DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
TAGUNGSBERICHTE
CDU-Sozialausschüßler
propagieren weiter Sparkurs
Die bisher praktizierten Kasten- dämpfungsmaßnahmen im Ge- sundheitswesen sind der Christ- lich-Demokratischen Arbeitneh- merschaft (CDA) der CDU offen- bar noch zu "unergiebig" und we- nig auf Dauererfolg program- miert. Jedenfalls hat die Bundes- tagung der Arbeitnehmergliede- rung der CDU, der "Hausmacht"
von Bundesarbeitsminister Dr.
Norbert Blüm (er ist Vorsitzender der CDA), an die Bundesregierung und die CDU/CSU-Bundestags- fraktion appelliert, sich intensiver um die Begrenzung des Ausgaben- anstiegs der gesetzlichen Kran- kenversicherung (GKV) zu bemü- hen. ln jedem Fall müßten in den kommenden Jahren Beitragser- höhungen vermieden werden.
Die CDA behauptet, daß in den vergangenen Jahren vor allem die Versicherten die Last der ver- schiedenen Kostendämpfungs- maßnahmen getragen hätten; die eigentlichen Ursachen für die Ko- stensteigerungen im Gesund- heitswesen l.ägen aber "eindeutig bei den Anbietern von Gesund- heitsleistungen", hieß es während der Saarbrücker Tagung der CDA (vom 4. bis 6. Oktober 1985). Diese müßten in erster Linie zu den , , notwendigen Sparmaßnahmen herangezogen werden". Die Aus- gaben für die Gesundheitssiche- rung dürften, so die CDA, nicht stärker steigen als der Anstieg der Grundlohnsumme der versiche- rungspflichtigen Arbeitnehmer. Dabei sollen freiwillige Vereinba- rungen zwischen den Kranken- kassen und den Vertretern der
"Anbieterseite" vor staatlichen bzw. gesetzlichen Maßnahmen vorrangig sein.
~ Die Ärzte werden aufgerufen, auf die Verschreibung "teurer
Markenartikel" völlig zu verzich- ten. Ebenso müsse einer "unge- zügelten Mengenausweitung" ge- gebenenfalls mit gesetzlichen Maßnahmen entgegengewirkt werden. Ganz der auch sonst bei Gewerkschaften hervorgekehrten Mißtrauensthese folgend sollen
die "ärztlichen und zahnärzt-
lichen Leistungen stärker durch die Patienten kontrolliert werden". Dem ambulant behan- delten Patienten soll ebenso wie dem im Krankenhaus behandel- ten unmittelbar nach Beendi- gung der ärztlichen Versorgung eine allgemeinverständliche Auf- stellung der ärztlichen Leistungen ausgehändigt werden. Diese sei durch den Patienten zu unter- schreiben und anschließend an den Kostenträger weiterzuleiten.
Ja zur Zulassungsbegrenzung - mit wenn und aber ...
Das "Schwemmenproblem" und
die Kapazitätsbegrenzung im Hochschulsektor will die CDA durch eine Steuerung und Kanali- sierung des Studentenstromes in den Griff bekommen. Zunächst solle über eine geänderte Kapazi- tätsverordnung (hier sind die Län- der zuständig) versucht werden, den Zugang von Studenten zur Humanmedizin und zur Zahnme- dizin vor allem auch unter qualita- tiven Gesichtspunkten zu begren- zen. Falls die Maßnahmen nicht ausreichend seien, müsse auch eine Zulassungsbegrenzung bei der Niederlassung approbierter Kassenärzte erwogen werden. Al- lerdings müßten die Schlußfolge- rungen aus dem Bundesverfas- sungsgerichtsurteil vom 23. März 1960 auf dem Hintergrund der ak- tuellen Situation berücksichtigt werden.
3520 (32) Heft 47 vom 20. November 1985 82. Jahrgang Ausgabe A
Unisono lehnt die CDA eine erwei- terte Direktbeteiligung der Versi- cherten ab. Es wird behauptet, neue Selbstbeteiligungsformen dienten ausschließlich der Er- schließung von Finanzquellen für die Krankenkast>en; eine Zubuße der Versicherten über den Kollek- tivbetrag hinaus könne niGht si- cherstellen, daß sie gesundheits- politisch unbedenklich und sozi- al austarierbar sei. Zudem habe sie im stationären Sektor keine Steuerungswirkungen erbracht.
Große Erwartungen setzten die CDU-Sozialausschüsse in die ab 1. April 1986 wirksam werdende und auf Kombinationspräparate
erweiterte "Preisvergleichsliste".
Diese stelle jedoch nur einen er- sten Schritt zur Kostendämpfung im Arzneimittelsektor dar. Sollte
die "Preisvergleichsliste" nicht
zugleich eine wirtschaftlichere Verschreibungsweise bei den Me- dikamenten zeitigen, müsse den Krankenkassen die Möglichkeit eingeräumt werden, "bei einzel- nen überteuerten Medikamenten die Erstattung auf den Preis ver- gleichbarer kostengünstigerer Mittel zu beschränken". Falls nö- tig, müsse auch über eine "Posi- tivliste" nachgedacht werden, die dem Arzt vorschreibt, welche Me- dikamente im Rahmen der GKV erstattungsfähig sind oder als Sachleistungen gewährt werden.
Die Werbung für verschreibungs- pflichtige Arznei- und Heilmittel soll auf Produktinformationen in Fachzeitschriften für Heilberufe beschränkt werden. Außerdem solle die Zahl der höchst zulässi- gen (kostenfrei abgegebenen) Arzneiproben für Ärzte um minde- stens die Hälfte reduziert werden.
Schließlich müsse die Zahl der über die Krankenkassen abge- rechneten Arzneimittel drastisch beschränkt werden. Insbesondere müsse der "Überschwemmung des Arzneimittelmarktes mit frag- würdigen Kombinationspräpara- ten durch Zulassungsverschrei- bungen der Kassen und nötigen- falls durch Maßnahmen des Ge- setzgebers entgegengewirkt wer-
den". dfg/HC