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Archiv "Telemedizin: In der Ausbildung verankern" (25.11.2011)

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A 2526 Deutsches Ärzteblatt

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Heft 47

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25. November 2011

E

iner Analyse der wissen- schaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages zufolge können telemedizinische Anwen- dungen „entscheidende Beiträge zur Lösung der demografischen Her ausforderungen“ leisten. „Mit Hilfe der Telemedizin können neue Formen einer nachhaltigen Betreu- ung von Patienten erschlossen und ein breiterer Zugang zur medizini- schen Expertise insbesondere auch in ländlichen Regionen eröffnet werden“, heißt es in einer Ausarbei- tung vom 11. Mai 2011. Allerdings benennt das Papier auch die Hürden einer breiten Umsetzung, nämlich die „hohe Komplexität und vielfäl- tige, heterogene Zuständigkeiten“

im deutschen Gesundheitswesen, die den Aufbau einer einheitlichen Infrastruktur erschweren.

Je nach Perspektive lässt sich der Einsatz von Telemedizin hierzulan- de denn auch unterschiedlich be- werten: Seit Jahren fließen erheb - liche Fördermittel in Telemedizin- projekte, mit teilweise ernüchtern- dem Ergebnis: „Die Projekte haben – mit Ausnahme der Schlaganfall- versorgung – allesamt den Sprung in die Regelversorgung nicht ge- schafft. Das können wir uns auf Dauer nicht leisten“, erklärte Nino Mangiapane, Referatsleiter im Bun- desministerium für Gesundheit, beim 2. Nationalen Fachkongress Telemedizin in Berlin.* Abhilfe soll die E-Health-Initiative der Bundes- regierung schaffen (Kasten).

Gleichzeitig sind nach Auf - fassung der Bundesärztekammer (BÄK) telemedizinische Anwendun- gen im Versorgungsalltag inzwi- schen fest verankert. „Telemedizini- sche Patientenversorgung ist keine Randerscheinung mehr, sondern kaum noch aus der Versorgung weg-

zudenken“, betonte Dr. med. Franz- Joseph Bartmann, Vorsitzender des BÄK-Ausschusses Telematik. Aller- dings handelt es sich um eine in der Öffentlichkeit kaum wahrgenomme- ne, unstrukturierte Verbreitung, die als „Initiative von unten“ entstanden ist: „Die Ärzte sehen ein Versor- gungsproblem und versuchen mit Methoden der Informations- und Te- lekommunikationstechnologie, die- ses zu lösen“, so Bartmann. Die flä- chendeckende Telematikinfrastruk- tur sei dabei jedoch nötig, um Insel- lösungen zu vermeiden.

Sicherung der Qualität

Mit der Verbreitung telemedizini- scher Methoden rücken aus Sicht der BÄK zunehmend qualitative Aspekte in den Vordergrund. So sei zu fragen, wie die Fachgesellschaften die jewei- lige Evidenzlage bewerten, welche Rolle Telemedizin bei der Umset- zung von Leitlinien in der Patienten- versorgung spielt und ob Telemedi- zin bereits Einzug in Leitlinien ge- halten habe, führte Bartmann aus.

Ein Schwerpunkt liegt daher auf der Förderung der wissenschaftlichen Evaluation: „Ohne diese gibt es keine Berechtigung für die Integration in die Regelversorgung. Dafür sind die Ressourcen zu knapp. Der Nachweis der Evidenz ist die unbedingte Voraussetzung dafür“, betonte Bart- mann. Immerhin gibt es Anzeichen, die Bemühungen in dieser Hinsicht zu verstärken: Nach dem geplanten Versorgungsstrukturgesetz soll etwa geprüft werden, in welchem Umfang ambulante telemedizinische Leistun- gen erbracht werden können und inwieweit der Einheitliche Bewer- tungsmaßstab zur Vergütung der Ver- tragsärzte anzupassen ist.

Voraussetzung für gute Telemedi- zin ist laut Bartmann zudem die Her -

anführung der Ärzte an telemedizi- nische Methoden. Dazu müsse das Thema auch in der Fortbildung ver- ortet werden. „Die Bundesärztekam- mer wird Qualifikationsinhalte iden- tifizieren und entsprechende Fort - bildungsmaßnahmen entwickeln“, kündigte der BÄK- Experte an. In der ärztlichen Fortbildung soll für Telemedizin ein Curriculum entwi- ckelt werden, dass später auch in der Weiterbildung genutzt werden kann, um eine rasche Verbreitung in der Ärzteschaft zu erreichen. Mit einer grundsätzlichen Novellierung der Weiterbildungsordnung ist Bart- mann zufolge jedoch erst in vier bis fünf Jahren zu rechnen.

Die Deutsche Gesellschaft für Telemedizin setzt sich ebenfalls da- für ein, dass in der Aus-, Weiter- und Fortbildung des medizinischen Fach- und Pflegepersonals Grund- lagen der Informations- und Kom- munikationstechnologie vermittelt werden. „Telemedizinische Lehrin- halte sollen sich an alle Berufsgrup- pen richten und nach definierten

„Telemedizin und leit - liniengerechte Patien- tenversorgung in Deutschland“, veran- staltet am 3. und 4.

November 2011 von der Deutschen Gesell- schaft für Telemedizin (DGTelemed)

TELEMEDIZIN

In der Ausbildung verankern

Der Umgang mit telemedizinischen Anwendungen versteht sich nicht von selbst. Experten fordern eine frühzeitige Integration entsprechender Methoden in das Studium sowie akkreditierte Zusatzweiterbildungen und Fortbildungen.

Foto:

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P O L I T I K

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Deutsches Ärzteblatt

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25. November 2011 A 2527 Standards angeboten werden. Tele-

medizin muss Gegenstand der me- dizinischen Lehre werden“, lautet ihre Forderung.

Einen erheblichen zielgruppen- spezifischen Qualifizierungsbedarf nicht nur bei Klinikärzten, sondern auch bei niedergelassenen Ärzten und anderen Berufsgruppen im Ge- sundheitswesen konstatierte Prof.

Dr. med. Claudia Homberg, Univer- sität Bielefeld. Qualifizierung finde derzeit fast ausschließlich durch einrichtungsinterne und daher nur eingeschränkt vergleichbare Schu- lungen statt, kritisierte die Sozial- medizinerin. Sie forderte eine früh- zeitige Integration in die ärztliche Grundausbildung. „Ärzte müssen sicher sein im Umgang mit teleme- dizinischen Anwendungen und Fra- gestellungen etwa hinsichtlich Da- tenschutz und rechtlichen Rahmen- bedingungen.“ Durch qualifizierte Zusatzausbildungen könnten zu- dem neue Berufsformen entstehen, wie etwa der Telemedizin-Manager, der Ärzte und Pflegekräfte von technischen Aufgaben entlastet.

Prof. Dr. med. Eckhart G. Hahn, Universität Oldenburg, verwies auf den „nationalen kompetenzbasier- ten Lernzielkatalog Medizin“

(www.nklm.org), den die Gesell- schaft für Medizinische Ausbildung zusammen mit dem Medizinischen Fakultätentag derzeit erarbeitet und der auch telemedizinische Lernziele umfassen wird.

Während die Verankerung der Te- lemedizin in der ärztlichen Ausbil- dung noch aussteht, ist man bei der Aus- und Fortbildung der Medizini- schen Fachangestellten (MFA) schon weiter: Das in den Jahren 2008 und 2009 zunächst in Nordrhein-Westfa- len erprobte Curriculum „Fachkraft für elektronische Praxiskommunika- tion und Telematik“ ist inzwischen auch in das Fortbildungsangebot

„Nichtärztliche Praxisassistentin“

auf Bundesebene integriert. An Bei- spielanwendungen lernen die MFA nicht nur, mit den Technologien kompetent umzugehen, sondern un- ter anderem auch, welche daten- schutzrechtlichen Grundlagen dabei zu berücksichtigen sind.

Erstmals befasste sich ein Schwerpunkt des Kongresses auch

mit E-Health-Entwicklungen im Ausland. Hier haben die skandina- vischen Länder seit Jahren die Nase vorn, nicht zuletzt bei der techni- schen Infrastruktur. Beispiel Schweden: Laut Per-Olof Egnell vom Norrbotten County Council, Nordschweden, ist die Region, die etwa ein Viertel der Fläche des Lan- des, aber nur 2,8 Prozent der schwedischen Bevölkerung um- fasst, flächendeckend mit Breit- bandtechnologie ausgestattet. Eine einheitliche elektronische Patien- tenakte ist realisiert, als nächstes stehen Projekte wie das Arzneimit- telmanagement und der Zugang für Patienten zu ihren elektronischen Akten auf dem Programm.

Nur ein Platz im Mittelfeld Hierzulande ist das „Breitband für alle“ trotz nationaler Strategie noch längst nicht verwirklicht. Beim Ein- satz von E-Health liege Deutschland im europäischen Vergleich nur im Mittelfeld, auf Platz 18 (von 33), erklärte Prof. Dr. Roland Trill, Fachhochschule (FH) Flensburg.

Die Europäische Union (EU) will durch eine Reihe von Aktionsplänen und Fördermaßnahmen E-Health in den Mitgliedsstaaten voranbringen.

Trill berichtete von dem Projekt

„ICT for Health“, das Teil des Akti- onsplans der EU zur Ostseestrategie ist. Ziel sei es, medizinische Versor- gungslücken im ländlichen Raum zu überbrücken und chronisch kranke Menschen zu befähigen, E-Health-Technologien, wie etwa eine elektronische Gesundheitsakte, zu nutzen. Circa 400 Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz sollen dabei per Telemonitoring medizi- nisch betreut werden. An dem Pro- jekt, das ein Finanzvolumen von 3,65 Millionen Euro hat und Ende 2012 endet, beteiligen sich acht Länder, die Federführung liegt bei der FH Flensburg (www.ictforhe alth.net).

Im EU-Projekt „Renewing Health“

geht es um die auf Telemonitoring und Leitlinien basierende Versor- gung chronisch kranker Patienten mit Diabetes mellitus und COPD (www.renewinghealth.eu; Fördervo- lumen: 14 Millionen Euro). Die ver- wendete Technologie umfasst unter anderem Vitalsensoren mit mobiler Datenübertragung sowie eine elek- tronische Patientenakte. In einer groß angelegten randomisierten Stu- die sollen 7 900 Probanden in acht Ländern eingeschrieben werden. Im Rahmen der europäischen Begleit- forschung will man einerseits die Implementierung auf der Ebene ei- nes Primärversorgers und anderer- seits die gesundheitsökonomischen Versorgungseffekte von Telemonito- ring untersuchen und vergleichen.

Ein wichtiges Ziel für Deutschland ist der Transfer telemedizinischer An- wendungen in die Regelfinanzierung der gesetzlichen Krankenversiche- rung. Die deutsche Studiengruppe umfasst einschließlich Kontrollgrup- pe 800 Teilnehmer aller Alters- und Versorgungsstufen. Die Rekrutie- rung der Studienteilnehmer sei ab- geschlossen und die Technik instal- liert, berichtete Markus Greuel vom Pflegenetzwerk Berlin, dem deut- schen Projektträger. Anfang 2012 werde mit den Auswertungen be-

gonnen.

Heike E. Krüger-Brand Seit Mitte 2010 arbeitet die von Bundeskanzlerin Angela

Merkel im Rahmen des Nationalen IT-Gipfels gestartete E- Health-Initiative an Lösungskonzepten, um die flächen- deckende Einführung telemedizinischer Anwendungen vor anzutreiben. Drei Maßnahmenpakete sind geplant:

Aufbau eines Informations- und Servicedienstes, der einen Überblick über Projekte, Behandlungskonzepte und Rechtsgrundlagen ermöglicht und regionale Kooperations- partner etwa über Musterverträge, Checklisten et cetera dabei unterstützt, Telemedizin besser in Behandlungs - abläufe und Versorgungsverträge zu integrieren.

Erarbeitung einer Plattform, die Lösungen zur flä- chendeckenden technischen und inhaltlichen Interoperabi- lität bereitstellt. Dabei sollen Ergebnisse von Standardisie- rungsgremien und Herstellern miteinbezogen werden.

Integration von Telemonitoring in bestehende Be- handlungsprozesse – gedacht ist an die optionale Erweite- rung strukturierter Behandlungsprogramme (DMP) zu- nächst anhand der Leitindikation „chronische Herzinsuffi- zienz“.

Beim 6. Nationalen IT-Gipfel am 6. Dezember 2011 in München sollen erste Ergebnisse präsentiert werden.

Informationen: www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Technologie- und-Innovation/Digitale-Welt/IKT-Strategie-Nationaler-IT- Gipfel/it-gipfel.html

E-HEALTH-INITIATIVE

P O L I T I K

Referenzen

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