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P H Y S I K I M A L LTA G

44 Physik Journal 8 (2009) Nr. 4 © 2009 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

W

ährend einem die Personen- waage durch eine falsche Anzeige gerne mal schmeicheln darf, möchte man spätestens im Supermarkt beim Kauf von einem Pfund Hackfleisch auch tatsächlich 500 Gramm erhalten. Je nach An- forderungen an die verwendeten Waagen zeigen diese durchaus große Unterschiede bei ihrem tech- nischen Innenleben. Altbekannt sind mechanische Balken- und Laufgewichtswaagen, die Ver- gleichsgewichte verwenden und auf Basis des Hebelgesetzes funkti- onieren. Gängiger sind heutzutage Waagen, die elektronisch anzeigen, welche Gewichtskraft auf eine so genannte Messfeder ausgeübt wird.

Möchte man Zutaten fürs Kuchen- backen abwiegen, so kommt es meist nicht auf zehn Gramm mehr oder weniger an, und anders als beim exakten Wiegen für wissen- schaftliche Zwecke ist es erst recht nicht nötig, die Größe der Fallbe- schleunigung vor Ort zu kennen, um die Waage zu justieren.

Bei einer einfachen Küchenwaa- ge genügt eine Metallfeder, die sich entsprechend dem Hookeschen Gesetz verformt und so die angrei- fende Kraft, die proportional zum fraglichen Gewicht ist, misst. Bei geeichten Handelswaagen im Su- permarkt oder beim Metzger sind die Anforderungen an die Technik ungleich größer. Die Waagen müs- sen zwar nicht auf Milligramm ge- nau wiegen, aber rasch zu bedienen

sein und zuverlässig funktionieren.

Kein Verkäufer und keine Verkäu- ferin möchten noch mit Vergleichs- gewichten hantieren.

Das Herzstück von Waagen wird als Wägezelle bezeichnet und besteht bei Handelswaagen im Wesentlichen aus einem sog.

Doppelbiegebalken, der am einen Ende fest eingespannt ist und am freien Ende durch die Masse auf der Schale belastet wird (Abb. 1). Dabei kommt nur ein Material infrage, dessen Elastizitätsmodul kaum mit der Temperatur schwankt. Übliche Temperaturschwankungen sollten nicht zur Folge haben, dass sich

der Balken stärker biegt und man am Ende weniger bekommt als man bezahlt. Biegebalken in Han- delswaagen sind daher meist aus Aluminium, für anspruchsvollerere Anwendungen eignen sich aber eher Stahl oder Edelstahl.

Wiegen, bis sich Balken biegen Doch egal, ob 100 Gramm Salami oder zwei Kilo Kartoffeln abzuwie- gen sind: Ein Aluminiumbalken biegt sich im Gegensatz zur Feder- waage, die sich sichtbar verformt, nur im Mikrometer-Bereich. Solch kleine Verformungen lassen sich mit sog. Dehnungsmessstreifen (DMS) messen. Diese sind auf den Biegebalken an definierten Stellen mithilfe von Spezialklebern elek- trisch isoliert aufgebracht oder werden für spezielle Anwendungen auch direkt auf die Oberfläche des Biegebalkens „aufgesputtert“.

Die DMS bestehen aus drei bis acht Mikrometer dünnen Fo- lien mit geätztem metallischem

„Messgitter“ (Abb. 2), z. B. aus der Legierung Konstantan oder NiCr- Verbindungen, die über einen weiten Temperaturbereich einen

Darf’s ein bisschen mehr sein?

Waage ist nicht gleich Waage – an der Fleischtheke und erst recht im Labor kommen wesentlich anspruchsvollere Techniken zum Einsatz als bei Haushaltswaagen.

Bizerba

belasteter Biegestab gestauchter DMS

gestreckter DMS

gestauchter DMS gestreckter DMS

Handelswaagen sind geeicht und bieten dank der ausgefeilteren Technik verläss-

lichere Gewichtsangaben als gängige Haushaltswaagen.

Abb. 1 Durch die Gewichtskraft verformt sich ein Doppelbiegebal- ken, wobei vier Dehnungsmess- streifen (DMS) die Dehnungen und Streckungen im Knickbereich detektieren.

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P H Y S I K I M A L LTA G

© 2009 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Physik Journal 8 (2009) Nr. 4 45

Dr. Katja Bammel, science & more redaktionsbüro, kb@science-and- more.de

möglichst konstanten spezifischen Widerstand besitzen.

An den Dehnungsmessstreifen liegt üblicherweise eine Versor- gungsspannung von wenigen Volt an. Wenn sich der Messbalken bei den gewöhnlichen Lasten um we- nige Mikrometer biegt, ändert sich der Widerstand der DMS. Die da- raus resultierende Spannungsände- rung ist proportional zum Gewicht auf der Waagschale. Allerdings ändert sich der Widerstand, der im Bereich von 300 bis 1000 Ohm liegt, höchstens um einen Tausends- telbruchteil. Daher werden meist vier DMS an definierten Stellen am Doppelbiegebalken angebracht (vgl.

Abb. 1), um die winzige Widerstands- änderung mithilfe einer Messschal- tung (z. B. Wheatstone-Brücke) in ein verwendbares elektrisches Spannungssignal umzuwandeln:

In der Brückendiagonale entsteht dadurch ein Spannungssignal, das wenige Millivolt beträgt und pro- portional zur Biegung ist. Mit die- ser Messschaltung lassen sich nicht nur die Messsignale verstärken, sondern auch Temperaturschwan- kungen und andere Störeffekte kompensieren.

Für den Zusammenhang zwi- schen relativer Widerstands- und Längenänderung gilt ΔR/R = k Δl/l (bei metallischen DMS beträgt der Proportionalitätsfaktor k circa 2).

Die bei einer Ladenwaage typischen Belastungen von wenigen Kilo- gramm rufen relative Längenän- derungen im Bereich von 0,1 . 10–6 bis 300 . 10–6 hervor und entspre- chen relativen Widerstandsände-

rungen im Bereich von 0,2 . 10–6 bis 0,6 . 10–3. Bei einer relativen Län- genänderung von über 1200 . 10–6 beginnen sich die Biegebalken plas- tisch zu verformen, und die Waage wird unbrauchbar. Da Feuchtigkeit zur Korrosion des Messgitters führt oder dessen Geometrie und Leitfä- higkeit ändert, sind die bereits iso- lierten DMS zum Schutz zusätzlich mit Kunststoff versiegelt.

Je nach mechanischen bzw.

elektrischen Charakteristika von Doppelbiegebalken und DMS fin- den sich diese sowohl in Präzisions- waagen als auch in Kranwaagen, mit denen sich in der Industrie ton- nenschwere Lasten wiegen lassen.

Feiner messen mit Tauchspulen Hochpräzise Waagen in Laboren verwenden keine Dehnungsmess- streifen, sondern wiegen mithilfe der elektrodynamischen Kraft- kompensation, wie sie auch in Lautsprechern oder Kopfhörern zum Einsatz kommt. Auf der einen Seite des Wägebalkens ist eine Spule befestigt, die aus einem stationären Magnetfeld herausgezogen wird, wenn man die andere Seite des

Balkens belastet. Diese Auslen- kung, die lediglich wenige Mikro- meter beträgt, lässt sich mit einer Lichtschranke detektieren. Ein elektrischer Regelkreis schickt nun entsprechend dieser Auslenkung einen Strom durch die Tauchspule, der eine Lorentz-Kraft erzeugt, welche die Tauchspule wieder in das Magnetfeld hineinzieht. Die Lorentz-Kraft kompensiert die Gewichtskraft. Der Strom durch die Spule ist also ein Maß für die zu bestimmende Masse und lässt sich über einen Präzisionswiderstand in eine Spannung umwandeln, die als Messsignal dient.

Doch diese Technik ist natürlich fehl am Platze, wenn man etwa Obst oder Gemüse kaufen möchte, und wäre gänzlich unangebracht, um das eigene Gewicht auf den Prüfstand zu stellen. Wer möchte schon die Folgen eines opulenten Mahls auf das Gramm oder gar Milligramm genau wissen?

*

Ich danke Bernd Meissner für hilf- reiche Informationen.

Katja Bammel Abb. 2 Der Aufbau von Folien- Dehnungsmess- streifen, wie sie in Handelswaagen Verwendung finden.

Deckschicht

Träger

Messgitter Anschlüsse

aktive Länge

HBM

Abbildung

Abb. 1 Durch  die  Gewichtskraft  verformt sich ein   Doppelbiegebal-ken, wobei vier   Dehnungsmess-streifen (DMS)  die Dehnungen  und Streckungen  im Knickbereich  detektieren.
Abb. 1 ), um die winzige Widerstands- Widerstands-änderung mithilfe einer  Messschal-tung (z

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