• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Telemedizin: Vor dem Durchbruch" (19.11.2010)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Telemedizin: Vor dem Durchbruch" (19.11.2010)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A 2282 Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 107

|

Heft 46

|

19. November 2010

D

ie intensive Beschäftigung mit Telemedizin als einer Komponenten der Patientenver - sorgung gehört für die privaten Kli- nikketten inzwischen zum Pflicht - programm, auch wenn Ansätze, Schwerpunkte, Erfahrungen und Umsetzungsgrade sich teilweise er- heblich unterscheiden. Das wurde beim 1. Nationalen Fachkongress Telemedizin* Anfang November in Berlin deutlich, bei dem mehr als 300 Experten über Chancen und Perspektiven telemedizinischer An- wendungen diskutierten.

Bei den Helios-Kliniken etwa beschäftige man sich schon seit Jahren mit Telemedizinprojekten, die möglichst auch in die Routine der Patientenversorgung einfließen sollten, berichtete Priv.-Doz. Dr.

med. Guntram Ickenstein, Leiter der Fachgruppe Neuromedizin, He- lios-Kliniken GmbH. Ziel sei es, den Ärzten die Arbeit zu erleichtern und Strukturprobleme durch Tele- medizin zu lösen. Teleradiologie sei in fast allen Kliniken fest etabliert, sagte Ickenstein. Hinzu kommen als weitere Anwendungsfelder die Telepathologie, Teleneurologie, Tele -

dermatologie und Telekardiologie.

Bei der Telepathologie geht es vor allem um die zeitnahe Erstellung von zyto- und histopathologischen Befunden, die zentral am Standort Berlin-Zehlendorf für andere Häu- ser des Konzerns und für externe Einsender stattfindet. Dar über hin - aus spielt der Telekonsil service eine Rolle, der auch vom Heimarbeits- platz aus möglich ist. Ähnlich wie in der Radiologie sind Ickenstein zufolge mittlerweile auch die Pa- thologien in kleineren Häusern nur noch schwer zu besetzen.

Nutzen der Teleneurologie Auch bei der Teleneurologie geht es darum, die flächendeckende Versor- gung etwa in ländlichen Regionen sicherzustellen. Als Beispiel nannte Ickendorf das Thema Thrombolyse in der akuten Schlaganfallversor- gung, das in großen regionalen Projekten, wie „TEMPiS“ oder

„STENO“ in Bayern, erfolgreich vorangetrieben wurde. Im Kern geht es dabei darum, dass periphere Häuser ohne eigene Schlaganfall- versorgung vom Know-how der Schlaganfall-Spezialeinrichtungen

(Stroke-Units) durch Kooperation und Vernetzung zwischen den Kli- niken profitieren. Bei Helios hat man frühzeitig damit begonnen, die Infrastruktur der Neurointensivsta- tionen und Stroke-Units zu erwei- tern und über einen teleneuromedi- zinischen Hintergrunddienst, dem

„Neuronet“ (www.helios-kliniken.

de/helios-neuronet), allen Häusern der Kette zur Verfügung zu stellen.

Im Neuronet arbeiten Stroke- Units mit einer wöchentlich rotie- renden Servicebereitschaft zusam- men. Das bundesweite Netzwerk unterstützt die Behandlung von akuten Schlaganfallpatienten per Videokonferenz. Für die Patien ten bedeutet das ein optimiertes Zeitma - nagement: Entweder ist die Throm - bolyse per Neuronet im nächstgele- genen Klinikum möglich oder aber die Erstversorgung beginnt direkt vor Ort und über den Transport in eine Stroke-Unit wird anschließend entschieden (Bridg ing-Konzept). In die Konsilbereitschaft werden da- bei alle neuromedizinischen Fach- richtungen und die Internisten ein- gebunden.

Die Vorteile laut Ickenstein: eine bessere medizinische Versorgung, die Vermeidung unötiger Patien - tentransporte und eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Generell fördere Telemedizin die Koopera - tion der Fachgruppen, die Behand- lungskonzepte würden standar - disiert. Insgesamt sei durch den Know-how-Transfer ein höheres Niveau auch für kleinere Häuser möglich, beispielsweise in der Fort- bildung. Hinzu kommt, dass ab 2011 Krankenhäuser Telekonsile bei Schlaganfall regulär abrechnen können (Kasten).

Sana sei „noch am Anfang, was Telemedizin betrifft“, meinte Dr.

med. Markus Müschenich, Vor- standsmitglied der Sana-Kliniken AG. Immerhin gibt es ein E-Health- Strategiepapier, das sich nicht nur perspektivisch mit Telemedizin be- schäftigt, sondern auch Prozess- steuerung, Wissensmanagement und Kommunikation umreißt, denn: „Es geht darum, Strukturen zu schaffen, durch die jeder mit jedem sprechen kann.“ Für Sana stehen Müsche- nich zufolge dabei als Themen die TELEMEDIZIN

Vor dem Durchbruch

Krankenhäuser betrachten telemedizinische Anwendungen zunehmend als einen wichtigen Faktor für den Erhalt und die Steigerung ihrer Wettbewerbsfähigkeit.

Foto: vario-images

*Der Kongress vereinigte erstmals die Veranstal- tungen „Telemed“ und den Telemedizinkongress der Deutschen Gesell- schaft für Telemedizin (DGTelemed) unter einem Dach. Träger sind neben der DGTelemed der Berufsverband Medi-

zinischer Informatiker, die TMF – Technologie- und Methodenplattform für vernetzte medizinische Forschung und die Deutsche Gesellschaft für Gesundheitstelematik.

(2)

Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 107

|

Heft 46

|

19. November 2010 A 2283 elektronische Fallakte (eFA), Por-

tallösungen sowie Telekonsile und Telemonitoring im Vordergrund.

Die eFA ist für den Klinikkonzern einerseits interessant im Kontext der Anbindung von Arztpraxen als Zuweiser, andererseits als Infra- struktur, die auch den Praxen un- tereinander zur Verfügung gestellt werden soll. „Die eFA-Anwen- dung in Verbindung mit kranken- hausnahen Ärztenetzen schafft Mehrwerte und Dynamik“, ist Müschenich überzeugt.

Portaltechnologie

Darüber hinaus hat Sana Anteile am Institut für angewandte Telemedi- zin (IFAT) am Herz- und Diabetes- zentrum NRW erworben, einem Vorreiter in Sachen integrierter Pa- tientenversorgung unter Einsatz te- lemedizinischer Verfahren. So gibt es diverse Betreuungsprogramme am IFAT, darunter „HerzAs“ für Pa- tienten mit chronischer Herzinsuffi- zienz. Für jeden Patienten, der dar - an teilnimmt, wird eine einrich- tungsübergreifende eFA angelegt.

Sämtliche Einträge in der Akte sind über ein einheitliches Portal („med- Power“-Portal) zugänglich. Über die Portaltechnologie erhält das Klinikpersonal rollenbasiert Zugriff auf die Daten, aber auch externe, in die Behandlung eines Patienten in- volvierte Ärzte können auf be- stimmte Informationen zugreifen.

Auf gemischte Erfahrungen mit Telemedizin blickt man bei der vor- wiegend in Norddeutschland agie- renden Damp-Holding AG zurück.

Das Unternehmen engagiert sich in der europäischen Telemedizin- Modellregion Pomerania, einem deutsch-polnischen Netzwerkpro- jekt, das Anfang 2010 mit der vier- ten Förderphase begonnen hat und in dem 35 Kliniken in Polen, Meck- lenburg-Vorpommern und Branden- burg zusammenarbeiten. 2004 sei man mit drei Projekten – Tele - konferenz, Teleradiologie und Tele- pathologie – gestartet, berichtete Henning Schwarz vom Hanse-Kli- nikum Stralsund. Beispiel Tele - radiologie: Die hohe Anzahl von Befundanfragen in Stralsund habe zur Überlastung der Radiologen geführt, weil aufgrund fehlender

Schnittstellen zum Krankenhausin- formationssystem und zum PACS (Picture Archiving and Communi- cation System) zu viel Handarbeit bei der Bereitstellung der Daten an- gefallen sei. Telekonferenzen seien technisch zwar problemlos einzu- richten, in der Vorbereitung und Or- ganisation jedoch aufwendig und mit Terminproblemen behaftet.

Schwierigkeiten bereitete unter an- derem auch die fehlende Unterstüt- zung seitens der Krankenkassen.

Weitere Telemedizinprojekte sind derzeit die Übermittlung von EKGs aus dem Notarztwagen und im Bereich der Labordiagnostik die Anbindung eines Partnerkranken- hauses und mehrerer Ärztehäuser an das Laborsystem des Kranken- hauses. Ziele sind eine effizientere Diagnostik und eine bessere Kom- munikation zwischen stationären und ambulanten Einrichtungen.

Auch ein Telepsychiatrieprojekt mit regelmäßigem SMS-Versand an die Patienten zur Erhebung des Gesundheitsstatus ist angelaufen, das sehr gut angenommen werde.

Meldet sich der Patient innerhalb einer vereinbarten Frist nicht zu- rück, nimmt der behandelnde Arzt oder Therapeut Kontakt auf.

Für 2011 ist ein Zuweiserportal geplant, über das mit regionalen Ärztenetzen kooperiert werden soll.

Dabei geht es um die Bereitstellung

von Befunden und Bildern für die niedergelassenen Ärzte und um die schnellere Übermittlung von Arzt- briefen und eine optimierte Termin- vergabe. „Telemedizin ist nur dann nachhaltig umsetzbar, wenn wir Breitenwirksamkeit erreichen“, mein - te Schwarz. „Die Netzwerkinfra- struktur muss alle Partner einbe - ziehen und finanzierbar sein.“ Er - forderlich seien dabei Kataloge für eine arbeitsteilige Leistungserbrin- gung, die die Finanzierung regel - ten, tragfähige Ausfallkonzepte und Havarielösungen etwa bei Per- sonalengpässen und transparente Behandlungsprozesse. Auf der Wunsch liste ganz oben steht auch der Aufbau einer leistungsfähigen bundesweiten Netz infrastruktur ein- schließlich elektronischer Gesund - heits karte und Heilberufsausweisen als Werkzeuge für Authentifizie- rung, Verschlüsselung und Signatur.

Telemedizin kostet Geld Prof. Dr. Kurt Marquard, Leiter der Konzern-IT der Rhön-Kliniken AG, betonte die Rolle von Telemedizin als elementaren Baustein zur Um- setzung der Unternehmensstrategie.

Rhön hat sich unter anderem an Telemedizinprojekten zur notfall- medizinischen Versorgung von Schlaganfall- („Stroke Angel“) und Herzinfarktpatienten („Cardio An- gel“) beteiligt (www.stroke-angel.

de) und die Teleradiologie fest etab- liert. Das Motiv für den Telemedi- zineinsatz sei die Stärkung der Pro- zesskette. Strategien und Prozesse müssten die Art und Nutzung der Telemedizin bestimmen. „Teleme- dizinische Systeme müssen zu den Betriebsstrukturen des Kranken- hauses passen, Einzellösungen rei- chen nicht aus“, sagte Marquard.

Telemedizin als nachhaltiges Ver- fahren müsse nach klaren Regeln und Standards funktionieren. Das ist nicht umsonst zu haben: Mar- quard verwies darauf, dass die Kombination von IT und Medizin- technik stets eine Risikobetrachtung und -bewertung nach der internatio- nalen Norm IEC 80001 erfordert und für Datenschutz und Daten - sicherheit beträchtliche Aufwen-

dungen anfallen. ■

Heike E. Krüger-Brand Die vom DIMDI (Deutsches Institut für Medizinische Doku-

mentation und Information) herausgegebene Version 2011 des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS 2011) enthält erstmals eine Abrechnungsziffer für das Schlagan- fall-Telekonsil (siehe www.dimdi.de/static/de/klassi/aktu elles/news_0297.html). Damit wird das telemedizinische Verfahren unter bestimmten, genau festgelegten Rahmen- bedingungen in den Katalog zur Regelversorgung aufge- nommen. Bislang konnten die Projekte zur Schlaganfall- versorgung ihre Finanzierung nur über separate Vereinba- rungen mit den Krankenkassen sichern.

Das Schlaganfall-Telekonsil ist in der Komplexziffer 8-98b („Andere neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls“) mit einer variablen Punktzahl unter- gebracht. Experten gehen davon aus, dass Krankenhäuser je versorgten Patienten bei Nutzung eines Telekonsils circa 1 000 Euro zusätzlich abrechnen können.

ZIFFER FÜR TELEKONSIL

T H E M E N D E R Z E I T

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Ein inno- vatives Abnehmprogramm der Uni- versitätsklinik in Magdeburg zeigt, dass Telemonitoring der körperli- chen Aktivität eine solche Alterna - tive darstellen kann..

Beispiele für Projekte: Neutrale Beratung, Wei- ter- und Fortbildungsangebote für Ärzte, Medizini- sche Fachangestellte und Patienten, virtuelle Kli- nik OWL,

Diese muss diskriminierungsfrei sein, sie muss einheitliche Instrumente anbieten, damit Patientendaten verschlüsselt und sicher ausgetauscht werden können.“ Die Instrumente

Allerdings hatte die KBV bereits Anfang des Jahres festgestellt, dass die Ärzte häufig noch zu allgemein verschlüsseln, so dass sich der Schweregrad einer Erkrankung und

> Um die Akzeptanz der Tele- medizin zu fördern, müssen Fortbil- dungsmaßnahmen für Ärzte sowie Schulungen für Patienten ausgebaut werden.. > Telemedizinische Anbieter sol-

„Partnership for the Heart“, Charité – Uni- versitätsmedizin Berlin, Medizinische Klinik, Schwerpunkt Kardio- logie, Angiologie, Campus Charité Mitte, Charitéplatz 1, 10117

Unterstützt wird das Konzept des- halb auch von der Bundesbeauf- tragten für die Belange der Patien- tinnen und Patienten, Helga

Bis Ende 2011 sollen die Mitgliedstaaten dar- über hinaus ihre nationalen Regelun- gen für einen größeren Einsatz der Telemedizin beschließen und dabei vor allem Fragen der