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Archiv "Praktikum in Wuhan: Die Traditionelle Medizin lebt fort" (05.11.1987)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Von Mai bis Juli 1987 arbeitete die Medizinstudentin Karin Sachse im Rahmen ihres Praktischen Jahres in der Chirur- gie der Tongji Universität in Wuhan, Volksrepublik China.

Die Traditionelle

Praktikum in Wuhan

Kennen Sie Wuhan? Die heute bereits etwa vier Millionen Ein- wohner umfassende Stadt - Me- tropole der Provinz Hupei - liegt am Yangtsefluß im Herzen der Volksrepublik China. Aber wußten Sie auch, daß dort die Tongji Universität besteht, eine

N

ach den Wirren der Kul- turrevolution, die auch vor der Tongji Universität nicht halt machten und zu blutigen politischen Auseinanderset- zungen führten, wurden in den letz- ten Jahren wieder Kontakte mit den Universitäten in Heidelberg und Es- sen gepflegt. Zwei Professoren der medizinischen Fakultät der Ludwig- Maximilians-Universität in München knüpften während ihres Chinaauf- enthaltes erste Kontakte mit der Tongji Universität. Damit ergab sich

Medizin lebt fort

medizinische Hochschule, die vor acht Jahrzehnten - 1907 - von einem Deutschen namens Paulun gegründet worden ist?

für mich die Möglichkeit einen Teil meines Praktischen Jahres in der dortigen chirurgischen Abteilung zu absolvieren.

Es war gewissermaßen ein Sprung ins Unbekannte, da ich mich, auf Grund meiner Examens- vorbereitungen nicht besonders auf diese Reise vorbereiten konnte. Aus dem Atlas war nur zu ersehen gewe- sen, daß es sich um eine große Stadt in Zentralchina handelte. In den Reiseführern wurde Wuhan als gro- ßes Industrienest beschrieben, um

Tagtägliche Zeremonie: zehnminütiges Waschen - bis zum Oberarm in zwei gro- ßen Kübeln - mit anschließendem fünfmi- nütigem Alkoholarmbad. Operiert wird unter absolut sterilen Kautelen

das der verehrte Reisende am besten einen großen Bogen machen sollte - es sei denn, er käme mit einem der Yangtseflußboote an. In diesem Fal- le empfehle es sich, die Reise bereits am nächsten Tage fortzusetzen.

Mit dementsprechend niedrig- geschraubten Erwartungen kam ich in der Tongji Universität in Wuhan an. Ich durfte ein Zimmer im Aus- landsamt der Universität beziehen, außerdem wurde ich der Klinikkü- che reichlich mit typisch chinesi- schen Gerichten versorgt. Welcher Luxus mir hier geboten wurde, be- merkte ich erst, als ich die Zimmer der chinesischen Medizinstudenten zu sehen bekam. Jeweils sechs Stu- denten teilen sich ein Zimmer mit Stockbetten und Miniaturschreibti- schen. Das Licht wurde bei ihnen um sechs Uhr morgens und 23.30 Uhr zentral an- und ausgeschaltet.

Zum Studieren geht man in die Bi- bliothek oder die Klassenzimmer.

Im Gegensatz zu früher wird die Tradition der deutschen Sprache jetzt nur noch durch jeweils eine Klasse fortgeführt, der zu Beginn ih- res Medizinstudiums in einem Jahr die Grundlagen der deutschen Spra- In die orthopädische Chirurgie kamen oft auch Patienten mit alten Frakturen, die in den

Landhospitälern nur ungenügend versorgt worden waren. Die traditionellen chinesi- schen Schienen (ähnlich unseren „Kramerschienen") sind auch in Wuhan in Gebrauch

Dt. Ärztebl. 84, Heft 45, 5. November 1987 (29) A-3023

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I Akupunktur in der Rehabilitation

Wie in den meisten chinesischen Kliniken gab es auch hier eine eige- ne Abteilung für traditionelle chine- sische Medizin Diese traditionelle che gelehrt werden. Dem Studium

der übrigen Medizinstudenten an dieser Hochschule wird statt dessen nunmehr ein Jahr englischer Sprach- unterricht vorgeschaltet. Der Sprachhunger der Studenten und zum Teil auch der Ärzte war, man- gels Gelegenheit ganz ungemein. So wurde ich, offensichtlich zur Sprach- übung, nicht nur im Klinikgelände, oftmals angesprochen. Daß die Ge- spräche oftmals eher oberflächlich blieben, war verständlich. In der Klinik fielen mir, die von allen Kli- nikangehörigen getragenen, etwas seltsam anmutenden weißen Zuk- kerbäckermützen auf. Diese wurden im übrigen auch von den Köchen und den Straßenkehrern um die Ecke getragen. Obwohl die Klei- dung, auch in Wuhan, relativ bunt geworden ist, trugen einige Ärzte unter dem weißen Kittel noch öfters die blaue „Maojacke".

Waschen

im Alkoholbad

Da ich einen Teil des Chirurgie- tertials hier ableisten wollte, wurde ich einem der Leiter der chirurgi- schen Abteilung vorgestellt, der mir einen Stundenplan zusammenstellte.

Zu Beginn des Praktikums wurde mir ein junger Assistenzarzt als Kin- dermädchen zur Seite gestellt, und so war ich meist zur richtigen Zeit am richtigen Fleck.

An meinen ersten Tag im Ope- rationstrakt fiel mir auf, wie drei Leute ihre Arme für fünf Minuten bis zum Oberarm in zwei große Kü- bel mit Alkohollösung tauchten.

Diese Zeremonie des zehnminütigen Waschens mit dem anschließenden fünfminütigen Alkoholarmbad wur- de dann jedoch tagtäglich auch durch mich durchgeführt. Die OP- Kleidung ist weiß, die Handschuhe werden öfter sterilisiert und wieder- verwendet und die Air-condition ar- beitet — allerdings derartig geräusch- voll, daß statt dessen zumeist lieber bei geöffnetem Fenster gearbeitet wird. Ob allerdings das Fliegengitter davor so dicht war? Ein Schmetter- ling, der durch den Operationssaal flatterte und ein Käfer, der in der abgelegten OP-Wäsche krabbelte,

erregten allerdings schon einmal die Heiterkeit des Operationsteams

Ansonsten aber wurde unter ab- solut sterilen Kaudelen operiert und auch die Operateure zeigten großes Geschick. Das Nahtmaterial aller- dings war nicht besonders vielfältig.

Die Operationen wurden unter Epi- dural- , oder Lumbalanästhesie durchgeführt, soweit es nur irgend- wie möglich war. Zur Intubations- narkose standen einige moderne Einheiten zur Verfügung. Akupunk- turanästhesie sah ich nur in einigen Fällen bei Strumektomien, bei de- nen zusätzlich jedoch noch Diaze- pam, Fentanyl und Lokalanästhesie verabreicht worden waren.

Während meiner Zeit in der Ab- dominalchirurgie überwogen Leber- zellkarzinome , die hier ganz über- durchschnittlich häufig sind. Die Ärzte vermuten einen Zusammen- hang mit der hohen Hepatitisrate in China. Auffällig war auch, daß viele junge Menschen hier dieses Karzi- nom entwickelten. Die Fälle wiesen meist ein derartig fortgeschrittenes Stadium auf, daß meist nur noch pal- liativ vorgegangen werden konnte.

Angewendet wurde dabei oft die Embolisation mit kleingeschnetzel- ten Rektusscheidenstückchen und zusätzlicher Instillation von Zytosta- tika. Einen weiteren Teil meiner Zeit verbrachte ich in der orthopädischen Chirurgie. Außer Unfallopfern und Patienten mit Hüftleiden kamen hier oftmals Patienten mit alten Fraktu- ren, die in den Landhospitälern nur ungenügend versorgt worden waren.

Die traditionellen chinesischen Schienen (entsprechen in etwa unse- ren „Kramerschienen"), die auf dem Land oft zur Immobilisation verwen- det worden waren, waren im übrigen auch in der Tongji Universität im Ge- brauch. Allerdings wurde hier auch oft durch Gips immobilisiert. Ein Fixateur externe jedoch wurde nie- mals eingesetzt.

chinesische Medizin basiert, nach Angaben der Ärzte dieser Abtei- lung, auf einem 1000jährigen Um- gang und empirischen Erfahrungen mit Heilkräutern, tierischen Produk- ten, Akupunktur-, und -pressur und traditionellen Maßnahmen zur Ru- higstellung von verletzten Gliedma- ßen. Die speziellen therapeutischen Maßnahmen dieser Traditionsmedi- zin kommen zusätzlich zu der „west- lichen Schulmedizin" in praktisch allen Abteilungen zu Anwendung.

So auch in der Ambulanz zur Wundbehandlung. In dieser Abtei- lung war ich öfters an den Nachmit- tagen beschäftigt. Hier wurde ich mir am deutlichsten der Tatsache bewußt, daß ich mich hier in Zen- tralchina befand. In einem langge- streckten Raum waren eine Anzahl Liegen aufgereiht. Wer Pech hatte, lag auf der Bank. Angehörige wer- den in China während Untersuchung und Behandlung nicht nach außen gebeten, so daß der Raum stets menschengefüllt war. Wie überall in Wuhan wurde auch hier in der Am- bulanz durchaus einmal auf den Bo- den gespuckt, nachdem man vorher geräuschvolle Vorbereitung dafür traf.

Kam ein neuer Fall herein, der noch eindrucksvoller zu sein schien als der eigene verunglückte Angehö- rige oder Freund, drängte sich alles um das neue „Opfer" . Schweige- pflicht schien nur gegenüber dem Patienten selbst zu bestehen. Stellte man die Diagnose „Karzinom", so wurden sowohl Familienangehörige als auch Freunde oder Arbeitgeber davon informiert — nur der Patient selbst nicht. Rollstühle wurden oft dadurch ersetzt, daß der Patient von den Angehörigen per Huckepack in das Behandlungszimmer transpor- tiert wurde.

Dem gegenüber stand die Mög- lichkeit zum Einsatz moderner dia- gnostischer und therapeutischer Hilfsmittel, wie zum Beispiel Compu- ter-Tomographie, Sonographie und so weiter. Die eingeschränkten finan- ziellen Möglichkeiten waren sowohl im stationären als auch im ambulan- ten Bereich nicht zu übersehen. So mußte etwa auf die Peritoneallavage zugunsten der abdominellen Nadel- aspiration verzichtet werden.

A-3024 (30) Dt. Ärztebl. 84, Heft 45, 5. November 1987

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Die weißen „Zuckerbäckermützen" werden von allen Klinikangehörigen getragen. Ob- wohl die Kleidung in der Volksrepublik China heute wieder relativ bunt ist, tragen man- che Ärzte unter dem Kittel noch die blaue Mao-Jacke. Alle Fotos von der Autorin

I Hundeoperierkurse für Studenten

Andererseits werden durch die Regierung gewisse Geldmittel zur Forschung zur Verfügung gestellt.

So nahm ich an einer Bypass-Opera- tion am schlagenden Herzen bei ei- nem Hund teil, dem eine Koronarar- terie durch einen, aus Pericard ge- nähten Schlauch ersetzt wurde. Wei- terhin gibt es an der Tongji Univer- sität auch ein verhältnismäßig gro- ßes Transplantationszentrum. Für Studenten wurden „Hundeoperier- kurse" angeboten, was nicht ver- wundert, wenn man bedenkt, daß Hunde, wie auch viel anderes Ge- tier, im Winter häufig in den Koch- topf wandern.

In der Klinik wurde auch sams- tags ganztägig gearbeitet. Im allge- meinen fanden jedoch keine geplan- ten Operationen an diesem Tag statt. Das Leben der Universitätsan- gehörigen, die fast alle mit ihrer Fa- milie im Universitätsgelände leben, wickelte sich vornehmlich innerhalb des Campus ab. Vom eigenen Le- bensmittelgeschäft, über die eigene Grundschule bis zum „campuseige- nen" Schneider war alles vorhan- den.

Zur Mittagszeit liefen ganze Menschenmassen mit ihren Email- töpfchen zur Kantine, um ihr Essen abzuholen. Gegessen wurde dann oft im Laufen oder Stehen. Wasser konnte nur abgekocht getrunken werden. Große Thermoskannen wa- ren in fast jedem Raum zu finden.

Gefaßt wurde das köstliche Naß bei zentralen Wasserkochöfen.

Die sanitären Verhältnisse und vor allem die öffentlichen Toiletten erschienen einem Europäer wohl eher ungewohnt. Die ganze „Be- dürfnisanlage" bestand aus einer Rinne. Diese wurde, bei luxuriöser Ausführung, von der einen Seite her gespült — oftmals aber auch nicht.

Zwar wurde man zu den Nachbarin- nen von vorne und hinten jeweils durch eine Trennwand abgeschirmt, die Seitenfront war jedoch meist nicht gedeckt. — Ein stilles, nicht ein- sehbares Örtchen existierte hier zu- meist nicht.

Bei einem durchschnittlichen Arztgehalt von zirka 100 Yuan (ent-

spricht in etwa 50 DM), zahlte man nur zwei bis drei Yuan für das Zim- mer, in dem die ganze „Einkindfa- milie" lebt. Auch für ein normales Essen gibt man im Schnitt nicht mehr als etwa 30 Pfennige aus. Woll- te sich ein Arzt jedoch ein gutes Paar Schuhe kaufen, so müßte er da- für ein Drittel seines Monatsgehaltes investieren. Ein Fabrikarbeiter ver- dient im Gegensatz dazu übrigens etwa 60 bis 70 Yuan. Die Höhe die- ser Entlohnung führte verständli- cherweise nicht immer zur vollen Zufriedenheit aller Ärzte und Medi- zinstudenten. Nach wie vor müssen jedoch alle Universitätsangehörigen regelmäßig an politischen Schulun- gen teilnehmen. Letztere waren im allgemeinen nicht unbedingt unbe- liebt, bekam man doch meist zwei Stunden eher frei als sonst.

Wenn man „chinesische Medi- zin" hört, denkt man oft zuerst an Akupunktur. Diese war in die Reha- bilitationsabteilung eingegliedert.

Pro Tag verbrachte ich hier ungefähr zwei Stunden. Nach drei Wochen durfte ich zum ersten Mal selber

„pieksen". Die Patienten waren als

sehr ko-operativ zu bezeichnen und gaben meist sehr deutlich zu verste- hen, wenn sie kein Schwellungsge- fühl verspürten: „bu zang" (—

chinesisch: „kein Schwellungsge- fühl").

Behandelt wurden vornehmlich Fazialisparesen, Schulter-, und Knieschmerzen, Ischialgie, Lumbal- gie und ähnliches. Ebenso zur An- wendung kamen Schröpfköpfe, In- jektionen mit traditionellen medizi- nischen Extrakten (Heilpflanzen und Tigerbauch-Extrakt . . .), sowie eine Art Akupressur, bei der kleine Samenkörner ins Ohr geklebt wur- den, die der Patient drei Mal täglich drücken mußte.

Die Kommunikation mit den Ärzten fiel sehr unterschiedlich aus.

Manche sprachen perfekt Englisch, Deutsch oder Französisch, bei ande- ren mußte ich versuchen, mich mit meinen kläglichen Chinesischkennt- nissen und vor allem Gestensprache

I Ko-operative Patienten

Dt. Ärztebl. 84, Heft 45, 5. November 1987 (35) A-3025

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GUNGSBERICHT

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

verständlich zu machen. Wenn alles nichts mehr half, fing ich an, Bild- chen zu malen.

Wenn auch die Patienten mich zuerst mit großen und zum Teil skeptischen Augen besahen (man könnte auch sagen „anstarrten"), so waren sie später, ebenso wie die Ärzte und Schwestern von Anfang an, meist sehr freundlich und hilfs- bereit.

Dadurch, daß ich ein Fahrrad zur Verfügung gestellt bekam, das in Wuhan übrigens auch für Ärzte das Hauptverkehrsmittel darstellte, war ich sehr mobil und konnte Wuhan und die Umgebung in meiner Frei- zeit erkunden. Dieses ist zwar in der Tat eine große Industriestadt, be- herbergt aber auch unzählig viele kleine Straßen, in denen sich das Le- ben ursprünglicher abspielt, als ich es später jemals sehen sollte. Daß sich in Wuhan noch nicht allzu viele Fremde unter die einheimische Be- völkerung gemischt hatten, war deutlich zu sehen, wenn ich außer- halb des Campus unterwegs war. Ich mußte mich bald daran gewöhnen, im Mittelpunkt der unverhohlenen Neugierde zu stehen. So versammel- ten sich regelmäßig kleine Men- schenmengen um mich, wenn ich ir- gendwo auf der Straße stehen blieb, etwas aß oder kaufte.

Auch wenn es mich nach diesen drei Monaten dann wieder zurück in den westlichen Kulturkreis zog, nahm ich mit Bedauern Abschied von Wuhan und der Tongji Univer- sität. Während dieser verhältnis- mäßig kurzen Zeit suchte und fand ich sehr herzliche Kontakte mit den dortigen Kolleginnen und Kollegen, die von der gemeinsamen Tätigkeit am Operationstisch bis zu zaghaften Walzerschritten am samstäglichen Tanzabend auf dem Campus reich- ten. In den letzten Jahren gingen Veränderungen in China so schnell vor sich, daß das, was ich im Früh- sommer 1987 gesehen und erlebt ha- be, in dieser Form für mich wahr- scheinlich einmalig war.

Anschrift der Autorin:

Karin Sachse

Westpreußenstraße 7 8000 München 81

40. Bayerischer Ärztetag:

Ethische Bindungen

Die pauschal gegen die phar- mazeutische Industrie gerichtete Be- schuldigung, sie verfolge „unethi- sche und unmoralische Praktiken"

in Ländern der Dritten Welt, ist vom 40. Bayerischen Ärztetag in Mün- chen entschieden zurückgewiesen worden. Die — durch nichts zu ent- schuldigenden — Geschäftspraktiken einiger weniger Firmen, „dürften nicht dazu führen, dies einem gan- zen Industriezweig anzulasten und ihn dadurch zu diffamieren", heißt es in einer mit sehr großer Mehrheit angenommenen Entschließung.

Der Bayerische Ärztetag rückte damit eine vom Deutschen Arztetag im Mai dieses Jahres unter Zeit- druck beschlossene Entschließung zurecht. Vor den Delegierten des Bayerischen Ärztetages, der im Ok- tober in München tagte, wies Kam- merpräsident Professor Dr. Dr. h. c.

Hans J. Sewering, der auch dem Vorstand des Weltärztebundes an- gehört, auf die Verdienste der Phar- maindustrie bei der Entwicklung von Medikamenten gegen Tropen- krankheiten und Seuchen hin.

Ausführlich diskutierte der Bayerische Ärztetag über Maßnah- men gegen AIDS. Zum Schutz des medizinischen Krankenhausperso- nals sei es erforderlich, Untersu- chungen auf AIDS bei allen Patien- ten durchzuführen, wenn Verdachts- momente es angezeigt erscheinen ließen, heißt es in einer Entschlie- ßung.

Außerdem empfahl der Ärzte- tag allen Ärzten und allen anderen Personen, die in Klinik und Praxis am Patienten tätig sind, sich einer HIV-Testung zu unterziehen, um gegebenenfalls „später, bei einem positiven HIV-Test, die Infektions- quelle zu finden".

Zu der Diskussion über eine Meldepflicht erklärte Sewering, daß die seit 1. Oktober eingeführte La- bormeldepflicht ausreiche, um epi- demiologische Daten zu gewinnen.

Forderungen nach einer nament- lichen Meldepflicht wies Sewering — in Übereinstimmung auch mit dem Weltärztebund — zurück. In diesem Zusammenhang steht auch die Be- kräftigung der ärztlichen Schweige- pflicht durch den Ärztetag:

• „Befunde, die im Zusam- menhang mit Einstellungsuntersu- chungen erhoben werden, dürfen zunächst ausschließlich dem Betrof- fenen eröffnet und Dritten nur mit dessen ausdrücklicher, nachfolgen- der und schriftlicher Zustimmung zur Kenntnis gebracht werden. Den berechtigten Interessen des Auftrag- gebers einer Untersuchung ist mit der summarischen gutachtlichen Stellungnahme zur Frage der Eig- nung hinreichend Rechnung getra- gen."

Dem Arzt im Praktikum (AiP) und der Realisierung der Praxispha- se ab Juli 1988 galten zahlreiche wei- tere Beschlüsse des 40. Bayerischen Ärztetages.

Der Ärztetag erwartet, daß Bund, Länder und Gemeinden in ih- ren Einrichtungen, insbesondere den Krankenanstalten, zur Siche- rung des Ausbildungsgangs „we- sentlich beitragen". Er bittet auch die Träger der kirchlichen und priva- ten Krankenhäuser sowie die nieder- gelassenen Ärztinnen und Ärzte, sich der Bewältigung dieser Aufgabe nicht zu entziehen. Staatliche Stellen müßten zudem Informationsmög- lichkeiten schaffen.

Und schließlich:

• Die Bayerische Landesärzte- kammer ist bereit, Meldungen freier Stellen entgegenzunehmen und an- fragende Kolleginnen und Kollegen, die eine AiP-Stelle suchen, zu infor- mieren.

• Scharf wandte sich der Ärzte- tag in München gegen die aktive Sterbehilfe. Pflicht des Arztes sei es, seinem Patienten auch beim Sterben beizustehen. „Niemals darf der Arzt aber durch sein Handeln den Tod bewußt herbeiführen. Dieser Grundsatz verbietet sowohl das di- rekte Handeln des Arztes, also die Tötung durch eigene Maßnahmen, als auch die Ermöglichung eines Selbstmordes durch ärztliche Beihil- fe", bekräftigte der Bayerische Ärz-

tetag. EB

A-3026 (36) Dt. Ärztebi. 84, Heft 45, 5. November 1987

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