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M E D I Z I N
Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 11, 19. März 1999 (57) Erfahrung zeigt, daß das Szinti-
gramm nur in ausgewählten Fällen postoperativ sinnvoll ist. Auf einen heute zum Teil noch geübten routi- nemäßigen Einsatz der Szintigraphie mit oft jährlich szintigraphischen Nachkontrollen bei nahezu thyreoid- ektomierten Patienten sollte ver- zichtet werden. Hingegen ist die szin- tigraphische Nachuntersuchung bei Schilddrüsenkarzinomen unzweifel- haft eine obligate Maßnahme.
Das von uns vorgeschlagene Vor- gehen nach Schilddrüsenoperationen orientiert sich an den medizinischen Erfordernissen, ist patientenorien- tiert und kostengünstig. Angestrebt wird heute ein kurzer Krankenhaus-
aufenthalt nach Schilddrüsenopera- tionen mit rascher Wiederherstel- lung der Arbeitsfähigkeit. Eine be- wußt in Kauf genommene Hypo- thyreose bei funktionell nicht aus- reichendem Schilddrüsenrestgewebe bedeutet durchaus eine erhebliche Beeinträchtigung der Lebensqualität, so daß bereits frühzeitig die Substi- tution begonnen werden sollte. Die Darstellung der Behandlung der Komplikationen von Schilddrüsen- eingriffen war nicht Gegenstand des Artikels, so daß auf die Therapie des heute erfreulicherweise sehr selten auftretenden postoperativen Hypo- parathyreoidismus nicht eingegangen wurde.
Literatur
1. Feldkamp J, Scherbaum WA: Substitution therapy after surgery for autonomous adenomas. Exp Clin Endocrinol Diabetes 1998; 106: 85–87.
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2. Reichmann I, Hörmann R, Zander C, Friedrich J, Krause U: Ergebnisse der se- lektiven Strumaresektion bei funktionel- ler Autonomie. Zentralbl Chir 1998; 123:
34–38.
Dr. med. Joachim Feldkamp Abteilung für Endokrinologie Zentrum für Innere Medizin und Neurologie
Heinrich-Heine-Universität Moorenstraße 5
40225 Düsseldorf DISKUSSION/FÜR SIE REFERIERT
Eine im Mai 1997 durchgeführte Umfrage an allen neurologischen Kli- niken Deutschlands (n=385) zur Mul- tiplen Sklerose gab einen Eindruck, wie Studienergebnisse in die Alltags- praxis übersetzt werden. Bei einem Rücklauf von 244 Bögen (63 Prozent) fanden sich 22 Zentren, die mehr als 200 Patienten im Jahr behandeln, der Großteil der Kliniken behandelt weni- ger als 150 Patienten/Jahr. In der Schubtherapie wird vor allem die in- travenöse Gabe von 500 mg bis 1 g Steroidäquivalent über drei bis fünf Tage eingesetzt. Etwas mehr als die Hälfte der Kliniken schließt ein aus- schleichendes orales Therapieregime über 14 Tage an. So scheint sich die Hochdosistherapie auch bei der wi- dersprüchlichen Studienlage weitge- hend durchgesetzt zu haben. Trotz der bereits 1,5 Jahre vorliegenden Zulas- sung von Interferon β wurde Azathio- prin Anfang 1997 noch mit fast glei- cher Häufigkeit in der Therapie der schubförmigen MS eingesetzt: 46 (22 Prozent) der Kliniken behandeln mehr als 75 Prozent dieser Patienten mit Interferon βund 41 mit Azathio- prin. Nur 33 Prozent der Neurologen Deutschlands behandeln mehr als die Hälfte ihrer Patienten mit chronisch- progredienten Verläufen. Hier ist die Therapie der ersten Wahl Azathio- prin. Methotrexat und Cyclophospha- mid kommen darüber hinaus zum Ein- satz. Mitoxantron wurde 1997 nur in
den großen Zentren eingesetzt. Zu- sammenfassend ist Azathioprin in der klinischen Praxis präsenter als in aktu- ellen klinischen Studien. In der Thera- pie der Spastik werden vor allem Bac- lofen, Memantine und Dantrolen ein- gesetzt. Tizanidin scheint unterreprä- sentiert. Botulinumtoxin kommt nur selten zum Einsatz. Tremor und Ata- xie werden, wohl aufgrund der nur ge- ringen therapeutischen Effekte, kaum langfristig medikamentös behandelt.
Nur 22 Kliniken leiten Patienten re- gelmäßig zur Selbstkatheterisierung an. Insgesamt scheint die MS-Thera-
pie in Deutschland wenig standardi- siert. Fehlende und widersprüchliche Studienergebnisse sind hier sicherlich ein wesentlicher Grund. In der Praxis zu prüfende Leitlinien, wie sie derzeit der ärztliche Beirat der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft ausar- beitet, werden hier vielleicht helfen, im Laufe der nächsten Jahre zu Stan-
dards zu kommen. hee
Heesen C, Hauer S, Hadji-Abdolrahim B, Bernbeck C, Buhmann C, Emskötter T: Current status of multiple sclerosis therapy in Germany: a national survey.
Eur J Neurol 1999; 6: 35–38.
Dr. med. C. Heesen, Neurologische Kli- nik, Universitätskrankenhaus Eppen- dorf, Martinistraße 52, 20246 Hamburg.
Multiple-Sklerose-Therapie in Deutschland
Schwarzer Tee hemmt die Eisen- resorption bei gesunden Personen.
Die Autoren untersuchten diesen Ef- fekt bei Patienten mit genetisch-de- terminierter Hämochromatose, wobei den Patienten geraten wurde, einen tanninreichen Tee regelmäßig zu den Mahlzeiten zu trinken. Die intestina- le Eisenresorption wurde szintigra- phisch gemessen, das Körpereisen quantitativ nach ausgedehnten Ader- lässen mittels Hb-Bestimmung, Ei- senbindungskapazität und Serum- Ferritin erfaßt. Das regelmäßige Tee- trinken führte zu einer signifikanten Abnahme der Eisenresorption, die Eisenablagerung wurde im Vergleich
zu einer Kontrollgruppe um 30 Pro- zent gesenkt. Die Autoren empfehlen regelmäßiges Trinken eines polyphe- nolhaltigen Tees (zum Beispiel We- wesse Ceylon Broken), 1,5 g Tee pro 250 ml Wasser, um die Zahl der er- forderlichen Aderlaßbehandlungen signifikant zu reduzieren. w
Kaltwasser J P, Werner E, Schalk K, Hansen C, Gottschalk R, Seidl C:
Clinical trial on the effect of regular tea drinking on iron accumulation in genetic haemochromatosis. Gut 1998; 43: 699–
704.
Medizinische Klinik III, Zentrum der In- neren Medizin der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Theodor-Stern-Kai 7, 60596 Frankfurt.