativen Kom- plikationen und Infekten nach Osteo- synthese, durch die komplexen Behand- lungsmethoden sowie eine resistenzge- rechte und teure Antibiose verursachen diese Behandlungen hohe Kosten. Die Kosten erhöhen sich nochmals enorm, wenn die Patienten nicht in der eigenen Klinik erstversorgt wurden. Diese Fälle weisen eine kompliziertere Vorgeschich- te auf, nachdem zunächst verschiedene Therapieansätze in der erstbehandeln- den Klinik vorgenommen worden wa- ren. Die Verlegung stellt dann die Ultima Ratio dar, wenn herkömmliche Strategi- en zur Bewältigung der Infektsituation versagt haben. Natürlich ist jegliches chirurgisches Vorgehen mit einer gewis- sen Rate an Komplikationen behaftet.

Hier jedoch sollte einzig der Frage nach- gegangen werden, ob in anderen Ein- richtungen vorbehandelte Komplikati- onsfälle höhere Kosten verursachen als die im eigenen Haus produzierten.

Die wegen Weichteil- oder Knochen- infekten nach Eingriff erneut in der ei- genen Klinik stationär aufgenommenen Patienten wiesen einen mehr als dop- pelt so hohen Anteil am Gesamtdefizit der Normallieger-Fälle aus. Aufgrund einer größeren Zahl an Revisionsein- griffen waren die extern vorbehandel- ten Patienten für einen gleich hohen Teil der Unterdeckung verantwortlich, obwohl sie nur 40 Prozent der einge- schlossenen Fälle ausmachten. Geän- derte DRG-Gruppierungsalgorithmen bewirkten im betrachteten Segment von 2003 auf 2004 Verbesserungen in der Kosten-Erlös-Relation, um sich

Krankenhäuser/Fallpauschalen

Einen Schritt vor und zwei zurück

Die Vergütung postoperativer Infekte in der Maximalversorgung reicht nicht aus.

Gerald Linczak

Wiederaufnahmen bei postoperativem Infekt nach externer und interner Erstbehand- lung: Deckungsbeitrag in Euro pro Fall (nur Normallieger) nach Erlösermittlung mit DRG- Grouper 2003 bis 2006

2003

2004

2005

2006

–3 000 –2 000 –1 000 0 1 000

extern intern

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dann 2005 wieder von den tatsächlichen Aufwendungen zu entfernen. Auch für 2006 ergeben sich hier nur marginale Veränderungen. Die Abbildung zeigt die negativen Deckungsbeiträge der 2004er Fälle nach Erlösermittlung gemäß DRG 2003 bis 2006 und die be- sonders hohen Defizite der extern vor- behandelten Fälle.

Konzentration auf Zentren

Im Interesse der Patienten muss die Be- handlung komplexer Fälle für die Maxi- malversorger gewährleistet sein. Die Konzentration dieser Patienten auf ent- sprechende Zentren ist auch für die chirurgische und pflegerische Aus- und Weiterbildung sinnvoll. Die Kliniken der Maximalversorgung dürfen in Zei- ten enger Budgetvorgaben nicht dafür abgestraft werden, auswärts vorbehan- delte Patienten mit Komplikationen aufzunehmen. Konsequenterweise ist eine stärkere Berücksichtigung solcher Fälle bei den weiteren DRG-Entgeltan- passungen notwendig. Andererseits müssen Anreize für eine stärkere Ver- zahnung stationär und ambulant sowie für die Bildung von Kliniknetzwerken gesetzt werden. Innerhalb von Klinik- netzwerken sollten Kliniken mit gerin- geren Ressourcen die Basisversorgung gewährleisten, während der eingebun- dene Maximalversorger für die Vorhal- tung entsprechender Kapazitäten einen adäquaten Ausgleich erhält. So kann ein Behandlungs-Casemix erhalten werden, durch den ein aus medizini- scher und ökonomischer Sicht sowie für die notwendige Aus- und Weiterbildung auskömmlicher Weg beschritten wird.

Darüber hinaus kann ein sorgfältiges Qualitätsmanagement in den Netz- werken die Identifizierung komplikati- onsauslösender Ursachen erleichtern und im Sinne der Patientensicherheit die Wiederholung vermeidbarer Fehler verhindern helfen.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2006; 103(8): A 460–2 Anschrift des Verfassers:

Dipl.-Kfm. Gerald Linczak Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie Charité – Universitätsmedizin Berlin Augustenburger Platz 1, 13353 Berlin E-Mail: gerald.linczak@charite.de

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A462 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 8⏐⏐24. Februar 2006

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on Fachgesellschaften empfohlen, von Krankenhausmanagern ge- fürchtet: der Einsatz von aktivier- tem Protein C bei schwerer Sepsis. Zwar handelt es sich um eine effektive Thera- pieoption, doch sie hat ihren Preis – bis zu 10 000 Euro je Patient. Folglich wird das Protein C nur sehr zurückhaltend verwendet (2). Dies ist nur ein Beispiel dafür, dass die therapeutischen Mög- lichkeiten auf Intensivstationen vieler- orts längst eingeschränkt sind. Die Grenzen des medizinischen Fortschritts sind sicherlich noch nicht erreicht, die wirtschaftliche Belastbarkeit des Ge- sundheitssystems hingegen schon.

Die Intensivmedizin hat sich in den letzten 20 Jahren rasant entwickelt. Das Leben immer älterer und schwerer er- krankter Menschen mit zahlreichen Ri- sikofaktoren und Komplikationen kann erhalten und verlängert werden. Folge:

Die Intensivmedizin wird teurer. Immer offensichtlicher werden unterdessen die ökonomischen Zwänge, denen sie unterliegt. Die Feststellung „Geld darf bei der Behandlung von lebensbedroh- lichen erkrankten Intensivpatienten keine Rolle spielen“ ist zu überprüfen.

Finanzielle Ressourcen stehen nicht un-

begrenzt zur Verfügung – auch nicht für die Intensivmedizin. Diese Entwick- lung wirft für die Beteiligten zahlreiche Fragen auf: moralisch-ethische, ökono- mische, aber auch juristische.

Offene Diskussion notwendig

Hinzu kommt, dass die Intensivme- dizin einem hohen gesellschaftlichen Anspruch unterliegt, denn sie ist nicht nur kostenintensiv, sondern sie behan- delt auch schwer kranke Patienten.

Das Bundesministerium für Gesund- heit postuliert: „Der Patient hat An- spruch auf eine angemessene Auf- klärung und Beratung sowie auf eine sorgfältig qualifizierte Behandlung.“

(13). Der Umfang einer „qualifizier- ten“ intensivmedizinischen Behand- lung ist in der Praxis jedoch nur schwer festzulegen und bietet Raum für ein breites Spektrum ärztlicher Maßnah- men. Die Gesellschaft muss sich des- halb damit auseinander setzen, welche medizinische Versorgung Patienten in einer kritischen Grenzsituation erhal- ten sollen. Diese Frage war bislang ein Tabuthema, darf aber nicht allein auf

Intensivmedizin

Tabuthema Rationierung

Medizinischer Fortschritt versus Sparmaßnahmen: Die Intensiv- medizin steckt in einem Dilemma. Auch eine effektive Nutzung der vorhandenen Ressourcen wird daran nichts ändern.

Joachim Boldt

Foto:Barbara Krobath

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