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Archiv "Der Arzt in der heutigen Gesellschaft" (06.09.1979)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT Spektrum der Woche Aufsätze •Notizen

Heft 36 vom 6. September 1979

Der Arzt

in der heutigen Gesellschaft

J. F. Volrad Deneke

Zu den Aufgaben der ärztli- chen Fortbildung gehört die Besinnung auf den Standort der Medizin und des Arztes in Geschichte und Gesellschaft. Dazu be- darf es oft nur aphoristi- scher Bemerkungen, um die Gedanken des Ge- sprächspartners hervorzu- locken und zu weiterer ei- gener Entfaltung anzu- regen.

In diesem Sinne seien hier nur wenige definitorische, analytische und imperative Thesen aus dem großen Themenkreis „Der Arzt in der heutigen Gesellschaft"

hervorgehoben.

Arzt — was ist das?

1. definitorische These: Rein formal bezeichnen wir als Arzt jeden, der nach Ablegung einer Hochschulab- schlußprüfung durch die Approba- tion, durch staatliche Billigung und Zuerkennung, berechtigt ist, diese Bezeichnung zu führen und den Heilberuf auszuüben.

Schon diese formale Definition ent- hält unverwechselbare Kriterien, die den Arzt vom Laien unterscheiden:

— die abgeschlossene akademische Ausbildung in medizinischem Wis- sen und Können,

— die Anerkennung und Privilegie- rung dieses Abschlusses einer Aus- bildung durch den Staat,

— die mit der Feststellung der Min- destqualifikation verbundene Unter- stellung einer tatsächlichen Befähi- gung zur Ausübung der Heilkunde.

Allein in diesem Tatbestandskatalog wird sichtbar, daß und wie die staat- liche Approbation in Öffentlichkeit und Gesellschaft die Erwartung er- folgreicher Heilbehandlung weckt.

Man beachte den Gedankensprung:

Die Berechtigung zur Heilbehand- lung weckt die Erwartung erfolgrei- cher Heilbehandlung.

Hier wird bereits die erste Überfor- derung im Bild des Arztes, wie es sich der Gesellschaft darstellt, sicht- bar; denn die mit der obrigkeitlichen Approbation besiegelte Befähigung erfolgreicher Heilbehandlung, der damit stimulierte Anspruch des Pa- tienten auf erfolgreiche Heilbehand- lung bleiben bekanntlich letztend- lich irgendwann unerfüllt. Während

viele wissenschaftlich-technologi- sche Träume der Menschheit, wie Peterchens Mondfahrt oder der flie- gende Teppich aus Tausendundei- ner Nacht in Erfüllung gegangen sind, ist das Märchen vom Schmied von Jüterbog, der den Tod mehr- mals für hundert Jahre festbannt, Märchen geblieben und wird Mär- chen bleiben. Der prinzipiell unbe- grenzten Erfolgserwartung des ein- zelnen und der Gesellschaft sind durch den Tod unüberschreitbare Grenzen gesetzt.

Gesellschaft was ist das?

2. definitorische These: Nach aktu- ellem Sprachgebrauch ist Gesell- schaft eine Gesamtheit als existen- tielle Bedingung jedes ihr angehö- renden Individuums. Der Begriff ver- steht den einzelnen als Teil und nimmt insoweit einen Vorrang der Gesamtheit als gegeben an, ohne jedoch

— den Eigenwert der Person oder

— deren Bedeutung für die Gesamt- heit

als problematisch erkennen zu lassen.

a) Der Begriff „Gesellsch,.‘d" ent- hält demnach weder naturgesetzli- che noch geschichtliche noch mora- lische Dimensionen. Er ist — sprach- lich zwar feminini generis —ein Neu- trum, ein geschlechtsloser Begriff.

Er enthält keine Strukturelemente, keine Spur von Zukunftsphantasie, keine Zielvorstellung, nicht einmal eine Ahnung von Ordnungskatego- rien.

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Der Arzt in der heutigen Gesellschaft

Der Begriff ist — wie die heutige Ge- sellschaft — ein unstrukturiertes Ge- menge aktueller Gegenwart. Das zeitgeschichtliche Verständnis des ohne jedes Adjektiv verwendeten Begriffs „Gesellschaft" entspricht demnach der Libertinage pluralisti- scher Promiskuität. Der Begriff kann auch chaotische ügalitö bedeuten.

Und es ist bezeichnend, daß die Vo- kabel von den „gesellschaftlich rele- vanten Kräften" staatlich nicht ver- faßte, staatlich nicht geordnete An- maßung von Macht im Staate be- deutet.

Arzt und Ärzte sind in diesem Ge- menge allein aufgrund ihrer akade- mischen Berufsausbildung elitär.

Sie sind allein wegen der staatlichen Privilegierung besonders profiliert.

Und sie sind daher in ihrer Existenz für diese Gesellschaft der Libertina- ge anstößig. Sie sind dies mehr noch wegen ihres Sozialprestiges als we- gen der Höhe der Gehälter und Ho- norareinkommen. Sie bieten wegen ihrer Profilierung den Anreiz zu Miß- trauen, zu Mißgunst, zu Neid. Der ärztliche Beruf, die ärztliche Beru- fung stehen so in einer Antinomie zu der heutigen Gesellschaft. Sie müs- sen das um so mehr tun, als der Neidkomplex die lebhafteste Motiva- tion der Rufe nach „sozialer Gerech- tigkeit" und „Gleichheit" für alle Un- tüchtigen mit den Tüchtigen, alle Faulen mit den Fleißigen, alle Spar- samen mit den Verschwendern ist.

b) Der Begriff „Gesellschaft" hat — und dies läßt sich literaturkritisch exakt nachweisen — die überkomme- nen Begriffe „Volk", „Nation" und

„Staat" verdrängt. Damit wurde ein diffuser, vermeintlich wertfreier Be- griff an die Stelle geschichtlicher und teleologischer Determinanten gesetzt. Der existentielle Pflichten- konsens mit dem Blick auf Überle- ben und Entfaltung der Gruppe, des Volkes, der Nation, ging dabei verlo- ren. Heimat und Vaterland, die man lieben und verteidigen konnte, sind ersetzt worden durch die „Umwelt", die nun nur noch geschützt zu wer- den braucht.

c) Damit gibt es auch innerhalb der

„Gesellschaft unserer Zeit" keine

Orientierungsentsprechung für die moralischen Erwartungen an Beruf, Berufung und Berufserfüllung des Arztes. Der Arzt wird dementspre- chend zum medizinischen Lei- stungserbringer, zum Gesundheits- lieferanten, von dem die Auftragser- füllung gesundheitlich relevanter Reparaturen gefordert und einge- klagt wird, von dem Kulanz in der Verschreibung von Feierschichten, von Gefälligkeitsattesten und Wunschrezepten erwartet wird.

Die heutige Gesellschaft ist dabei, auch die jahrtausendealte Idee des Arzttums als einem seiner Natur nach freien Beruf existentiell in Fra- ge zu stellen.

Analytische Thesen

1. analytische These: Die Industrie- gesellschaf hat sich zur Konsumge- sellschaft gewandelt.

Die Industriegesellschaft hat ihren Namen von dem lateinischen Wort

„industria" = „Gewerbefleiß" erhal- ten. Die gewerbefleißige Gesell- schaft ist eine Gesellschaft der Lei- stung und des Wettbewerbs.

Die Konsumgesellschaft trägt ihren Namen von dem Wort „Konsum" —

„Verbrauch". Nicht die Gewinnung und Herstellung, sondern die Inan- spruchnahme von Gütern und Dienstleistungen ist das gestaltende Element dieser Gesellschaft. Damit wird sie geprägt von dem Anspruch, den jeder auf Güter und Dienstlei- stungen erhebt. Leistung dagegen wird in der Konsumgesellschaft als Leistungsdruck und Leistungsstreß diffamiert. Und an die Stelle des Wettbewerbs tritt die Zuteilung, nach der Definition der Weltgesund- heitsorganisation von „Gesundheit"

sogar die Zuteilung von Wohlbe- finden.

Für die Industriegesellschaft ist cha- rakteristisch eine Ordnungspolitik des Staates, die den Mißbrauch von Wettbewerb und Leistungsanforde- rung zu verhindern sucht. Für die Konsumgesellschaft ist charakteri- stisch der Staat als Zuteilungsagen-

tur für die Erfüllung von Konsuman- sprüchen seiner Bürger und Gast- freunde. Folge: immer weniger Men- schen müssen immer mehr arbeiten, während immer mehr Menschen im- mer weniger arbeiten. Die den Fort- schritt treibende Führungsschicht wird in diesem Prozeß zerrieben.

Der Konsumgesellschaft und dem Staat als Zuteilungsagentur ent- spricht ein System der Krankenver- sorgung und der Gesundheitssiche- rung, das die Sachleistung zur Bringschuld der organisierten Ge- meinschaft des Staates und der So- zialversicherungsinstitutionen ge- macht hat: Rechtsansprüche auf zeitgemäßen Lebenskonsum ohne adäquate Leistungspflicht!

In diesem System wird der Arzt vom Partner des Patienten zum Be- diensteten des Reparaturservice oder — bestenfalls — zum Erfüllungs- gehilfen der staatlichen Gesund- heitswerkstätten.

2. analytische These: Die Lei- stungsbereitschaft in der Gesell- schaft entspricht nicht den von der gleichen Gesellschaft an den Arzt gerichteten Leistungserwartungen.

Die Leistungserwartungen der Ge- sellschaft sind mindestens durch drei charakteristische Entwicklun- gen bestimmt:

— die Wertschätzung der Gesund- heit in unserer Zeit,

— die veränderte Alters- und Fami- lienstruktur der Bevölkerung,

— die Anforderung auf Ausgleich der von der Massengesellschaft ge- setzten Schäden.

Die Leistungserwartung an den Arzt ist zunächst davon geprägt, daß der größte Teil der Menschen dieser Ge- sellschaft Gesundheit als das höch- ste Gut einschätzt. Krankheit wird von ihnen nicht mehr als Schicksal erfahren und hingenommen. Viel- mehr scheint es ihnen Pflicht des Arztes zu sein, auf jeden Fall und unter allen Umständen Krankheit zu beseitigen und Gesundheit wieder- herzustellen. Geschieht das nicht, dann handelt es sich um ein Versa-

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Der Arzt in der heutigen Gesellschaft

gen des Arztes oder mindestens dann doch wohl um ein Versagen der medizinischen Wissenschaft.

Die Haftpflichtprozesse legen bered- tes Zeugnis ab von der überspann- ten Erwartung an Medizin und Arzt.

Die Definition in der Präambel des Statuts der Weltgesundheitsorgani- sation zum Begriff „Gesundheit" hat einen totalitären Gesundheitsan- spruch formuliert. Gesundheit als körperliches, seelisches und sozia- les Wohlbefinden — dies muß Medi- zin und Arzt überfordern. In der Dis- kussion zu einem Psychotherapeu- tengesetz schicken sich die Politiker an, nun womöglich auch noch Wohlbefinden auf Krankenschein zu liefern: Ausgleich für die seelischen Unbequemlichkeiten des Verhältnis- ses zum Vorgesetzten und für unbe- wältigte Eheprobleme.

Realistischer sind die Forderungen, die durch die Veränderung der Fa- milien- und Altersstruktur der Bevöl- kerung auf die Ärzteschaft zukom- men. Heute schon haben ebenso viele Menschen wie um die Jahrhun- dertwende die Chance, ihre Enkel zu erleben, die Chance, ihre Urenkel zu sehen. Weit über die Hälfte der in den Praxen der niedergelassenen Ärzte behandelten Patienten stehen im sechsten Lebensjahrzehnt oder sind noch weit älter. An die Stelle der Behandlung einzelner Krankhei- ten sind multidiagnostische Bilder getreten. Die Zahl der in Einsamkeit alternden Menschen wird immer größer werden.

Die Verantwortung für diese Men- schen wird mehr und mehr dem Arzt, wird dem medizinischen Ver- sorgungssystem zugeschoben. Die Alten und schon die Alternden wer- den aus der Gesellschaft verdrängt, an den Stadtrand, in Altenheime.

Und der Tod ist aus dem öffentli- chen Bewußtsein verschwunden.

Der Mensch stirbt in Einsamkeit, al- lein, auch alleingelassen von der Fa- milie. Der letzte, der ihn im Sterben geleitet, ist der Arzt. Welch eine Er- wartung in den Berufsstand der Ärz- te, moralisches Versagen der Gesell- schaft auszugleichen!

Schließlich soll der Arzt den einzel- nen vor der Gesellschaft und deren Institutionen schützen; er soll die von der Gesellschaft gesetzten Schäden und Leiden heilen und lin- dern. Der Arzt soll die Sozialisa- tionsdefizite dieser der Gemein- schaftsbindungen verlustig gegan- genen Gesellschaft ausgleichen.

Krankheit ist „in der Gesellschaft unserer Zeit" nicht zuletzt auch Phä- nomen einer Flucht aus sozialen Zwängen. Der einzelne verlangt da- her vom Arzt, daß er ihn wenigstens zeitweise von der Gesellschaft und ihren Zwängen freistellt.

Dieser Erwartung kann der Arzt nur gerecht werden im Dual des Verhält- nisses Patient — Arzt. Dieser Dual wird noch_ immer problematischer, je mehr die Intimität in der Medizin durch Technik und- Teamarbeit ver- lorengeht. Dieser Dual wird immer problematischer, weil auch der Pa- tient diese Art der Intimität vielfach weniger nachfragt als medizintech- nische Maximierung der ärztlichen Leistungen.

Damit kann der Arzt aus der wissen- schaftlich-technischen Dynamik des medizinischen Fortschritts und aus der Veränderung der Leistungsan- forderungen des Patienten der in ihn gesetzten Erwartung, mit den Krank- heiten auch die Zivilisations- und Sozialisationsschäden zu heilen, im- mer weniger gerecht werden.

Imperative Thesen

1. imperative These: Der Arzt kann nicht länger vorwiegend Krankhei- ten und Leiden heilen und lindern;

er muß auch seine Aufgabe als Ge- sundheitserzieher erfüllen.

Hier stehen wir vor einer weiteren Überforderung des Arztes in unserer Zeit. Voraussetzung nämlich für die Erfüllung dieser imperativen These ist, daß die Menschen sich neu be- sinnen auf den Rang des Gutes „Ge- sundheit" in der Wertordnung des menschlichen Daseins.

Es mag paradox klingen, aber es ist die Lebenswirklichkeit, daß best-

mögliche Erfolge vom Arzt als Ge- sundheitserzieher nur dann erzielt werden können, wenn dem Men- schen seine Gesundheit nicht das höchste Gut ist. Es muß sich lohnen, um höherer Güter Willen leistungs- fähig, belastbar und opferbereit zu sein. Nur das ist die beste Voraus- setzung für eine gute Gesundheit.

Nur wer von seiner Gesundheit ab- zusehen vermag, nur wer Gesund- heit als Mittel zu höherem Zweck anstrebt, nur der wird die beste Chance zu höchster Leistungsfähig- keit, zu höchster Belastbarkeit und auch zu höchstem Genuß haben, zur schönsten Erfüllung körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefin- dens.

Diese Erkenntnis allerdings macht die Grenzen der beruflichen Chan- cen des Arztes in der heutigen Ge- sellschaft besonders deutlich. Die vielfach geradezu sklavische Angst vor Gesundheitsschäden, die neuro- tische Fixation auf Kalorienrechne- rei und Trimm-Dich-Mobilität der Wadenmuskeln lassen selbst bei sonst hochintelligenten Menschen gelegentlich die rechte Zuordnung von Mitteln und Zwecken vermissen.

So wie der Arzt den mit der obrig- keitlichen Approbation stimulierten öffentlichen Anspruch auf erfolgrei- che Heilbehandlung letztlich nie er- füllen kann, so ist er in seiner Aufga- be als Gesundheitserzieher Gefan- gener der ethischen Wertvorstellun- gen der Gesellschaft seiner Zeit.

2. imperative These: Position und Funktion des Arztes in der Gesell- schaft bestimmen sich nach seiner Verpflichtung gegenüber dem ein- zelnen und der Gesamtheit.

a) Der Arzt ist nicht nur seinen Pa- tienten verpflichtet. § 1 der Berufs- ordnung lautet in Absatz (1): „Der Arzt dient der Gesundheit des ein- zelnen Menschen und des gesamten Volkes."

Die Formulierung klingt geradezu archaisch. Es heißt in der Tat „des gesamten Volkes" und nicht „der Gesellschaft".

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Spektrum der Woche Aufsätze -Notizen

Der Arzt in der heutigen Gesellschaft

Das heißt: Der Arzt hat bei seiner Tätigkeit für den einzelnen das Ge- meinwohl zu beachten. Das Abwä- gen des höherrangigen Gutes im konkreten Fall bleibt Gewissensfra- ge. Wir erinnern in diesem Zusam- menhang an den § 218 des Strafge- setzbuches. Gewissensfragen sind nicht bis in jedes Detail gesetzlich regelbar. Jedermann muß sich vor- behalten, in der Erfüllung von Ge- wissenspflichten mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten. Der Arzt muß stark genug sein, dies auch gegen die chaotischen und in Wahrheit an- archischen Forderungen des jour- nalistischen Gewerbes zu leben.

b) Der Arzt dient der Gesundheit des gesamten Volkes. Der massen- hafte Gebrauch des Wortes „Gesell- schaft" ist bereits symptomatisch für den Zustand des Staates - ebenso wie es symptomatisch ist, daß Politiker von „diesem unseren Lande" sprechen, statt von unserer Heimat oder von unserem Vaterland.

In der Vermeidung konkreter leben- diger und sinnerfüllter Begriffe zu- gunsten unprofilierter Floskeln drückt sich Mangel an Geschichts- bewußtsein ebenso aus wie Mangel an Zukunftsphantasie und entspre- chendem Ordnungswillen.

Dahinter verbirgt sich Wirklichkeits- scheu. Man spricht von der „Gesell- schaft in der Bundesrepublik", weil diese in der Tat nur ein Teil ist des deutschen Volkes, das ja älter ist, größer ist, definitiver und lebensfä- higer als die gegenwärtigen Gren- zen in Mitteleuropa.

Der erste Satz im ersten Paragra- phen der Berufsordnung der Ärzte erscheint in diesem Sinne nostal- gisch. Er formuliert zeitloser und da- mit letztlich wirklichkeitsnäher, als nähme er nur Bezug auf die „heuti- ge Gesellschaft".

Schlußbemerkung

Die aphoristischen Formulierungen mögen an dieser oder jener Stelle überzeichnen. Man halte dies der Absicht zugute, Nachbesinnung und Widerspruch herauszufordern. Die

Ärzte, wie alle Angehörigen der freien Berufe, werden sich ihrer Führungsaufgaben nur bewußt wer- den können, wenn sie sich als Non- konformisten in dieser Massenge- sellschaft verstehen, wenn sie sich in der Konfrontation zum Zeitgeist auf ihre Berufung besinnen. Sie soll- ten ihre geistige und sittliche Füh- rungsaufgabe nicht verleugnen, sie sollten sich dazu bekennen und sie sollten sie bewußt leben und erfül- len. Individuelle Gläubigkeit und Op- ferbereitschaft sowie unser ge- schichtliches und kulturelles Erbe geben nach wie vor die Chance für eine Gesellschaft freier Menschen, in der es sich auch in Zukunft loh- nen wird, zu leben und zu dienen.

(Nach einem Referat vor den Leiten- den Sanitätsoffizieren des Heeres, am 19. Juni 1979 in Würzburg/Veits- höchheim)

Anschrift des Verfassers:

Prof. J. F. Volrad Deneke Haedenkampstraße 1 5000 Köln 41

ZITAT

Gefahren

für das Krankenhaus

„Bei unbedingter Kostener- stattung besteht die große Gefahr, daß sich das einzel- ne Krankenhaus nicht den Mühen und Anstrengungen unterzieht, seine Kosten zu senken, sondern sich damit begnügt, die entstandenen und über den Preis zu erstat- tenden Kosten nachzu- weisen."

Prof. Dr. rer. pol. Siegfried Eichhorn, Vorstandsmitglied des Deutschen Kranken- hausinstituts (DKI), Düssel- dorf, beim Berufspolitischen Seminar während des XXVII.

Internationalen Fortbil- dungskongresses der Bun- desärztekammer in Davos

THEMEN DER ZEIT

Fachliche Voraus-

setzungen für eine betriebs- ärztliche

Tätigkeit

Renate Schiffbauer

Eine zusammenfassende Un- terrichtung über die derzeit geltenden fachlichen Voraus- setzungen für eine betriebs- ärztliche Tätigkeit erscheint notwendig, da gerade dieser Bereich - bedingt durch die pragmatischen Lösungen in der Anlaufphase des Gesetzes über Betriebsärzte, Sicher- heitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicher- heit (ASiG) - eine Vielzahl un- terschiedlicher Qualifikatio- nen aufweist.

Aufgrund des Arbeitssicherheitsge- setzes darf der Arbeitgeber nur ei- nen Arzt zum Betriebsarzt bestellen, der berechtigt ist, den ärztlichen Be- ruf auszuüben und der über die zur Erfüllung der ihm übertragenen Auf- gaben erforderliche arbeitsmedizini- sche Fachkunde verfügt (§ 4 ASiG).

Der Arzt benötigt demnach, um die ihm übertragenen Aufgaben sach- gerecht wahrnehmen zu können, neben der Approbation als Arzt eine besondere arbeitsmedizinische Fachkunde. Diese besondere Fach- kunde ist im Gesetz nicht näher prä- zisiert worden, um möglichst vielen Ärzten - auch niedergelassenen Ärz- ten - die Möglichkeit zu geben, ohne die bereits seit 1965 bestehende ar- beitsmedizinische Qualifikation, die Zusatzbezeichung „Arbeitsmedi- zin", betriebsärztlich tätig werden zu können. Aufgrund des Mangels an Betriebsärzten wurde auch ge-

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Referenzen

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