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Archiv "Telemedizin: Vom Projektstatus in die Routine" (13.06.2008)

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Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 2413. Juni 2008 A1319

P O L I T I K

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ehr als eine Million Men- schen in Nordrhein-Westfa- len (NRW) arbeiten derzeit in der Gesundheitsbranche, und in den nächsten zehn Jahren sollen bis zu 200 000 Arbeitsplätze hinzukom- men. Im Rahmen der strategischen Zielsetzung der Landesregierung, NRW als führende Gesundheitsregion zu etablieren, spielt die Telemedizin als ein Baustein der Landesinitiative

„eGesundheit.nrw“ eine wichtige Rolle, wie Arndt Winterer vom Mi- nisterium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW (MAGS) bei einer Expertentagung in Düssel- dorf erklärte*. Ende 2007 hat das Land darüber hinaus den Förder- wettbewerb „Med in.NRW – Inno- vative Gesundheitswirtschaft“ aus- gelobt, für den bis 2011 EU-kofinan- ziert bis zu 70 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Einer der sechs Förderschwerpunkte sind Telematik- anwendungen einschließlich Tele- medizin.

An Telemedizinprojekten in NRW herrscht kein Mangel. Dennoch geht die Verbreitung telemedizinischer Anwendungen hier wie auch in ande- ren Bundesländern eher schleppend voran: Zahlreiche Pilotprojekte exis- tieren als Inseln nebeneinander. Nur vereinzelt gibt es bislang über Inte- grationsverträge mit den gesetzli- chen Krankenkassen Finanzierungs- vereinbarungen für den Einsatz tele- medizinischer Verfahren. Mitbedingt durch die Verzögerungen bei der Ein- führung der elektronischen Gesund- heitskarte fehlt eine einheitliche Sicherheitsinfrastruktur für Teleme- dizinanwendungen. Offene rechtli- che Fragen, etwa hinsichtlich der ärztlichen Haftung, tragen ebenfalls nicht zur Verbreitung bei.

Es gelte, so Winterer, eine „tele- medizinfreundliche Versorgungs- kultur“ zu schaffen und die Rahmen- bedingungen für den Telemedizin- einsatz zu optimieren. Zu den Bedin- gungen, die aus Sicht des MAGS da- bei zu prüfen und gegebenenfalls zu verbessern sind, zählt beispielsweise die strenge Einsatzbeschränkung der Teleradiologie durch die Röntgen- verordnung: Danach ist Teleradiolo- gie stets genehmigungspflichtig und grundsätzlich nur für die Notfallver- sorgung vorgesehen. Auch beim Fernbehandlungsverbot müsse man in einen „konsensorientierten Dialog mit den Kammern über eine rechts- sichere Interpretation“ treten, denn Telemedizin könne gesicherte Qua- lität im Interesse der Patientenver- sorgung bieten. Außerdem müssten die Vergütungssysteme angepasst

werden: In der Amtlichen Gebühren- ordnung für Ärzte sollte es für telemedizinische Verfahren klare Vergütungsziffern geben, der Einheitliche Bewertungsmaßstab sollte „verrichtungs-

bezogen“ erweitert werden, ebenso der Entgeltkatalog für Krankenhäuser. So ließe sich das Tele- monitoring unter die NUB-Leistungen (NUB

= Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden) subsumieren, meinte Winterer.

Um zu klären, wie sich die Poten- ziale telemedizinischer Verfahren in die Regelversorgung der Patienten einbringen lassen und welche Hürden dabei zu überwinden sind, hat das MAGS eine Projektgruppe damit be- auftragt, ein Strategiekonzept zu ent- wickeln. Als ein erstes Ergebnis ha- ben die beteiligten Experten eine Bestandsaufnahme vorgenommen (Kasten) und einen Telemedizinre- port für NRW vorgelegt. Darin emp- fehlen sie vier Maßnahmen:

>Um die Akzeptanz der Tele- medizin zu fördern, müssen Fortbil- dungsmaßnahmen für Ärzte sowie Schulungen für Patienten ausgebaut werden.

>Telemedizinische Anbieter sol- len ihre Qualität über eine Zertifi- zierung nach DIN/ISO 2000 nach- weisen und veröffentlichen.

>Die internetgestützte Dienste- plattform Telemedizin24.de soll weiter ausgebaut werden.

>Erforderlich ist der Aufbau eines telemedizinischen Registers zur Kos- ten-Nutzen-Bewertung (nach dem Vorbild der klinischen Forschung).

Zusätzlich regen die Experten an, mittelfristig in NRW eine Modell- region für Telemedizin zu imple- mentieren, in der telemedizinische TELEMEDIZIN

Vom Projektstatus in die Routine

Nordrhein-Westfalen will telemedizinische Verfahren verstärkt in die Regelversorgung einbinden. Ein Telemedizinreport liefert hierzu erste Ansätze.

„Telemedizin: Strategien für NRW“, veranstaltet vom ZTG – Zentrum für Telematik im Gesundheitswesen, Krefeld

Beispiele für Dienste und Projekte in NRW

>Medikamentöse Einstellung der Parkinson-Krankheit mittels ambulanter video- basierter Therapie (Uni- versitätsklinik Düsseldorf)

>Autark-Programm – „Am- bulante und telemedizinisch gestützte Anschlussrehabili- tation nach kardialem Ereignis“

(IFAT – Institut für angewandte Telemedizin, Bad Oeynhausen)

>Helios-Neuronet – „Teleradiologische Ver- netzung in der Akutbehandlung des Schlaganfalls“

(Helios-Klinikum Wuppertal)

>Telemedizinisch durchgeführte Wundkonferenz (Evangelisches Krankenhaus Witten, Ärztliche Qualitäts- gemeinschaft Witten)

>Telemedizinisch gestützte Diabetikerbetreuung (PHTS Telemedizin, Düsseldorf)

>Corbene – Telemonitoring als Bestandteil der Herzinsuffizienztherapie im Rahmen integrierter Versorgung (Vitaphone; BKK-Landesverband NRW)

TELEMEDIZINPROJEKTE

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A1320 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 2413. Juni 2008

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Anwendungen als Routineversor- gung zur Verfügung stehen.

Voraussetzung für die Aufnahme telemedizinischer Anwendungen in den Leistungskatalog der gesetzli- chen Krankenversicherung ist, dass sie sowohl medizinisch als auch öko- nomisch effizient sind. Für den Ein- satz der Telemedizin in der Kardiolo- gie ist dies inzwischen nachgewie- sen, daher wird dieser für Kranken- kassen zunehmend interessant. So präsentierte Martin Litsch, AOK Westfalen-Lippe, die von der Kasse angebotenen Programme „Autark“

und „Herz-As“. „Autark“ ist ein tele- medizinisch gestütztes, ambulantes Rehabilitationsprogramm für Patien- ten nach einer Koronarklappenope- ration. Auf der Basis postoperativ er- mittelter Ergometriewerte erhalten die Patienten einen Trainingsplan, den sie in häuslicher Umgebung un- ter telemedizinischer Überwachung mit einem elektronisch gesteuerten Fahrradergometer absolvieren. Bei

„Herz-As“ handelt es sich um ein Te- lemonitoringprogramm für Patienten mit Herzinsuffizienz ab dem NYHA- Stadium II und vorherigem statio- närem Aufenthalt. Der Patient über- mittelt seine biometrischen Daten, wie Gewicht, Blutdruck und EKG, an ein telemedizinisches Zentrum, das bei einer drohenden Dekompensa- tion einschreitet. An dem Anfang 2008 gestarteten Programm beteiligen sich inzwischen 90 Kardiologen, 26 Hausärzte und 102 Versicherte. Täg- lich kämen drei bis fünf Versicherte neu hinzu, berichtete Litsch.

Ähnlich erfolgreich hat sich auch das telekardiologische Projekt „Cor- bene“ zur Versorgung von Herz- insuffizienzpatienten entwickelt, das über einen Vertrag zur integrierten Versorgung inzwischen allen Versi- cherten der Betriebskrankenkassen in NRW zur Verfügung steht und derzeit von rund 1 500 Versicherten genutzt wird. Noch 2008 soll „Corbene“ auch im Saarland und in Berlin angeboten werden, sagte Benjamin Homberg von der Vitaphone GmbH, dem Tele- medizinprovider des Projekts. I Heike E. Krüger-Brand

Telemedizinreport im Internet:

www.aerzteblatt.de/plus2408 Links: www.egesundheit.nrw.de www.telemedizin24.de

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chon zum zweiten Mal sind unsere Parlamentarier der Forderung, die Forschung an embryonalen Stammzellen zu erleichtern, mehrheitlich erlegen. Der Bundestag beschloss am 11. April eine Revision des Stammzellgesetzes (vgl. DÄ, Heft 16/2008), der Bundesrat folgte am 23. Mai, bis auf Bayern und das Saarland.

Im Bundestag und Bundesrat setzten sich die Pragmatiker durch. Der Stichtag wurde verschoben. Nunmehr dürfen embryonale Stammzellen importiert

werden, die vor dem 1. Mai 2007 ent- standen sind; bisher war Stichtag der 1. Januar 2002. Der Kompromiss er- übrigte eine – an sich überfällige – Meinungsbildung über die ethische Rechtfertigung der „verbrauchenden“

Embryonenforschung. Das Parlament müsste sich darüber eigentlich selbst klar werden, um nicht bei Entscheidun- gen über die Forschung an humanen embryonalen Stammzellen (HES) den Forderungen der interessierten Kreise orientierungslos ausgeliefert zu sein.

Sonst folgt Kompromiss auf Kompromiss.

Die einschlägigen Forscher und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), die seit ihrem plötzlichen Sinnes- wandel 2001 massiv für die HES-For- schung eintritt, werden jedenfalls keine Ruhe geben, hängen doch Karrieren, die Sehnsucht, international mitreden zu können, oder schlichtweg das Lebens- werk einiger Wissenschaftler an der Fortsetzung der HES-Forschung. Ethische Probleme? Eine Definitionsfrage. Organi- satorisch zu lösen. Man schaffe eine Ethik- kommission und besetze sie passend.

Das Muster, nach dem das strenge deutsche Embryonenschutzgesetz ausgehöhlt wird, ist seit 2001 bekannt.

Damals importierten mindestens zwei Universitäten humane embryonale Stammzellen, eine weitere stand kurz davor. Sie nutzten eine Gesetzeslücke, denn im Embryonenschutzgesetz war der Import nicht ausdrücklich verboten.

Die DFG, bis dahin strikt gegen die

„verbrauchende“ Forschung, sekundierte nun und forderte Liberalisierung. Der Bundestag kapitulierte angesichts des Fait accompli. Ergebnis: das Stammzell- gesetz von 2002, ein fauler Kompromiss, angeblich eine einmalige Ausnahme.

Auch der jüngsten Novellierung ging eine Kampagne der Interessenten vor- aus. Im November 2006 forderte die DFG einmal mehr, den Stichtag abzu- schaffen, international tätige Forscher

von Strafandrohung frei zu stellen und anwendungsbezogene Experimente zuzulassen. Ganz so weit mochte der Bundestag nicht gehen. Doch er kam der DFG entgegen. Die goldene Brücke hatte Bischof Wolfgang Huber, der Rats- vorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, gebaut. Er schlug im Ge- folge der DFG die Verschiebung des Stichtags vor. Das war nicht nur ein Kompromissvorschlag, sondern mehr:

das Signal, dass die Bastion der Kirchen, bis dahin ein Orientierungspunkt, keine mehr war. Hubers gegenteilig gesonnene Mitbrüder, evangelisch wie katholisch, standen plötzlich als fundamentalistische Außenseiter da.

Bischof Huber äußerte inzwischen die Hoffnung, die Verschiebung sei einmalig und man werde die Grundlagenforschung

„so schnell wie möglich“ beenden kön- nen. Das mag so kommen, aber vielleicht anders, als Huber meint. Zu erwarten sind nämlich erneute Vorstöße, die HES- Forschung auf diagnostische, präventive und therapeutische Zwecke auszudehnen.

Gelingt das, dürfte sich herausstellen, dass die Stammzelllinien bei Weitem nicht reichen. Folglich werden die Forderungen erneuert, den Stichtag ganz abzuschaffen sowie endlich auch in Deutschland die

„Herstellung“ (so die DFG) von Stamm- zellen zu erlauben.

So geht, Stück für Stück und ganz pragmatisch, das Embryonenschutz-

gesetz zum Teufel. I

KOMMENTAR

Norbert Jachertz

STAMMZELLGESETZ

Orientierungslos

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