• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Prominente Patienten: Unter dem Schutz der Schweigepflicht" (12.09.1997)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Prominente Patienten: Unter dem Schutz der Schweigepflicht" (12.09.1997)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A

nläßlich von Presseberichten über die Behandlung des im Juni 1997 an Krebs verstorbe- nen Schauspielers Helmut Fi- scher warf Julius Hackethal dem Prä- sidenten der Bayerischen Landesärz- tekammer, Dr. Hans Hege, „unkolle- giales Verhalten“ und einer Münch- ner Zeitung „üble Verleumdung“ vor.

In einer Presseerklärung hatte der Vorstand der Kammer die publi- zistische „Aufbereitung“ der Todes- nachrichten beanstandet und an- gekündigt, die Kammer werde im Hinblick auf eine „schuldhafte Verlet- zung ärztlicher Berufspflich-

ten durch Professor Hacke- thal“ eine berufsrechtliche Prüfung veranlassen.

Diese Absicht hatte die Kammer mit zwei Feststel- lungen verbunden: „1. Auch prominente Patienten stehen unter dem Schutz der ärztli- chen Schweigepflicht. 2. Auch der Arzt, der einen promi- nenten Patienten behandelt, unterliegt dem berufsrecht- lichen Werbeverbot.“

Beide Feststellungen betreffen ärztliche Pflich- ten, die zu den tragenden Elementen der Berufsord-

nung (hier zitiert in der neuen, vom 100. Deutschen Ärztetag 1997 be- schlossenen Fassung) gehören.

§ 9 „Schweigepflicht“ besagt, daß der Arzt „über das, was ihm in seiner Eigenschaft als Arzt anvertraut oder bekanntgeworden ist, zu schweigen hat“. Zur Offenbarung sei der Arzt nur „befugt, soweit er von der Schwei- gepflicht entbunden worden ist oder soweit die Offenbarung zum Schutz

eines höherwertigen Rechtsgutes er- forderlich ist“.

§ 27 verbietet dem Arzt jegliche Werbung. Er „darf nicht dulden, daß Berichte oder Bildberichte mit wer- bender Herausstellung seiner ärzt- lichen Tätigkeit unter Verwendung seines Namens, Bildes oder seiner Anschrift veröffentlicht werden“.

Hier soll nun nicht noch einmal breitgetreten werden, was ohnehin seit Jahren bekannt ist: wie oft nämlich Hackethal gegen die Inhalte beider Be- rufsordnungs-Paragraphen verstoßen hat und wieviel Ärger er damit nicht nur den Kolleginnen und Kollegen, sondern auch sich selbst einge- brockt hat. Es soll auch gar nicht jenen wider- sprochen werden, die meinen, dies alles sei

„Schnee von gestern“.

In der Tat ist ja ein weitverbreiteter Über- druß an Hackethals Eskapaden aufgekom- men, die oft gleichzei- tig an Michael Kohl- haas und Don Quijote erinnern. Doch es soll- te nicht vergessen wer- den: Für Hackethal ist die Berufsordnung von jeher ein Übel.

Öffentlich hat er beispielsweise ver- kündet, sie diene den Ärzten nur dazu,

„sich vor ihrer Verantwortung zu drücken“. Überdies sei sie als „Be- standteil des Elitären an diesem Be- ruf“ ebenso abzuschaffen wie die ärzt- liche Ehrengerichtsbarkeit. Sogar vor dem Berufsgericht für die Heilberufe beim Oberlandesgericht München er- klärte er klipp und klar: „Ich will die

Berufsordnung kippen, weil sie gegen die Verfassung verstößt!“

Jedenfalls trug er, ohne sich um diese Paragraphen der Berufsordnung zu kümmern, als Informant und Inter- viewgeber erkennbar dazu bei, das Leiden und den Tod seines Schauspie- ler-Freundes Fischer als sensationell aufgemachte Story unters Leservolk zu bringen – und dabei gleichzeitig für sich selbst und seine Klinik zu werben.

Womit er in Form und Aussage die Grenzen eines ärztlichen Kommuni- qués in peinlicher Weise überschritt.

Auf die Frage eines Fernsehmo- derators, ob es zutreffe, daß er mit Helmut Fischer vor dessen Tod abge- sprochen habe, was er der Presse mit- teilen dürfe, habe Hackethal geant- wortet: „Genau, bis ins kleinste“.

Fischers Berufskollege Klaus Jürgen Wussow sprach von Leichen- fledderei, andere sprachen hingegen von Geltungssucht, und sogar das üppig berichtende Boulevardblatt meldete Zweifel an: „Hat Hacke- thal . . . wirklich mit einem Sterben- den vereinbart, was über dessen Hin- scheiden in den Zeitungen stehen darf? Eigentlich unglaublich!“

Zulässig? Anstößig?

Aber auf genau diese Darstellung hat sich Hackethal festgelegt. Zu ihrer Bekräftigung verweist er auf eine dpa- Meldung, deren Wortlaut Helmut Fi- scher genehmigt habe und die seinen behandelnden Arzt ermächtige, auch über den Text hinausgehende „erläu- ternde und ergänzende Informatio- nen“ zu erteilen. Utta Fischer, die Witwe des Schauspielers, hat inzwi- schen diese Version bestätigt. Aller- dings halte sie die Form, in der die In- formationen über das Ableben ihres Mannes dann an die Öffentlichkeit gelangt seien, für „anstößig“.

Doch gleichgültig, was sich an die- ser Affäre als richtig oder unrichtig er- weisen wird: Auf keinen Fall darf eine Frage in einem denkbaren allgemei- nen Aufwasch untergehen. Die Frage nämlich, ob ein Arzt nicht nur befugt, sondern möglicherweise sogar ver- pflichtet ist, die berufsrechtlich vorge- sehene „Offenbarung“ in Anspruch zu nehmen, falls ihn ein Patient darum bittet oder ersucht. Kurt Gelsner A-2302 (18) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 37, 12. September 1997

P O L I T I K AKTUELL

Prominente Patienten

Unter dem Schutz der Schweigepflicht

Der 75jährige Chirurgie-Professor Dr. Julius (ehemals Karl-Heinz) Hackethal – nicht mehr operierender „Regiearzt“ seiner „Eubios“-Klinik, mit der er vor einigen Jahren vom Chiemsee in die Nähe von Rosenheim umzog – gibt (wieder einmal) Anlaß zu einer berufsrechtlichen Prüfung. Die jüngste Affäre wirft zudem die Frage auf: in- wieweit stehen prominente Patienten unter dem Schutz der ärztlichen Schweigepflicht?

Helmut Fischer Foto: dpa

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Wenn man sagt, daß jeder Arzt auch immer die Seele des Kranken mitbehandelt, so darf man dies aber nicht mit einer echten psy- chotherapeutischen Behand- lung durch den

So ermöglicht es eingeschränkt die Nutzung eines Pseudonyms, auch lassen sich sowohl der Account leichter kündigen als auch die per- sönlichen Daten besser entfernen.. Neben

Andererseits sind bei der Behandlung eines Patien- ten durch mehrere Ärzte Geheim- nisse denkbar, die der Patient bei nur einem Arzt gewahrt wissen möchte, sei es, daß diese

Dass Rechtsbeugung nur vor- sätzlich begangen werden kann, Ärzte bei einer Körper- verletzung aber auch für Fahr- lässigkeit haften, widerspricht keineswegs dem Artikel drei

Wohnte der Ver- storbene in einem Alten- oder Pflegeheim, die oft lange War- telisten führen, sind die Zim- mer in der Regel bis zum Mo- natsende zu räumen, selbst wenn die Erben

Eine solche Entlastung wird es nach dem Richter- spruch nicht geben, so daß jetzt die Begründung für die namentliche Erfassung entfällt und die spezielle Position wieder

wenn das Fahrzeug des Schädigers nicht ermit- telt werden kann, das Fahrzeug des Verursa- chers nicht versichert ist, der Schaden vorsätz- lich oder widerrechtlich herbeigeführt

Wenig Platz ist kein Grund mehr, auf einen fortschrittlichen Kopierer zu ver- zichten. aber seine Leistung kann sich sehen lassen: Er produziert pro Minute 12 gestochen