allem über den Ausbau von geriatri- schen Abteilungen.
Als völlig inakzeptabel bezeich- net die Arbeitsgemeinschaft den Zu- stand der psychiatrischen Versor- gung in den neuen Ländern. Hier müsse dringend ein Sofortprogramm Abhilfe schaffen. Alte, große Kran- kenhäuser seien durch die Angliede- rung von psychiatrischen Abteilun- gen an allgemeinen Krankenhäusern zu dezentralisieren; in den Kommu- nen müßten ambulante und komple- mentäre Einrichtungen neu geschaf- fen werden.
Eng verbunden mit dem sozial- demokratischen Verständnis einer künftigen Gesundheitspolitik sind die Aussagen zu einer Reform der Aus- und Weiterbildung. Bei der Ausbildung der Ärzte plädiert auch die SPD für mehr Praxisbezug; Ge- sundheitsförderung und Umweltme- dizin sollen ins Studium aufgenom- men, ein (zu integrierendes) Pflege- praktikum solle zumindest diskutiert werden. Die Aus- und Weiterbildung möchten die Sozialdemokraten — entgegen der jetzigen Regelung — al- lein als staatliche Aufgabe verstan- den wissen, wobei die „Grundausbil- dung" im ersten Ausbildungsjahr für
alle Fachberufe des Gesundheitswe- sens dieselben Inhalte umfassen solle.
Das letzte Kapitel des Aktions- programms ist der Organisationsre- form in der gesetzlichen Kranken- versicherung gewidmet; ein Thema, das die Blümsche Reform ausgespart hatte. Die SPD sagt für die neuen Bundesländer noch sehr viel größere Verwerfungen zwischen den Bei- tragssätzen der einzelnen Kassenar- ten als im bisherigen Bundesgebiet voraus. Um dies zu verhindern, wäre die Einrichtung eines gesamtdeut- schen Verbundes mit solidarischem bundesweiten Finanzausgleich ge- eignet (Einheitsversicherung?).
Zugleich prophezeit die sozial- demokratische Arbeitsgemeinschaft, daß die Unterschiede im Niveau der gesundheitlichen Versorgung in den alten und neuen Bundesländern im- mer offensichtlicher werden. Wört- lich heißt es: „Die Menschen in den neuen Bundesländern werden sich zu Recht nicht auf lange Zeit mit einem Zwei-Klassen-Gesundheitssy- stem zufrieden geben. Dadurch ent- steht ein enormer sozialer Spreng- stoff für die Zukunft des vereinten Deutschlands." JM SPD-Autoren auch die sogenannten
Gesundheitszentren als Nachfolge- modell der DDR-Polikliniken Sol- che Zentren sollten auch über die Fünf-Jahres-Frist des Einigungsver- trages hinaus bestehen dürfen, wofür die gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen wären.
Einen starken Akzent wollen die Sozialdemokraten mit einer anders organisierten Arbeitsmedizin setzen.
Zunächst gehe es um praktikable Übergangsregelungen, die auch ku- rative Aufgaben berücksichtigen.
Schließlich seien dann arbeitsmedi- zinische Zentren in der Trägerschaft der Berufsgenossenschaften denk- bar.
Mit ein" Reform des Gesund- heitsweser 11 ach sozialdemokra- tischer Leart 3o11 zugleich die Tren- nung der ambulanten und stationä- ren Versorgung aufgehoben werden.
In den neuen Ländern müsse von Beginn an ein ausreichendes Ange- bot an teilstationären Einrichtungen für die Vor- und Nachsorge, außer- dem noch von Einrichtungen für Kurzzeit-, Tages- und Nachtpflege geschaffen werden. Das Kranken- haus selbst müsse sein Versorgungs- angebot stärker differenzieren — vor
Die „Arzt-im-Praktikum"-Phase (AiP) bereitet den angehenden Ärz- ten offenbar wenig Schwierigkeiten.
Nach fast drei Jahren Erfahrung mit der Neuregelung finden die meisten Ärzte mit vorläufiger Approbation nach dem Studium schon nach kur- zer Zeit ihre erste Stelle, auf der sie für 18 Monate unter ärztlicher Auf- sicht arbeiten und an ihre eigentli- chen Aufgaben schrittweise herange- führt werden sollen. Diesen Ein- druck haben zumindest die bundes- weit tätige Zentralstelle für Arbeits- vermittlung (ZAV) in Frankfurt, das hessische Gesundheitsministerium und der Marburger Bund in Hessen gewonnen.
„Reibungslos" läuft nach den Worten von Thomas Utecht, Fachbe- reichsleiter der Arbeitsmarkt-Infor-
mationsstelle bei der ZAV, der Wechsel zwischen den AiP-Jahrgän- gen sowie zwischen .. den einzelnen Einsatzfeldern der Arztinnen/Ärzte im Praktikum, sofern sie verschiede- ne medizinische Abteilungen in der AiP-Zeit durchlaufen. Allenfalls
„sehr spezielle Wünsche" gingen bei der Stellensuche nur schwer oder gar nicht in Erfüllung. Bei Stellen in der Psychiatrie zeigten sich die jungen Mediziner zögerlich.
Nach Angaben von Thomas Utecht waren Ende 1990 in der bis- herigen Bundesrepublik etwa 15 000
„Ärzte im Praktikum" tätig. 1200 Hochschulabsolventen suchten zum Jahreswechsel eine Stelle als AiP.
400 Stellen waren der ZAV zur Vermittlung gemeldet. Zu 60 Pro- zent wurden sie von niedergelasse-
nen Ärzten, zu 30 Prozent von Krankenhäusern und zu knapp 10 Prozent im öffentlichen Gesund- heitswesen angeboten. Die Studen- ten bevorzugen Stellen am Kran- kenhaus, um damit schon die Wei- terbildung zum Gebietsarzt vorzu- bereiten. Das Praktikum in der Pra- xis eines Niedergelassenen bedeutet nach Auffassung der Betroffenen einen Nachteil, da es den Weg zu- rück an die Klinik in die Weiterbil- dung erschwere.
Die Beobachtungen der Arbeits- marktexperten decken sich mit Da- ten, die Arno Goßmann, Referent im hessischen Gesundheitsministeri- um, gesammelt hat. Danach suchten im Herbst 1990 in Hessen 451 Hoch- schulabgänger einen AiP-Platz, wäh- rend im ganzen Land 580 Stellen ge- boten wurden.
Auch nach dem Eindruck des Marburger Bundes in Hessen hat sich die AiP-Phase besser als erwar- tet eingespielt. cpm
Ärzte im Praktikum:
Kaum Probleme bei der Stellensuche
A-1958 (18) Dt. Ärztebl. 88, Heft 22, 30. Mai 1991