A 914 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 110|
Heft 19|
10. Mai 2013 Prostatakrebs kann heute im Frühstadiumdurch Operation oder Strahlentherapie geheilt werden. Beide Behandlungen haben jedoch unterschiedliche Auswirkungen auf die Le- bensqualität, die nach Ansicht der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) bei der Therapiewahl berücksichtigt werden soll- ten. Eine aktuelle Studie (NEJM 2013 Jan 31;
368: 436–45), in der mehr als 1 600 Männer ein, zwei, fünf und 15 Jahre nach der Behand- lung nach ihren Beschwerden befragt wurden, liefert nun Vergleichsdaten zu den Langzeit- auswirkungen der beiden Therapien. Dabei stellte sich heraus, dass sich die Lebensquali- tät nach 15 Jahren wieder angleicht.
„Viele Patienten erholen sich in den ersten Jahren nach der Operation von der Harnwegs - inkontinenz. Sie erreichen aber auch nach 15 Jahren nicht die Lebensqualität von Patienten
nach Strahlentherapie“, betont Prof. Dr. med.
Thomas Wiegel, Ärztlicher Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Universitätsklinikum Ulm. So war der Anteil der Patienten, die regelmäßig Einlagen tragen müssen, 15 Jahre nach der Operation noch immer mehr als doppelt so hoch wie bei den strahlentherapierten Patienten. Bei der Sexual- funktion hatten Männer aus der Prostatekto- miegruppe nach zwei und fünf Jahren häufiger Erektionsstörungen als die aus der Radiothera- pie-Gruppe, obwohl letztere im Mittel fünf Jahre älter waren. Nach 15 Jahren kommt es zu einer Angleichung, die aber vor allem eine Folge des hohen Alters ist. Bei der letzten Be- fragung hatten in beiden Gruppen etwa neun von zehn Männern eine erektile Dysfunktion, was angesichts eines Lebensalters von etwa 80 Jahren nicht mehr als Problem angesehen
wurde. Auch die Störung der Darmfunktion nach der Strahlentherapie ist in der Regel nicht dauerhaft: Der Anteil der Patienten, die nach der Radiotherapie über schmerzhafte Stuhl- gänge klagten, ging von 14 Prozent nach zwei Jahren auf vier Prozent nach 15 Jahren zu- rück. Es gab hier am Ende keine Unterschiede mehr zu den operierten Patienten.
„Die Studie zeigt, dass insbesondere ältere Patienten, die bislang keine Probleme mit In- kontinenz, Potenz und Darmfunktion hatten, von der Strahlentherapie profitieren. Innerhalb der ersten Jahre haben sie deutliche Vorteile gegenüber operierten Patienten und danach auch keine wesentlichen Nachteile“, folgert DEGRO-Präsident Prof. Dr. med. Jürgen Dunst, Direktor der Klinik für Strahlentherapie an der Universität Lübeck. Die Therapie sollte jedoch immer individuell abgestimmt werden. EB
PROSTATAKREBS: STRAHLENTHERAPIE ODER OPERATION?
Opfer von sexuellem Missbrauch und ihre Angehörigen können sich ab Juni auf der Internetseite www.
hilfeportal-missbrauch.de über Hilfs- angebote informieren.
Teil der Plattform ist eine Adress- datenbank, über die Angebote vor Ort schnell gefunden werden sol- len. Die Kassenärztliche Bundes- vereinigung unterstützt den Aufbau BERICHTIGUNG
Qualifizierte Psychotherapeuten gesucht
und ruft qualifizierte ärztliche und Psychologische Psychotherapeuten dazu auf, sich in die Datenbank auf- nehmen zu lassen.
In Heft 18/2013 hatte das Deut- sche Ärzteblatt versehentlich ei- nen falschen Link veröffentlicht.
Die korrekte Internetadresse lau- tet: www.datenerfassung.hilfeportal-
missbrauch.de. EB
Der Hartmannbund (HB) hat den schleppenden Ausbau der Tele - medizin in Deutschland kritisiert.
„Wir verspielen nicht nur interna- tionales Renommee, sondern las- sen wertvolle Ressourcen unseres Gesundheitssystems sträflich un- genutzt“, sagte Dr. med. Thomas Lipp, der im HB-Vorstand für das Thema zuständig ist. Als „mitt - leres Desaster“ für die gemeinsa- me Selbstverwaltung bezeichnete er, dass der Bewertungsausschuss von Ärzten und Krankenkassen sich trotz gesetzlicher Vorgaben nicht bis zum 31. März auf ei- ne Finanzierung ambulanter tele - TELEMEDIZIN
Vergütungsregeln angemahnt
medizinischer Leistungen einigen konnte.
Telemedizin sei vor allem für die medizinische Versorgung in den im- mer schlechter abgedeckten Flächen des Landes unerlässlich, erklärte Lipp. Dass die meisten telemedizi- nischen Leistungen sektorenüber- greifend erbracht würden und sich somit im derzeitigen Vergütungssys- tem nur schlecht abbilden ließen, dürfe als Erklärung für den Still- stand nicht akzeptiert werden. Lipp forderte die Krankenkassen auf, die notwendigen Mittel zur Verfügung
zu stellen und gemeinsam mit den Ärzten entsprechende Vergütungsre- gelungen im Einheitlichen Bewer- tungsmaßstab zu schaffen.
Gleichzeitig warnte Lipp Ärzte und Krankenkassen davor, dass der Gesetzgeber nicht dauerhaft taten- los zusehen werde, „wie sich die Diskussion im Bewertungsausschuss im Kreise dreht“. „Es kann nicht im Interesse der gemeinsamen Selbst- verwaltung sein, dass der Gesetzge- ber am Ende eingreift und die Din- ge selbst regelt“, betonte das HB- Vorstandsmitglied. EB
Foto: Fotolia/contrastwerkstatt
Mehr Geld für die Telemedizin for- dert der Hartmann- bund.