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Die Femininbildung der Nomina auf an im Syrischen.
Von Franz Praetorius.
Barth hat, Nominalbildung S. 319 ff. erkannt, dass dem männ¬
lichen Thema einst ein weibliches Thema 'Äre = i^jiA
gegenübergestanden hat, und dass dieses, im Syrischen jetzt ver¬
einzelte Paar wohlbekannten und häufigen arabischen Paaren wie
J & ^ o
^.jLiiic, ^ entspricht. Im Anschluss an diese Erkenntnis
Barths hat dann Brockelmann in dieser Zeitschrift, Bd. 51, S. 660
ausgeführt, dass aus 'Äre zunächst Aj*./ weitergebildet ist, und
dass nach Analogie dieses weitergebildeten Femininums nunmehr auch
das Masculinum sing, seinen Vokal in e verwandelt hat : ^V*./ aus
.^ttj. Dieser letztere Vorgang ist auch sonst noch aus dem Aram.
bekannt; s. Journ. asiat. IX tome 11, S. 451, § 47 (Ma'Uldy,
Nöldeke, mand. Grammatik § 149. In anderen aramäischen Dialekten
hat sich der Vokal des Masculinums dagegen nicht nach dem des
Femininums gerichtet.
Barth und Brockelmann haben auch erkannt, dass das von
ihnen erschlossene Femin. sing, 'hre — ungeföhr wenigstens —
thatsächlich in dem Bibl.-aramäischen und targumiseben Femin.
sing. ■'"inN vorliegt, das sich dem unveränderten Masc. sing. priN
zugesellt. Es ist Barth natürlich nicht entgangen , dass für inriN
eigentlich '''nriN zu erwarten wäre; er hält das t für „verfärbt"
aus e. Man könnte zunächst auch an einen Pehler der Überlieferung
denken; doch wird die Richtigkeit des i von anderer Seite be¬
stätigt und erklärt werden. —
Ich glaube darlegen zu können, dass das Endungspaar masc.
ön, fem. e (aus ai), das Barth an einem Beispiel nachgewiesen
hat, im Aramäischen einst mindestens so weit verbreitet war, wie
im Arabischen.
Praetorius, Die Femininbildung der Nomina auf än im Syrischen. 155
Syrische Feminina wie qatle müssten auf regelmässige Weise
ini Emphatikus qatlyä bilden ; im Plural qaflyän, qatlyät, qaflyOtä.
Die Pluralformen waren ohne weiteres als unzweideutige weibliche
Pluralformen zu erkennen; aber die Singularformen standen ganz
abseits von der gewöhnlichen Bildung der Feminina. Indem nun
die Sprache das Bedürfhis fühlte, den weiblichen Charakter dieser
Singularformen qatle (abs. und constr.), qatlyä (emph.) durch Über¬
führung in die gewöhnliche Bahn der Feminina klar kenntlich zu
machen, standen ihr zwei Wege offen : Am naheliegendsten war es,
dass der Emphatikus qatlyä als Absolutus zu Grunde gelegt, und
von ihm aus qaflyat (constr.), qaflltä (emph.) weitergebildet wurde.
So ist die Sprache thatsächlich (wie wir sehen werden) in weitem
Umfange verfahren, und das jüd.-aramäische i'ine« ist als nicht
ungewöhnliche Rückbildung eines Absolutus aus NninnN (emph.)
anzusehen. Der andere Weg war, vom Absolutus qatle ausgehend
qatlet (constr.), qatletä (emph.) zu bilden, so dass eine Reihe wie
malkü, malkut, malkütä entstand. )Lv-/ zeigt, dass auch dieser
Weg beschritten worden ist.
Es müssen sich im Aramäischen einst ganz allgemein paar¬
weis gegenübergestanden haben männliche Formen auf än und
weibliche auf l, y (aus e, aus ai); also beispielsweise syrisch:
Männlich Weiblich
Sing. abs. masl^mtZn maSlemyä (aus ma^l^me weiter¬
gebildet ; s. o.).
, constr. maSl'mtln maSlemyat.
„ emph. maäl^nUlnä maäl'mitä.
Plur. abs. mäSl^md/ntn maSlemyän.
, constr. maS^mätlai maslemyät.
„ emph. maäl'mans maSlemyätä.
Als die Sprache in dem aus urspr. ai hervorgegangenen i, y
nicht mehr die dem männlichen än entsprechende weibliche Endung
erkennen konnte, löste sich der Zusammenhang zwischen beiden
Reihen; und man fing an, von dem Masc. maäl'män aus nach der
üblichen Weise neue Feminina zu bilden; sing, maä^mänä, maä-
l'mänat, maSl'^män'tä, plur. maSl^mänän, maäl'mänät, maSl'mänätä.
Diese jüngeren Formen haben die alten schliesslich ganz verdrängt.
Die jüngeren Formen liegen rein im Neusyrischen vor (Nöldeke,
nsyr. Grammatik S. 106) und auch in vereinzelten altsyr. Formen.
Im Altsyrischen aber und in den meisten anderen aram. Dialekten
haben sie die alten Formen — äusserlich betrachtet — in sich
aufgenommen. Denn in der Zeit, da die älteren Formen noch
neben den neuaufkommenden gebräuchlich waren, wurde das neue
maäl^mü/nä von dem alten maälemyä in maäl'nMnyä veranalogisiert,
mas'manat von maälemyat in maSl'nUlnyat u. s. f Den An¬
stoss zu diesem Vorgange dürfte der alte sing. emph. maSlfmitä
156 Praetorius, Die Femininhildung der Nomina auf an im Syrischen.
gegeben haben, dessen charakteristisches l besonders geeignet war,
das neugebildete entsprechende mäS¥mänHa umzubilden'); die
anderen Formen sind dann dem Beispiel gefolgt. So entstand die
im Syrischen jetzt herrschende Femininbildung J !iv\|bv> bJixiSiAi ,.P r »""v " ..'""y. ' u'"'"<'v "
J^.a)o\jüD, ^jTrvx>, ^,.jxi\ax>, /fei..ixvvt>.
So ist auch der biblisch und jüdisch aramäische stat. abs. fem.
sing. irnuiN als Mischung aufzufassen aus neuen Femininbildungen auf anä und älteren auf l (rückgebildeter Absolutus, wie in "■'nnt*). —
Bekanntlich ist diese Femininbildung mit dem „eingeschobenen"
i, y im Singular so gut wie ausschliesslich auf die Nomina
auf än beschränkt, so dass der besondere Zusammenhang zwiscben
diesen beiden Endungen sofort hervortreten muss. Wenn auch
die Form qätöl sich dieses Einschubs in einigen Formen des weibl.
liehen Singulars zu bedienen scheint, so ist vielleicht der Umstand
daran Schuld, dass qätöl das entspreebende Pe'alkomplement zu
ni^qatfiän, maqflän ist. Und z*'ör mag durch den ähnlichen
Klang zu qätöl gerückt worden sein. Wie dem auch sei : Jeden¬
falls wird hierdurch die Thatsache nicbt geändert, dass es so gut
wie ausschliesslich die Nomina auf än sind , die im Singular fem.
das „eingeschobene" l, 3/ zeigen*). Im Plural fem. hat allerdings
die Endung yän, yät, yätä viel weiter um sich gegriffen ; möglich,
dass hier ausserdem auch noch Entlehnung anderswoher vorliegt:
Hier wäre jedenfalls ein besonderer Zusammenhang mit masc. sing.
än nicht so leicht zu kontrollieren.
Frühere Erklärungen: Diese Zeitschrift, Bd. 23, 294; Duval,
grammaire S. 239 f; Lagarde, Übersicht, S. 187 ff. ; Brockelmann,
syr. Grammatik § 116; Barth, Nominalbildung S. 317.
1) Gerade so, wie das charakteristische e von 'Itretä wirkungsvoll ge¬
wesen ist.
2) Einige starre Substantiva auf itä können hier ganz ausser Betracht bleiben.
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Die Inschrift von Piprävä.
Von R. Pischel.
Auf Grund genauer Untersuchung des Originals hat Bloch
(Joumal of the Royal Asiatic Society of Great Britain and Ireland
1899, p. 425 f) den Wortlaut der Inschrift von Piprävä folgender¬
maassen festgestellt :
iyam salilanidhane Budhasa bhägavate
yanam
salei suhitibhatinam sabhaginikanam saputadalanam.
Das einzige Wort in der Inschrift, das Schwierigkeiten bereitet,
ist sukiti. Bühler (JRAS. 1898, p. 388) fasste es als Eigen¬
namen und wollte Sukitibhatinam übersetzen mit ,of Sukiti's
brothers' oder „of Sukiti and his brothers". Ihm ist Führer
gefolgt (Annual Progress Report of the Archaeological Survey
Circle, North-Western Provinces and Oudh, for the year ending
30th June 1898, p. 3), der „Sukiti and brothers" übersetzt. Dass
ein Säkya Sukirti in den Päli-Texten nicht erwähnt wird, hat
Rhys Davids in einer Anmerkung zu Bühlers Artikel bemerkt.
Als Eigennamen fasste das Wort aucb Barth (Academie des In¬
seriptions et Belles-Lettres. Comptes rendus des stances de l'annee
1898. 4. Serie, Tome XXVI, p. 147. 233), der übersetzt „Sukirti
et ses frferes". Barth erwähnt p. 234, dass Führer damals sukiti
nicht als Eigennamen auffasste, sondern als Adjektiv und übersetzte :
,a ete consaere par les illustres fröres Qäkyas", eine Auffassung,
die Barth ablehnt , die dagegen vertreten wird von Subhüti
Thero (Athenaeum, July 9, p. 67), von V. A. Smith (JRAS. 1898,
p. 587) und Rhys Davids (JRAS. 1898, p. 588, Anm. 1; 1901,
p. 398), die „celebrated" oder , renowned' oder .illustrious' oder
.distinguished" übersetzen. Rhys Davids bezieht es auf Buddha.
Auf die richtige Erklärung führt das Divyävadäna p. 381.
Dort wird erzählt , dass ASoka , wäbrend der Sthavira YaSas mit
der Hand die Sonnenscheibe bedeckte , aus sieben der acht alten
Reliquienbebältern die Reliquien herausnahm und an einem Tage
in einer Stunde 84,000 Stüpas errichten liess, auf die er die Reli¬
quien verteilte. Darüber hat Rhys Davids gehandelt (JRAS. 1901,
p. 397 ff.). Zusammengefasst wird die Erzählung in folgender Strophe:
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