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Archiv "Arzneimittelfälschungen in der Europäischen Union: Zum Schutz der Patienten" (26.09.2008)

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A2022 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 3926. September 2008

P O L I T I K

A

rzneimittelfälscher haben in der Europäischen Union (EU) zunehmend leichtes Spiel. Im ver- gangenen Jahr beschlagnahmten die Zollbehörden an den EU-Außen- grenzen rund vier Millionen ge- fälschte Produkte. Das sind nach Angaben der Europäischen Kom- mission 51 Prozent mehr als 2006.

Die Fälschungen gelangten vor al- lem über dubiose Internethändler oder den Schwarzmarkt an die Pati- enten, bestätigen Zoll und Bundes- kriminalamt. EU-Industriekommis- sar Günter Verheugen sieht noch an- dere Einfallstore.

Arzneimittelfälscher hätten vor allem beim Neuverpacken von Me- dikamenten für den Parallelhandel leichtes Spiel, vermutet der Kom- missar. Deshalb will er ein EU-wei- tes Umpackverbot durchsetzen. Die Praxis des Neuverpackens mache ein Aufdecken von Fälschungen

„schwierig bis unmöglich“, heißt es in einem von Verheugen vertretenen Entwurf für eine EU-Richtlinie. Da-

durch steige das Risiko, dass ge- fälschte Arzneimittel über die legale Vertriebskette an die Patienten ge- langten.

Den Parallelhandel von Medi- kamenten gibt es in der EU seit den 70er-Jahren. Haupteinfuhrländer sind Deutschland, Großbritannien, Irland, die Niederlande sowie die skandinavischen Länder. Die Öff- nung des EU-Arzneimittelmarkts für Parallelimporte sollte den Preis- wettbewerb ankurbeln.

Die jährlichen Einsparungen, die Hochpreisländer durch den Parallel- handel bei den Arzneimittelausga- ben erzielen, betragen nach kom- missionsinternen Schätzungen zwi- schen 100 und 600 Millionen Euro.

In Deutschland waren es nach An- gaben des AOK-Bundesverbands im vergangenen Jahr rund 190 Mil- lionen Euro.

Ein Umpackverbot und das da- mit verbundene Aus des Parallel- handels käme allerdings den Phar- maunternehmen entgegen. Sie wet- tern seit Jahren gegen den Paral- lelimport. Die Händler strichen als Trittbrettfahrer von Forschungs- und Marktinvestitionen den größ- ten Teil der Preisunterschiede ein, kritisiert die Branche (siehe Kas- ten). Der Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller (VFA) be- grüßt daher die Vorschläge Verheu- gens zur Verbesserung der Arznei- mittelsicherheit. Diese seien „ge- eignet, uns auch vor künftigen Ge- fahren noch bessern zu schützen“, sagt dessen Hauptgeschäftsführerin Cornelia Yzer. Der VFA setzt vor allem auf ein von Verheugen unter- stütztes einheitliches Arzneimittel- identifikationssystem. Medikamen- tenpackungen sollen danach künf- tig mit speziellen, unveränderbaren Sicherheitsmerkmalen versehen und versiegelt werden. Damit könnten gefälschte Produkte noch in der

Apotheke abgefangen werden, er- klärt Yzer.

Der Verband der Arzneimittelim- porteure Deutschlands und die Kran- kenkassen kritisieren das geplante Umpackverbot. In Deutschland sei seit der Einführung des Parallelhan- dels im Jahr 1975 kein einziger Fall bekannt geworden, der zu einer Be- einträchtigung der Arzneimittelsi- cherheit geführt habe, betont Micha- el Nell vom AOK-Bundesverband.

„Es handelt sich um sichere Produk- te, die auf dem bewährten Vertriebs- weg von Großhandel und Apotheke an die Patienten gelangen.“

Über die Gefahren des Internethandels aufklären

Der liberale Europaabgeordnete Jor- go Chatzimarkakis hält ebenfalls we- nig von einem Umpackverbot. „Es wäre ein falscher Ansatz, das Pro- blem der Arzneimittelfälschungen generell mit der Produktsicherheit im Bereich der Parallelimporte gleich- zusetzen“, meint der Politiker. Die Patienten sollten vielmehr für die Ge- fahren des Internethandels als Haupt- einfallstor für gefälschte Arzneimittel sensibilisiert werden. Der Weg zu einer effektiven Bekämpfung von Fälschungen führt indessen nach Meinung des CDU-Europapolitikers Peter Liese nur über europaweit ein- heitliche Medikamentenpreise.

Der Bundesverband der Pharma- zeutischen Industrie (BPI) mahnt, dass sich die Patienten durch ein Arzneimittelidentifikationssystem in einem falschen Sicherheitsgefühl wiegen könnten. Ebenso wichtig wie moderne Sicherheitstechnologi- en seien verstärkte Zollkontrollen und drastischere Strafen für das Fäl- schen von Arzneimitteln, „ver- gleichbar denen für Drogendelikte“, sagt Alexander Natz vom Brüsseler

Büro des BPI. I

Petra Spielberg

ARZNEIMITTELFÄLSCHUNGEN IN DER EUROPÄISCHEN UNION

Zum Schutz der Patienten

EU-Kommissar Günter Verheugen will rigoros gegen

Arzneimittelfälschungen vorgehen. Parallelimporten droht das Aus.

RECHTSLAGE

Pharmaunternehmen dürfen nach europäischem Wettbe- werbsrecht ihre marktbeherrschende Stellung nicht dazu missbrauchen, den Parallelhandel einzuschränken. Ent- scheidend sei, ob die Bestellmengen der Großhändler im üblichen Rahmen zur Versorgung des heimischen Markts liegen oder weit darüber. Ein Hersteller müsse jedoch in der Lage sein, seine eigenen geschäftlichen Interessen zu schützen, wenn er sich anormalen Mengen gegenüber- sieht. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Rechtsstreit zwischen einer Tochter des britischen Konzerns Glaxosmithkline und Pharmagroßhändlern in Griechenland. Die Glaxo-Tochter hatte mit dem Argument der Produktknappheit zeitweilig keine Medikamente an den Großhandel geliefert. Damit wollte das Unternehmen Paral- lelexporte in EU-Länder mit höheren Verkaufspreisen ver- hindern. Die klagenden Händler sahen hierin einen Verstoß gegen europäisches Wettbewerbsrecht. (Az.: C-468/06 bis C 478/06)

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