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im Osten etwasfreundlicher

L

ebensbedingungen und subjektives

W

ohlbefinden drei

J

ahre nach der

W

iedervereinigung

Detlef Landua, Roland Habich, Heinz-Herbert Noll, Wolfgang Zapf,

Annette Spellerberg

Arbeitsgruppe Sozialberichterstattung Wissenschaftszentrum Berlin

für Sozialforschung (WZB) Berlin • November! 993

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Lebensbedingungenund Wohlbefinden Seite 1

...im Westen noch beständig, im Osten etwas freundlicher“

• Lebensbedingungen und subjektives Wohlbefinden drei Jahre nach der Wiedervereinigung

Detlef Landua, Roland Habich,

Heinz-Herbert Noll,Wolfgang Zapf

und Annette Spellerberg

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Einleitung Seite

Teil 1: Sozialer Wandel und subjektives Wohlbefinden...7

1.1 Sozialstrukturelle Bedingungen...7

• Veränderungen sozialer Lagen... 8

• Subjektive Schichteinstufung... 14

• Konfessionszugehörigkeit... 18

1.2 Objektive Lebensverhältnisse... ... 20

• Einkommen... 21

• Erwerbskonstellationen im Haushalt...25

• Wohn- und Umweltverhältnisse... 27

1.3 Subjektives Wohlbefinden... 35

• Bedeutung einzelner Lebensbereiche... 36

• Lebenszufriedenheit und Glücksempfinden... 44

• Zufriedenheit mit einzelnen Lebensbereichen... ..47

• Beeinträchtigungen des Wohlbefindens...51

• Wohlbefinden bei verschiedenen Bevölkerungsgruppen... 53

• Wichtige Probleme aus der Sicht der Bevölkerung... 57

• Zukunftseinschätzungen in der Bevölkerung... 60

Teil 2: Einstellungen und Orientierungen... ...65

2.1 Alltagskulturelle Unterschiede... 65

• Lebensziele... 66

•Freizeitaktivitäten... ... 71

• Fernsehinteressen... ... 76

2.2 Vorstellungen zur Rolle der Frau in Beruf und Familie... 80

Teil 3: Konfliktbereiche und Problemgruppen... 87

3.1 Gesellschaftliche Konflikte und soziale Integration...87

• Wahrnehmung von gesellschaftlichen Konflikten... 88

• Wechselseitige Einschätzungen und Wahrnehmungen... 91

• Verbreitung von Anomiesymptomen...95

• Gesellschaftliche Integration ... 98

3.2 Problemgruppen und Problemkumulationen... 101

• Objektive und subjektive Problemlagen... 102

• Problemlagen einzelner Bevölkerungsgruppen... 105

• Kumulation von Problemlagen... 111

3.3 „Gewinner“ und „Verlierer“ der deutschen Einheit: Ein Abgrenzungsversuch... 115

(4)

Lebensbedingungenund Wohlbefinden Seite 3

Einleitung

D

er Umgang zwischen Ost- und Westdeutschen ist auch drei Jahre nach der Wiederveinigung nicht einfacher geworden. Im Gegenteil - in der öffentli­

chen Diskussion ist viel von „geplatzten Hoffnungen und verletzten Versprechen“

für die ostdeutschen Bürger die Rede, aber auch von einem „gewaltigen Zuwachs für den privaten Lebensstandard“ und davon, daß es einer großen Mehrheit besser gehe als zuvor. Und genau hier scheint ein Dilemma im gegenwärtigen Einigungs­

prozeß, im Prozeß der versprochenen Angleichung der Lebensverhältnisse zu liegen: eine stetige, wenn auch langsame Wohlstandsteigerung im Durchschnitt, gleichzeitig aber auch erhebliche Sorgen, Unzufriedenheit und ein verhaltener Optimismus über die zukünftige Entwicklung. Geht es der ostdeutschen Bevölke­

rung „finanziell besser, aber sozial schlechter“, oder sind es vor allem die Erwar­

tungen und Ansprüche, die gewachsen sind und deshalb die Unzufriedenheit deutlicher werden lassen?

Auf solche wichtige Fragen können die Daten der amtlichen Statistik keine Antwort geben. Wie die Bürger ihre Lebensverhältnisse selbst sehen und bewerten, wie zufrieden oder unzufrieden sie mit der gesellschaftlichen Entwicklung sind, welche Hoffnungen und Ängste sie haben, kann nur über repräsentative Bevölke­

rungsumfragen zuverlässig ermittelt werden. Solche Themenbereiche sind zentrale Bestandteile der Wohlfahrtssurveys - überden ersten gesamtdeutschen Wohlfahrts- surveyl993 wird im folgenden berichtet werden.

Die Angleichung der Lebensverhältnisse und der damit einhergehende schritt­

weise Abbau des nach wie vor beachtlichen Wohlfahrtsgefälles zwischen den alten und den neuen Bundesländern sind gesellschaftspolitische Ziele, die mit hoher Priorität verfolgt werden. Um den Erfolg oder Mißerfolg diese Zielsetzung messen zu können, sind detaillierte Informationen über die Entwicklung der sozialen Strukturen, der objektiven Lebensbedingungen, der sich ergebenden Probleme, Defizite und Friktionen notwendig. Eine der zentralen Aufgaben der Sozialbericht­

erstattung ist es, zu registrieren und zu beschreiben, wie die Bürger im Osten und Westen Deutschlands ihre jeweilige Situation definieren, wie sie die sich verän­

dernden Lebensumstände wahmehmen und bewerten und wie sich daraus resultie-

(5)

rend das subjektive Wohlbefinden, das soziale Klima und die Stimmungslage der Bevölkerung verändern.

In einer Situation radikalen und rapiden sozialen Wandels erleben auch die Instrumente der Sozialberichterstattung einen neuen Aufschwung, weil sie ver­

sprechen, kurzfristig gesamtgesellschaftliche Daten über grundlegende soziale Tatbestände zu liefern - sowohl als Startpunkt zur Abschätzung künftiger Verände­

rungen wie auch im Zeitvergleich zur Messung sozialen Wandels. Der Wohlfahrts­

survey 1990, den die Arbeitsgruppe Sozialberichterstattung kurz nach der Wieder­

vereinigung im Oktober 1990 in Ostdeutschland durchgeführt hatte, war eine solche zentrale Basiserhebung zur Wohlfahrtsentwicklung in Deutschland (vgl. Habich, R., u.a. 1991; Landua, D., u.a. 1991). Unter den außergewöhnlichen Umständen der deutschen Wiedervereinigung ist deutlich geworden, wie wichtig und unverzichtbar eine leistungsfähige sozialwissenschaftliche Umfrageforschung für eine aktuelle Sozialberichterstattung ist. Sie stellt Informationen zu Themen bereit, die, wie beispielsweise Fragen zum subjektiven Wohlbefinden, außerhalb des Erhebungs­

programms der amtlichen Stati stik liegen. Sie kann häufig schneller und flexibler auf veränderte Bedingungen und Anforderungen reagieren und sie kann ihr Erhebungs­

programm besonderen Umständen anpassen.

Unter diesem Blickwinkel legen wir hiermit eine erste umfassende Analyse über die Wohlfahrtsentwicklung im vereinten Deutschland anhand den Daten des Wohl­

fahrtssurveys 1993 vor. Sowohl die Durchführung des Wohlfahrtssurveys 1993 als auch die vorliegende Studie ist eine Gemeinschaftsarbeit zweier Institutionen der Sozialberichtertstattung - der Abteilung Soziale Indikatoren des Zentrums für Umfragen, Methoden und Analysen (ZUMA), Mannheim, und der Arbeitsgruppe Sozialberichterstattung des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB). Die Umfrage Wohlfahrtssurvey 1993 konnte im Rahmen eines Projektes über die Wohlfahrtsentwicklung im vereinten Deutschland, das die Deutsche For­

schungsgemeinschaft (DFG) seit Januar 1993 für die Dauer von zwei Jahren fördert, unter der Leitung von Roland Habich und Wolfgang Zapf (beide WZB) sowie Heinz- Herbert Noll (ZUMA) organisiert werden. Neben den drei Projektleitem hat Detlef Landua (WZB) maßgeblich an der Konstruktion des Fragebogens sowie an der vorliegenden Studie mitgearbeitet. Annette Spellerberg (WZB) hat im Rahmen des Wohlfahrtssurveys eine Zusatzerhebung über Lebensstile in Deutschland durchge­

führt (vgl. Spellerberg 1993); erste Ergebnisse werden im vorliegenden Paper vorgestellt.

Die vorliegende Studie gliedert sich in drei Teile. In Teil I beschreiben wir wesentliche Aspekte des sozialen Wandels und dokumentieren die entsprechenden

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Lebensbedingungen und Wohlbefinden Seite 5

„Reaktionen“ der Bürger in ihrem subjektiven Wohlbefinden. Damit wird das zentrale Prinzip der Replikation gleicher Fragen über die Zeit der Wohlfahrtssurveys aufgegriffen. Dieser Hauptteil steht dabei ganz in der Tradition der Sozialberichter­

stattung: Bereitstellung wohlfahrtsrelevanter Basisinformationen über das Niveau, über die Verteilung und über die erkennbaren Veränderungen in zentralen Lebens­

bereichen der Bürger in Ost- und Westdeutschland. Ausgehend von übergreifenden sozialstrukturellen Entwicklungen informieren wir zunächst über die erkennbaren Veränderungen sozialer Lagen in Ost- und Westdeutschland, um danach beispiels­

weise die Entwicklung der Einkommensverhältnisse oder der Wohn- und Umwelt­

verhältnisse darzustellen. Die Darstellungen nehmen jeweils auf mehrfache Verglei­

che Bezug - wie stellen die Lebenslagen in Ostdeutschland denen in Westdeutsch­

land gegenüber, um über das nach wie vor erhebliche Wohlfahrtsgefälle zu berich­

ten; und wir nehmen zeitliche Vergleiche vor, um die Wohlfahrtsentwicklung seit 1988 iWestdeutschland bzw. seit 1990 in Ostdeutschland zu beschreiben. In einigen Fällen dokumentieren wir zeitliche Entwicklungen seit 1978, dem Basisjahr der westdeutschen Wohlfahrtssurveys. Die einzelnen Abschnitte greifen immer wieder eine zentrale Themenstellung der Sozialberichterstattung auf - wie haben sich die objektiven Lebensverhältnisse entwickelt und wie nehmen die Bürger selbst diese Entwicklung subjektiv wahr. Ein Schwerpunkt unserer Analysen liegt somit darin, den objektiven Lebenslagen die Einstellungen, die Erwartungen und das subjektive Wohlbefinden der Bevölkerung gegenüber zu stellen.

In Teil II und in Teil III werden dann ergänzende Themenstellungen aufgegriffen und auch Ergebnisse neuer Fragen vorgestellt. Diese Teile zielen darauf ab, beson­

deren Probleme und Aspekten des Wiedervereinigungsprozesses Rechnung zu tragen. In Teil II wird beispielsweise eine Antwort darauf gegeben, ob sich die Bürger in Ost- und Westdeutschland auch in grundlegenden Lebenszielen unter­

scheiden und inwieweit die hohe Erwerbsbeteiligung der Frauen in Ostdeutschland die Vorstellungen zur Rolle der Frau in Beruf und Familie prägen. In Teil III schließlich greifen wir die Themen Konfliktbereiche und Problemlagen auf, denen im Vereinigungsprozeß in unterschiedlichem Ausmaß besondere Bedeutung zu­

kommen. Wir informieren unter anderem über Indikatoren der wechselseitigen Einschätzung und Wahrnehmung von Ost- und Westdeutschen, um Aussagen über das „Reizklima“ zwischen Ost und West machen zu können. Und wir dokumentieren schließlich auch das Ausmaß an objektiven und subjektiven Problemlagen in Ost und West und deren Entwicklung in den letzten Jahren, um empirische Belege anführen

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zu können, ob und inwieweit im Einigungsprozeß bestimmte Problemgruppen besondere Belastungen und Beeinträchtigungen erfahren mußten.

Datenbasis

Der Wohlfahrtssurvey 1993 ist nach bislang vier Wohlfahrtssurveys in der alten Bundesrepublik (1978,1980,1984 und 1988) sowie dem kurz nach der Vereinigung in Ostdeutschland durchgeführten Wohlfahrtssurvey 1990-Ost der erste gesamt­

deutsche Survey zur Erfassung von objektiven Lebensbedingungen und subjekti­

vem Wohlbefinden. Er wurde im Rahmen des DFG-Projektes „Wohlfahrtsentwick­

lung im vereinten Deutschland“ im April/Mai 1993 erhoben. Die Feldarbeiten hatte, wie auch in den früheren westdeutschen Umfragen, Infratest-Sozialforschung, München, übernommen. Es handelt es dabei um eine für Ost- und Westdeutschland getrennt gezogene repräsentative Stichprobe der erwachsenen deutschen Wohnbe­

völkerung. In Ostdeutschland konnten 1.016 und in Westdeutschland 2.046 Inter­

views realisiert werden; dies entspricht einer Ausschöpfungsrate von 63%. Im Durchschnitt dauerte die Befragung gut 65 Minuten. Der Zusatzfragebogen Lebens­

stile wurde lediglich an Personen im Alter unter 60 Jahren gestellt.

Die Daten des Wohlfahrtssurveys 1993 werden nach Abschluß der Forschungs­

arbeiten an das Zentralarchiv für Sozialforschung, Köln, weitergegeben und stehen allen Interessierten zur Verfügung.

(8)

Lebensbedingungenund Wohlbefinden Seite 7

1 Sozialer Wandel und subjektives Wohlbefinden

1.1 Sozialstrukturelle Bedingungen

D

er Begriff der Soziahtruktur betont zunächst das relativ Statische, Beständige einer Gesellschaft. Doch dies schließt auch den sozialen Wandel, die Verände­

rung von Gesellschaften mit ein. Sozialer Wandel kann hinsichtlich seiner Richtung, seines Tiefgangs und seines Tempos erst vor dem Hintergrund des relativ beständi­

gen Grundgefüges von Gesellschaften eingeordnet und beschrieben werden (Adler 1991; Geißler 1992; Hradil 1992).

Unter Sozialstruktur können mindestens drei Analyseebenen verstanden werden (Zapf 1992): erstens, die demographische Grundgliederung der Bevölkerung sowie die Verteilung zentraler Ressourcen wie Bildung, Beruf und Einkommen. Zweitens, unter Einschluß von Werten und Mentalitäten, die Zusammenfassung dieser Gliede­

rungen in soziale Klassen und Schichten. Drittens kann unter dem Begriff der Sozialstruktur das jeweils historisch ausgeprägte System gesellschaftlicher Ordnun­

gen oder Grundinstitutionen zusammengefaßt werden.

Das DDR-System gesellschaftlicher Ordnungen und Basisinstitutionen ist als Folge der Ende 1989 einsetzenden Kettenreaktion von Massenflucht und Massen­

protest friedlich, plötzlich und vollständig zusammengebrochen - dennoch werden sich die alten Schichtungsstrukturen, Lebensstile und Mentalitäten nur langsam und

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teilweise konfliktreich verändern. Zusätzlich lösten die mit dem Beitritt der DDR verbundenen (markt-)wirtschaftlichen Strukturveränderungen eine schwere Wirt­

schafts- und Arbeitsmarktkrise aus. Informationen über sozialstrukturelle Gegeben­

heiten haben in der Bundesrepublik seit der deutschen Einheit deshalb nicht zuletzt auch an politischer Bedeutung gewonnen: Die Analyse der Sozialstruktur einer Gesellschaft legt viele Bedingungen offen, mit denen Politik zu rechnen hat (Bevölkerungsentwicklung), und sie verweist auf Problemfelder, die durch politi­

sche Maßnahmen zu bewältigen sind (Arbeitslosigkeit).

Die folgenden empirischen Darstellungen zu sozialstrukturellen Bedingungen in der Bundesrepublik nehmen mehrere Aspekte dieser Thematik auf. Zunächst wird ein Gesamtbild von „sozialen Lagen“ Aufschluß darüber geben, wie sich die gesellschaftliche Grundgliederung seit der staatlichen Einheit in Ost wie in West­

deutschland verändert hat. Dabei sollen auch einzelne, zentrale Tendenzen des sozialen Wandels bis 1993 hervorgehoben werden. Eine wichtige Ergänzung zur sozialstrukturellen Gliederung liefern Angaben der Befragten zu ihrer subjektiven Schichteinstufung. Als ein weiteres auffälliges Merkmal unterschiedlicher sozial­

struktureller Bedingungen in den alten und neuen Bundesländern wird abschließend die jeweilige Verteilung der Konfessionszugehörigkeit der Bevölkerung dargestellt werden.

Veränderungen sozialer Lagen: zweigeteilte Sozialstruktur

J

ede Gesellschaft ist so vielschichtig, daß eine empirische Untersuchung ihrer strukturbestimmenden Elemente zunächst eine Abgrenzung und Definition der zentralsten Untersuchungseinheiten erfordert. Für die vorliegende Analyse der gesamtdeutschen Sozialstruktur verwenden wir ein relativ einfaches Modell sozialer Lagen - dieses schließt dennoch wichtige Aspekte von Sozialstrukturen, nämlich die Gliederung nach handlungsrelevanten Schichten sowie die Verteilung zentraler

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Lebensbedingungenund Wohlbefinden Seite 9

Abbildung 1: Soziale Lagen in Ost- und Westdeutschland 1993

5 Mio

Westdeutschland

1 Mio

Ostdeutschland

t Mio --- 1--- 1---

Frauen Männer Männer Frauen

| L : .. J j Angestellte, M l 1 Beamte, leitende t S O

I P B ... it Angestellte.

1 Beamte, höhere

i i ■ — 1 Angestellte, B e a m te ,M

1 ~ qualifizierte M 1

1 ! Angestellte, fei

; Beamte, einfach fei 1

i

,s...

j1 Vorarbeiter, M Meister Bifeia

i Facharbeiter { j

Arbeiter Selbständige

Datenbasis: Wohlfahrtssurvey 1993

(11)

Tabelle 1: Veränderungen sozialer Lagen in Ost- und Westdeutschland

Verteilung sozialer

Lagen 88 bzw. 90 Veränderung sozialer Lagen Ost West Ostdeutschland Westdeutschland M F M F Männer Frauen Männer Frauen

1990 1988 1993 ZU 1990 1993 zu 1988

in %Differenzwerte in %-Punkten Bis 60 Jahre

Leit. Ang./Höhere Beamte 2,1 0,4 2,1 0,2 -0 ,3 0 0 + 0,3

Hochqual. Ang./Geh. Beamte 8,1 5,7 6,5 2,1 -2,1 - 1,5 + 0,6 + 2,2 Qual. Ang./Mittl. Beamte 4,1 8,4 6,1 4,9 -2 ,5 0 + 0,2 + 1,5

Einf. Ang./Beamte 1,4 4,4 1,0 2,4 -0 ,8 + 0,8 0 + 0,4

Meister/Vorarbeiter 1,5 0,3 1,6 0,1 + 1,0 -0 ,3 + 0,5 + 0,4

Facharbeiter 15,

4 5,8 5,4 0,5 -3 ,9 -3 ,7 + 0,6 + 0,1 Un- .angelernte Arbeiter 2,4 3,0 2,6 2,3 0 - 1.7 + 0,2 -0 ,3 Selbständige, freie Berufe 0,8 0,5 3,1 1,4 + 1,9 + 0,7 -0 ,5 + 0,5

Arbeitslose 2,1 3,6 1,9 1,5 + 1,0 + 3,9 -0 ,9 + 0,3

Berufs- .Erwerbsunfähige 0,5 1,1 0,6 0,5 + 0,1 -0 ,5 + 0,3 -0 ,2

Hausfrauen/- manner 0 1,6 0 16 0 -0 ,4 + 0,2 -6,1

Studium, Lehre 0,5 1,4 4,8 3,8 + 1,8 + 0,7 -1 ,7 + 1,4

Vorruhestand / / / / + 2,7 + 3,0 + 1,1 + 0,2

Noch nie erwerbstätig 0,1 0 0,2 2,7 -0,1 0 -0 ,3 -1 ,8

Sonstige Nichterwerbst. 0,1 2,5 0,4 0,1 + 1,0 -1 ,0 + 0,1 0 61 Jahre und älter

Noch erwerbstätig 0,8 0 0,9 0,4 -0 ,4 + 0,4 + 0,1 -0 ,2

Noch nie erwerbstätig 0 0,6 0 4,5 0 0 0 -1 ,2

Rentner (ehern, Arbeiter) 4,6 6,5 3,7 3,7 -1 ,9 + 0,3 + 0,1 0 Rentner (ehern, Angestellte,) 2,6 7,2 3,8 6,0 + 1,8 -0 ,7 + 0,5 + 1,5

Rentner (ehern, Beamte) + 0,4 + 0,1 -0 ,7 0

Rentner (ehern, Selbständige) 0 0,4 0,7 1,3 + 0,3 -0,1 + 0,1 + 1,0

Datenbasis: Wohlfahrtssurvey 1988, 1990,1993

Ressourcen mit ein (Zapf 1989; Landua/Zapf 1991; Landua 1993). In diesem Modell* unterteilen wir die erwachsene deutsche Bevölkerung nach den Merkmalen Geschlecht, Alter (18-60/über 60 Jahre), Erwerbsstatus (Erwerbstätige/ Nichter­

werbstätige) sowie nach einzelnen Berufsgruppen (Schaubild 1; Tabelle 1). Im Vordergrund steht dabei die gesellschaftliche Grundgliederung im Jahre 1993; der Vergleich mit den Verteilungen der Jahre 1988 für Westdeutschland und 1990 für Ostdeutschland gestattet Rückschlüsse auf Umfang und Richtung des sozialen

Die in diesem Modell benutzte Klassifikation der sozialen Lagen ist nicht in allen Einzelzuweisungen mit früheren von uns vorgelegten Übersichten identisch. Ausge­

hend von der Verteilung für Ost- und Westdeutschland im Jahre 1993 haben wir die Klassifikationen für die Jahre 1990 und 1988 überarbeitet.

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Lebensbedingungenund Wohlbefinden Seite 11

Wandels in den neuen und auch in den alten Bundesländern. Wir verwenden dieses Modell auch in weiteren Analysen dieser Arbeit, um Niveau und Entwicklung der Lebensbedingungen sowie der wahrgenommenen Lebensqualität für die einzelnen sozialen Lagen zu dokumentieren.

Die Bevölkerungszahlen in den alten und neuen Bundesländern befanden sich Ende der achtziger Jahre auf einem sehr unterschiedlichen Niveau. Die BRD zählte 1989 rund 63 Millionen, die DDR - als Folge der Ausreisewellen - lediglich noch etwas über 16 Millionen Einwohner. Deshalb wurde die Sozialstruktur des wieder­

vereinten Deutschlands von den Strukturen Westdeutschlands erheblich stärker geprägt als von den gesellschaftlichen Verteilungen in der ehemaligen DDR.

Dennoch unterschied sich die DDR in bestimmten Teilen ihres gesellschaftlichen Aufbaus so deutlich von der Bundesrepublik, daß unmittelbar nach der staatlichen Einheit, Ende 1990, das Gesamtbild der Sozialstruktur Deutschlands sichtbar verändert wurde. Hierzu zählte die insgesamt gestiegene Erwerbsquote, vor allem aber die der Frauen. In der „Arbeitsgesellschaft“ der DDR waren nahezu alle Männer und Frauen im erwerbsfähigen Alter berufstätig. Die Berufstätigkeit der Frau war in der DDR nahezu eine Selbstverständlichkeit; die Gleichstellung der Frau gehörte zu den offiziellen Zielen der Gesellschaftspolitik. Der Ausbau von Kinderkrippen, - gärten und Schulhorten wurde zur Entlastung berufstätiger Mütter in der DDR vehement vorangetrieben. Fast alle Kinder konnten während der Arbeitszeiten der Eltern außerhalb der Familie betreut werden - eine „gesellschaftliche Errungen­

schaft“, die heute in ihrer Bedeutung von vielen erwerbstätigen Frauen in den neuen (und alten) Bundesländern hervorgehoben wird. Die für die Bundesrepublik typi­

schen großen Sozialgruppen der nichterwerbstätigen Hausfrauen, Studenten sowie Rentnerinnen, die früher noch nie erwerbstätig waren, existierten in der DDR kaum oder waren in ihrem Umfang bedeutend kleiner.

Die Erwerbsstruktur des wiedervereinten Deutschlands selbst wurde insbeson­

dere durch den hohen DDR-Anteil an Facharbeitern geprägt, wobei die Facharbei­

terqualifikationen allerdings nicht nur in Industrieberufen, sondern zum Teil auch in der Landwirtschaft und im Dienstleistungsbereich erworben und eingesetzt wurden.

Auffällig ist weiterhin der 1990 noch klar erkennbare „Kaderüberhang“ in der ehemaligen DDR, der im überproportionalen Anteil höherer Angestelltenpositionen zum Ausdruck kam. In Westdeutschland müssen vor allem ausländische Arbeitneh­

mer zum überwiegenden Teil den Arbeiterkategorien zugerechnet werden*. Die deutschen Erwerbstätigen in der Bundesrepublik finden sich hingegen mehrheitlich in Angestellten- oder Beamtenpositionen. Auch aus einer historischen Perspektive verlief die Entwicklung der Beschäftigtenanteile von Arbeitern und Angestellten/

Aus erhebungstechnischen Gründen sind ausländische Mitbürgerinnen in den Stich­

proben der Wohlfahrtssurveys nicht enthalten. Die soziale Lage von Ausländern in der Bundesrepublik ist jedoch ebenfalls ein etablierter Forschungsbereich der AG Sozialberichterstattung. Detaillierte Längsschnittauswertungen des Sozio-ökonomi- schen Panel (SOEP) liegen mittlerweile zu dieser Thematik vor (siehe Seifert 1991 und 1992).

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Beamten in den beiden deutschen Staaten recht unterschiedlich: In den 50erund 60er Jahren bildeten sich in der DDR und in der Bundesrepublik typische industriegesell­

schaftliche Strukturen heraus: sekundärer (industrieller) und tertiärer (Dienstlei- stungs-) Sektor dehnten sich zu Lasten des primären Sektors (Land-, Forstwirt­

schaft) aus - in der Bundesrepublik allerdings schneller als in der DDR. In den letzten beiden Jahrzehnten klafften die Entwicklungen zunehmend auseinander. Die Bun­

desrepublik unterlag einem deutlichen Tertiarisierungsschub; in der DDR stagnierte die Entwicklung dagegen in den drei Sektoren nahezu. Das Ergebnis war ein erheblicher „Tertiarisierungsrückstand“ der DDR; sie entwickelte sich nicht voll­

ständig zu einer „Dienstleistungsgesellschaft“ (Scharpf 1986; Geißler 1991, iwd 1990/35).

Im Zeitvergleich 1988-1993 zeichnet sich in Westdeutschland als bemerkens­

werter Trend lediglich die Zunahme der Frauenerwerbstätigkeit, vor allem bei den Kategorien der qualifizierten und höheren Angestellten ab. Dem entspricht der Rückgang des Hausfrauenanteils um nahezu ein Drittel. In dieser Entwicklung dokumentiert sich nicht zuletzt die gestiegene Bedeutung der eigenen Berufstätig­

keit, insbesondere bei jüngeren, besserqualifizierten Frauen. In Ostdeutschland finden sich innerhalb einer Zeitspanne von nur drei Jahren markante Verschiebun­

gen in den Verteilungen nahezu aller sozialen Lagen. Die massivsten Veränderun­

gen der Sozialstruktur hat es zwischen 1990 und 1993 auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt gegeben. Aus der ursprünglich „vollbeschäftigten Arbeitergesellschaft“

hat sich eine zerklüftete Beschäftigungsstruktur herausgebildet, die sich weiterhin in rasantem Tempo verändert.

Die Folgen der Transformation einer vormals sozialistischen Planwirtschaft in eine kapitalistische Marktökonomie ließen sich unmittelbar nach der Einheit Deutsch­

lands natürlich nur schwer prognostizieren. Nahezu alle Prognosen stimmten jedoch bereits Ende 1990 darin überein, daß die Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland kurz- und mittelfristig stark wachsen, und für eine längere Zeit auf hohem Niveau verharren würde (Schmidt 1991). Das verfassungsmäßig garantierte Recht auf Arbeit verhinderte in der DDR quantitativ nennenswerte Formen offener Arbeitslo­

sigkeit. Allerdings kamen Untersuchungen des ifo-Instituts zu dem Ergebnis, daß rund 30% der Erwerbstätigen in der ehemaligen DDR dem Potential der „verdeckten Arbeitslosigkeit“ zuzurechnen waren (Vogler-Ludwig 1990). Rund die Hälfte dieses Potentials entstand als Folge der - auch nach systemimmanenten Kriterien einer sozialistischen Planwirtschaft ineffizienten - Überbesetzung von Arbeitsplät­

zen. Durch die Einführung der D-Mark erfuhr die ostdeutsche Ökonomie trotz dieser Schwächen unmittelbar zunächst zwar eine deutliche Aufwertung. Die weiteren Folgen (Wegfall der osteuropäischen Märkte, übermächtige West-Konkurrenz

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Lebensbedingungenund Wohlbefinden Seite 13

usw.) leiteten jedoch schnell einen schmerzhaften Umbruchprozeß ein, der bis 1993 massenhafte Freisetzungen von Arbeitskräften nach sich zog (Schaubild x).

Es ist deutlich erkennbar, daß sich das zunächst hohe Niveau der ostdeutschen Erwerbsbeteiligung dem westdeutschen insgesamt erheblich angenähert hat. Eben­

so unzweifelhaft ist, daß selbst dieses niedrigere Beschäftigungsniveau in seinem bestehenden Umfang nur durch eine Reihe arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen wie Kurzarbeit, Arbeitsbeschaffungs- oder Weiterbildungsmaßnahmen aufrechterhalten werden konnte. Nach wie vor besteht deshalb die Gefahr, daß hier ein weiterer, großer Freisetzungsschub von Arbeitskräften ausgelöst werden kann. Entlastend wirkt sich in den neuen Bundesländern allerdings auch aus, daß ein Teil der Arbeitseinkommen gar nicht mehr auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt erworben wird. Nach den (hochgerechneten) Zahlen des Wohlfahrtssurveys nutzen Mitte 1993 rund 400.000Personen die Möglichkeit, einer Beschäftigung in den alten Bundeslän­

dern nachzugehen.

Mit dem Abbau von Arbeitsplätzen gingen in Ostdeutschland gleichzeitig Veränderungen in der Beschäftigungsstruktur einher. So wurde der Leitungsüber­

hang in den höheren Angestelltenpositionen bis 1993 weitgehend abgebaut. Nach wie vor wird die Struktur männlicher Berufspositionen in Ostdeutschland von Arbeiterberufen dominiert. Bei weiblichen Erwerbspersonen zeichnet sich bislang ein leichter Anstieg der Beschäftigten lediglich in der Gruppe der „einfachen Angestellten und Beamten“ ab. In anderen Berufsgruppen der abhängig Beschäf­

tigten, vor allem bei Facharbeiterinnen, überwiegen durch Arbeitslosigkeit bedingte Stellenverluste.

Die Zahl der Selbständigen und Freiberufler in Ostdeutschland ist seit 1990 deutlich gestiegen, sie haben jedoch im Erwerbssystem bei weitem noch nicht die Bedeutung erlangt wie die entsprechenden Teilgruppen im Westen. Wieviele der neugegründeten Betriebe in den neuen Bundesländern jedoch wirklich überlebens­

fähig sind, bleibt abzuwarten. Ein großer Teil der Neugründungen im Klein- und Kleinstgewerbe wird sich mittelfristig kaum halten können.

Der Anteil nichterwerbstätiger Personen an der Gesamtbevölkerung im er­

werbsfähigen Alter hat sich zwischen Ost- und Westdeutschland damit bis 1993 weitgehend nivelliert. Die Erwerbsbeteiligung (Anteil der Erwerbstätigen an der Bevölkerung zwischen 18 und 64 Jahren) liegt nach unseren Berechnungen im Osten kaum noch über der im Westteil Deutschlands* (66% vs. 65%). Lediglich die Frauenerwerbsquote (59%) liegt noch relativ klar über der in den alten Bundeslän-

Die Zahl der Erwerbslosen wäre natürlich weitaus höher, wenn es nicht ein umfang­

reiches arbeitsmarktpolitisches Instrumentarium mit gezielten Hilfs- und Förder­

maßnahmen gäbe, die vor allem den ostdeutschen Arbeitsmarkt in beträchtlichem Umfang entlasten. Rechnet man allein Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, Kurzarbeit sowie bestimmte berufliche Weiterbildungsmaßnahmen als Formen „versteckte Ar­

beitslosigkeit“ aus der Gruppe der regulär Erwerbstätigen heraus, so die Erwerbs­

quote im Westen nahezu unverändert bei run 64%; im Osten hingegen nur noch bei rund 60%. Auch die Erwerbsquote von ostdeutschen Frauen (53%) unterscheidet sich auf dieser Berechnungsbasis kaum noch von der westdeutschen (50%); die Er­

werbsquote von Männern im erwerbsfähigen Alter liegt dabei im Osten (67%) be­

reits erheblich unter der im Westen (77%).

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dem (52%). Die sozialpolitische Bedeutung der Nichterwerbstätigen in den neuen läßt sich allerdings kaum mit derjenigen in den alten Ländern gleichsetzen. Im Westen wird die überwiegende Mehrheit dieser Gruppe von Studenten und Haus­

frauen gebildet, wobei Teile der letztgenannten sicherlich der „Stillen Reserve“

zuzurechnen ist. Die mit Abstand größte Gruppe aller nichterwerbstätigen Personen in Ostdeutschland stellen hingegen die Arbeitslosen. Da lange und kontinuierliche Phasen der Erwerbstätigkeit für den überwiegenden Teil der erwachsenen Bevölke­

rung in der DDR zur Normalbiographie zählten und die eigene Berufstätigkeit im Bewußtsein der Menschen bis heute einen entsprechend hohen Stellenwert ein­

nimmt (Landua 1993), stellt Arbeitslosigkeit für die Betroffenen oft eine schwere persönliche Belastung dar. Vor allem Frauen sind dabei, mit einem Anteil von rund 65 Prozent, überproportional häufig von Arbeitslosigkeit betroffen. Der Anteil erwerbsloser Personen in den neuen Bundesländern stieg zwischen 1990 und 1993 allerdings noch stärker an als dies in den Arbeitslosenzahlen zum Ausdruck kommt;

hunderttausende von älteren Erwerbstätigen sind bis zu diesem Zeitpunkt über die

„Vorruhestandsregelung“ (endgültig) aus dem Erwerbsleben ausgeschieden. Auch unsere Umfragedaten der Wohlfahrtssurveys belegen damit einen enormen Abbau von Arbeitsplätzen in den neuen Bundesländern zwischen 1990 und 1993: Ende 1990 waren hochgerechnet noch rund 8,2 Millionen Ostdeutsche hauptberuflich erwerbstätig; bis Mitte 1993 ging die Zahl der Beschäftigten auf 6,6 Millionen - d.h.

um rund 20 Prozent - zurück*.

Subjektive Schichteinstufung: Mittelschichts- vs Arbeiterge­

sellschaft

E

ine wesentliche Ergänzung des Bildes der Sozialstruktur, wie es sich auf der Basis sozioökonomischer Daten ergibt, liefern Informationen über die subjek­

tive Schichteinstufung. Angaben darüber, wie sich Personen in eine vorgegebene Rangordnung sozialer Schichten einstufen, bieten vor allem Aufschlüsse darüber, wie verschiedene Bevölkerungsgruppen innerhalb der Gesellschaft ihren eigenen

Berücksichtigt man 1993 nur regulär Beschäftigte (ohne Kurzarbeit, ABM-maßnah- men und berufliche Weiterbildungsmaßnahmen, so liegt die Zahl der Erwerbstätigen in den neuen Bundesländern zu diesem Zeitpunkt deutlich unter 6 Millionen. Dem entspricht ein Rückgang der Erwerbstätigkeit von über 30 Prozent.

(16)

Lebensbedingungenund Wohlbefinden Seite 15

Abbildung 2: Subjektive Schichteinstufung 1993

O std eutschland in %

Obere Mittel­

und Oberschicht 2

Mitteischicht 40

Unter- und Arbeiterschicht 59

W estdeutschland

Obere Mittel­

und Oberschicht 14

Mittelschicht 58

Unter- und

Arbeiterschicht 29

Datenbasis: Wohlfahrtssurvey 1993

Status im Vergleich zu anderen wahmehmen und bewerten, welchem sozialen Milieu sie sich zuordnen und aus welcher Perspektive sie am gesellschaftlichen Leben partizipieren, Fragen, die derzeit gerade im Vergleich von Ost- und West­

deutschland von Interesse sind.

Die Unterschiede in der Struktur der sozialen Schichtung, die sich auf der Basis der subjektiven Einstufung der Befragten im Vergleich der alten und neuen Bundes­

länder ergeben, sind auch im dritten Jahr nach der Wiedervereinigung noch eklatant:

Während sich für die neuen Bundesländer eine pyramidenförmige Schichtstruktur mit einer breiten Basis ergibt, wie sie für Arbeitergesellschaften charakteristisch ist, weist die Verteilung in den alten Bundesländern die typische Zwiebelform einer Mittelschichtgesellschaft auf (Schaubild 2). 1993 identifiziert sich noch eine deut-

(17)

Subjektive Schichteinstufung nach Statuslagen Abbildung 3:

Qualiiizierte Arbeiter Arbeitslose Hausfrauen 60 Jahre u.ä.

Hausfrauen bis 59 Jahre In Berufsausbildung [

Rentner, sonstige Einfache, mittlere Angestellte Gehobene, höhere Angestellte Schüler, Studenten Selbständige Beamte

... ' ...

... ...

Neue Bundesländer

Un-, angelernte Arbeiter Rentner, ehern. Arbeiter Qualifizierte Arbeiter Arbeitslose Hausfrauen 60 Jahre u.ä.

Hausfrauen bis 59 Jahre In Berufsausbildung Rentner, sonstige Einfache, mittlere Angestellte Gehobene, höhere Angestellte Schüler, Studenten Selbständige Beamte

3 3 » S B S H I

1 3

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r a

Arbeiterschicht Mittelschicht Obere Mittel-,

Oberschicht

Datenbasis: Wohlfahrtssurvey 1993

(18)

Lebensbedingungenund Wohlbefinden Seite 17

liehe Mehrheit von 59 Prozent aller Ostdeutschen mit der Arbeiterschicht und lediglich vier von zehn Befragten ordnen sich der Mittelschicht zu. In Westdeutsch­

land betrachten sich dagegen nur noch 29 Prozent aller Bürger der Arbeiterschicht zugehörig und mehr als jeder zweite identifiziert sich mit der Mittelschicht. Auch der Anteil derjenigen, die sich als Angehörige der oberen Mittelschicht und Oberschicht betrachten, ist im Westen mit 14 Prozent erheblich größer als im Osten, wo sich lediglich 2 Prozent der gesellschaftlichen „Elite“ zurechnen. Die Anteile der Befragten, die sich keiner dieser Schichten zuzuordnen vermögen oder eine Einstu­

fung ablehnen, sind verschwindend gering und unterscheiden sich in West- und Ostdeutschland nur unwesentlich. Im Vergleich zu früheren Erhebungszeitpunkten sind dabei keine nennenswerten Veränderungen zu beobachten (Noll/Schuster 1992), d.h. Tendenzen zur Angleichung der unterschiedlichen Strukturen sind bisher nicht festzustellen. Bei aller Dynamik, die gerade in den neuen Bundesländern im Bereich der beruflichen Mobilität zu beobachten ist, erweisen sich die Strukturen der sozialen Schichtung, wie sie sich auf der Basis individueller subjektiver Einstufun­

gen ergeben, als weitgehend stabil.

Obwohl die subjektive Schichteinstufung nicht nur von objektiven Faktoren bestimmt wird, sondern auch von dem zugrundeliegenden Bezugsrahmen und den verwendeten Vergleichs- und Bewertungsmaßstäben abhängt, ist in Ostdeutschland wie in Westdeutschland ein enger und in seinem Muster weitgehend identischer Zusammenhang mit dem sozioökonomischen Status festzustellen. Wer z.B. eine Arbeiterposition einnimmt oder eingenommen hat, identifiziert sich auch subjektiv überwiegend mit der Arbeiterschicht, wer einen Angestellten- oder Beamtenstatus hat, ordnet sich mit höherer Wahrscheinlichkeit der Mittelschicht zu (Schaubild 3).

Die Tatsache, daß sich Befragte aus den neuen Bundesländern über alle Statuskate­

gorien hinweg zu größeren Anteilen mit der Arbeiterschicht und zu geringeren Teilen mit der Mittel- und Oberschicht identifizieren, macht aber zugleich deutlich, daß die drastischen Ost-West-Differenzen in der subjektiven Schichteinstufung nur in sehr begrenztem Umfang mit Unterschieden in der Verteilung auf die verschiede­

nen Statuskategorien erklärt werden können. Die Differenz im Anteil deijenigen, die sich mit der Arbeiterschicht identifizieren, reduziert sich unter Berücksichtigung der Unterschiede in der Statusverteilung lediglich von 30 auf 23 Prozentpunkte. Man kann daher davon ausgehen - und dafür sprechen auch die Befunde früherer Untersuchungen (Noll/Schuster 1992) - daß die ostdeutsche Bevölkerung sich vor allem deshalb innerhalb des Schichtungsgefüges insgesamt niedriger einstuft, weil sie sich aus einer Perspektive der Unterprivilegierung und relativen Deprivation mit der westdeutschen Bevölkerung vergleicht.

(19)

Konfessionszugehörigkeit: verstärktes laizistisches Element

D

ie Bundesrepublik Deutschland und die ehemalige DDR unterschieden sich in bezug auf die Bedeutung von Religion und Kirche grundlegend voneinander.

In Westdeutschland gibt es zwei etwa gleichgroße Volkskirchen, denen nach wie vor die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung angehört. Nicht weniger als jeweils rund 40% der erwachsenen Deutschen sind katholisch oder protestantisch. Der Anteil der Konfessionslosen in Westdeutschland hat sich zwischen 1988 und 1993 allerdings von 8% auf 13% erhöht. Anders die Situation in der ehemaligen DDR: Nur eine Minderheit in der Bevölkerung war 1990 Mitglied in einer Religionsgemein­

schaft, die überwiegende Mehrheit (67%) war konfessionslos. Während des 40jäh- rigen Bestehens der DDR hat vor allem die evangelische Kirche einen bedeutenden Mitgliederschwund erlitten. 1950 gehörten noch etwa 80% der Bevölkerung der evangelischen und 10% der katholischen Kirche an. Auch hinsichtlich der Stärke der beiden großen christlichen Kirchen besteht ein deutlicher Unterschied zum Westen.

Rund 26% aller erwachsenen Ostdeutschen gehörten 1990 der evangelischen Kirche an, aber nur 6% bekannten sich zur katholischen Konfession.

Das vereinte Deutschland wurde deshalb nicht einfach „protestantischer“ als die frühere Bundesrepublik, sondern der Anteil der Konfessionslosen stieg von 8% auf 25% und verstärkte damit das atheistische oder doch laizistische Element der Gesellschaft. Auch in Ostdeutschland zeichnet sich bis 1993 ein gewisser Mitglie­

derschwund der beiden großen Volkskirchen ab. Dies kann insofern erstaunen, als doch zumindest die evangelische Kirche während und nach der Wende in den neuen Bundesländern nicht unbedeutende gesellschaftliche und politische Funktionen übernahm.

(20)

Lebensbedingungenund Wohlbefinden Seite 19

Abbildung 4: Konfessionzugehörigkeit in Ost- und Westdeutschland

Datenbasis: Wohlfahrtssurvey 1988,1990-Ost, 1993

Zusammenfassung

O

st- und Westdeutschland weisen hinsichtlich ihrer sozialstrukturellen Gliede rung auch drei Jahre nach der deutschen Einheit noch deutliche Unterschiede auf. In Westdeutschland finden sich viele Merkmale einer ausdifferenzierten „Mittel­

schichtsgesellschaft“, in Ostdeutschland überwiegen dagegen noch die Merkmale einer „Arbeitergesellschaft“. Diese Unterschiede lassen sich nicht nur anhand objektiver Indikatoren wie die jeweils überwiegenden Berufskategorien bei den Erwerbstätigen festmachen, sondern spiegeln sich auch in den subjektiven Schicht- einstufungen der Befragten selbst wider. Eine Angleichung an die Strukturen der alten Bundesrepublik zeichnet sich in den neuen Bundesländern bislang meist nur langsam ab; die Sozialstruktur Deutschlands gerät vielmehr insgesamt unter Re­

form- und Innovationsdruck (Zapf 1993). Die ehemals hohe Erwerbsquote im Osten hat sich der westdeutschen zwar bereits deutlich angenähert, aber die Kennzeichen der früheren Arbeitsgesellschaft setzen sich nunmehr in der Zusammensetzung der

(21)

nichterwerbstätigen Personen in den neuen Bundesländern fort: Nicht Hausfrauen oder Studenten, sondern die wachsende Gruppe der (unfreiwillig) Arbeitslosen bilden das Gros der Nichterwerbstätigen in Ostdeutschland. Die Ausdehnung nicht­

öffentlicher Dienstleistungen (Tertiarisierung) und die zu erwartende Bildungsex­

pansion setzen bislang nur langsam ein. Nicht zuletzt auch durch „feste“ sozialstruk­

turelle Merkmale der früheren DDR-Gesellschaft wie beispielsweise dem hohen Anteil an Konfessionslosen erhält das vereinte Deutschland bis heute eine wahr­

nehmbare Spur an „Ostfarbe“.

1.2 O bjektive Lebensverhältnisse

D

ie DDR war hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Leistungskraft zweifellos füh rend unter den osteuropäischen Ländern. Aus eigener Anschauung, durch millionenfache Auslandsreisen in die östlichen Nachbarländer und in die UDSSR, waren sich die meisten DDR-Bürger dieser Führungsposition durchaus bewußt.

Aber der Vergleichsmaßstab zur Bewertung der eigenen Lebensbedingungen war nicht der Osten, sondern der Westen und hier waren sich die DDR-Bürger über den hohen und zuletzt deutlich steigenden Rückstand ebenso im Klaren. Die unmittelba­

re Nachbarschaft und die zahlreichen Verwandtschaftsbeziehungen zum Westteil Deutschlands waren dabei von großer Bedeutung. Dieser Rückstand und die mit ihm verbundene hohe Unzufriedenheit in der Bevölkerung waren wichtige Vorausset­

zungen für die Delegitimation und schließlich für den Zusammenbruch des DDR- Staates.

Die materiellen „Ost-West-Unterschiede“ existierten vor 1990 nur als zwischen­

gesellschaftliches Problem, durch die Einheit Deutschlands sind sie zu einem innergesellschaftlichen Gegensatz geworden, dem zunehmend größere politische Beduetung zukommt. Anhand ausgewählter Beispiele soll in diesem Kapitel darge­

stellt werden, wie sich die objektiven Lebensverhältnisse in West- und Ostdeutsch-

(22)

Lebensbedingungenund Wohlbefinden Seite 21

land seit der deutschen Einheit entwickelt haben; dies auch vor dem Hintergrund des erklärten politischen Zieles der Angleichung der Lebensbedingungen. Wir betrach­

ten dazu das Niveau und die Entwicklung der Einkommensverhältnisse auf der Basis von Arbeitseinkommen und von Haushaltseinkommen. Indikatoren der quantitati­

ven Wohnungsversorgung, der Wohnausstattung sowie der (Wohn-)Umweltver- hältnisse bilden dann den zweiten Schwerpunkt objektiver Lebensverhältnisse.

Einkommen: Wohlstandsschere trotz Verbesserungen

B

ei der Betrachtung der Einkommensverhältnisse in Ost- und Westdeutschland sind ganz allgemein zwei Ebenen zu unterscheiden: die Daten über die Höhe und die Entwicklung der Bruttoarbeitseinkommen sagen etwas über den Erfolg oder Mißerfolg der Angleichungsprozesse auf dem Arbeitsmarkt - für die Erwerbtätigen - aus; die Daten zum Haushaltsnettoeinkommen informieren darüber hinaus über ergänzende wohlfahrtsstaatliche Effekte durch Transfers und Steuersystem. Für beide Dimensionen ist im Zeitvergleich 1988/1990 zu 1993 ein Anstieg zu beobach­

ten; dennoch bleiben die Einkommensabstände zwischen Ost- und Westdeutschland für alle sozialen Lagen durchgängig erhalten.

Die Bruttoarbeitseinkommen im Osten haben sich zwischen 1990 und 1993 insgesamt deutlich verbessert. Dies gilt auch für das preisbereinigte Realeinkommen bei einer Preissteigerungsräte von rund 40% seit 1990. Von dieser Entwicklung konnten jedoch nicht alle Erwerbstätigengruppen gleichermaßen profitieren; vor allem Facharbeiter, un- und angelernte Arbeiter, sowie Beschäftigte in höheren Angestelltenpositionen konnten ihre Arbeitseinkommen seit 1990 deutlich verbes­

sern. Un- und angelernte Arbeiter haben dabei als einzige Gruppe im Jahre 1993 das

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westdeutsche Niveau von 1988 erreicht. Relativ nahe an diesem Vergleichsniveau befindet sich auch die Gruppe der einfachen Angestellten und Beamten, während der Einkommensabstand bei höher qualifizierten Gruppen noch deutlich größer ist. Bei den erkennbaren Einkommenssteigerungen spielt dabei nach wie vor die Möglich­

keit, eine Erwerbstätigkeit in den alten Bundesländern auszuüben, eine nicht unbedeutende Rolle. Nach unseren Daten nahmen Mitte 1993 (hochgerechnet) über 400.000 „Westpendler“, fast ausschließlich Männer, für ihre höheren Einkommen zum Teil sehr lange Arbeitswege in Kauf.

Die soziale Lage der Bevölkerung muß daneben vor allem auf der Ebene von Familien und Haushalten betrachtet werden. Hier beobachten wir in Ostdeutschland eine ebenfalls durchgängig positive Entwicklung: Die Haushaltsnettoeinkommen pro Kopf haben sich, auch unter Berücksichtigung der Preissteigerung, leicht, für einige Gruppen, wie zum Beispiel die der Rentner, sogar erheblich verbessert.

Letztere gehörten in der „Arbeitsgesellschaft“ der DDR zu den vernachlässigten Bevölkerungsgruppen; viele von ihnen bezogen nur eine bescheidene Mindestrente.

Der Vergleich der Einkommenssituation der Haushalte zwischen 1990 und 1993 ergibt nach unseren Daten im Durchschnitt eine Steigerung von über 40%; bei den Rentnerhaushalten sind überdurchschnittliche Zuwächse von über 70% zu finden.

Vergleicht man die finanzielle Situation der verschiedenen sozialen Lagen, dann liegt die Gruppe der Arbeiter nahe am westdeutschen Niveau von 1988, und die Gruppe der einfachen Beamten und Angestellten hat dieses Niveau bereits leicht überschritten. Verbesserungen sind zum Teil auch für die aus der Erwerbstätigkeit ausgeschiedenen Gruppen auf Grund der bereitgestellten Lohnersatzleistungen erkennbar. Dennoch hatten Arbeitslose und Vorruheständler deutlich geringere Zuwächse, und sie verfügen 1993 über das geringste Pro-Kopf-Einkommen. Die teilweise erheblichen Einkommenssteigerungen von Erwerbstätigen gehen nicht zuletzt auch auf die nach wie vor überwiegend mehrfache Erwerbsbeteiligung in den Familien und Haushalten zurück (s.u.). Im Osten Deutschlands müssen für ein Haushaltseinkommen in der Nähe des westdeutschen Niveaus mehr Personen im Haushalt einer Beschäftigung nachgehen. Mehrfache Arbeitslosigkeit erhöht des­

halb das Risiko, durch Einkommens Verlust in prekäre Armutslagen zu fallen.

Die Einkommensverhältnisse im Westen haben sich allerdings aufgrund der günstigen Konjunktur seit 1988 ebenfalls deutlich verbessert. Damit bleibt die Kluft zwischen West und Ost auf höherem Niveau bestehen. Auf der Haushaltsebene erreichen die ostdeutschen Haushalte bestenfalls 80% des Einkommens entspre­

chender westdeutscher Haushalte; der Durchschnitt liegt inzwischen bei gut 70%. Es war zunächst zu vermuten, daß die Einkommensentwicklung in Ostdeutschland insgesamt auch in Richtung einer größeren Ungleichheit zwischen niedrigen und

(24)

Lebensbedingungenund Wohlbefinden Seite 2 3

Abbildung 5: Einkommenslagen in Ost- und Westdeutschland 1988/90 ■ 1993

Westdeutschland

1988 1993

Ostdeutschland

1990 1993 Einkommen

• Quintiisanteile*

Unterstes Quintil

0% . 100% 0% 100%

2. Quintil

3. Quintil

4. Quintil

Oberstes Quintil

* Quintiisanteile am bedarfsgewichteten Haushaltsnettoeinkommen

Wichtigkeit von Einkommen ist 'se h r wichtig"

5.000.-

Haushalts-Nettoeinkommen pro Kopf in ausgewählten sozialen Lagen

Zufriedenheit mit Arbeiter

Angestellte, Beamte

Selbständige, Freie Berufe

Rentner, Pensionäre

Arbeitslose

Einkommen Lebensstandard

88 93 90 93

Datenbasis: Wohlfahrtssurvey 1988, 1990-Ost, 1993

(25)

Tabelle 2: Einkommensverhältnisse in Ost- und Westdeutschland - Haus­

haltsnettoeinkommen und Bruttoarbeitseinkommen

Haushaltseinkommen pro Kopf Bruttoarbeitseinkommen Westdeutsch - Ostdeutsch - Westdeutsch - Ostdeutsch -

land land land land

1988 1993 Mittelwe

1990 rt in DM

1993 1988 1993 Mittelwi

1990 art in DM

1993

Insgesamt Soziale Lagen Bis 60 Jahre

1210 1570 730 1080 3110 3680 1360 2360

Leit. Ang./Höhere Beamte 1670 2410 890 - 5810 6540 1720 -

Hochqual. Ang./Geh. Beamte 1470 2140 920 1310 4310 4610 1750 3310 Qual. Ang./Mittl. Beamte 1440 1710 820 1270 2970 3530 1400 2240

Einf. Ang./Beamte 1170 1470 670 1230 1910 2200 1100 1830

Meister/Vorarbeiter - 1430 810 990 - 3960 1540 1860

Facharbeiter 1170 1430 760 1030 2860 3520 1210 2280

Un- .angelernte Arbeiter 1120 1410 680 1000 2210 2790 1130 2210

Selbständige, freie Berufe 1510 1940 - 1010 - 4170 - 2110

Arbeitslose 990 1020 550 830 / / / /

Berufs- .Erwerbsunfähige - 1260 760 - / / / /

Hausfrauen/- männer 940 1030 440 - / / / /

Studium, Lehre 970 1140 530 1000 730* 990* 470** 750*

Vorruhestand / 1200 / 930 / / ./ /

Noch nie erwerbstätig 910 1190 - / / / / /

Sonstige Nichterwerbst. - 1700 710 1000 / / / /

61 Jahre und älter

Noch erwerbstätig - 3170 - - / / / /

Noch nie erwerbstätig 1220 1550 - - / / / /

Rentner (ehern, Arbeiter) 1120 1330 580 - / / / /

Rentner (ehern, Angestellte, Beamte)

1500 1720 690 1210 / / / /

Rentner (ehern, Selbständige) 1380 - / / / /

- Fallzahl zu gering / Trifft nicht zu

* Nur Lehrlinge

Datenbasis: Wohlfahrtssurvey 1 98 8,1990-Ost, 1993

(26)

Lebensbedingungenund Wohlbefinden Seite 2 5

höheren Einkommensgruppen gehen würde. Eine solche Entwicklung hat bisher aber noch kaum stattgefunden. Eine zunehmende Ungleichheit kann zwar bei den Arbeitseinkommen festgestellt werden; für die Ebene der Haushaltseinkommen konnte jedoch bisher das deutsche Steuer- und Transfersystem entsprechende Entwicklungen im Osten Deutschlands abfedem. Die Einkommensunterschiede zwischen verschiedenen sozialen Gruppen sind in Ostdeutschland noch deutlich geringer als in den alten Bundesländern (Schaubild 5).

Im Hinblick auf die zentrale Frage nach der Angleichung der Einkommensver­

hältnisse muß zunächst auf die beachtlichen Zuwächse verwiesen werden - dies dokumentiert sich auch in entsprechenden Anstiegen in der Einkommenszufrieden­

heit zwischen 1990 und 1993. Dennoch haben sich die Abstände zu den vergleich­

baren Gruppen in Westdeutschland nur unwesentlich verringert. Dies drückt sich nach wie vor in den subjektiven Bewertungen des Einkommens und des Lebensstan­

dards aus.

Erwerbskonstellationen im Haushalt: gegenläufige Frauener­

werbsbeteiligung

Für die Erreichung eines dem westdeutschen Niveau vergleichbaren Haushaltsein­

kommens war und ist in Ostdeutschland eine höhere Erwerbsbeteiligung innerhalb von Haushalten erforderlich. Inwieweit solche Erwerbskonstellationen aufrechter­

halten werden konnten, soll im folgenden am Beispiel von Partnerhaushalten überprüft werden. Die Erwerbssituation innerhalb von Partnerhaushalten (im er­

werbsfähigen Alter) hat sich dabei in West- und in Ostdeutschland zwischen 1988 bzw. 1990 und 1993 erheblich verändert. In der alten Bundesrepublik dominierte 1988 noch die eher „traditionelle“ Haushaltsform mit einem männlichen Alleinver-

(27)

diener und einer nichterwerbstätigen Partnerin („Hausfrau“). Gut die Hälfte aller Partnerhaushalte ließ sich diesem Typ zuordnen. Lediglich in etwas mehr als einem Drittel der Haushalte waren beide Partner erwerbstätig. Andere Haushaltstypen waren in ihrem Umfang, mit Ausnahme von Rentnerhaushalten, ohne größere Bedeutung. Zwischen 1988 und 1993 hat sich die Erwerbsbeteiligung von Frauen in Westdeutschland, trotz der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit, deutlich erhöht. Diese Entwicklung findet in veränderten Erwerbskonstellationen von Partnerhaushalten ihre Entsprechung. Der Haushaltstyp des männlichen Alleinverdieners ist mittler­

weile nur noch für weniger als ein Drittel aller Partnerhaushalte kennzeichnend. In fast der Hälfte der Partnerhaushalte tragen 1993 sowohl der Mann als auch die Frau durch ihre Erwerbstätigkeit zum Haushaltseinkommen bei.

In der ehemaligen DDR war im deutlichen Gegensatz zur alten Bundesrepublik der Zweiverdiener-Partnerhaushalt die Regel. Bis Ende 1990 hatte sich an dieser Situation nichts wesentliches verändert. In fast drei Viertel aller Partnerhaushalte waren sowohl der Mann als auch die Frau erwerbstätig. Allerdings existierte zu diesem Zeitpunkt mit rund 13 Prozent bereits ein wahrnehmbarer Anteil an Haus­

haltsformen mit einem männlichen Alleinverdiener. Innerhalb von zwei Jahren hat sich dieses Bild drastisch verändert. Der Anteil der Zweiverdiener-Partnerhaushalte hat deutlich abgenommen und liegt 1993 noch leicht über dem westdeutschen Vergleichswert. Stark zugenommen haben dementsprechend Haushaltsformen mit lediglich einem Erwerbseinkommen; der Anteil hat sich von 17% im Jahre 1990 auf 31 % im Jahre 1993 fast verdoppelt. Der Verdrängungsprozeß ostdeutscher Frauen aus dem Erwerbsbereich dokumentiert sich dabei auch in den Erwerbskonstellatio­

nen: Bei den Alleinverdienerhaushalten hat der Anteil männlicher Alleinverdiener stärker zugenommen als der der Alleinverdienerinnen (22% vs. 9%). An Bedeutung gewonnen haben auch Haushaltsformen mit zwei nichterwerbstätigen Partnern (6%). Haushalte in denen beide Partner gleichzeitig von Arbeitslosigkeit betroffen sind, sind in Ostdeutschland dabei allerdings nach wie vor eine Ausnahme. Die finanziellen Folgen von Arbeitslosigkeit können in Haushaltsgemeinschaften auch in Ostdeutschland zur Zeit noch durch das verbleibende Erwerbseinkommen des Partners in ihrer Bedeutung teilweise kompensiert oder aufgefangen werden. Für eine Einschätzung der Einkommensverhältnisse in den alten und neuen Bundeslän­

dern ist deshalb nach wie vor ein wichtiger Tatbestand mitzuberücksichtigen: In Ostdeutschland tragen in der Regel mehr Einkommensbezieher - durch Erwerbsein­

kommen oder durch Lohnersatzleistungen - zum Haushaltseinkommen, das ledig­

lich 70% des Westeinkommens ausmacht, bei als in Westdeutschland.

(28)

Lebensbedingungenund Wohlbefinden Seite 2 7

Tabelle 3: Erwerbskonstellationen in Partnerhaushalten( nur Befragte im Al­

ter zwischen 18 und 64 Jahren)

Westdeutsch - land

Ostdeutschand

1988 1993 1990 1993

Erwerbskonstellationen in Prozent

Beide erwerbstätig 36 49 72 52

Beide nichterwerbstätig 8 10 9 11

Beide arbeitslos 0 1 1 2

Beide nichterwerbstätig oder 2 1 1 4

arbeitslos

Mann erwerbstätig 50 32 7 8

/ Frau nichterwerbstätig

Mann erwerbstätig 1 2 6 14

/ Frau arbeitslos

Mann nichterwerbstätig 2 4 2 5

/ Frau erwerbstätig

Mann arbeitslos 1 1 2 4

/ Frau erwerbstätig

Datenbasis: Wohlfahrtssurvey 1988,1990-Ost, 1993

Wohn- und Umweltverhältnisse: langsame Verbesserungen und neue Unsicherheiten

E

ine ausreichende WohnungsVersorgung sowie die Qualität der Wohnverhältnis­

se sind zentrale Maßstäbe für den Lebensstandard. Für die vergleichende Darstellung der Wohnbedingungen in Ost- und Westdeutschland stehen uns mehrere Indikatoren zur Verfügung: Die Ausstattung der Wohnungen mit WC, Bad und Zentralheizung; die Zahl der Wohnräume in Relation zur Zahl der Haushaltsmit­

glieder, die Wohnfläche, die Eigentumsverhältnisse der jeweiligen Wohnungen sowie Informationen über den Gebäudetyp.

In Westdeutschland führte bekanntlich in den letzten Jahrzehnten eine beispiel­

lose Neubautätigkeit dazu, daß sich die Wohnbedingungen erheblich verbessert

(29)

hatten. So wurde bis 1987 ein Wohnungsbestand von 25,3 Millionen Wohnungen erreicht. Dies waren durchschnittlich nur noch 2,3 Einwohner je Wohnung (Daten­

report 1992: 139ff.). Seit einigen Jahren hat sich die Lage auf dem westdeutschen Wohnungsmarkt jedoch zunehmend verschärft. Die Ursache der „neuen“ Woh­

nungsnot liegt darin, daß die Zahl der privaten Haushalte schneller zunimmt als der Zuwachs an neuen Wohnungen. Diese Versorgungslücke hat sich zwischen 1988 und 1993 ständig vergrößert. Dennoch lebt die Mehrheit der westdeutschen Be­

völkerung 1993 in guten Wohnverhältnissen. Die Ausstattung der Wohnungen mit WC, Bad und Zentralheizung ist in den alten Bundesländern mittlerweile nahezu vollständig. Es sind kaum noch einzelne Bevölkerungsgruppen identifizierbar, deren Wohnungen in nennenswertem Umfang nicht alle drei genannten Aus­

stattungsmerkmale aufweisen. Fast die Hälfte der westdeutschen Bevölkerung wohnt in den eigenen „vier Wänden“ und rund 40% der Wohngebäude sind als

„Einfamilienhäuser“ zu klassifizieren. Auch diese Verhältnisse sprechen für das insgesamt hohe Niveau der Wohnqualität in den alten Bundesländern. Allerdings ist der Eigentümeranteil in einzelnen Gruppen recht unterschiedlich. Vor allem Arbei­

ter und Arbeitslose wohnen 1993 überwiegend in Mietwohnungen.

Auch in der DDR spiegelte sich der (langsam) wachsende Wohlstand in einer verbesserten Versorgung mit Wohnraum wider, Größe und Ausstattung der Woh­

nungen lagen jedoch etwa zwei Jahrzehnte hinter der bundesdeutschen Entwicklung zurück. Seit der Einheit Deutschlands ist der Wohnungsmarkt in den neuen Bundes­

ländern erst im Entstehen und wird noch längere Zeit sozialstaatlicher Intervention und Regulierung bedürfen. 1990 waren die Wohnungen in der ehemaligen DDR im Vergleich zu Westdeutschland mehrheitlich noch mit Ausstattungsmängeln verse­

hen. Vor allem Personen der unteren Arbeiterberufe sowie Arbeiter-Rentner lebten zum überwiegenden Teil in Wohnungen, die entweder über kein Bad, kein WC oder über keine Zentralheizung verfügten. Auch die Eigentümerquote lag 1990 in Ostdeutschland zwar deutlich unter der im Westen, jedoch deutlich höher als vielfach vermutet wurde. Die Qualität der Wohnungsausstattungen hat sich, als Folge umfangreicher Renovierungs- und Einbaumaßnahmen, in den neuen Bundes­

ländern bereits bis 1993 wahrnehmbar verbessert, dennoch verweist der Gesamtan­

teil von 53% nach wie vor auf einen erheblichen Nachholbedarf hin. Dabei liegen Rentner, Vorruheständler sowie Arbeitslose erheblich unter dem ostdeutschen Gesamtniveau. Die Qualität der Wohnungen hat sich einerseits also insgesamt etwas verbessert, gestiegen ist auch die Eigentümerquote, gestiegen sind andererseits aber auch sehr deutlich die finanziellen Belastungen für Wohnen.

Wenig Veränderungen sind zwischen 1990 und 1993 erwartungsgemäß noch bei den Indikatoren der quantitativen Wohnungs Versorgung zu beobachten - die Wohnun-

(30)

Lebensbedingungenund Wohlbefinden Seite 2 9

Abbildung 6: Wohn- und Umwellverhältnisse in Ost- und Westdeutschland

Westdeutschland Ostdeutschland

1988 1990

1993 1993

Krim inalität*

Angepöbelt

Diebstahl

Körperverletzung

Überfall

Sexueller Mißbrauch

Einbruch

* (sehr) wahrscheinlich

Zufriedenheit mit öffentlicher Sicherheit

West Ost

5,8 5,0 3,4 3,6

Umwelt-Klagen*

Lärm

Luftverschmutzung

Mangel Grün

Landschaftszerstönjng

Wasser

* sehr I ziemlich stark

t

28 23 24 J21

18 13 13 13

36 30

17 15 40 18 33 21

Zufriedenheit mit Umweltschutz

Zufriedenheits­

skala

Datenbasis: Wohlfahrtssurvey, 1998,1990-Ost, 1993

Referenzen

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