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Schützt die H.-pylori-Eradikation vor Magenkrebs?

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S T U D I E É T U D E

JO U R N A L O F T H E AM E R I C A N

ME D I C A L AS S O C I AT I O N

Obwohl eine Helicobacter (H.)-pylori-Infektion mit einem erhöhten Magenkrebs- risiko assoziiert ist, ist

bislang unbekannt, ob eine Eradikation des Keimes dem Tumor vorbeugen kann. Die erste Prospektivstudie zu die- ser Frage ist jetzt im JAMA veröffentlicht worden. Sie liefert keinen starken Anhalt für eine präventive Wirkung der Eradikationstherapie.

Seit nunmehr zehn Jahren wird H. pylori von der International Agency for Research Cancer (IARC) als Karzinogen anerkannt.

Das Urteil fällten die Wissenschaftler 1994 nach Lage der epidemiologischen For- schung, später lieferten Tierversuche und Forschungen an Gewebekulturen Hin- weise dafür, dass der Keim an der Karzi- nogenese, namentlich von Magenkrebs, beteiligt ist. Von Anfang an gab es jedoch auch eine Minderheit von Forschern und Klinikern, die in H. pylori nichts anderes gesehen hat als eine Maske, hinter der

sich die eigentliche Ursache von Magen- krebs versteckt hält.

Vor allem aber ist bis heute auch das IARC die Antwort schuldig geblieben, wie denn der Arzt mit dem mutmasslichen Krebs- verursacher umgehen soll. Empfehlungen kamen von dieser Seite nicht, und die ein- berufenen Konsensuskonferenzen führ- ten keinesfalls zu klaren Stellungnahmen hinsichtlich der einzuschlagenden Magen- krebsprävention. Man blieb alles in allem vage. In einem waren sich die europä- ischen Experten im Jahr 2000 auf einer Konferenz von Maastricht jedoch einig:

Ein bevölkerungsweites Screening auf H. pylori ist nicht sinnvoll; hingegen sollte Hochrisikopatienten – Menschen mit prä- kanzerösen Veränderungen, mit vorma- liger Krebsbehandlung oder familiärer Be- lastung – ein Test auf H. pylori angeboten und bei positivem Ergebnis auch eine Era- dikationstherapie vorgeschlagen werden.

Ähnlich verfährt man in Kanada. In den USA hat man demgegenüber ganz auf Konsensuserklärungen verzichtet und es den Ärzten anheim gestellt, nach ihren Vorlieben und Erfahrungen individuell zu entscheiden.

1600 gesunde H.-pylori- positive Teilnehmer

Der Grund für die Zurückhaltung ist schnell genannt. Zwar ist es heute ein Leichtes, H. pylori zu beseitigen, doch nie- mand weiss bis jetzt, ob die Eradikation wirklich hilft, dem Magenkrebs vorzubeu- gen. Zwar haben kleinere Studien erge- ben, dass bestimmte präneoplastische Veränderungen nach H.-pylori-Eradikation regredieren, ob diese jedoch tatsächlich sich zu einem Krebs entwickelt hätten, blieb unbekannt. Einzig eine langfristig angelegte randomisierte, prospektive und

plazebokontrollierte Studie mit dem End- punkt Magenkrebs könnte dem Erkennt- nisdefizit abhelfen.

Eine solche Untersuchung ist nun vor we- nigen Wochen im JAMA veröffentlicht worden. Durchgeführt wurde sie in China, und dort in einer Region, in der ein hohes Magenkrebsrisiko für die Bevölkerung be- steht. Die Studienleiter nahmen rund 1630 gesunde H.-pylori-Träger auf, von denen knapp 1000 keine präkanzerösen Magenbefunde aufwiesen. Die Hälfte der Probanden erhielt eine zweiwöchige Tripel-Eradikationstherapie (Omeprazol, Amoxiliin-Clavulansäure und Metronida- zol), die andere Hälfte nahm Plazebo ein.

Nach 7,5 Jahren Beobachtungszeit wur- den die Ergebnisse nun gelüftet. Sie lesen sich zumindest auf den ersten Blick ent- täuschend. Im Laufe der Studie hatten ins- gesamt 18 Teilnehmer einen Magenkrebs entwickelt, 7 (0,86%) in der Behand- lungsgruppe und 11 (1,35%) in der Plaze- bogruppe. Zwar betrug der Unterschied

Schützt die H.-pylori-

Eradikation vor Magenkrebs?

Die Ergebnisse der ersten Prospektivstudie stürzen die Präventionsbemühungen in ein Dilemma

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M e e e e r r r r k k k k -- --

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Die Eradikation von H. pylori bei gesunden Probanden vermag der Entwicklung von Magenkrebs zumindest innerhalb eines Zeit- raums von 7,5 Jahren nicht vorzubeugen.

H.-pylori-positive Menschen mit präkanzerösen Magenver- änderungen entwickelten nicht wesentlich häufiger einen Magenkrebs als solche ohne solche Magenveränderungen.

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relativ 37 Prozent, er war aufgrund der zu geringen Fallzahl allerdings nicht signifi- kant. In der Tendenz könne dies aber doch ein Hinweis auf eine sich erst anbahnende therapeutische Wirkung sein, geben die JAMA-Kommentatoren Julie Parsonnet und David Forman zu bedenken. Sie be- klagen, dass die Studie zu früh beendet worden sei. Vielleicht wäre ein Effekt auf längere Sicht noch zum Tragen gekom- men, spekulieren sie.

Immerhin hatte eine Post-hoc-Analysn ge- zeigt, dass – offenbar zur Überraschung der Experten – ein Nutzen der Eradikation am ehesten bei Patienten mit einer Gastri- tis auftrat, wohingegen Probanden mit präneoplastischen Veränderungen gar nicht profitierten. Die Studienautoren warten als Erklärung mit der «Point of no Return»-Hypothese auf. Demnach könnte sich eine Eradikationstherapie dann als zu spät erweisen, wenn Präkanzerosen be- reits vorhanden sind. Die Kommentatoren hingegen finden keine stichhaltige Be- gründung. «Dass die Erkrankung auch ohne Präneoplasie fortschreitet zeigt, dass die Biologie des Magenkebses noch im- mer nicht gut verstanden wird», schreiben sie. Ihre Einschätzung lässt sich nachvoll- ziehen, betrachtet man den Umstand, dass auch in der Plazebogruppe nur we- nig mehr Menschen mit präkanzerösen Veränderungen, verglichen mit solchen ohne diese Befunde, einen Magenkrebs entwickelten.

Die Krebsprävention bleibt weiter offen

In jedem Fall bedeuten die Studienergeb- nisse ein Dilemma für das Screening und aus ihnen ableitbare Behandlungsinitiati- ven. Wenn nämlich Patienten mit dem mutmasslich geringsten Risiko genau die Gruppe mit den höchsten Präventions- chancen sind, dann gerät die Kosten-Nut- zen-Kalkulation jeglicher Präventionspro- gramme ins Unbezahlbare. Denn es wären sehr viele gesunde Menschen zu testen und zu therapieren, um einen Krebsfall zu verhindern. Während die Tests selbst nicht teuer sind, ist es wesent- lich schwerer, Menschen herauszufinden, die über keine präkanzerösen Magenver- änderungen verfügen, geben die Kom- mentatoren zu bedenken. Serologische Test, wie den Pepsinogen- oder Gastrin- Assays, weisen ihrer Meinung nach eine für das Screening zu geringe Spezifität und Sensitivität auf. Bei der Selektion von Menschen mit normalen Gastrin- oder Pepsinogen-Assays würden nicht nur Per- sonen mit intestinaler Neoplasien ausge- spart (die nach der Studie auf die Therapie nicht ansprechen), es würden überdies auch jene mit atrophischer Gastritis ver- fehlt, die möglicherweise von der Behand- lung profitieren können.

Die Studienautoren sehen eine denkbare Lösung darin, zusätzlich eine Magenbiop- sie durchzuführen – eine Strategie, deren

Nutzen aber nach Meinung der Kommen- tatoren weitere Studien erforderte. Immer- hin sehen sie die Tatsache, dass die chine- sische Studie nun fortgesetzt werden soll, als positiv an. Auch andere Studien zu der Frage sind im Gang. Bis zum Eintreffen der Ergebnisse werden allerdings noch fünf bis zehn Jahre vergehen.

Benjamin Chun-Yu Wong et al.: Helicob- acter pylori eradication to prevent gastric cancer in a high-risk region of china. A randomized controlled trial. JAMA 2004;

291: 187–194.

Julie Parsonnet, David Forman: Helicobac- ter pylori infection and gastric cancer – for want of more outcomes. JAMA 2004;

291: 244–245.

Uwe Beise

Interessenlage: Die Studie wurde durch Grants der Universität Hong Kong ermöglicht.

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