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Archiv "Rekombinante Beta-Interferone Immunmodulatorische Therapie der schubförmigen Multiplen Sklerose" (16.05.1997)

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A-1361

M E D I Z I N DISKUSSION

Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 20, 16. Mai 1997 (57)

Wonach suchen wir?

Neuerdings sagt die Würzburger Schule – bei MS und nur dort – statt Immunsuppression lieber „Immun- modulation“. Das traditionelle Kon- zept einer gegen pathologische Immu- nität gerichteten Therapie wird damit heimlich verwässert, wenn nicht auf- gegeben. Trotz der Prätention hoher Spezifität scheint zur Zeit gar nicht festzustehen, was wie wo patho- mechanisch beeinflußt werden soll.

Interferone haben immunsupprimie- rende, immunstimulierende, antiin- fektiöse und antiproliferative Eigen- schaften. Im Artikel wird ihre Ein- flußnahme auf Zytokine, Histokom- patibilitätsantigene, Suppressorzellen und Lymphozytenadhäsion zitiert.

Eine aktuelle Notiz im Lancet nennt als Wirkmechanismen in Ent- wicklung stehender Medikamente zur Behandlung von Multipler Sklerose (1) weiterhin noch Autoantigentole- ranz, natürliche Killerzellen, plätt- chenaktivierenden Faktor, Tumor- nekrosefaktor, Depletion spezifischer Lymphozyten und eine sogenannte Reedukation des Immunsystems (was immer dies sein mag). Suchen wir also in Wirklichkeit plan-, wahl-, rast- und am Ende erfolglos im Zauberladen

„Immunität“ nach einem Trick, der sowohl MS heilen als auch ihre Ursa- che klären soll?

Die Frage mag deklamatorisch, provokant und mangels aktueller Beantwortungsmöglichkeit unnütz scheinen. Aber können wir uns lei- sten, einseitig im Schutze des Dogmas der Autoimmunität weiterzuarbeiten, wenn genausoviel dagegen wie dafür spricht?

Durch Immunsuppression ist noch kein Patient mit Multipler Skle-

rose gesund geworden. Aus Kollekti- ven wird in industrieabhängigen Stu- dien immer über eine „signifikante“

Verzögerung von Krankheitsver- schlechterung berichtet. Was bedeu- tet statistische Signifikanz für das in- dividuelle Patientenschicksal? Es be- deute zum Beispiel bei IFN-b, daß einer nach zwei Jahren Behandlung 122 Meter statt 120 laufen kann, lesen wir (1).

Sind die Ergebnisse überhaupt korrekt oder durch immanente Schwächen der Studienanordnung verursacht? Seit Jahren sammeln sich Indizien gegen die Zuverlässigkeit und Validität klinischer Studien. Die Durchführbarkeit der Merkmale

„doppelblind“ (2), „randomisiert“

und „kontrolliert“ (3) ist grundsätz- lich in Zweifel gezogen worden; Dop- pelblindheit konnte bei den Inter- feronstudien sicher nicht eingehalten werden.

Übrig bleibt der Eindruck auf- wendiger Marketinginstrumente. Ga- rantiert nicht materieller Aufwand fast Unangreifbarkeit, da schwerlich eine Kontrollstudie auf gleichem Ni- veau ohne Sponsoring organisiert und finanziert werden wird?

Aus der Ferne winken Pharma- konzerne schon wieder mit neuen

Strohhalmen der Hoffnung, Cladri- bine, Linomide, Lexipafant und ande- re. Die Liste von Industrieprodukten könnte also lang werden, bis wieder eine Illusion zu Tode gehetzt ist.

Ist ein „more of the same“ das oberste, beste, heuristische Prinzip?

Stecken wir nicht in einer Aporie, von der nur eine von Geschäftsinteressen und Dogmatismus sich distanzierende Reflexion wieder wegführen kann?

Literatur

1. Fricker J: Developing drugs for multiple sclerosis. Lancet 1996; 348: 1022.

2. Margraf J, Ehlers A, Roth WT et al.: How

„blind“ are double-blind studies? J cons Psych 1991; 59: 184–187.

3 Schulz KF: Randomized trials, human natu- re, and reporting guidelines. Lancet 1996;

348: 596–598.

Dr. Rainer Hesse

Krankenhaus Winnenden Schloßstraße 50

71364 Winnenden

Schlußwort

Der pointiert geschriebene Le- serbrief von Dr. Hesse greift viele Fra- gen und Probleme auf, die uns in ähn- licher Form von zahlreichen Kollegen gestellt werden und die wir im inter- nationalen Kollegenkreis auch selber stellen. Was hat es mit dem Begriffs- wandel von Immunsuppression zu Immunmodulation bei der Behand- lung der MS auf sich? Die Erkenntnis- se der immunologischen Grundlagen- forschung belegen, daß es im Rahmen der Ausbildung autoaggressiver Im- munreaktionen zur Durchbrechung zahlreicher Kontrollmechanismen kommt, bevor Gewebsschäden am Zielorgan (zum Beispiel am Myelin bei der MS) auftreten. Zu diesen immunregulatorischen Mechanismen gehören die Aktivität der Suppressor- zellen, die Induktion von Toleranz gegenüber Autoantigenen und die Bildung antientzündlicher Zytokine, wie zum Beispiel Interleukin-10 oder transforming growth factor-beta (TGF-b). Diese regulativen Vorgänge zu unterstützen, ohne gleichzeitig wichtige Abwehrfunktionen des Immunsystems gegenüber Krank- heitserregern zu beeinträchtigen ist Ziel der immunmodulatorischen The-

rapie (1). !

Rekombinante Beta-Interferone

Immunmodulatorische

Therapie der schubförmigen Multiplen Sklerose

Zu dem Beitrag von Priv.-Doz. Dr. med.

Peter Rieckmann, Prof. Dr. med.

Hans-Peter Hartung und

Prof. Dr. med. Klaus Toyka

in Heft 46/1996

(2)

Neben den Beta-Interferonen setzen die im zitierten Artikel aus Lancet erwähnten Substanzen (2) ge- nau an diesen Kontrollmechanismen des Immunsystems an. Wir haben es daher nicht mit einer Begriffsverwäs- serung zu tun, sondern erreichen mit dem Begriff der Immunmodulation eine Spezifikation der Ziele einer im- munologisch ausgerichteten Therapie der MS.

Beide in unserem Aufsatz refe- rierten Studien genügen den von Schulz (3) erwähnten Anforderungen an kontrollierte und randomisierte Studien in vollem Maße (4, 5). Die Frage nach der Aufrechterhaltung der Blindung von Patient und Untersu- cher bei den deutlich verumassoziier- ten Nebenwirkungen ist berechtigt. In beiden Studien konnte die Blindung der Untersucher aufrechterhalten werden, was durch regelmäßige Fra- gebögen dokumentiert wurde (5, 6).

Patienten der Betaferon-Studie gaben häufiger korrekt an, daß sie Verum er- halten hatten, Angaben zur Dosis wa- ren aber randomisiert verteilt. Da sich beide Applikationsdosen (1,6 MIU versus 8 MIU jeden zweite Tag s.c.) hinsichtlich ihrer klinischen Wirksam- keit deutlich unterschieden, kommt diesem Befund in bezug auf das Ge- samt-Studienergebnis nur geringe Be- deutung zu. In der Avonex-Studie konnten 32,2 Prozent der Patienten nach zwei Jahren richtig angeben, wel- che Studienmedikation sie erhalten hatten. Mehr als die Hälfte der Patien- ten, die IFN-b1a bekamen, wußten nicht, ob sie Verum oder Plazebo er- halten hatten. Bezüglich des Haupt-

zielkriteriums dieser Studie fand sich eine Krankheitsprogression bei 21 Prozent der Patienten, die zu Beginn der Studie korrekt angaben, daß sie IFN-b1a erhalten würden, während dies nur bei elf Prozent derjenigen auftrat, die nicht wußten, daß sie Ver- um erhielten. Aus diesem Ergebnis wurde geschlossen, daß die partielle Entblindung der Patienten keinen sig- nifikanten Einfluß auf das Gesamter- gebnis der Studie hatte (5). Zusätzlich zeigten in beiden Studien die Verän- derungen in der zerebralen Kernspin- tomographie als objektiver Surrogat- marker der subklinischen Krankheits- aktivität einen deutlichen Therapie- effekt von Beta-Interferon an (4, 5).

Es bleibt die Frage nach der Re- levanz statistisch signifikanter Studi- energebnisse für die Behandlung ein- zelner MS-Patienten. Die Indikation zur Behandlung mit Beta-Interferon wird im Einzelfall anhand der Emp- fehlungen der DMSG beurteilt. Die Erwartungen des Patienten in den Therapieerfolg müssen ebenfalls rea- listisch eingeschätzt und interpretiert werden. Die Entscheidung, eine The- rapie längerfristig (über Jahre) durch- zuführen, richtet sich im Einzelfall nach dem Auftreten vertretbar gerin- ger Nebenwirkungen und dem gün- stig erscheinenden weiteren Krank- heitsverlauf.

Die Aufklärung der Rolle neu- tralisierender Antikörper bei nachlas- sender Therapiewirkung sowie Mög- lichkeiten zur Kombinationstherapie (zum Beispiel mit Azathioprin, Phos- phodiesterase-Inhibitoren oder Co- polymer-1) sind Gegenstand derzeiti-

ger Forschung und lassen auf eine Optimierung und gegebenenfalls auch Individualisierung der Therapie der MS hoffen.

Die pessimistisch gefärbten Äußerungen über die Unheilbarkeit der MS führen am Problem des ärzt- lichen Heilungs- und Linderungsauf- trags vorbei und übersehen die ganz erheblichen Fortschritte in der MS- Therapie, die ja nur als eine der Moda- litäten Immunmodulation beinhaltet.

Literatur

1. Polman CH, Hartung HP: The treatment of multiple sclerosis: current and future. Curr Opinion Neurol 1995; 8: 200–209.

2. Fricker J: Developing drugs for multiple sclerosis. Lancet 1996; 348: 1022.

3. Schulz, KF: Randomized trials, human nature, and reporting guidelines. Lancet 1996; 348: 596–598.

4. The IFNB Multiple Sclerosis Study Group and the University of British Columbia MS/MRI Analysis Group: Interferon beta- 1b in the treatment of multiple sclerosis:

Final outcome of the randomized control- led trial. Neurology 1995; 45: 1277–1285.

5. Jacobs LD, Cookfair DL, Rudick RA, Herndon RM, Richert JR, Salazar AM, Fischer JS, Goodkin DE, Granger CV, Simon JH: Intramuscular interferon beta- 1a for disease progression in relapsing multiple sclerosis. Ann. Neurol. 1996; 39:

285–294.

6. Sibley WA, Ebers GC, Panitch HS, Reder AT, van den Noort S: Interferon beta treat- ment of multiple sclerosis (reply to letters).

Neurology 1994; 44: 188-190.

Priv.-Doz. Dr. med. P. Rieckmann Prof. Dr. med. H.-P. Hartung Prof. Dr. med. K. V. Toyka Klinische Forschungsgruppe für Multiple Sklerose Neurologische Klinik der Julius-Maximilians-Universität Josef-Schneider-Straße 11 97080 Würzburg

A-1362

M E D I Z I N DISKUSSION/FÜR SIE REFERIERT

(58) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 20, 16. Mai 1997 In den Vereinigten Staaten wird

Inline-Skating von schätzungsweise 22,5 Millionen Menschen betrieben, davon wurden bisher zirka 100 000 so verletzt, daß sie sich in ambulante oder stationäre medizinische Behand- lung begeben mußten. In einer 1992 durchgeführten retrospektiven Un- tersuchung in 91 Notfallambulanzen wurden 206 Patienten mit Verletzun- gen durch Inline-Skating identifiziert, 161 (78 Prozent) hiervon konnten in die Studie eingebracht werden.

Am häufigsten traten Handge- lenksverletzungen (32 Prozent), ge- folgt von Ellbogen-, Knie- und Kopfverletzungen auf. Sicherheits- vorkehrungen wurden von knapp über der Hälfte der Verletzten getra- gen: Knieschützer (45 Prozent), Handgelenkschützer (33 Prozent), Ellbogenschützer (28 Prozent) und Helme (20 Prozent). Das Tragen von Knie- und Ellbogenschützern führte zu einem deutlichen (Faktor 10) Rückgang von Frakturen in diesem

Bereich, dagegen konnte für Knie- schützer kein signifikanter Rückgang der Verletzungen aufgezeigt werden.

Die Zahl der Kopfverletzungen war zu gering, um eine Aussage in be- zug auf das Tragen von Helmen zu er-

lauben. acc

Schieber RA et al.: Risk factors for inju- ries from inline skating and the effec- tiveness fo safety gear. N Engl. J Med 1996; 335: 1630–1635.

Dr. Schieber, National Center for Injury Prevention and Control, Centers for Disease Control and Prevention, Mail- stop K-63, 4770 Buford Hwy. NE, Atlan- ta, GA 30341, USA.

Risiken beim Inline-Skating

Referenzen

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