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Qejämä und Benai Qejämä
in der älteren Syrischen Literatur,
Vou A. J. Wensinck.
Über die Benai Qejämä in der ältesten syrischen Kirche hat
F. C. Burkitt gehandelt in seinem schönen Buche Early eastern
Christianity^). Seine Aufstellungen sind z. T. von Dom Conolly
bestritten worden-). Es sei mir erlaubt die Frage von der sprach¬
lichen Seite zu betrachten , denn die bisherigen Erklärungen der 5
Worte j^"r> und jy>- 0 »•> haben mich nicht befriedigen können.
Die Übersetzung „Mönche" kann ich hier außer Betracht lassen,
weil sie auf die sprachliche Form des syrischen Ausdrucks keine
Rücksicht nimmt. Gewöhnlich aber übersetzt man Jv^-p 1^ mit:
Bundessöhne, filii foederis, sons of the covenant^). Parisot hat das 10
in seiner Afrahat - Ausgabe (I , LXV) folgendermaßen motiviert :
.... vocantur J>r>- n .". i-n , quod ad litteram sonat „filii foederis",
eosque significat qui se Deo ad servandam continentiam pacto
devoverunt.
Nun gibt es Stellen , wo — dem syrischen Sprachgebrauch 15
gemäß — das Wort J'o- r\ die Gesamtheit der jirt- n ."i-s bedeutet.
Auch hier bieten die genannten Gelehrten „foedus" und „Bund";
Parisot sollte konsequenterweise eigentlich „pactum" haben.
Diese Wiedergabe des Wortes kommt mir unberechtigt vor.
Es findet sich freilich ganz geläufig in der Bedeutung „Bund"; 20
aber immer analog dem hebräischen ri^2, also „dasjenige, was
1) Ich zitiere die deutscbe Übersetzung von E. Preuschen; das. S.87 ff.
2) Journal of Tbeological Studies, VI, 522 ff.; dagegen wieder Burkitt, ib., VII, 10 ff.
3) Bert (Texte uud Untersuebungen III) bat ganz ungenau , Bundes¬
brüder'.
562 Wensinck, Qejäma und Benai Qejämä in der syr. Literatur.
statuiert worden ist'. So weit ich sehe, wird es aber nie gebraucht
zur Bezeichnung von verbündeten Personen, wie obengenannte Über¬
setzer wollen. Der Begriff des Verbindens ist dem Worte, kraft
seiner Etymologie , ganz fremd. Aber dem deutschen Leser wird
6 die Übersetzung »Bund' nicht gleich auffallen, weil im Deutschen
das Wort auf die verbündeten Personen übertragen gebraucht werden
kann. Aber obendrein ist hier nicht einmal die Eede von ver¬
bündeten Personen.
Wir wollen versuchen, eine Übersetzung des Wortes jvN. n zu
10 geben, welche etymologisch berechtigt ist ; wir werden hieraus auch
über die J<n-o .'! i-s genauere Kunde gewinnen.
Die Lexika verzeichnen s. v. Jvn- q die Bedeutung , status,
statio', und ich meine, daß »Stand, Bestand' die richtige Über¬
setzung ist an vielen Stellen in der älteren syrischen Literatur,
15 namentlich bei Afrahat. Ich teile hier einige solcher Stellen mit:
1. Afrahat (ed. Parisot), I, 588, 3 ff. Er redet hier von Richtern,
welche so hart sind , daß sie sogar ungeborene Kinder verurteilen
und Arme und Bedürftige Jw JaxjOO »und den heiligen Stand".
2. ib., 916, 11 ff. Afrahat erklärt hier Jesaja 4, 17—19, wo
20 Zedern , Buchsbäume , Myrte und Ölbäume in der Wüste verheißen
werden: )j'o>s >$o^N../ ^"»^7 JfnvOO ]cd\o I^v^Jo )J'>)o
. ,e\ j Y>- o o »die Zedern und die Buchsbäume und die Myrte
und die Ölbäume, das sind die Priester des Volkes und der heilige
Stand".
25 3. ib., 817, Iff jj^? jio)^ >2>jo .^m>aj; W
^LJdjs; jl.Qju*i3o jLc^oboo jju^jo jva.o jjot -.»X
»Ich will dich , Geliebter , auch über diesen Punkt , der mir sehr
am Herzen liegt, belehren: über diesen heiligen Stand und die
Jungfräulichkeit und Heiligkeit, worin wir stehen". Ebenso I, 72, 11:
soo>2 .^-VN- o « jvN. o jjO)j )fc>l»jbkjL»das Fundament dieses Standes, in welchem wir stehen".
4. ib., 345,8. jjovo jbo-^jO jj^ jjoo) jjO)^^
^>JJ Jfc>^?oY>\Y> )o*i3 ^ jo^i opojs o)^r^ >^iotiJo jjci^joo J&.bboo J}o»s^jl.Q*-jÄ.o jldS-obCii. >50)A2ij Q-:x^)?
85 .darum geziemt es sich also, daß die Hornbläser, die Herolde der
Wensinck, Qejama und Benai Qejäma in der syr. Literatur. 563
Kirche , rufen und warnen den ganzen Stand Gottes vor der
Taufe, nämlich diejenigen, welche sich gewidmet hahen der Jung¬
fräulichkeit und Heiligkeit, Jünglinge und Jungfrauen und Heilige'.
Ebenso I, 348, 1 f
5. ib., 232, 6 flf. ojio Vs^ Jo) K-jJO J^tÄ. O»^ i;*.0 R
jj^w^yo jiä^? IIa*. ^ joj^? O^XUO , und er be¬
freite das heilige Volk; denn wahrlich der ganze Stand Gottes
ist befreit von Belästigung seitens der Könige und Machthaber".
6. ib., II, 105, 21 flf. -..^-^y sjjiSU faxM
^x\,o w.po;o>x> :^y '-^^ '"^i^U .... ^y^y .^x>.o ^
»deine Seele erzürne .... wegen deiner Priester, welche vertilgt
sind , über deinen Stand, welcher verfolgt ist ....; unser Volk
ist zerstreut, unser Blut vergossen, unser Stand schmachvoll be¬
handelt". Ebenso II, 112, 6 und 113, 24 flf.
Wir finden an diesen Stellen den „Stand Gottes' oder den is
»heiligen Stand", aus Asketen zusammengesetzt. Das ist nichts
ungewöhnliches. Nach Harnaek (das Lectorambt, Texte u.
Unters., II, 5, S. 70) kennen auch die Synodalkanones einen der¬
artigen Stand ; und derselbe Gelehrte sagt (Mission u. Aus¬
breitung des Christentums-, I, 340) ... »dafür entstanden «o
heilige Stände (Märtyrer, Konfessoren, Asketen)'.
Ist jvN. o der heilige Stand , so sind Jvn. r\ .'' i-\ diejenigen,
welche zum heiligen Stande gehören.
Es ist nun bekanntlich eine Frage, inwiefern dieser heilige
Stand bei Afrahat mit der kirchlichen Gemeinde zusammenfällt. 25
Afrahaj; unterscheidet den heiligen Stand einerseits von den Priestern
(I, 916, 11 flf.), andrerseits von dem Volke (II, 105, 21 flf.). Daß
aber ursprünglich Jv%- c die ganze Gemeinde umfaßt hat, geht hervor
aus der schon von Burkitt besprochenen Stelle, Doctrina Addaei,
edit. Phillips, wo der Zustand der Urgemeinde Edessa's ge- so
schildert wird: ^0|)0 OOO) -^^p>'^' jjüyo )*^.^y o^SA ^y 1*0.0
^oyo OOO) ^JL>*i30 »der ganze Bestand nun von Männern und
Weibern war keusch und züchtig und sie waren heilig und rein".
Schließlich noch eine Bemerkung über die Jvn- p» t-N , wo sie
den griechischen KavoviKoi entsprechen und Burkitt (a. a. 0., S. 87) S5
»Regulierte" übersetzt. Burkitt's Belegstelle ist Kanon Laod. 15;
l, 1 *
564 Wensinck, Qejämä und Benai Qejäma in der syr. Literatur.
dort heißt es: nsQi rov (irj Ssiv nXiov xäv xavovix&v tpalräv, rmv inl rbv ci(ißo>va avctßaivovrmv xal anb öiqj&i^ag ipaXXövrav, srigovg
rivdg ipdlkeiv cv ixxlijala. Syrisch (ed. Schultheß , Abh. Wiss.
Böttingen, N. F., Band X, S. 91): ^-«»p |iv-.jj jOJ) JJj
5 ^jQ^oj Jjoosoji; >^öt •. Qff\m°> jxuo JIo jJ/ •.
^Vopo )Sb<0 »darüber, daß es sich nicht geziemt, daß andere in
der Kirche Psalmen singen als die Psalmensänger, welche Benai
Qejämä sind : jene, welche den Ambon betreten und aus den Büchern
singen".
10 Hier bedeutet xavovixoi nicht »Regulierte", sondern oi iv rm
xavövi i^sra^öfievoi, wie es Kanon Nicaea 19 heißt, xavav bedeutet
hier »Verzeichnis der Geistlichen" ; die Psalmensänger sollen also
Kleriker sein. Vgl. zu dieser Bedeutung von xavmv den Aufsatz
von Dr. München in Zeitschr. f. Philos. und kath. Theol.,
15 Heft 26, S. 64: »Zum bleibenden Nachweise von den geschehenen
Beförderungen und zur Aufrechterhaltung der Ordnung mußten die
so angestellten Geistlichen in ein Verzeichnis eingetragen werden,
das Canon hieß".
jvN. o ist hier = xaväv = Verzeichnis. Hier muß die Be-
20 deutung »Bestand" zum Begriffe »Verzeichnis" hinübergeleitet haben.
4 1 *
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Carsten Niebuhr's Nachlaß in der Kieler Universitäts-
Bibliothek.
Von
Bibliothekar Dr. W. Lttdtke.
Die Kieler Universitäts-Bibliothek besitzt einen Teil des Nach¬
lasses Carsten Niebnhr's. Unter der Signatur K. B. 314, I — IV
stehen zunächst (I — III) drei in orientalisches Leder gebundene
Tagebücher seiner arabischen Reise. 314, IV ist eine Kapsel mit
folgendem Inhalt: 6
1. Journal über die Reise in Jemen.
2. Firmän des Sultans für die Reisegesellschaft, datiert den
15. MuhaiTem 1175 (= 16. August 1761).
3. Teskere des Mutasillim zu Basra.
4. Korrespondenz mit dem Grafen Bernstorf 1758—73, lo
18 Nummern: 16—18 Konzepte Niebuhr's.
5. Kurzer lateinischer Bericht, d. Havniae, d. 1. Sept. 1768.
6. Briefe seiner orientalischen Freunde 1766—77, 32 Nrn.
Die meisten sind von dem holländischen Konsul in Aleppo N. van
Maseyk und seiner Frau, die Niebuhr in gutem Andenken behalten is
haben; seitdem er abgereist ist: ,il ny a ny Violon, ny Mandoline
qui se fasse entendre'. Nr. 22—24 sind von Pat. Russell,
Nr. 25—32 von J. H. Pury, ebenfalls aus Aleppo. Vgl. Carsten
Niebuhr's Leben von seinem Sohne: Kieler Blätter Bd. 3, 1816,
S 34; S. 84: „Musik liebte er'. 20
7. Korrespondenz mit Herder 1787—88, 4 Nrn., von Niebuhr
zwei Konzepte. Herder schickte Niebuhr mit dem ersten Briefe,
einigen vom 14. Oct. 1787 datierten Zeilen, seine Schrift: Persepolis.
Eine Mutmaasung. Gotha 1787 (= Sämmtliche Werke. Hrsg. von
Suphan. Bd. 15, 1888, S. 571—621). Niebuhr's Sohn spricht von «6
dieser Anfmerksamkeit Herder's als von dem „ersten nach manchen
Jahren vernommenen Zeichen , daß er von den Landsleuten nicht
vergessen sei' (a. a. 0. S. 60). Auf die Rezension Niebuhr's, die im
Deutschen Museum, März 1788, S. 209—223 1) erschien, bezieht
sich der zweite Brief Herders, der am Schlüsse dieses Auf- so
1) Von Herder der 2.. Aufl. von Persepolis beigegeben (Herder's Werke Bd. 15, S. 607 flf).