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us der Sicht der Barmer Ersatz- kasse kommt die Integrierte Ver- sorgung (IV) nur zögerlich voran.Sie ist noch weit davon entfernt, zur Re- gelversorgung und zur interdisziplinären Verzahnung von mindestens zwei, im günstigsten Fall drei Versorgungssekto- ren zu werden. Dies ist die Quintessenz einer aktuellen Bewertung durch den Vorstandsvorsitzenden der Barmer, Dr.
med. Eckart Fiedler.
Schnittstellenproblem
Vor dem Bundeskongress des Bundes- verbandes Deutscher Privatkrankenan- stalten e.V. am 29./30. Juni in Berlin be- zeichnete Fiedler die exakte Definition und das Reglement an der Schnittstelle zwischen Hausarzt-Facharzt einerseits und dem Krankenhaus andererseits als den neuralgischen Punkt der Integrierten Versorgung. Aus der Sicht der Barmer, die seit geraumer Zeit unter Mitglie- derschwund leidet, sei die In- tegrierte Versorgung geeignet, die Strukturen im gegliederten Versorgungssystem sektoren- übergreifend neu auszurichten, effizienter zu gestalten und das Qualitäts- und Leistungsniveau zu verbessern. Allerdings sei man vom Idealzustand, wie er vom Bundesministerium für Ge- sundheit und Soziale Sicherung vor dem Start der Gesundheits- reform 2004 herbeigesehnt wur- de, noch weit entfernt.
Für die Barmer gibt es vier unverzichtbare Voraussetzun- gen für die Ingangsetzung der Integrationsversorgung, die übrigens formal bereits in der Gesundheitsreform 2000 im
Sozialgesetzbuch V (§ 140 a ff. SGB V) verankert war:
>Eine eindeutige und justiziable Schnittstellendefinition der betroffenen Sektoren: ambulante haus- und fachärzt- liche Versorgung, Krankenhausversor- gung, Rehabilitation und Pflege. In jedem Fall müsse eine disziplin- und sektoren- übergreifende Behandlung nach Maßga- be von wissenschaftlichen, evidenzbasier- ten Leitlinien garantiert sein.
>Unverzichtbar sei außerdem eine lückenlose Dokumentation über das Vertragsgeschehen und die Vertrags- wirksamkeit, eine umfassende Qualitäts- sicherung, mehr Transparenz für die Lei- stungserbringer ebenso wie für die Kran- kenkassen und die Versicherten. Außer- dem müssten sämtliche Vertragsbeteilig- ten sich verpflichten, dass sich die an der Integrationsversorgung teilnehmenden Versicherten intensiv durch die Thera-
peuten schulen lassen und aktiv am Ge- schehen teilnehmen. Außerdem fordert der Barmer-Vorstandsvorsitzende eine völlige Gestaltungsfreiheit bei der Aus- füllung der Verträge und beim Aushan- deln der Honorarkonditionen. Dies be- dingte ein flexibles Budget und eine größere Definitionsmacht derer, die an- schaffen – also der Krankenkassen.
>Fiedler dringt darauf, dass erkenn- bare Effizienz- und Reibungsverluste rasch abgestellt und ein überhöhter Aufwand bei Diagnostik und Therapie infolge einer noch nicht abgestimmten Patientenverteilung behoben werden.
Ziel sei es deshalb, die Zusammenar- beit der Netz- und Integrationsärzte mit den Vertragspartnern (Kranken- haus; Rehabilitationseinrichtungen) vertragsgesteuert zu verstärken. Es könne von den Kostenträgern nicht toleriert werden, dass beispielswei- se Herzkatheter-Untersuchungen mit Koronarangiographie in Deutschland auch im internationalen Vergleich überdimensioniert häufig und unnötig vorgenommen werden.
Wenig Strukturinnovation
In bestimmten Indikationsgebieten ver- misst Fiedler noch zu wenig kreative Ver- tragsausgestaltungen mit echten Struk- turfortschritten und einer dreifa- chen Win-win-Situation, wobei jeder Vertragspartner finanziell profitiert, und zwar der Versi- cherte/Patient (Qualitäts-, Inno- vations- und Finanzplus) ebenso die Leistungserbringer (Hono- rar-, Image- und Zukunftsplus) und nicht zuletzt auch die Kran- kenkassen (Finanz-, Wettbe- werbs- und Zukunftsplus).
Die meisten bisher 80 von der Barmer umgesetzten Inte- grationsverträge sind von der Marke „Integration light“. Das Gros der Verträge entfällt näm- lich auf spezielle Indikationen, bei denen sich Kostende- gressionseffekte ergeben und Preisrabatte aushandeln lassen, so Indikation Endoprothetik (38 Verträge), Interventionelle Kardiologie/Chronikerversor- gung koronare Herzerkran- P O L I T I K
Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 38⏐⏐23. September 2005 AA2525
Integrierte Versorgung
Barmer plädiert für exaktere Indikationsstellung
Mehr Effizienz durch Patienten-Umsteuerung
80 Integrations-Verträge bislang umgesetzt
(Stand Juni 2005)Indikationen
>Endoprothetik (38)
>Kardiochirurgie (8)
>Interventionelle Kardiologie/Chroniker-Versorgung KHK (9)
>Brustkrebs – Diagnostik und Therapie (1)
>Rheumatologie (1)
>Stationsersetzende Leistungen § 115 b SGB V (7)
>Neurochirurgische Leistungen (2)
>Schlaganfall (3)
>Prostata-/Bronchialkarzinom (2)
>Asthma COPD (1)
>Lumboischialgie (1)
>Parkinson (3)
>Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätssyndrom (1)
>psychische Erkrankungen (1)
>Diabetes mit akutem Koronarsyndrom (1) Vertrag mit Hausärzten und Hausapotheken
>(bundesweit) Quelle:
Barmer,Juli 2005
kung: acht, Kardiochirurgie: acht.Auf die übrigen elf Indikationen, die die Bar- mer in Indikationsverträge einbezogen hat, kommen jeweils drei Verträge bis ein Vertrag (Kasten). Für die Kran- kenkassen sei es unverzichtbar, dass der Grundsatz „ambulant vor sta- tionär“ auch bei den IV-Verträgen berücksichtigt wird. Dies erfordere ei- ne „Umsteuerung der Patienten“
durch die IV-Ärzte in die Vertrags- krankenhäuser. Bei der Indikation
„koronare Herzerkrankung“ sei dies halbwegs gelungen: 70 Prozent der Pa- tienten seien in Vertragskrankenhäu- ser umgesteuert worden (bisher acht Krankenhäuser). Die ambulante koro- nare Angiographie vereinigt jetzt 60 Prozent auf sich, bisher 40.
Durchgängiges Abrechnungssystem
Bei der Weiterentwicklung der Integra- tionsversorgung steht für die Barmer die Implementation eines durchgän- gigen indikationsbezogenen Abrech- nungssystems ganz oben auf der Dring- lichkeitsliste – sowohl im ambulanten als auch im stationären, ebenso im re- habilitativen Sektor. Die bisher üb- lichen kassenindividuellen Abrech- nungskomplexe führten zur Intranspa- renz und zu einem „Abrechnungs- chaos“ (Fiedler). Geklärt werden müsse auch, welche Regelfinanzierung nach Auslaufen der Anschubfinanzierung (31. Dezember 2006) finanziert wird.
Es müssten finanzielle Anreize zur Umsetzung implementiert werden. Er- forderlich ist aus der Sicht der Barmer eine allmähliche Umschichtung aus dem sektoralen Budget in ein Global- budget Integrationsversorgung. Die Fehlanreize des Risikostrukturaus- gleichs behinderten die Flächenwir- kung der Integrationsversorgung.
Im Übrigen sollte eine Finanzie- rungsreform der Krankenversicherung erfolgen, indem die Entwicklung der Einnahmen der Kassen in Einklang mit dem Bruttoinlandsprodukt ge- bracht wird. Die Nachhaltigkeit der Finanzierung stehe und falle, wie die Devise „mehr Wirtschaftlichkeit durch Qualität und Effizienz“ umgesetzt wird. Dr. rer. pol. Harald Clade
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uf dem Gebiet der Versorgung von Erkrankten mit Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 konnten in Deutschland in den letzten 15 Jahren seit der Verkündung der Forderungen der Deklaration der Weltgesundheits- organisation (WHO) von St. Vincent (Oktober 1998) wesentliche Fortschrit- te erzielt, das Versorgungsnetz dichter geknüpft und die Struktur und die Pro- zessabläufe wesentlich verbessert wer- den. Dies gilt sowohl für die Struktur- qualität als auch für die Prozess- und Ergebnisqualität. Zu diesem Ergebnis kommt eine Bestandsaufnahme und Analyse aller relevanten Daten und epidemiologischen Erkenntnisse, die das Zentralinstitut für die kassenärzt- liche Versorgung (ZI), Berlin, jetzt ab- geschlossen hat.Die Analyse des Zentralinstituts wi- derlegt zugleich Äußerungen von Re- präsentanten der Deutschen Diabetes- Union e.V. und von Sachverständigen, die den Eindruck erwecken, als sei Deutschland bei der Versorgung von an Diabetes Erkrankten noch weithin mangelhaft und ein gesundheitspoliti- sches „Entwicklungsland“.
Das Zentralinstitut kommt in der Untersuchung „Die ambulante Ver- sorgung von Diabetikern in Deutsch- land“* zu folgenden Ergebnissen:
>Sämtliche Kassenärztlichen Vereini- gungen und die Ärztekammern haben inzwischen regionale Diabetes-Kom- missionen und Sachverständigen-Gre-
mien eingerichtet, die auf die Einhal- tung und Umsetzung der WHO-Ziele achten. Zugleich hat die Ärzteschaft bei der Umsetzung der zum 1. Juli 2003 gestarteten Disease-Management-Pro- gramme (DMP) für Diabetiker mit- gewirkt, sich in die Entwicklung und Anwendung evidenzbasierter Leitlinien eingeschaltet und die Aufklärungskam- pagnen aktiv mitgestaltet. Seit Jahren intensivierter Schwerpunkt der Tätigkeit des Zentralinstituts ist die Einschaltung in Fortbildungsmaßnahmen von Ärzten und Praxisassistenten auf breiter Basis.
In Deutschland sind zurzeit folgende epidemiologische Grunddaten für die Beurteilung von Diabetes relevant:
Rund sieben Prozent der Bevölkerung sind von Diabetes mellitus betroffen;
dies entspricht 5,7 Millionen Personen.
Schätzungsweise zwei bis drei Millio- nen an Diabetes Erkrankten sind noch nicht „entdeckt“ und noch nicht in ärzt- licher Behandlung. In der Altersgruppe zwischen 40 und 60 Jahren leiden zwi- schen vier und zehn Prozent der Frauen und Männer an Diabetes. Bei einem Al- ter von 60 Jahren und darüber liegt der Anteil der Erkrankten zwischen 18 und 28 Prozent.
Zu den Diabetikern Typ 2 (früher auch als „Altersdiabetiker“ bezeichnet) zählen heute immer mehr jüngere Al- tersgruppen. Der Bewegungsmangel, die Fehl- und Überernährung von Kindern und Jugendlichen begünstigen das Ent- stehen dieser zivilisatorischen Erkran- kung (bereits in jungen Jahren). Der Er- krankungsgipfel bei Typ-1-Diabetes liegt zwischen zehn und 15 Jahren. Experten gehen davon aus, dass rund 50 Prozent aller Typ-2-Diabetiker ohne medika- mentöse Therapie ausreichend behan- delt werden könnten, falls sie alle medizi- nisch indizierten Regeln der Diätetik, des
Diabetes mellitus
Erhebliche Fortschritte bei der Versorgung
Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung attestiert dichteres Versorgungsnetz und verbesserte Ergebnisqualität.
*Quelle: Ingbert Weber, Gerhard Brenner, Lutz Altenhofen, Wolfgang Brech, Leonhard Hansen: Die ambulante Versor- gung von Diabetikern in Deutschland, Untersuchung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland (ZI), Berlin, Stand: Juni 2005.
Die Ergebnisse der ZI-Untersuchung sind im Internet auf- rufbar unter: www.zi-berlin.de. Postanschrift des Zentral- instituts: ZI, Herbert-Lewin-Platz 3, 10623 Berlin.