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Archiv "Ambulante Tumorschmerztherapie: Noch immer gravierende Unterversorgung" (28.08.2000)

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Academic year: 2022

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rotz eindeutiger Empfehlungen der WHO sind deutsche Ärzte bei der Verschreibung von stark wirksa- men Opioiden noch immer sehr zurück- haltend. So erhielten nach einer Stu- die von Willweber-Stumpf in Bochum 1989/90 nur drei Prozent der Patienten eine ausreichende Schmerztherapie mit Opioiden. Auch Zenz fand im Beobach- tungszeitraum von 1990 bis 1993 nur bei 1,9 Prozent von 16 630 Krebspatienten Verschreibungen mit starken Opioiden.

In einer kürzlich abgeschlossenen Studie des Bremer Instituts für Präven- tionsforschung und Sozialmedizin (BIPS) wurde für die Jahre 1993 und 1996 je- weils die Häufigkeit der Opioidver- schreibungen bei Krebspatienten im letzten Lebensjahr ermittelt und der Trend quantitativ erfasst. Das Projekt wurde von der Ärztekammer Bremen, der Kassenärztlichen Vereinigung, der Apothekerkammer und der Bremer Krebsgesellschaft unterstützt. In zwei re- präsentativen Stichproben wurden sämt- liche Todesbescheinigungen in Bremen- Stadt (Bundesland Bremen ohne Bre- merhaven und Bremen-Nord: Einwoh- ner 445 000) aus den Monaten Januar bis April der Jahre 1993 und 1996 ge- sichtet.

Schlüsselnummern sichern faktische Anonymisierung

Erfasst wurden alle 856 Verstorbenen, auf deren Todesbescheinigung eine bösar- tige Erkrankung angegeben war. Aus diesen Daten wurden Schlüsselnummern gebildet, die eine faktische Anony- misierung der Angaben sicherstellten.

Anschließend wurden die Opioid- verschreibungen für diese Verstorbenen in 109 von 119 Bremer Apotheken

(92 Prozent) aufgrund der archivierten Durchschläge beziehungsweise Kopien der Rezepte aufgrund der Betäubungs- mittel-Verschreibungsverordnung (BtM- VV) erfasst. Für die Erhebung wurden den Apotheken vorübergehend Note- book-Computer zur Verfügung gestellt.

Eine spezielle Software erlaubte die ano- nyme Zuordnung der BtMVV-Rezepte zu individuellen Verstorbenen anhand der zuvor vergebenen Schlüsselnummern.

942 BtMVV-Rezepte von 856 Krebs- patienten im letzten Lebensjahr wur- den einbezogen. Davon entfielen 453 Rezepte im Untersuchungszeitraum 1995/96 auf 421 verstorbene Krebspati- enten. Ein Patient galt als „versorgt“, wenn er mindestens einmalig ein BtM- VV-Rezept erhalten hatte.

Unsicherheiten im Therapieregime

Von den 421 Krebspatienten im Zeit- raum 1995/96 erfüllten 84 Patienten (20 Prozent) dieses Kriterium. 23 (27 Prozent) dieser „versorgten“ Patienten erhielten lediglich ein einziges BtMVV- Rezept in ihrem letzten Lebensjahr.

Da eine solche einmalige Verordnung eines Rezeptes nicht als ausreichend betrachtet werden kann, wurde in An- lehnung an das Vorgehen in den ge- nannten Studien ein Verschreibungs- zeitraum von mindestens acht Wochen als „ausreichend versorgt“ definiert.

Die Definition „ausreichend ver- sorgt“ traf auf 61 (73 Prozent) der über- haupt mit einem BtMVV-Rezept „ver- sorgten“ Patienten zu beziehungsweise auf 14,5 Prozent aller verstorbenen Krebspatienten. Hierbei variierte die Anzahl der Verschreibungen von zwei Rezepten bis zu mehr als 13 Rezepten

je Patient. Bei je etwa einem Drittel der Patienten wurden zwei bis drei Rezepte, vier bis sieben Rezepte beziehungsweise acht und mehr Rezepte ausgestellt. 81 (12,4 Prozent) der 652 Arztpraxen in Bremen stellten BtMVV-Rezepte für die zwischen Januar und April 1996 verstor- benen Krebspatienten aus. Etwa 36 Pro- zent dieser Praxen stellten im gesamten Untersuchungszeitraum nur einmalig ei- ne BtMV-Verordnung aus, elf Prozent tätigten zwei Verordnungen, 31 Prozent drei bis sechs und nur 22 Prozent sieben und mehr BtMV-Verordnungen.

Ein Vergleich dieser Ergebnisse aus dem Jahr 1996 mit den eigenen Daten aus 1993 lässt eine Zunahme des Anteils der „ausreichend versorgten“ Patienten (plus 4,2 Prozent) erkennen. Der Pro- zentsatz der im letzten Lebensjahr ledig- lich „versorgten“ Patienten blieb dage- gen praktisch unverändert (plus 0,3 Pro- zent). Der Anteil der BtM-verschreiben- den Praxen ist von 1993 auf 1996 sogar leicht gesunken (minus 1,8 Prozent).

Offensichtlich haben zwischen 1993 und 1996 nur diejenigen Ärzte ihre Therapie optimiert, die sich bereits zu- vor grundsätzlich mit Schmerztherapie befasst hatten. Die auch schon in den Jahren 1990 bis 1993 in verschiedenen Untersuchungen beobachtete Unter- versorgung wird damit durch die aktu- ellen Daten aus Bremen auch für die jüngere Vergangenheit bestätigt.

Als Hinderungsgründe für die effi- ziente Therapie starker Schmerzen mit Opioiden der Stufe III des WHO-Sche- mas werden bei Arztbefragungen neben gesetzlichen Reglementierungen durch die BtMVV „Unsicherheiten im Thera- pieregime“ und „mangelnde Kommu- nikation über den Schmerz des Patien- ten“ angegeben (Jazbinsek 1996, Pott- hoff 1998).

Auch die Ergebnisse der Bremer Studie zeigen, dass weiterführende Maßnahmen zur Verbesserung der am- bulanten Schmerztherapie bei krebs- kranken Patienten dringend erforder- lich sind.

Anschrift der Verfasser:

Dr. med. Elisabeth Horstkotte

Dipl.-Biol. Heike Munzinger-Mohsenzadeh Dr. med. Wolfgang Hoffmann

Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin (BIPS)

Grünenstraße 120, 28199 Bremen P O L I T I K

A

A2214 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 34–35½½½½28. August 2000

Ambulante Tumorschmerztherapie

Noch immer gravierende Unterversorgung

Ergebnisse einer bevölkerungsbezogenen Erhebung in

Bremen zur Verschreibung von BtMVV-Rezepten

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