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Archiv "Einigung mit allen Partnern" (29.03.1979)

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(1)

Herausgeber: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung

Einigung

mit allen Partnern

Eckart Fiedler

Die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen hat, entsprechend § 405a der Reichsversicherungsordnung (RVO) die Aufgabe, in der für den 22./23. März 1979 (nach Redaktionsschluß dieser Ausgabe) terminierten Sitzung Empfehlungen sowohl zur angemessenen Ver- änderung der kassenärztlichen Gesamtvergütungen als auch zur Weiterentwicklung des Arzneimittelhöchstbetrages abzugeben.

Nach Abschluß der Honorarvereinbarung mit den Ersatzkassenver- bänden im Dezember letzten Jahres hat sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung in Vorbereitung dieser Sitzung der Konzertier- ten Aktion auch mit den Bundesverbänden der Krankenkassen (Orts-, Betriebs-, lnnungs- und landwirtschaftlichen Krankenkassen) und der Bundesknappschaft über eine für beide Seiten akzeptable Hono- rarregelung ab 1. Juli 1979 geeinigt. Ziel dieser Verhandlungen war es, ein gleichförmiges Verhalten der Partner in der Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen so abzustimmen, daß die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und die Kassenärzte einer ent- sprechenden Empfehlung der Konzertierten Aktion zur angemesse- nen Veränderung der kassenärztlichen Gesamtvergütungen nach § 368 f Abs. 4 RVO zustimmen könnten. Die Partner auf Bundesebene haben nach schwierigen Verhandlungen das gesteckte Ziel erreicht, worüber nachstehend detailliert berichtet werden soll.

Allerdings war zum Zeitpunkt der Abfassung des nachfolgenden Artikels noch nicht mit letzter Sicherheit abzusehen, ob sich die Konzertierte Aktion den zwischen den Vertragspartnern gefundenen Kompromiß als Empfehlung zu eigen machen wird. Dennoch halten wir es für unsere Aufgabe, die Kassenärzteschaft so früh wie möglich über die zu erwartenden Entwicklungen zu unterrichten, zumal bei einem Scheitern der Konzertierten Aktion die Bundesverbände der Krankenkassen einschließlich der Bundesknappschaft und die Kas- senärztliche Bundesvereinigung eine dem gefundenen Kompromiß entsprechende Bundesempfehlung für die Partner der Gesamtver- träge abgeben werden. Da gleichfalls eine Einigung zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung unter Beteiligung der pharmazeutischen Indu- strie für einen Empfehlungsvorschlag zur Weiterentwicklung des Arzneimittelhöchstbetrages erzielt werden konnte, soll auch über diesen Bereich in einem zweiten Abschnitt eingehend informiert werden.

Die Honorarabsprache mit den RVO-Kassen ab 1. Juli 1979

Durchbruch zur Einzel- leistungsvergütung auch im Bereich der Orts-, Betriebs-, Innungs- und

landwirtschaftlichen Krankenkassen Verständigung mit sämtlichen Kassen- verbänden über den Arzneimittel- Höchstbetrag

Heft 13 vom 29. März 1979 845

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Kernpunkt der Einigung:

Rückkehr zur Einzelleistungsberechnung

In den frühen Morgenstunden des 6. März 1979 gelang nach letztem, sechzehnstündigem harten Rin- gen der Kompromiß: Die Kassen- ärztliche Bundesvereinigung und die Bundesverbände der RVO- Krankenkassen einigten sich auf ein gleichförmiges Verhalten für die diesjährige März-Sitzung der Konzertierten Aktion im Gesund- heitswesen hinsichtlich der Abga- be einer Honorarempfehlung für die Weiterentwicklung der kassen- ärztlichen Gesamtvergütung.

1> Kernpunkt der Einigung ist die Rückkehr zur Berechnung der kassenärztlichen Gesamtvergü- tung nach Einzelleistungen.

Dabei sollen die Punktwerte und damit die ärztlichen Honorare zum 1. Juli 1979 um 3,5 v. H. und zum 1. Juli 1980 bis zum 31. Dezember 1980 um weitere 1,5 v.H. steigen.

Allerdings weist — dies soll gleich zu Beginn gesagt werden — die Wiedereinführung der Einzellei- stungsberechnung noch einen nicht bestrittenen Mangel auf:

Die Laborleistungen werden aus dieser Berechnungsform ausge- klammert; sie sollen zukünftig von den Orts-, Betriebs-, Innungs- und landwirtschaftlichen Krankenkas- sen sowie der Bundesknappschaft im Rahmen eines Fallpauschales an die Kassenärztlichen Vereini- gungen gezahlt werden.

Außerdem wurde für den Fallwert

— dieser errechnet sich aus den ärztlichen Leistungen, die pro Be- handlungsfall erbracht werden — eine Obergrenze im Zuwachs vor- gesehen.

D Entscheidend für die Wertung der Vereinbarung ist aber die volle Übernahme des finanziellen Risi- kos des Zuwachses der Zahl der Behandlungsfälle durch die Kran- kenkassen.

Auf die strukturellen und wirt- schaftlichen Einzelheiten der Ab- sprache wird im folgenden näher einzugehen sein. Doch zunächst soll ein kurzer Rückblick die Be- deutung der Einigung zwischen den Vertragspartnern erhellen.

Nach der Verabschiedung des Krankenversicherungs-Kosten- dämpfungsgesetzes (KVKG) ver- traten vor allem das Bundesmini- sterium für Arbeit und Sozialord- nung wie auch die RVO-Kranken- kassen die Auffassung, daß die Berechnung der kassenärztlichen Gesamtvergütung in der Form, wie sie vor Inkrafttreten des KVKG möglich und jahrelang praktiziert worden war, nicht mehr Rechtens sei. Das Gesetz schreibe nach ih- rer Meinung auch bei der Einzel- leistungsberechnung der Gesamt- vergütung zwingend die Festset- zung einer Obergrenze für den Ausgabenanstieg für ambulante ärztliche Leistungen entspre- chend dem § 368 f Abs. 3 der

Reichsversicherungsordnung (RVO) vor.

Keine feste Obergrenze des Ausgabenanstiegs

Diese Rechtsauslegung ist für die Kassenärztliche Bundesvereini- gung stets eine Fehlinterpretation gewesen. Sie hat von Beginn an die Auffassung vartreten, daß die neuen Formulierungen des § 368 f RVO die Berechnung der kassen- ärztlichen Gesamtvergütung nach Einzelleistungen ohne zusätzliche Vereinbarung einer Obergrenze zulassen.

Bei der Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Bundesver- einigung und den RVO-Kranken- kassen vom März 1978 in Vorbe- reitung der ersten Honoraremp- fehlung der Konzertierten Aktion

im Gesundheitswesen war diese unterschiedliche Rechtsauffas- sung zwischen den Vertragspart- nern noch nicht deutlich gewor- den. Wegen der Umstellung auf den neuen Bewertungsmaßstab für kassenärztliche Leistungen (BMÄ '78), der auf der Leistungs- struktur der Ersatzkassen-Gebüh- renordnung (E-GO) aufbaut, muß- te zum Zwecke der Ermittlung des

Punktwertes (der Punktwert wird bei einer Bezahlung der einzelnen Leistung mit den im Bewertungs- maßstab ausgewiesenen Punkt- zahlen multipliziert) im RVO-Be- reich die kassenärztliche Gesamt- vergütung vorübergehend nach einer Kopfpauschale berechnet werden.

Diese Übergangszeit läuft mit dem 30. Juni 1979 aus. Der Punktwert, der sich dann für den Zeitraum vom 1. Juli 1978 bis zum 30. Juni 1979 insoweit ermitteln läßt, als die im Rahmen der Kopfpauschale gezahlte Gesamtvergütung durch die Zahl der durch die Kassenärzte erbrachten und von diesen ab- gerechneten Leistungen, ausge- drückt in Punkten, dividiert wird, sollte bei der Rückkehr zur Ein- zelleistungsberechnung zugrun- de gelegt und weiterentwickelt werden.

Die Wiedereinführung der Einzel- leistungsvergütung war also da- mals schon zwischen den Ver- tragspartnern auch im RVO-Be- reich vereinbart und ist der Öffent- lichkeit gegenüber immer wieder betont worden. Allerdings gingen die Partner, wie sich später her- ausstellte, von unterschiedlichen Vorstellungen über die Gestaltung der zukünftigen Einzelleistungs- berechnung aus. Während die Ärz- teseite stets die unbegrenzte, sprich: lupenreine Einzellei- stungsberechnung vor Augen hat- te, dachten die Krankenkassenver- treter zwar gleichfalls an eine Einzelleistungsberechnung; diese sollte aber kombiniert sein mit ei- ner zusätzlich vereinbarten festen Obergrenze für ihre Gesamtausga- ben im Bereich der ambulanten kassenärztlichen Versorgung.

846 Heft 13 vom 29. März 1979 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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C> Der Dissens zwischen den Ver- tragspartnern trat erstmalig offen zutage, als die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Ver- band der Angestellten-Kranken- kassen (VdAK) - Vertragspartner, die eine fünfzigjährige vertrauens- volle Zusammenarbeit verbindet- an der jahrzehntelang geübten und bewährten Vertragsform, nämlich der Einzelleistungsvergü- tung festhielten und diese zum 1. Januar 1979 selbstverständlich ohne Festsetzung einer Obergren- ze fortführten. Der für die Ersatz- kassen geltende Punktwert wurde von diesem Zeitpunkt an um 4 v. H.

erhöht. Dabei wurde erneut die so- genannte "Dernbacher Erklärung"

dahingehend bekräftigt, daß die Vertragspartner die Ausgabenent- wicklung für ärztliche Leistungen ständig überprüfen und bei Fest- stellung einer nicht vertretba- ren Steigerung kostendämpfende Maßnahmen vereinbaren werden.

Helle Aufregung - Klare Positionen - Stetige Verhandlungen

Dieser Vertragsabschluß sorgte für helle Aufregung. Die Staatsse- kretärin im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Frau Anke Fuchs, kündigte vor der Presse eine besonders strenge Rechtsprüfung des Vertragswer- kes an. Die Bundesverbände der Krankenkassen sprachen in einem Schreiben an den Vorsitzenden der Kassenärztlichen Bu ndesver- einigung, Hans Wolf Muschallik, von einer Präjudizierung und wie- sen darauf hin, daß der mit den Ersatzkassen geschlossene Ver- trag den Abschluß der Verträge mit ihnen nicht nur unter rechtli- chen, sondern auch unter vergü- tungspolitischen Gesichtspunkten erheblich stören würde. ln einer gemeinsamen Presseerklärung bezeichneten sie schließlich das Verhalten der Ersatzkassenver- bände und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung als nicht ver- einbar mit dem Kostendämpfungs- gesetz und erklärten die Funk-

tionsfähigkeit der Konzertierten Aktion für den gesamten Bereich der ambulanten kassenärztlichen Versorgung für gefährdet.

Der Vorsitzende der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung hatte un- geachtet solcher Einwirkungen schon frühzeitig die Position der Ärzteschaft auch für die Verhand- lungen mit den RVO-Krankenkas- sen verdeutlicht. Anläßlich der Vertreterversammlung der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung im Dezember 1978 forderte Dr.

Muschallik im Zuge der Erläute- rung des mit den Ersatzkassen abgeschlossenen Vertrages die Rückkehr zur Einzelleistungsver- gütung auch auf dem RVO-Sektor,

wie sie in der Grundsatzvereinba-

••

Die jährlich feststellbare Zu- wachsrate in der Krankheits- häufigkeit ... einschließlich der sich parallel dazu ent- wickelnden Zahl an Überwei- sungsfällen ... können nicht dem Kassenarztalsfinanzielles Risiko aufgebürdet werden.

••

rung vom 10. März 1978 als ge- meinsame Absichtserklärung nie- dergelegt worden war. Gleichzei- tig bot er an, eine Vereinbarung zu treffen, daß bei gemeinsamer Fest- stellung einer unvertretbaren Lei- stungsausweitung geeignete Ge- genmaßnahmen zu ergreifen sind.

Die Kritik an der fehlenden Be- grenzung des Wachstums der Ge- samtausgaben der Ersatzkassen wies Muschallik als rechtlich un- haltbar zurück, wobei er allerdings keinen Zweifel daran ließ, daß bei der Weiterentwicklung des Punkt- wertes im Rahmen der Einzellei- stungsvergütung die in § 368 f Abs. 3 RVO genannten Kriterien zu berücksichtigen sind.

Noch im Dezember 1978 began- nen die Vorgespräche mit den

Bundesverbänden der Kranken- kassen für eine Honorarregelung ab Juli 1979.

Langsam, aber stetig wurde die Weiche in Richtung Einzellei- stungsvergütung gestellt. Seide Seiten waren sich in ihrem Bemü- hen darüber im klaren, daß ein Scheitern der Verhandlungen auf Bundesebene auch das Scheitern auf Landesebene vorprogrammie- ren und damit die Schiedsämter auf den Plan rufen würde. ln einem solchen Fall hätte das Ergebnis aber nur eine Anpassung des be- stehenden Kopfpauschales unter Berücksichtigung der in f 3) des

§ 368 RVO genannten Kriterien zum Inhalt haben können; damit hätte eine Berechnungsform fort- gesetzt werden müssen, die beide Partner ablehnen: Für die RVO- Krankenkassen ist die Einzellei- stungsvergütung eine wichtige Prestigefrage, für die Kassenärzte bedeutet sie die einzige dem Frei-

berufler angemessene Honorie-

rungsform.

~ So mußte und konnte der Kom- promiß gefunden werden, der na- hezu das volle Versicherungsrisiko den dafür zuständigen Kranken- kassen zwar überträgt, ihnen aber dennoch eine gewisse Kalkulier- barkeit ihrer Ausgaben für die am- bulante kassenärztliche Versor- gung möglich macht.

Ausgangspunkt:

Zunahme der Fallzahl voll zu Lasten der Kasse

Bei der Suche nach einer adäqua- ten und den Interessen beider Partner gerecht werdenden Lö- sung gingen die Kassenärzte, ins- besondere im Hinblick auf die zu erwartende Arztzahi-Entwicklung, von der Vorstellung aus, daß sich die Fallzahi-Zunahme uneinge- schränkt zu Lasten der Kranken- kassen auswirken muß.

C> Die jährlich feststellbare Zu-

wachsrate in der Krankheitshäu- figkeit - nicht zuletzt auch eine

DEUTSCHES ARZTEBLATT

Heft 13 vom 29. März 1979 847

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Folgeerscheinung unserer hoch- industriellen Gesellschaft — ein- schließlich der sich parallel dazu entwickelnden Zahl an Überwei- sungsfällen, die ihrerseits Aus- druck der zunehmenden Speziali- sierung in der Medizin sind, kön- nen nicht dem Kassenarzt als fi- nanzielles Risiko aufgebürdet wer- den; dies schon deshalb nicht, weil durch die Ausgabe von Kran- kenscheinscheckheften der Arzt- wechsel dem Versicherten allzu leicht gemacht worden ist.

„Gegenforderung":

Fallwert-Risiko zu Lasten der Ärzte

Im Gegenzug forderten die Kran- kenkassen von der Ärzteseite die Übernahme des Fallwert-Risikos.

Die ständig wachsende Zahl von erbrachten und abgerechneten Leistungen je Behandlungsfall ist nach ihrer Meinung medizinisch nicht immer vertretbar, insbeson- dere dann nicht, wenn es sich um Labor- und andere technische Lei- stungen handelt, die zwar unter Aufsicht des Arztes, aber eben nicht von ihm selber erbracht wer- den. Hierbei beriefen sie sich auf den § 368 n Abs. 8 RVO, der gleichfalls mit dem Krankenversi-

cherungs-Kostendämpfungsge- setz in die Reichsversicherungs- ordnung eingefügt worden war.

Dieser verpflichtet die Kassenärzt- lichen Vereinigungen dazu, darauf hinzuwirken, daß medizinisch- technische Leistungen wirtschaft- lich erbracht werden, wobei sol- che Leistungen möglichst im Rah- men von Gemeinschaftseinrich- tungen der niedergelassenen Ärz- te bezogen werden sollen.

In der schon erwähnten Grund- satzvereinbarung der Bundesver- bände der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung vom März 1978 war die Wei- terentwicklung des Bewertungs- maßstabes-Ärzte unter Beachtung des besonderen Wirtschaftlich- keitsgebotes des § 368 n Abs. 8 RVO vereinbart worden. Über die Umsetzung des § 368 n Abs. 8

RVO berät derzeit noch ein Ar- beitsausschuß der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung.

Bevor nicht konkrete Arbeitser- gebnisse dieses Ausschusses vor- liegen und erneut in der Vertreter- versammlung der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung disku- tiert und beschlossen worden sind, ist es ratsam, den Gesamt- komplex Labor aus der Einzellei- stungsberechnung auszuklam- mern. So ergibt sich auch die Möglichkeit, bei der dann notwen- dig werdenden Verteilung des von den Krankenkassen gezahlten Ho- norarvolumens im Rahmen des Honorarverteilungsmaßstabes un- abhängig vom Bewertungsmaß- stab zu sein.

Wissenschaftliche Untersuchun- gen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland un- terstreichen die deutlich kosten- günstigere Erbringung klinisch- chemischer Parameter in Labor- gemeinschaften, so daß der weite- re Zusammenschluß von Kassen- ärzten in Laborgemeinschaften — derzeit erbringen nahezu 13 000 Kassenärzte Laborleistungen in Laborgemeinschaften — anzustre- ben ist.

Aufwendungen für Laborleistungen steigen mit der

Zahl der Behandlungsfälle

Die Vertragspartner einigten sich schließlich dahingehend, daß La- borleistungen von den RVO-Kran- kenkassen vom 1. Juli 1979 an im Rahmen eines Fallpauschales ge- zahlt werden. Was im Zeitraum vom 1. Juli 1978 bis zum 30. Juni 1979 pro Behandlungsfall für La- borleistungen vergütet worden ist, wird auch pro Fall für die Zeit vom 1. Juli 1979 bis zum 30. Juni 1980 gezahlt werden. Steigt die Zahl der Behandlungsfälle — was unterstellt werden kann —, so steigen die Auf- wendungen der Krankenkassen für Laborleistungen entsprechend.

> Auch mit dieser Regelung auf dem Laborsektor wird also das volle Fallzahl-Risiko von den Kran- kenkassen getragen. Für die Zeit vom 1. Juli 1980 bis 31. Dezember 1980 wird dann das Laborfallpau- schale um 1,5 v. H. erhöht.

> Mit der Honorierung der Labor- leistungen im Rahmen eines Fall- pauschales übernehmen die Kas- senärzte das volle Fallwert-Risiko in diesem Leistungsbereich. Wer- den mehr Laborleistungen pro Be- handlungsfall zukünftig erbracht, muß der Preis für die einzelne La- borleistung absinken. Würde die Zahl der Laborleistungen geringer werden — eine unwahrscheinliche Annahme —, so würde das Honorar je Laborleistung steigen.

In das Fallpauschale für Laborlei- stungen wurden auch die zytologi- schen und histologischen Leistun- gen des Bewertungsmaßstabes einbezogen. Zwar trennt seit dem 1. Juli 1978 der Bewertungsmaß- stab die zytologischen und histo- logischen Leistungen von den üb- rigen Laborleistungen und weist sie in einem besonderen Kapitel (Abschnitt N) aus, dennoch muß- ten auch zytologische und histolo- gische Leistungen zwangsläufig in das Fallpauschale einbezogen werden. Der Grund liegt darin, daß Laborleistungen und zytologische und histologische Leistungen den Krankenkassen gegenüber wie bisher in der Abrechnung der KVen im sogenannten Formblatt 3 zusammengefaßt und nicht ge- trennt nachgewiesen werden.

Eine entsprechende Aufgliede- rung des Formblattes 3 soll jedoch schnellstmöglich vollzogen wer- den. Dieser Mangel wird aber da- durch gemindert, daß ins Labor- Fallpauschale nur kurative Lei- stungen einbezogen werden.

> Zytologische Untersuchungen im Rahmen der Prävention

—Hauptfaktor in der Abrechnung zy- tologischer Leistungen im Rah- men der kassenärztlichen Versor- gung — werden nach Einzelleistun- gen berechnet und vergütet.

848 Heft 13 vom 29. März 1979 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Übernahme

des Fallwert-Risikos noch zumutbar

Die Festschreibung des Fallwertes im Laborbereich ist für die Fall- wertentwicklung der übrigen Lei- stungsgruppen des Bewertungs- maßstabes von großer Bedeutung.

In der Vergangenheit waren es ge- rade die Laborleistungen, die stets überproportional in der Leistungs- häufigkeit zunahmen; entspre- chend stieg der Gesamtfallwert höher, als es nach der Leistungs- zunahme in den übrigen Lei- stungsbereichen notwendig gewe- sen wäre.

Durch das Festhalten des Labor- fallwertes ist der Zuwachs des Fallwertes für die übrigen Lei- stungsbereiche überschaubarer geworden.

I> Für die Verhandlungsführer der Ärzteseite war also das Risiko der Übernahme der Fallwert-Entwick- lung für die Leistungsbereiche, die zukünftig nach Einzelleistungen berechnet werden sollen, dann übernehmbar, wenn eine Zu- wachsrate für den Fallwert ver- traglich vereinbart würde, die un- ter Beachtung der Zuwachsraten des Fallwertes in der Vergangen- heit sowohl den zukünftigen medi- zinischen Fortschritt als auch die medizinischen Erfordernisse im allgemeinen berücksichtigt. Auf dieser Grundlage einigten sich die Partner auf einen möglichen Fall- wert-Anstieg von 2 v. H., bezogen auf ein Jahr.

> Die vorgesehene Begrenzung des Leistungsmengenzuwachses pro Behandlungsfall bezieht sich nur auf kurative Leistungen.

Früherkennungs-, Vorsorge-,

„Sonstige-Hilfe"-Leistungen wer- den in keinem Fall in ihrem Zu- wachs eingeengt; zusätzlich blei- ben bisher nicht im Bewertungs- maßstab enthaltene neue Leistun- gen von der Begrenzung ausge- nommen.

> Ein Zuwachs der Leistungs- menge pro Fall in Höhe von 2 v. H.

stellt eine Größenordnung dar, die unter Ausklammerung des Zu- wachses der Laborleistungen in den letzten Jahren in aller Regel ausreichend war. Sie bedeutet kei- ne unzumutbare Einengung für den Kassenarzt; sie bietet den not- wendigen Spielraum für die Beibe- haltung einer nach den Kriterien des Kassenarztrechts ausgerichte- ten und dem Maß des Notwendi- gen entsprechenden Diagnostik und Therapie.

Sollte in Einzelfällen diese Grenze dennoch überschritten werden, so

Soviel zur Struktur der angestreb- ten Vertragsgestaltung, die zu- sammengefaßt folgende Schwer- punkte aufweist:

• Vom 1. Juli 1979 an werden die Gesamtvergütungen für die kas- senärztliche Versorgung unter Zu- grundelegung des dann fest ver- einbarten Punktwertes je Kassen- art nach Einzelleistungen be- rechnet.

• Ausgenommen von dieser Be- rechnungsform bleiben kurative Laborleistungen einschl. Zytologie und Histologie.

Diese Leistungen werden nach ei- nem Fallpauschale von den Kran- kenkassen vergütet.

• Steigt der Fallwert über eine mögliche Zuwachsrate von 2 v. H.

pro Jahr an, sinkt der für die ein- zelne Leistung von den Kranken- kassen zu zahlende Punktwert.

Diese Begrenzung im Fallwert-An- stieg gilt nur für kurative Leistun- gen, wobei neu in den Bewer- tungsmaßstab aufgenommene ärztliche Leistungen unberück- sichtigt bleiben. Überschreitungen der vorgesehenen Fallwertgrenze

kann diese Überschreitung dann für zulässig erkannt werden, wenn die Partner des Gesamtvertrages übereinstimmend feststellen, daß eine solche Entwicklung durch

—eine Erweiterung des Leistungs- umfanges der Krankenversiche- rung durch Gesetz, Satzung oder Rechtsprechung,

— Leistungsverlagerung aus dem stationären in den ambulanten Be-- reich oder

— durch anderweitige, nicht vor- hersehbare Umstände

gerechtfertigt ist.

sind in begründeten Ausnahmen möglich.

Die Fallzahl-Zunahme — auch Morbidität genannt — ist in jedem Fall wieder voll das Risiko der Krankenkassen.

Ein entscheidender Schritt in Richtung

freier Einzelleistungs- berechnung

Damit haben auch die RVO-Kran- kenkassen und die Kassenärzte- schaft in verantwortungsvoller Partnerschaft und unter Beach- tung der Bestimmungen des

Krankenversicherungs-Kosten- dämpfungsgesetzes den Weg zu- rück zur Einzelleistungsvergütung beschritten.

Zwar machte die derzeitige ge- samtwirtschaftliche Lage die Fi- xierung gewisser Grenzen im We- ge des Kompromisses noch unum- gänglich; bei erfolgreicher An- wendung dieses Modells aber ist sicherlich das Ziel, die Rückkehr zur völlig freien Einzelleistungsbe- rechnung, in Zukunft erreichbar.

Ein entscheidender Schritt in die- se Richtung ist getan.

Zusammengefaßt:

Die Schwerpunkte der Vertragsgestaltung

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 13 vom 29. März 1979 849

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Mit der Übernahme des vollen Morbiditätsrisikos durch die RVO- Krankenkassen haben diese die Verpflichtung, ihre Versicherten zu kostenbewußtem Verhalten zu motivieren, um auch so einer ungezügelten Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen entgegenzu- wirken.

Die Übernahme des Fallwert-Risi- kos durch die Kassenärzteschaft ab einer bestimmten Größenord- nung wird den ambulanten Lei- stungsumfang und -standard nicht gefährden.

Die schon gefallene Äußerung, wegen dieser Fallwertbegrenzung müsse eine Jagd nach Scheinen beginnen, um damit den Fallwert zu senken, ist absurd. Die gefun- dene Vertragsgestaltung verlangt

— wie im Ersatzkassenbereich — Disziplin und Verantwortung von allen Beteiligten!

> Für diesen Fall kann schon heute mit Zuversicht gesagt wer- den: Unter Anlegung des Maßsta- bes der Fallwert-Entwicklung in der Vergangenheit wird eine Be- grenzung im Sinne einer Punkt- wertsenkung nicht Platz greifen.

Gemeinsamer Aufruf zu kostenbewußtem Verhalten

aller Beteiligten

Die freiheitliche Vertragsgestal- tung auch im RVO-Sektor wird sich aber nur dann fortsetzen las- sen, wenn die Vertragspartner ihre besondere Verantwortung wahr- nehmen und immer wieder zu ko- stenbewußtem Verhalten aller Be- teiligten aufrufen.

Im Bewußtsein dieser Verantwor- tung haben die Partner auf Bun- desebene dem eigentlichen Emp- fehlungstext für die Partner der Gesamtverträge folgende gemein- same Erklärung zugefügt:

„Für eine weiterhin erfolgreiche Kostendämpfung ist neben der Stärkung des Gesundheitsbe- wußtseins eine Förderung des Ko- stenbewußtseins der Versicherten von großer Bedeutung.

Die Vertragspartner werden daher an die Versicherten appellieren, durch gesundheitsbewußtes Ver- halten und verantwortungsvolle Inanspruchnahme der Leistungen ihrer Krankenkassen ihrerseits zur Kostendämpfung beizutragen.

Ebenso ist für eine erfolgreiche Kostendämpfung die Stärkung des Kostenbewußtseins bei den Ver- tragspartnern der sozialen Kran- kenversicherung erforderlich.

Deshalb werden die Vertragspart- ner auch an die an der kassenärzt- lichen Versorgung teilnehmenden Ärzte appellieren, im Interesse der Aufrechterhaltung des derzeitigen freiheitlichen Systems der sozia- len Krankenversicherung bei der

Wertet man nun die ökonomi- schen Auswirkungen des Ver- handlungsergebnisses, so muß einleitend festgestellt werden:

Auch für diesen Sektor konnte nur nach langwierigem Ringen ein Kompromiß zwischen den Ver- tragspartnern auf Bundesebene gefunden werden.

Nach der ersten großen offiziellen Verhandlungsrunde zwischen den Vorständen und Geschäftsführun- gen der Bundesverbände der Krankenkassen und der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung am 19. Februar 1979, die noch erfolg- los blieb, überraschte die Kassen- zahnärztliche Bundesvereinigung mit einer Erfolgsmeldung bei ihren Verhandlungen. In dem gefunde- nen Ergebnis der Zahnärzte mit den Krankenkassen war vor allem

Veranlassung und Erbringung dia- gnostischer und therapeutischer Maßnahmen weiterhin das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Not- wendigkeit zu beachten."

Um mehr Erkenntnisse über Ursa- che und Auswirkungen der Morbi- dität zu gewinnen, haben die Part- ner auf Bundesebene darüber hin- aus folgende Vereinbarung ge- troffen:

„Das Wissenschaftliche Institut der Ortskrankenkassen (WIdO) und das Zentralinstitut für die kas- senärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland (ZI) werden gemeinsam unter Beteili- gung der Kassenarten, die dies wünschen, während der Laufzeit der Empfehlung in ausgesuch- ten Landesverbandsbereichen die Fallzahlentwicklung untersuchen, um Erkenntnisse über Ursache und Auswirkung der Morbidität zu gewinnen."

die lange Laufzeit der Verträge be- merkenswert, die für 14 Kassen- zahnärztliche Vereinigungen 21 Monate und für 3 Kassenzahnärzt- liche Vereinigungen 18 Monate betragen soll.

Damit war zumindest für die Lauf- zeit des Vertrages zwischen Kas- senärzten und Krankenkassen ein deutliches Präjudiz geschaffen worden.

Die Ausdehnung der Laufzeit des Vertrages auf das ganze Jahr 1980 auch bei den Ärzten bot allerdings die Möglichkeit, die Wirtschafts- daten für das Jahr 1979 zu relati- vieren, da eine Einigung über die Einschätzung der Auswirkungen dieser Daten zwischen den Ver- tragspartnern nicht erreichbar war.

Die ökonomischen Auswirkungen des Verhandlungsergebnisses

850 Heft 13 vom 29. März 1979 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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99

Der Erfolg der Konzertierten Aktion ist, soweit es die Emp- fehlung zur angemessenen Veränderung der kassenärztli- chen Gesamtvergütung be- trifft, allein von der erfolgrei- chen Vorbereitung durch die dafür zuständigen Partner, nämlich die Kassenverbände und die KBV, abhängig.

99

Die gesetzlichen Kriterien

für die Veränderung der Gesamtvergütung

a) Grundlohnsumme

Der § 368 f Abs. 3 RVO nennt als ein Datum, das bei der Verände- rung der kassenärztlichen Ge- samtvergütung zu berücksichti- gen ist, die Entwicklung der Grundlohnsumme.

Zur Einschätzung dieser Größe für das Jahr 1979 ist der im Jahres- wirtschaftsbericht 1979 von der Bundesregierung projizierte An- stieg der Bruttolohn- und -gehalts- summe je abhängig Beschäftigten zu berücksichtigen.

Der im Jahreswirtschaftsbericht genannte Wert von 6 v. H. wurde von den RVO-Krankenkassen für ihren Bereich als viel zu hoch ein- geschätzt.

Sie verwiesen in diesem Zusam- menhang auf den Verlauf des Jah- res 1978, für das eine Grundlohn- summenentwicklung von durch- schnittlich 5,5 v. H. unterstellt wor- den war.

Dieser Anstieg wurde zwar im Jahr 1978 von der gesetzlichen Kran- kenversicherung knapp erreicht;

allerdings blieben die RVO-Kran- kenkassen deutlich unter dieser Marge, während die Ersatzkassen deutlich darüberlagen.

Des weiteren machten die RVO- Krankenkassen auf die Entwick- lung der zu zahlenden Rentenbe- träge für das Jahr 1978 aufmerk- sam, die einen Zuwachs von ledig- lich 4,5 v. H. mit sich bringen wird.

Für die Beurteilung der zu erwar- tenden Gesamteinnahmen ist des- halb selbst unter Zugrundelegung des im Jahreswirtschaftsbericht projizierten Anstiegs der Brut- tolohn- und -gehaltssumme um 6 v. H. ein Anstieg der Gesamtein- nahmen von insgesamt höchstens 5,5 v. H. zu erwarten.

Ohne sich dem Grundsatz einer

„einnahmenorientierten Ausga- benpolitik", wie ihn die RVO-Kran- kenkassen vertreten, anzuschlie- ßen, muß doch anerkannt werden, daß diese Zahlen Eckdaten auch nach dem Kassenarztrecht für die Veränderung der kassenärztlichen Gesamtvergütung darstellen.

b) Praxiskosten

Die Grundlohnsummenentwick- lung ist allerdings nicht das alleini- ge Kriterium, welches bei der Ver- änderung der kassenärztlichen

Gesamtvergütung nach § 368 f Abs. 3 RVO zu beachten ist. Im vorgenannten Paragraphen sind weitere wichtige Parameter, so die Praxiskostenentwicklung und die für die kassenärztliche Tätigkeit aufzuwendende Arbeitszeit, ge- nannt. Unter Berücksichtigung ei- nes Gutachtens des Zentralinsti- tuts, erstellt für das Bundesmini- sterium für Arbeit und Sozialord- nung, konnte nachgewiesen wer- den, daß als Näherungswerte für eine Prognose der Praxiskosten herangezogen werden können:

für die Prognose der Personalko- sten die Entwicklung der Brutto- lohn- und -gehaltssumme je be- schäftigten Arbeitnehmer,

für die Prognose der Sachkosten die Preisentwicklung für den pri- vaten Verbrauch.

Danach ergibt sich eine preisindu- zierte Praxiskostensteigerung für

das vor uns liegende erste Ver- tragsjahr in Höhe von 4,4 v. H.

Die Entwicklung der durchschnitt- lichen Kosten je Arztpraxis wird zusätzlich durch den Mengenef- fekt beeinflußt. Jede über das bis- herige Niveau hinaus erbrachte ärztliche Leistung verursacht zu- sätzliche Kosten. Diese Mengen- komponente kann im Rahmen ei- ner Einzelleistungsvergütung aber vernachlässigt werden, da jede zu- sätzliche Leistung zusätzlich ver- gütet wird. Eine Einschränkung tritt bei dem jetzt vorgesehenen Vertragsweg nur dann ein, wenn die Fallwert-Obergrenze über- schritten wird.

c) Arbeitszeit

Rückschlüsse auf die Entwicklung der kassenärztlichen Arbeitszeit zu ziehen ist äußerst schwierig. Ei- ne Zunahme der Zahl der Behand- lungsfälle wird sich auf die Ar- beitszeit steigernd auswirken. Da aber die Zahl der Kassenärzte im Jahre 1979 und danach um 2 bis 3 v. H. zunehmen wird, wird zwar die Gesamtarbeitszeit aller Kassenärz- te steigen, aber mit großer Wahr- scheinlichkeit nicht die durch- schnittliche Arbeitszeit je Kassen- arzt. Im übrigen tragen die Kran- kenkassen das volle finanzielle Ri- siko einer Zunahme der Zahl der Behandlungsfälle.

Das Zentralinstitut hat, gestützt auf das Jahresgutachten 1978/79 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirt- schaftlichen Entwicklung und auf den Sozialbericht des Bundesmi- nisteriums für Arbeit und Sozial- ordnung, einen Punktwertanstieg im Rahmen einer Berechnung der kassenärztlichen Gesamtvergü- tung nach Einzelleistungen in Hö- he von 3,5 v. H. als unterste Gren- ze ermittelt. Nur mit Erreichen die- ses Prozentsatzes kann der An- stieg sowohl der Praxiskosten als auch der Lebenshaltungskosten aufgefangen und damit das durch- schnittliche Realeinkommen je Kassenarzt erhalten werden. >

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 13 vom 29. März 1979 851

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Punktwertanhebung für die Einzelleistungs- berechnung:

3,5 Prozent + 1,5 Prozent

Entsprechend hat sich die Ärzte- seite erst nach langem Zögern und sorgfältiger Prüfung und Abwä- gung bereit gefunden, in den Ver- handlungen mit den RVO-Kran- kenkassen einer Punktwertanhe- bung um 3,5 v. H. für diejenigen Leistungen des Bewertungsmaß- stabes, die nach Einzelleistungen berechnet werden, zuzustimmen.

Diese Erhöhung um 3,5 v. H. des- jenigen Punktwertes, der nach dem 30. Juni 1979 ermittelt wird, gilt für den ersten Abschnitt der Laufzeit des Vertrages, nämlich vom 1. Juli 1979 bis zum 30. Juni 1980.

Die Zustimmung fiel der Ärzteseite deshalb schwer, weil die Laborlei- stungen, die derzeitig einen Anteil von zirka 15 v. H. am Gesamthono- rarvolumen aufweisen (Abschnitte M und N BMÄ '78), von einer Ho- norarerhöhung ausgeklammert bleiben. Für diesen Leistungsbe- reich muß im laufenden Vertrags- jahr versucht werden, die zu er- wartenden allgemeinen Verteue- rungen durch weitere Rationalisie- rungsmaßnahmen bei bestimmten Leistungsgruppen aufzufangen.

Die Zustimmung der Krankenkas- sen zu einer 3,5prozentigen Anhe- bung des Punktwertes ab 1. Juli 1979 war wiederum nur unter der Bedingung zu erreichen, daß die Laufzeit des Vertrages, wie schon bei den Zahnärzten praktiziert, auf 18 Monate ausgedehnt wird. Dafür wurde zusätzlich von den Kran- kenkassen zugestanden, ab dem 1. Juli 1980 sowohl den Punktwert um weitere 1,5 v. H. wie aber auch das im Laborbereich zu zahlende Fallpauschale gleichfalls um 1,5 v. H. anzuheben.

Wenn dieser Kompromiß schließ- lich die Zustimmung beider Seiten fand, so spielte dabei auch der po- litische Aspekt mit eine Rolle, daß nämlich bei einer Laufzeit von 18

Monaten beide Partner sehr be- wußt der Konzertierten Aktion ei- nen anderen Empfehlungsrhyth- mus signalisieren wollen.

Die diesjährige, wiederum sehr schwierige Vertragsgestaltung zeigt im übrigen, wie wenig die Konzertierte Aktion aus sich selbst heraus erfolgreich arbeiten kann.

Der Erfolg der Konzertierten Ak- tion im Gesundheitswesen ist, so- weit es die Empfehlung zur ange- messenen Veränderung der kas- senärztlichen Gesamtvergütung betrifft, allein von der erfolgrei- chen Vorbereitung durch die dafür zuständigen Partner, nämlich die Krankenkassenverbände und die Kassenärztliche Bundesvereini- gung, abhängig.

Zusammengefaßt:

Die Empfehlung

für eine Honorarregelung auf Landesebene

Die ökonomische Seite des unter schwierigen Bedingungen gefun- denen Kompromisses für eine Ho- norarregelung auf Landesebene sieht zusammengefaßt folgendes vor:

C) Der Punktwert, der für die Zeit vom 1. Juli 1978 bis zum 30. Juni 1979 entsprechend der Vereinba- rung der Partner des Bundesman- telvertrages-Ärzte vom 5. April 1978 gemäß § 26 Abs. 3 des Bun- desmantelvertrages-Ärzte ermit- telt worden ist, wird — unbescha- det der Regelung für ambulante kurative Laborleistungen — zum 1.

Juli 1979 um 3,5 v. H. und ab 1. Juli 1980 bis zum 31. Dezember 1980 um weitere 1,5 v. H. erhöht.

C) Für die Zeit vom 1. Juli 1979 bis zum 30. Juni 1980 wird für ambu- lante kurative Laborleistungen ein Fallpauschale gezahlt, welches sich auf der Grundlage der Zah- lungen der Krankenkassen für La- borleistungen im Zeitraum vom 1.

Juli 1978 bis zum 30. Juni 1979 errechnet. Das so ermittelte Fall-

pauschale wird zum 1. Juli 1980 bis zum 31. Dezember 1980 um 1,5 v. H. erhöht.

Inwieweit es, wirtschaftlich gese- hen, richtig war, das zweite Halb- jahr 1980 in die Laufzeit des jetzt ausgehandelten Vertragswerkes mit einzubeziehen, kann erst die Zukunft zeigen.

Die Auswirkungen der Preiserhö- hungen, z. B. beim Erdöl, können auch den Effekt haben, daß unsere Wirtschaft darauf negativ reagiert und die Grundlohnsummen-Ent- wicklung sich schlechter als er- wartet darstellen wird.

Unabhängig von diesen Erwägun- gen muß aber nochmals betont werden, daß das jetzt erzielte öko- nomische Ergebnis ohne Ausdeh- nung der Laufdauer des Vertrages auf 18 Monate nicht erreichbar ge- wesen wäre.

Der Länderausschuß der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung, in dem die Ersten Vorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigungen der Länder sowie zwei außeror- dentliche Mitglieder vertreten sind, hatte vor Beginn der Ver- handlungen den Weg für die Struktur des Vertrages mit eindeu- tiger Mehrheit freigegeben; auch dem erzielten Ergebnis hat der Länderausschuß mit klarer Mehr- heit zugestimmt.

I> Die zwischen den Bundesver- bänden der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesver- einigung ausgehandelte Honorar- empfehlung an die Partner der Ge- samtverträge sichert ohne Zweifel die ökonomische Grundlage der Kassenärzte in der nächsten Zu- kunft.

Sie bietet gleichzeitig Spielraum für eine sinnvolle Weiterentwick- lung der ambulanten medizini- schen Versorgung, wobei dem be- sonderen Anliegen der Kassenärz- teschaft nach einer dem Freiberuf- ler adäquaten Honorierungsform weitgehend Rechnung getragen werden konnte.

852 Heft 13 vom 29. März 1979 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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99

Um eine mögliche Überschrei- tung des Arzneimittelhöchst- betrages frühzeitig zu erken- nen, sollen die Vierteljahres- ausgaben der Krankenkassen für Arzneimittel mit den ent- sprechenden Vorjahreszahlen verglichen werden. Ergibt sich bei diesem Vergleich eine wesentliche Überschreitung, ... so werden die Kassenärzt- liche Bundesvereinigung bzw.

die Kassenärztlichen Vereini- gungen die Kassenärzte in ei- ner Globalinformation darauf aufmerksam machen.

99

Angemessene Weiterentwicklung des Arzneimittel-Höchstbetrags

Die Empfehlung sichert zugleich die Praktizierung echter Partner- schaft auch zwischen den RVO- Krankenkassen und der Kassen- ärzteschaft.

Die Bundesverbände der Kranken- kassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung haben daher in diesem Zusammenhang verein- bart, ihre Zusammenarbeit auf fol- genden Gebieten zu verstärken:

„Die Partner des Bundesman- telvertrages-Ärzte stimmen darin überein, daß die Erhaltung der Ge- sundheit der Bevölkerung ent- scheidend von gesundheitsge- rechten Lebens- und Arbeitsbe- dingungen und von der Motivation der Versicherten zu einem ge- sundheitsbewußten Verhalten ab- hängt. Hierzu gehört maßgeblich die persönliche Beratung des Ver- sicherten durch den Arzt seiner Wahl. In den Zielvorstellungen der Vertragspartner für eine mittel- und langfristige Gesundheitssi- cherung spielen gemeinsame Überlegungen zu einer umfassen- den Gesundheitsberatung eine wichtige Rolle. Nach Abklärung der Voraussetzungen sollen Vor- stellungen hierzu zunächst in ge- meinsamen Modellversuchen er- probt werden."

I> „Dem partnerschaftlichen Zu- sammenwirken von Krankenkas- sen und Kassenärztlichen Vereini- gungen ist um so mehr Erfolg be- schieden, als die Zuständigkeiten dieser Partner im Gesundheitswe- sen klar abgegrenzt und gegensei- tig anerkannt sind. Auf diesem Grundsatz aufbauend, sollen die von den Partnern gesammelten In- formationen stärker als bisher ausgetauscht werden. Dies gilt insbesondere für Arzneimittelstati- stiken, um so die an der kassen- ärztlichen Versorgung teilneh- menden Ärzte vereinbarungsge- mäß im Hinblick auf die Vermei- dung einer Überschreitung des

Arzneimittel-Höchstbetrages schnellstmöglich über die Ausga- benentwicklung für verordnete Arzneimittel informieren zu können."

In diesem letzten Satz ist der Arz- neimittel-Höchstbetrag angespro- chen, über dessen angemessene Veränderung die Konzertierte Ak- tion im Gesundheitswesen in ihrer März-Sitzung nach § 405 a RVO gleichfalls eine Empfehlung abzu- geben hat. Die Vertragspartner — der Kreis der Vertragspartner um- faßte in diesem Falle auch die Er- satzkassenverbände — einigten sich unter Mitwirkung von Vertre- tern der pharmazeutischen Indu- strie, der Konzertierten Aktion fol- gende Empfehlung zu unter- breiten:

Die Konzertierte Aktion emp- fiehlt, die Arzneimittelhöchstbe- träge für 1979 so festzusetzen, daß sich die Aufwendungen der Träger der Krankenversicherung für Arz- neimittel im Jahre 1979 um nicht mehr als 5,7 v. H. je Mitglied gegenüber den entsprechenden Werten des Vorjahres erhöhen.

Im übrigen einigten sich die Betei- ligten, daß die in § 368 f Abs. 6 RVO erwähnte „Geringfügigkeits- grenze" bei einer mehr als zehn- prozentigen Überschreitung des Steigerungssatzes der Empfeh- lung von 5,7 v. H. als überschritten anzusehen ist.

Bevor der Inhalt dieser Empfeh- lung in seiner Struktur und Grö- ßenordnung gewertet wird, sei wiederum ein Blick in die Vergan- genheit gestattet, um die Gesamt- situation zu erhellen:

Die Konzertierte Aktion hatte erst- mals im März 1978 eine Empfeh- lung über die angemessene Ver- änderung des Arzneimittelhöchst- betrages abgegeben. Damals war beschlossen worden, die Arznei- mittel-Höchstbeträge so festzuset- zen, daß sich die Aufwendungen der Träger der Krankenversiche- rung für Arzneimittel im 2. Halb- jahr 1978 um nicht mehr als 3,5 v. H. je Versicherten gegenüber

der Hälfte der Gesamtausgaben für verordnete Arzneimittel im Jah- re 1977 erhöhen.

Die Erhöhung um 3,5 v. H. er- schien vielen Außenstehenden sehr niedrig, ja sogar zu niedrig.

Dabei wurde aber übersehen, daß durch die bewußte Wahl der Be- zugsbasis — Hälfte der Gesamtaus- gaben des Jahres 1977 — für das 2.

Halbjahr 1978 ein über den Emp- fehlungsprozentsatz hinausge-

hender Zuwachs für die Arzneimit- telausgaben möglich wurde, der nach Vorliegen der Rechnungser- gebnisse für die gesetzliche Kran- kenversicherung 2,2 v. H. beträgt.

Dieser Zuwachs kam dadurch zu- stande, daß die Ausgaben für ver- ordnete Arzneimittel im 2. Halbjahr 1977 gegenüber dem 1. Halbjahr 1977 stark rückläufig waren. Wäh- rend im 1. und 2. Quartal 1977 die Ausgaben der Krankenkassen für Arzneimittel noch um 2,4 bzw. 5,4 v. H. je Mitglied stiegen, fielen sie im 3. und 4. Quartal 1977 gegen- über den entsprechenden Vorjah-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 13 vom 29. März 1979 853

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resquartalen: — 4,4 bzw. — 0,6 v. H. Der Einbruch in der Ausga- benentwicklung für Arzneimittel war bedingt durch die allgemeine Verunsicherung, die sowohl die Patienten als auch die Ärzte nach dem Inkrafttreten des KVKG befal- len hatte.

Daß dieser Zustand sich fortsetzen würde, konnte niemand erwarten, ja im Gegenteil, ein gewisser Nachholeffekt mußte unterstellt werden.

Die Arzneimittelausgaben im 2.

Halbjahr 1978 konnten also effek- tiv um 3,5 v. H. plus 2,2 v. H. stei- gen, bevor der Arzneimittel- Höchstbetrag tatsächlich über- schritten wurde.

Darüber hinaus ergab sich bei Be- rücksichtigung der Faktoren Erhö- hung der Mehrwertsteuer, Kür- zung des Krankenkassenrabattes, Kürzung der Apothekenhandels- spanne ein weiteres Plus von 0,5 v. H. im Zuwachs der Ausgaben- entwicklung für Arzneimittel.

Dennoch wurde— dies läßt sich mit Sicherheit heute feststellen — in vielen Bereichen der Bundesrepu- blik der Arzneimittel-Höchstbetrag überschritten.

Zwar schloß das Jahr 1978 mit ei- ner Steigerung der Ausgaben für verordnete Arzneimittel in der ge- setzlichen Krankenversicherung von +6,5 v. H. je Mitglied ab, aber der Anstieg im 2. Halbjahr 1978 lag mit ca. +9,0 v. H. je Mitglied deut- lich über dem Anstieg des 1. Halb- jahres 1978 mit ca. 4,2 v. H. je Mitglied.

Diese Entwicklung überrascht bei Beachtung der abgesunkenen Ausgangsbasis im 2. Halbjahr 1977 nicht sonderlich, obwohl ein posi- tiverer Verlauf erwartet worden war. Dennoch kann man davon ausgehen, daß sich die Gesamt- ausgabenentwicklung im Arznei- mittelsektor im Jahre 1979 wieder stabilisiert, denn das Jahr 1978 bietet nunmehr eine zutreffende Ausgangsbasis.

„Grundsätze zum

Arzneimittel-Höchstbetrag":

Zum Schutze

von Arzt und Patient

Die Kassenärztliche Bundesver- einigung hatte in der Konzertier- ten Aktion im März 1978 der Emp- fehlung zum Arzneimittel-Höchst- betrag zugestimmt. Damit war das Datum markiert. Dennoch legte sie vor der Umsetzung dieser Empfeh- lung in die Verträge großen Wert darauf, gemeinsam mit den Ver- tragspartnern Klarheit über den Fragenkomplex Überschreitung des Arzneimittel-Höchstbetrages zu schaffen.

Nach zahlreichen intensiven Ver- handlungen einigten sich die Kas- senärztliche Bundesvereinigung und die Spitzenverbände der Krankenkassen sowie die Bundes- knappschaft im Dezember 1978 über „Grundsätze zum Arzneimit- tel-Höchstbetrag". Diese Grund- sätze sehen nicht nur eine Formel für die Errechnung des Arzneimit- tel-Höchstbetrages vor; sie be- stimmen auch, wie eine Über- schreitung des Arzneimittel- Höchstbetrages ggf. verhindert werden kann bzw. was bei einer Überschreitung desselben zu tun ist.

Um eine mögliche Überschreitung des Arzneimittelhöchstbetrages frühzeitig zu erkennen, sollen die Vierteljahresausgaben der Kran- kenkassen für Arzneimittel mit den entsprechenden Vorjahreszahlen verglichen werden. Ergibt sich bei diesem Vergleich eine wesentliche Überschreitung — auch unter Be- rücksichtigung des Prozentsatzes der Weiterentwicklung des Arznei- mittel-Höchstbetrages im laufen- den Vertragszeitraum, so daß die Gefahr einer nicht nur geringfügi- gen Überschreitung des Arznei- mittel-Höchstbetrages besteht —, so werden die Kassenärztliche Bundesvereinigung bzw. die Kas- senärztlichen Vereinigungen die Kassenärzte in einer Globalinfor- mation darauf aufmerksam ma- chen.

Mit diesem von den Vertragspart-.

nern als „Frühwarnsystem" be- zeichnete Vorgehen verbinden sie die Hoffnung und die Erwar- tung, daß die Kassenärzte bei ei- ner solchen Information entspre- chend verantwortungsbewußt rea- gieren werden.

Allerdings ist — darauf sei an dieser Stelle deutlich hingewiesen — solch eine Frühinformation noch keinesfalls mit einer tatsächlichen Überschreitung des Arzneimittel- Höchstbetrages gleichzusetzen.

Stellen die Vertragspartner am En- de der im Vertrag festgesetzten Laufzeit für den Arzneimittel- Höchstbetrag eine Überschreitung fest, so wird zu prüfen sein, ob diese Überschreitung nicht nur geringfügig ist.

Eine Überschreitung ist dann nicht mehr geringfügig, wenn, wie ein- gangs dieses Abschnittes schon erwähnt, der Arzneimittel-Höchst- betrag um mehr als 10 v. H. des Steigerungssatzes überschritten wird.

In diesem Fall müssen die Ver- tragspartner gemeinsam feststel- len, in welchem Maße die Entwick- lung in bezug auf

a) die Preise der Arzneimittel und b) die Krankheitshäufigkeit bzw.

die dadurch bedingte Menge der Arzneimittel

anders verlaufen ist, als erwartet wurde, und ob dies ggf. zur Über- schreitung des Arzneimittel- Höchstbetrages geführt hat.

Darüber hinaus ist zu prüfen, ob sonstige Gründe das Überschrei- ten des Arzneimittel-Höchstbetra- ges verursacht haben. Dazu würde beispielsweise ein unerwarteter Anstieg der Innovationskompo- nente gehören. Unter der Innova- tionskomponente ist der ausga- benerhöhende Effekt zu verste- hen, der aus dem Wechsel in der ärztlichen Verordnung von relativ billigen alten zu relativ teuren neu- en Präparaten zustande kommt.

854 Heft 13 vom 29. März 1979 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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1978 wurden 553 Anträge auf Zu- lassung von neuen Fertigarznei- mitteln an das Bundesgesund- heitsamt gerichtet Die Einführung gänzlich neuer Wirkstoffe eröffnet häufig die Möglichkeit, zu Einspa- rungen in anderen Bereichen der Krankenkassen zu kommen. So sei als Beispiel auf das Mitte 1977 ein- geführte Medikament Tagamet®

hingewiesen. Dieses Medikament eroberte innerhalb weniger Mona- te bedeutende Marktanteile; denn es bietet im Rahmen der Ulkus- Therapie durchaus die Möglich- keit, einen an und für sich notwen- digen Klinikaufenthalt zu umge- hen. Dadurch ergeben sich erheb- liche Mitteleinsparungen der Krankenkassen im Ausgabensek- tor Krankenhaus.

Arzneimittei-Regreß nur bei erwiesener Unwirtschaftlichkeit

Führt die Überprüfung der Über- schreitung des Arzneimittel- Höchstbetrages aber dennoch zu dem Ergebnis, daß diese ganz oder teilweise aus der Verord- nungsweise der Kassenärzte re- sultiert, müssen seitens der Kran- kenkassen statistische Materialien zur Verfügung gestellt werden, aus welchen die Verordnungs- kosten je Arzt ermittelt werden können.

Erst wenn sich nach Sichtung die- ses Materials konkrete Anhalts- punkte für eine nicht zu billigende Verordnungsweise ergeben, sol- len die für die Überschreitung des Arzneimittel-Höchstbetrages maß- geblich verantwortlichen Kassen- ärzte durch ihre zuständige Kas- senärztliche Vereinigung gezielt informiert, ggf. auch beraten werden.

Die im§ 368 f Abs. 6 RVO genann- ten zusätzlichen und gezielten Arzneimitteleinzelprüfungen sol- len bei Überschreitung des Arznei- mittal-Höchstbetrages erst dann ins Auge gefaßt werden, wenn die Information bzw. Beratung des

Kassenarztes insoweit erfolglos bleibt, als eine nochmalige Über- prüfung seiner Verordnungsweise nach einem gewissen Zeitabstand keine Änderung seiner Verord- nungsweise ergibt

Mit dieser Übereinkunft zwischen der Kassenärztlichen Bundesver- einigung und den Spitzenverbän- den der Krankenkassen ist klarge- stellt, daß die Überschreitung des Arzneimittel-Höchstbetrages pri- mär zur Information bzw. Bera- tung der Kassenärzte führen soll, soweit diese bei Verdacht auf eine nicht zu billigende Verordnungs-

••

ln die Ursachenforschung für eine Überschreitung des Arz- neimittel-Höchstbetrages wird also erst eingetreten werden, wenn die Arzneimittelausga- ben im ganzen Jahr 1979 um rund 6,3 v. H. über den Ausga- ben des Jahres 1978 liegen. Diese Zuwachsrate sollte für alle Beteiligten ausreichend bzw. zurnutbar sein ..

Alle angesprochenen Parteien werden sich im laufenden Jahr gemeinsam bemühen müssen, daß die jetzt fixierte Größenordnung zum Jahres- ende 1979 nicht überschritten ist.

weise für die Überschreitung des

••

Arzneimittel-Höchstbetrages ver- antwortlich sind.

~ Arzneimittei-Wi rtschaftlich- keitsprüfungen unterliegen auch in diesem Falle denselben Rege- lungen wie bisher, das heißt: Die Überschreitung des Arzneimittel- Höchstbetrages kann allein kein Prüfgrund sein; zumindest muß der Verdacht auf Unwirtschaftlich- keit gegeben sein. Eine Kürzung kann nur dann erfolgen, wenn eine Unwirtschaftlichkeit im Einzelfall tatsächlich nachgewiesen worden ist

Höchstbetrag für 1979 in einer realistischen Größenordnung

I> Diesen Ablauf genau festzule- gen und zu sichern war für die Kassenärztliche Bundesvereini- gung eine zwingende Notwendig- keit, bevor konkrete vertragliche Regelungen zum Arzneimittel- Höchstbetrag getroffen werden konnten.

Nachdem nun eine Einigung er- zielt werden konnte, war es wie- derum eine Selbstverständlichkeit, auch rückwirkend für das 2. Halb- jahr 1978 den Arznei mittei- Höchstbetrag in der Höhe der Empfehlung der Konzertierten Ak- tion zu vereinbaren, auch wenn schon erkennbar war, daß die ef- fektive Zuwachsrate (3,5

+

2,2 v. H.) für das 2. Halbjahr 1978 nicht ausreichen würde.

Allerdings stimmen die Vertrags- partner auf Bundesebene weitge- hend darin überein, daß das 2.

Halbjahr 1978 als sogenannte An- laufphase für die Gewinnung von Erfahrungen mit dem Instrument Arzneimittel-Höchstbetrag zu wer- ten ist

Um so wichtiger ist es, den Arznei- mitlei-Höchstbetrag für das Jahr 1979 in einer realistischen Grö- ßenordnung anzusiedeln, um so der Gefahr einer Überschreitung von vornherein zu begegnen.

Allerdings muß auch dieser Sektor in die weiterhin notwendige Ko- stendämpfung eingebunden sein, ohne dabei aber die Kassenärzte- schaft in ihrer Therapiefreiheit ein- zuengen.

Daß für die kassenärztliche Ver- sorgung auch bei der Arzneimittel- verschreibung das Gebot der Wirt- schaftlichkeit des§ 368 e RVO gilt, wonach der Versicherte Medika- mente, die für die Erzielung des Heilerfolges unzweckmäßig oder unwirtschaftlich sind, nicht bean- spruchen kann, soll an dieser Stel- le nochmals betont werden. [>

DEUTSCHES ARZTEBLATT

Heft 13 vom 29. März 1979 855

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Die Kriterien für

die Weiterentwicklung des Arzneimittel-

Höchstbetrags

Ausgangsbasis für die Weiterent- wicklung des Arzneimittel-Höchst- betrages sind nach dem KVKG die in § 368 f Abs. 6 RVO genannten Kriterien. Dies sind insbesondere die Grundlohnsumme einerseits und die Entwicklung der Preise der verordneten Arzneimittel so- wie die Zahl der behandelten Per- sonen andererseits.

Auf die erwartete Entwicklung der Grundlohnsumme im Jahre 1979 nach der Prognose der Bundesre- gierung im Jahreswirtschaftsbe- richt ist schon hingewiesen wor- den. Über die Entwicklung der Preise der Arzneimittel gibt es nur wenige Anhaltspunkte. Hier läßt sich zudem aus kartellrechtlichen Gründen nur mit der Entwicklung der Vergangenheit argumentieren.

Das Statistische Bundesamt bezif- fert im Rahmen des Index der in- dustriellen Erzeugerpreise die Veränderungsrate für humanphar- mazeutische Spezialitäten im Jah- re 1978 mit +2,6 v. H.

Die pharmazeutische Industrie be- zweifelt die Aussagefähigkeit die- ses Preisindex, da die Änderung der Qualität der Arzneimittel und die Nachfrageverschiebungen nicht berücksichtigt seien. Sie ver- weist auf eine Preisstudie der „In- ternationalen Medizinischen Stati- stik" (IMS), die mit 3,4 v. H. zu ei- nem etwas höheren Preisanstieg im Jahre 1978 kommt.

Um dem Streit über die zutreffen- de Basis zu entgehen, konnte die Preisrate für den privaten Ver- brauch, wie im Jahreswirtschafts- bericht des Jahres 1979 angege- ben (+3,0 v. H.), zugrunde gelegt werden. Diese berücksichtigt auch die Erhöhung des Mehrwertsteu- ersatzes durch das Steuerände- rungsgesetz 1979 mit Wirkung ab 1. Juli 1979 um einen Prozent- punkt.

Über die Entwicklung der Anzahl der behandelten Personen läßt sich gleichfalls keine sichere Aus- sage für das Jahr 1979 machen.

Selbst für die Vergangenheit ist die Entwicklungsrate nicht fest- stellbar.

Allenfalls kann die Fallzahl-Zunah- me als Äquivalent herangezogen werden, wobei dann für 1979 ein Zuwachs von 1,5 bis 2 v. H. je Mit- glied zu kalkulieren wäre.

An Sonderfaktoren, die auf die Entwicklung der Arzneimittelaus- gaben der gesetzlichen Kranken- versicherung im laufenden Jahr Einfluß nehmen, wäre die im Fe- bruar 1979 verteilte Preisver- gleichsliste des Bundesausschus- ses der Ärzte und Krankenkassen zu nennen.

Verbleibt noch die Innovations- komponente, deren Entwicklung seitens der pharmazeutischen In- dustrie für 1979 mit zirka +1,4 v. H. vermutet wird.

Das Ergebnis:

Anhebung für 1979 um 5,7 Prozent

Das zwischen den Beteiligten ge- fundene Ergebnis scheint ange- sichts dieser Zahlen und Fakten und vor allem unter Wertung der Ausgabenentwicklung für Arznei- mittel im ganzen Jahr 1978 (+6,5 v. H. bei Berücksichtigung der tie- fen Ausgangsbasis im 2. Halbjahr 1977) hinreichend zu sein, um eine Überschreitung des Arzneimittel- Höchstbetrages im Jahre 1979 zu vermeiden.

Dies gilt um so mehr, als die in

§ 368 f Abs. 6 RVO formulierte

„geringfügige Überschreitung"

des Arzneimittel-Höchstbetrages mit 10 v. H. des Steigerungsbetra- ges definiert werden soll.

In die Ursachenforschung für eine Überschreitung des Arzneimittel- Höchstbetrages wird also erst ein- getreten werden, wenn die Arznei-

mittelausgaben im ganzen Jahr 1979 um rund 6,3 v. H. über den Ausgaben des Jahres 1978 lie- gen.

Diese Zuwachsrate sollte für alle Beteiligten ausreichend bzw. zu- mutbar sein:

Die Kassenärzte können bei Be- achtung des Wirtschaftlichkeits- gebotes ihre bisherige Therapie für die Versicherten fortsetzen, die pharmazeutische Industrie hat den notwendigen Weiterentwick- lungsspielraum, der auch dem Umfang der bisherigen Forschung Rechnung trägt,

die Krankenkassen können mit ei- ner vertretbaren Ausgabenent- wicklung rechnen, die eine Bei- tragssatzstabilität auch für diesen Bereich signalisiert; sie können gegenüber ihren Versicherten die ausreichende Versorgung mit Me- dikamenten betonen, allerdings sollten sie gleichzeitig ihre Versi- cherten auffordern, unberechtigte Wünsche für Arzneimittelver- schreibungen zu unterlassen.

Alle angesprochenen Parteien werden sich im laufenden Jahr ge- meinsam bemühen müssen, daß die jetzt fixierte Größenordnung zum Jahresende 1979 nicht über- schritten ist. Der gute Wille kann nach der Verhandlung über die angemessene Weiterentwicklung des Arzneimittel-Höchstbetrages im Jahre 1979 allgemein unter- stellt werden.

Dr. med. Eckart Fiedler Hauptgeschäftsführer der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Haedenkampstraße 3 5000 Köln 41

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