Beiträge zur syrisehen Literatur aus Rom.
Von Dr. P. Plns Zingerle.
I.
Zur syrischen Metrik.
(Fortsetzung von Bd. XVH, 8. 687 ff.)
Mit grosser Freude ersah ich ans der Anmerkung zu S. 687
des letzten Jahrgangs unserer vielumfiassenden Zeitschrift, dass mein
erster Beitrag aus Rom zur syrischen Metrik willkommen war; ich
gehe daher mit Vergnügen an die Fortsetzung dieser Arbeit. Nach¬
dem ich in meiner ersten Liefernng im Allgemeinen von der Ein¬
richtung des kleinen metrischen Codex gesprochen, will ich nun
etwas genauer über die einzelnen Capitel Bericht erstatten. Wie
schon oben Bd. XVII, S. 688 erwähnt' wurde , handelt der Verfasser
in der I. Classe von jenen JJ—o, in denen je 2 Verse zu Einem
Metrum verbunden werden. Zuerst werden toni nach dem Metrum
Jacobs von Sarug aufgeführt, der bekanntlich seine Gesänge im
viersylbigen Metrum verfasste und zwar Strophen von 4 bis zu
12 Versen. Ein Paar Strophen mögen als Probe hier stehen:
1. Abschied von der Welt
.P T • A
(xal; oi^Q^
,» ». T «
«.«aa
* 7,«
s^oianM]
r. • , T r,
•>>a^::0^) ooiJ^
? J
Zeitliche Wohnung,!
Lebe wohl in Frieden;
Denn ich scheide, zu schauen Jene ewige dort.
4 9 49*
752 Zingerle, Beiträge zur syrischen Literatur aus Rom.
2. Wunsch des Wiedersehens.
Jfr, »
^fiO cSOT J
» * f
i^QjaQxa? ;
IvjwfcJ j
^Zoii^ifi j
* « 7 •
V^VOAJO ,
Ii" '
\i£> .^f=> -»01 ;
,» 7 « 7 "
<.aO|) ^oia:^^'o o2) >
7 7«
oZ-ft ;
Gib, nnser Herr, uns,
Dass wir beim Auferstehn Seh'n deinen Diener Im Himmelreich'
Und hören von dir
Jenen Ausspruch dort:
„Kommt, meines Vaters Gesegnete, Erbet das Leben!"
Nach Jacob v. Sarug folgen Strophen nach dem Metrum des
Balaeus ^), der bei seinen Gesängen sich meist des fttufsylbi-
gen Metrums bediente, das desshalb in der carschunischen Vor¬
bemerkung zu diesem Abschnitte von ihm den Namen Uio v.'P
trägt, so wie das siebensylbige als das Lieblingsmetrum Ephraems als
>at;a1 ilio angegeben wird. Von Balai ist nur sehr Weniges
auf uns gekommen-, einzelne metrische Gebete, die ihm zugeschrie¬
ben werden, dienen häufig zum kirchlichen Gebrauche in den syri-
•
sehen Officien. Unter dem allgemeinen Titel |Ci*^o|j lio^a *)
folgt im Büchlein eine Reihe von Strophen verschiedener Länge von
je 2 fünfsylbigen Versen in Einem Metmm. Nicht ohne poetischen
Werth ist die hier mitgetheilte Strophe von 14 Versen:
1) Ein Zeitgenosse und Schüler Ephraems, nicht zu verwechseln mit einem andem Schüler desselben, Hamens Paulona, über welchen Ephraem in seinem Testamente als Uber einen Irrlehrer den Fluch ausspricht.
2) Der Name )Aa^o)} }1 r\ bedeutet in den kirchlichen Büchern der Syrer sowohl PassionsgesSnge in der Charwoche, Khnlicb den Lamentationen der latein, Kirche, als auch Klagelieder Uber Todte.
>02l ooij cnjQi^ Ol
,» T ? «7
.]ooi ^£A^ T*r^^ °^
' ' ' 1
oia OOOI oioi2 IV'^om Ol
,jooi v.^^^ Uas; Ol
t' ' ' " K "
|£tJ4^ ^jOIi^O Ol
r » T * •
,1^001 yjf.t^io OOI oiaj Ol
ix2iO}M >am>*o Ol
' ' * • ,»
,oia^^ oiAsj Ol
r » • T
_>ooi ■ in*~>,i ^y.ao Ol
• ^ ■
* ' •• V i* ■*
^oijpi^a Ol
j 9 r w p
I fX^M v^O ^O Ol
,» » » p i>
l^ax^^^^^o Ol
T • ' ' »
^'i^Q-a «.«A^a ^io Ol
0, y y * 1'
«.mV^o <.k^,^lo Ol Das Brautgezelt Adams
War in Eden bereitet,
Und die Wächter (Engel) staunten fiber ihn.
Wie erhaben er war.
Und (es staunten) alle Vögel (über Adam), Die da wohnten darin.
Aber der Neid des Verfluchten Vertrieb ihn daraus;
Da begannen zu weinen
Wehklagend die Vögel,
Weh, weh, o Schöner!
Weh, weh, o Mächtiger!
Wer entriss deine Schönheiten dir?
Wer verführt' und verspottete dich?
Nach dieser Strophe verirrte sich in diese Ahtheilung, die der
Vorbemerkung nach nur Metra von je 2 gleichsylbigen Ver¬
sen enthalten sollte, folgende 12zeilige Strophe von je 2 Versen
verschiedener Länge. Die Strophe gehört daher wohl zu den
vom Verfasser benannten vjv^l cial^, ist aber nicht io-^Ucj
4 9
754 Zingerle, Beiträge zur syrischen Literatur aus Rom.
sondern wie er solche nennt, worin Verse von verschie¬
dener Länge vorkommen.
JOjf OOI) 0\JQJL^ Ol
f._#* .* 1\
lioi>ik? oi£\*SJ — tOi^l; 1
■» «» r ••» p
o\j.x;2| oijO^o o
* r n i>
.oiAü^o oi'j j
T lt. ' » ••«•" •
r^l^k OOI ._K71Q£D|A« t
/ 1?« ' '».*». '
loci laid Ol^^Z O
tl *«. t' /•* ' •*
Vt::.^:^ U^J:^ \^ CSAZU o
iki]' llj^i '
(t^^ öi ^
' Ii" - ' '
^Al::>aj |J ^oio^.!^; o
* ?
oi^iOjOj
r ? .0 » »
M.S ^AU> UofS? o
Das Brantgemach Adams
Ward das Haus der Welt genannt
Als seiu Schöpfer es gründete.
Bildet' und zierte er's.
Als seinen Grund legt' er Gewässer,
Sein Dach auch ward Wasser;
Zwischen Wassern und Wassern oben
Befestigt' er als Ziegel von Lehm die Erde.
0 des Hauses,
Dessen Bauwerke nicht fallen.
Da es durch den Wink
Des Schöpfers festgegründet steht!
Nach einer Strophe von 16 Versen mit 5 Sylben werden
Strophen nach dem Metrum Ephraems und Isaaks, d. i. nach dem
1) Der Buchstabe 1=7 zeigt , dass der Verfasser in diesem Verse 7 Syl¬
ben zählte ; um diese herauszubringen , muss also eine Diärese angenommen werden, da sonst nur 6 Sylben wären. Auch im 5. Verse ist eine Diärese notbwendig.
2) Dieser und der vorletzte Vers werden als dreisylbig angegeben, aucb später werden oft Verse von 3 Sylben aufgeführt und so kaun man wohl anf die Autorität des syrischen Metrikers bin auch dreisylbige Verse als be-
7t in der syr. Verskunst annehmen.
Tsylbigen, angeführt. Dieser Isaalf mitdem Zunamen „der Grosse"
wird als der berühmteste Sänger der Syrer nach Ephraen und Jacob
V. Sarug angesehen, war Schüler des Zenobius, eines Schülers
Ephraems, und Priester in Antiochia, blühend in der Mitte des
5. Jahrhunderts. Vieles von ihm Verfasstes ist noch vorhanden,
bekannt sehr Weniges, meines Wissens keine ganze Rede ausser
der in Ephraems Werken abgedruckten IV. Paraenese (Band III,
387 ff-), die von Einigen diesem Isaak zugeschrieben wird. Nach
dem Schlüsse dieses ersten Beitrags werde ich daher Einiges aus seinen Arbeiten als II. Beitrag zur syr. Literatur aus Rom bekannt machen.
Aus den Musterstrophen des 7sylbigen Metrums wähle ich die
folgenden. Ob die Strophen von Ephraem oder Isaac seien, wird
in dieser „Mensura Carminum" nie angegeben.
j»
1. Aus |£^*-io( Klaggesängen.
A. Auf den Tod eines Bischofs oder Priesters.
* *?
\*}Q.£) cAiQ«; 1
* 7 -# y 7 ?
yii-iO \Za^ oia «.M^jo 1
r f j> X
_.oiQa^>axj; ImaaU) ooi fjA^ 1
— * • *
* 7 ■" «7
.oij_^.> ^ _toiaAUikajo 1
» - I
Die Leuchte, die im Heiligthum diente.
Und auf die der Tod blies, dass sie erlosch.
Wird Christus wieder erwecken Und zu seiner Rechten stellen.
B. Auf den Tod eines Knaben.
' ^ dl' i' '.. ' *
uASUO V )A:^Qj iQ^I I
» » ••• n. ' *
]i^amo^ lio-^ y
fzaalj Dlbs^ ^L.»o I
•»' »" ' i/ ' »'
.(Zcma;1; (j) 1
Wenig Tage kämpft' er und schied
Aus der Welt ungeschmäht.
Und errang die Krone des Sieges
Ohne die Mühe der Tugend.
1) Diess Verbum stebt hier wobl nur in der von Castrilus augegebenen Bedeutung „repugnavit." [Vielleicht „transiit"? E. E.]
756 Zingerle , Beiträge zur syrischen Literatur aw Rom.
2. Aus einem Lobgesange auf h. Märtyrer:
» » T, ».r T
1:^30 i; (jAmI^ ^»nmVno 1
Lampen herrlich glänzenden Lichts
Tragen die Märtyrer in ihren Händen
Und harren des Bräutigams der Höhe,
Mit ihm zu ziehen ins Brautgemach.
Und ihre Lampen erlöschen nicht,
Weil mit Blut gefärbt ihre Nacken sind.
Nach den regelmässigen Strophen, worin die Verspaare die
gleiche Anzahl Sylben haben, wird zu den Strophen übergegangen,
in denen Verspaare verschiedener Sylbenzahl vorkommen, als da sipd :
Strophe 1, dereu 3 erste Verse 7 Sylben haben, auf die ein 4ter
mit 5 Sylben folgt;
Str. 2, worin nach 3 siebensylbigen Versen der 4te mit 6 Syl¬
ben kommt;
Str. 3: Vers 1 mit 4 Sylben, dann 3 Verse mit 7 Sylben.
Ebenso ist die 4. Str. gebaut;
Str. 5 von 6 Versen, deren 4 erste siebensylbig sind, der öte
aber ist dreisylbig, und der 6te fünfsylbig.
Str. 6 hat zuerst 4 Verse von 7 Sylben, dann 2 von 4 Sylben.
Str. 7 uud 8 mit je 5 Versen von 7 Sylben, auf die ein Vers
mit 6 Sylben folgt.
Str. 9, worin die 4 ersten Verse und der sechste 7 Sylben haben,
der öte aber aus ö Sylben besteht.
Von der Str. 10 wird nur der Iste Vers angeführt; sehr wahr¬
scheinlich ist sie der 9ten gleich.
Str. 11 und 12 von 10 Versen, deren Ister viersylbig ist, wäh¬
rend die andern alle 7 Sylben haben.
Gesänge mit solchen Strophen werden ^:iia2^ ^vio^ ^iü^^
genanut. Auf diese folgeu Strophen, die unter dem Titel v«sOVia^
>a\iiB r^v^;^ zusammengefasst werden, und zwar zuerst auch
.» «, .» ..» «
|A*^o|2tifluAa oder Klagelieder. In den 4 ersten Strophen
wechseln regelmässig Verse von 3 und 5 Sylben, wie z. B.
lbl
' i'
.-•jSd «_>mj| ^
» » , r » »
yZnn ^V^^
--»01 iVniojo
1 * V * '
^ooi^ü >q:^ 01
c ■
Gib Ruh', 0 Herr,
Deinem Diener in deinem Reiche
Und lass ihn erstehn Mit allen Gerechten!
und so weiter. Die Str. V aber von 16 Versen hat folgenden Bau.
Zuerst 4 Paare von wechselnden drei- und fünfsylbigen Versen;
hierauf folgen 4 Verse von 5 Sylben, dann wieder 2 Paare von
wechselnden drei- nnd fünfsylbigen Versen. Ebenso verhält es sich
mit der VI. Strophe. In der Strophe VII. hat der erste Vers 3,
der zweite 4 Sylben, dann kommen zwei Verse von 7 Sylben. In
der Strophe VIII finden sich im 1. Verse 3, im 2. und 3. fünf
Sylben, im 4. aber 6 Sylben. Die IX. Strophe ist wie die oben
erwähnten 4 ersten gebildet. Eigenthümlich aber und in Bezug auf
Sylbenzahl regellos ist die X. Strophe dieser Abtbeilung einge¬
richtet; in dieser hat Vs. 1 vier Sylben, Vs. 2 fünf. Vs. 3 nur 2,
Vs. 4 wieder 5 Sylben; dann folgen 2 Verspaare mit wechselnden
drei- und fünfsylbigen Versen; der 9te Vers hat 2, der lOte
7 Sylben. Wir theilen sie hier mit:
1' " i'
(.»^ ..MaJl'c 3
» » T r
^laciA^Ci (mjwio Ol
. >^r^^ ^
Pf » TT
r=»??
' 1 '
^.^a^acIo » ^
.OOl^ >0^ 01
X > -
' * 1'
^OiAl^lSfO ^
Lass ruhen, o Herr,
Und versöhn' in der Gnade
Deinen Diener,
Der deinen Willen vollzog.
Und mach' ihn erstehn Mit allen Gerechten Und lass ihu sitzen 4 9«
758 Zingerle, Beiträge zur syrischen Literatur atu Rom.
,»•> »
UoJv^ioAao Ol
r 7
«.o
' * ■* ll " "
•:• AAtQO«2 ^-^ bii^aj 1
Am Tische der Wonnen,
Und dort
Juble er dir ein Lied des Lobes.
Die XL Str. besteht ebenfalls aus 10 Versen, ist jedoch fast
ganz anders eingerichtet, indem nach dem 1. Vs. von 4 und dem
2ten von 3 Sylben, wie in der X. Str., der 3te Vs. 3 Sylben
zählt, hernach dreimal Verspaare von 5 und 2 Sylben wechseln;
der letzte Vers besteht aus 6 Sylben.
Verschieden ist wieder die Strophe XII geformt. Nach 3
wechselnden Verspaareu von 3 und 5 Sylben kommt ein Vers
von 4, dann von 5, einer mit 2, der letzte endlich mit 7 Sylben.
Die folgende Strophe hat 14 Verse, die so geordnet sind, dass
zuerst 4 Verse von 4 und 6 Sylben abwechseln, dann 4 von 3
und 5 Sylben, und 4 Verse mit 3 Sylben den Schluss bilden. In
dieser Strophe wird das Kreuz also redend eingeführt:
,» » T ..
. (au£) ■f'ja X •>
.*X»,^.QiO• • ^'*.- ^ tibi X «.»ii»?3C o•
» . » . f T
^.aOiaiä.^^ )
»»•»•« . ».
,\t\i^-> ^cn^:^ ooiji, o
1?Aio ^
' 'ill' '
..AJ-aSi «"
«, »
OV^ AjOO^O ^
l' / ' * •
(aa^ l::^0^^ Ol
Es spricht das Kreuz :
0 weh! was ist an mir geschehn?
Sie hefteten an mich
Ja den Gebieter der ganzen Welt.
Durch Regen
Und Than zog er mich auf)
Und ich ward ihm
Ein schlechter Vergelter.
1) Mein Holz wiiclis so auf.
r * 7
>OjO ^ 4> ■* ? .oiAj-i-ij ..^
\tO ^OOl^
•:• -.oiQooS^bi ..^
Doch wohl mir
Dass ich ihn triig!
Wehe jedoch
Seiuen Kreuzigern !
{ Kortsct/.niig folgt. )
760
Die Werthbezeichnungen auf muhammedanischen
Münzen.
Von Ernst Meier.
Von den zahlreichen Werthbezeichnungen auf muhammedani¬
schen Münzen hatte Frähn, der gründlichste Kenner derselben und
der wahrhafte Begründer einer wissenschaftlichen muhammedanischen b "
Münzkunde, nur sehr wenige erkannt, namentlich Jj^c richtiges
Gewicht, und ebenso die häufige Abkürzung c und die Steigerung
cc d. i. JiAc JlXc; ferner gangbare, gültige Münze,
Rec. p. 463, gleichbedeutend mit dem von de Saulcy zuerst richtig
erklärten ß[s> , — Es ist vornämlicb Stickel's Verdienst , diese
Lücke bei Frähn vielfach ergänzt zu haben. Durch die richtige
., S, „, G.-
Dentung der Nota go, go g.j, des |»jU«, '^j*°> * = c.'^
und andrer Bezeichnungen ward die Wiedererkennung einer ganzen
Reihe ähnlicher Werthangaben, die theils das Gewicht, theils den
guten Metallgehalt betreffen, angebahnt, und so tauchten bald von
verschiedenen Seiten zahlreiche Aufklärungen von früher dunkeln
Worten und Buchstaben hervor, so dass Soret (Lettre ä Lelewel,
1854. p. 11) ein ganzes Verzeichniss der wichtigsten theils von
andern, theils von ihm selbst wieder erkannten Münznoten liefem
konnte.
Indess blieb immer noch etwa die Hälfte derselben, gegen 25
Bezeichnungen, unerklärt, z. B. iX-«, ^y>-^■»!, ^j^^ '■'i^i
_ji^li3,_jc, e?**^' '^***"» »->->^, -Ia>^, u~j, )•, ferner ^s,
v_as>, y, w^S'l.j, jy^4J, y^***, ^-^> ^ — ^ß'"'
suche deshalb im Folgenden eine möglichst vollständige Uebersicht
aller Werthbezeichuungen der Art zu geben und die bis jetzt noch
nicht erklärten Namen und Buchstaben zu deuten. Nur wenige Be¬
zeichnungen z. B. bei Tornberg, Numi cufici p. 228: ^^=xa- vgl.
l.-^ a p. 260, ferner p. 233: (y*i=i*3; vgl. Frähn Rec. p. 98
u. 99, entziehen sich noch einer verständlichen Erklärung. Andere