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Archiv "Zunahme der Opioidverordnungen in Deutschland zwischen 2000 und 2010" (25.01.2013)

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(1)

ORIGINALARBEIT

Zunahme der Opioidverordnungen in Deutschland zwischen 2000 und 2010

Eine Studie auf der Basis von Krankenkassendaten Ingrid Schubert, Peter Ihle, Rainer Sabatowski

ZUSAMMENFASSUNG

Hintergrund: Bisher vorliegende Daten aus Deutschland zur Behandlungsprävalenz und Verordnungsweise von Opioiden sowie zur Verteilung nach Indikation Tumor- schmerz/Nichttumorerkrankung sind zur Beurteilung der Behandlungsqualität sowie von möglicher Unter- und Fehl- versorgung unzureichend.

Methode: Die Analyse beruht auf der Versichertenstichpro- be AOK Hessen/KV Hessen für die Jahre 2000 bis 2010.

Die Prävalenz wurde als Anteil der Versicherten mit min- destens einer ambulanten Opioid-Verordnung ATC N02A (ohne Codein, Levomethadon und Methadon) ermittelt. Zur Darstellung des Alterungseffektes erfolgte eine Standardi- sierung der Jahres-Prävalenzschätzung auf die Bevölkerung Deutschlands zum 31.12. des Vorjahres sowie auf das Jahr 1999. Von einer Opioidverordnung für eine Tumorer- krankung wurde ausgegangen, wenn im Verordnungsjahr mindestens einmal eine Tumordiagnose kodiert war.

Ergebnisse: Der Anteil der Versicherten mit mindestens ei- ner Opioidverordnung stieg von 2000 bis 2010 von 3,31 % auf 4,53 % (+ 37,0 %). Opioide wurden überwiegend zur Behandlung des Nichttumorschmerzes eingesetzt (2010:

77 % der Opioidempfänger). Hierbei nahm der Anteil der Langzeitbehandlungen in den letzten elf Jahren deutlich zu.

Schlussfolgerungen: Opioide werden überwiegend bei Nichttumorschmerz verordnet. Deshalb kann aus der Zu- nahme der Opioidverordnungen nicht auf eine bessere Ver- sorgung der Tumorpatienten geschlossen werden. Proble- matisch erscheinen die Zunahme nichtretardierter Zube- reitungsformen hochpotenter Opioide sowie die längerfris- tige Verordnung bei Nichttumorschmerzpatienten, weil bei diesen der Nutzen der Therapie kontrovers beurteilt wird.

►Zitierweise

Schubert I, Ihle P, Sabatowski R: Increase in opiate pre - scription in Germany between 2000 and 2010—a study based on insurance data. Dtsch Arztebl Int 2013; 110(4):

45–51. DOI: 10.3238/arztebl.2013.0045

O

pioide zählen zu den wichtigsten Substanzen in der Behandlung von Tumorschmerzen und wer- den seit den 1990er-Jahren auch zunehmend in der The- rapie chronischer nichttumorbedingter Schmerzen (CNTS) eingesetzt (e1). Damals herrschte in der Schmerztherapie weitgehende Einigkeit, dass es eine Unterversorgung von Tumor- sowie CNTS-Patienten gebe, die vor allem mit einem sehr restriktiven Einsatz von Opioiden zu erklären sei (e2–e5). „Opiophobie“

wurde als wichtigste Barriere in der Umsetzung einer adäquaten Schmerztherapie angesehen (e6–e9). Paral- lel zu der Problematisierung einer unzureichenden Analgetika- und insbesondere Opioidversorgung chro- nischer Schmerzpatienten war nach Angaben des GKV- Arzneimittelindex in Deutschland wie auch in vielen anderen Ländern seit Mitte der 1990er-Jahren eine kon- tinuierliche Zunahme der Opioidverordnungen zu be- obachten (1–5). Im Jahr 2002 lag in Deutschland die Anzahl der abgegebenen Tagesdosen erstmals über den der Nichtopioid-Analgetika (1). Die Zunahme der Opioid- verordnungen wurde unterschiedlich interpretiert.

Schwabe stellte für das Jahr 2000 fest, dass 96 % der Tumorpatienten mit stark wirkenden Opioiden versorgt waren – eine Berechnung, die auf der Annahme fußte, dass diese Substanzen ausschließlich für Tumorpatien- ten verordnet wurden (e10). Dieser Annahme quasi ei- ner „Vollversorgung“ wurde aus schmerztherapeuti- schen Kreisen deutlich widersprochen (e11). Ungeach- tet dieser Kritik wird im Arzneiverordnungs-Report 2011 die Zunahme der Opioidverordnungen auch wei- terhin in direktem Zusammenhang mit einer „besseren Umsetzung des WHO-Stufenschemas zur Tumor- schmerztherapie“ gesehen (1). Daten aus Norwegen da- gegen belegen, dass ein erheblicher Teil der Opioide CNTS-Patienten verordnet wird (6). Zunehmend wurde aufgrund mangelnder Evidenz auch die Opioidlangzeit- therapie bei CNTS kritisch diskutiert und eine sorgfälti- ge Therapieüberwachung gefordert (7–11).

Die auch in Deutschland kontrovers geführte Dis- kussion um einen adäquaten Einsatz von Opioiden hat in den letzten Jahren unter anderem durch die Veröf- fentlichung einer S3-Leitlinie zur Langzeittherapie mit Opioiden bei CNTS-Patienten (LONTS) an Schärfe zu- genommen (12). Der Schluss dieser S3-Leitlinie, dass für eine Therapiedauer > 3 Monaten keine ausreichen- de wissenschaftliche Evidenz vorliege, wurde zum An-

PMV forschungsgruppe an der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der Universität zu Köln:

Dr. rer. soc. Schubert, Ihle

UniversitätsSchmerzCentrum (USC), Universitätsklinikum „Carl Gustav Carus“, Dresden: Prof. Dr. med. Sabatowski

Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie, Universitäts - klinikum „Carl Gustav Carus“, Dresden: Prof. Dr. med. Sabatowski

(2)

lass einer heftigen und nicht immer sachlich geführten Kontroverse genommen: Eine neue „Opiophobie“ grei- fe um sich und führe zu „Schaden“ bei Arzt und Patient (e12).

Mit den aktuellen Daten und Diskussionsbeiträgen kann gegenwärtig weder eine ausreichende Versor- gungssituation noch eine Unter- oder Fehlversorgung in Deutschland belegt werden. Ziele der vorliegenden Studie sind deshalb die Untersuchung sowohl der Be- handlungsprävalenz nach Art der Opioide als auch de- ren Einsatz bei Tumor- und Nichttumorerkrankungen über einen Zeitraum von elf Jahren (2000 bis 2010).

Material und Methode

Datenbasis ist die Versichertenstichprobe AOK-Hes- sen/KV-Hessen (eSupplement) (e13). Opioide wurden über den ATC N02A selektiert unter Ausschluss von Codein, Levomethadon und Methadon. Die aktuellen Angaben (2010) zur definierten Tagesdosis (DDD) ei- nes Wirkstoffes wurden rückwirkend für alle Jahre herangezogen. Zur Ermittlung der Behandlungsdauer (Coverage) erfolgte eine periodengenaue Berechnung der Tage unter ambulanter Therapie.

Die Prävalenzangaben (Anteil der Versicherten mit mindestens einer Opioidverordnung) eines Jahres so- wie die Anzahl der DDD und die DDD/Empfänger wurden auf die Bevölkerung Deutschlands zum 31.12.

des Vorjahres sowie zusätzlich zur Darstellung der Al- terung der Bevölkerung auf das Jahr 1999 standardi- siert.

Als Opioidempfänger mit neuer Behandlungsepiso- de wurden Versicherte bezeichnet, die ausgehend von der ersten Opioidverordnung in einem Beobachtungs- jahr, in einem Zeitraum von 365 Tagen vor dieser In- dexverordnung kein Opioid erhalten hatten.

Von einer Opioidverordnung für eine Tumorerkran- kung wurde ausgegangen, wenn im Verordnungsjahr min- destens einmal eine Tumordiagnose (ICD-10: C00–C97) kodiert war. Opioidempfänger ohne Hinweis auf eine Tu- mordiagnose wurden als CNTS-Patienten klassifiziert.

Ergebnisse Prävalenzentwicklung

Der Anteil der Versicherten mit mindestens einer Opio- idverordnung/Jahr stieg von 2000 bis 2010 von 3,31 % (95-%-KI: 3,25–3,36) auf 4,53 % (4,46–4,60) (+ 37,0 %) (Tabelle 1). Standardisiert auf die Bevölke- rungsstruktur des Jahres 1999 lag der Anstieg bei + 22,0 %; das heißt, allein die Alterung der Bevölke- rung führt zu einem Anstieg der Behandlungsprävalenz von 15 %. Hochgerechnet auf die deutsche Wohnbevöl- kerung stieg die Zahl der mit Opioiden behandelten Personen von 2,72 auf 3,71 Millionen.

Grafik 1 zeigt ausgehend vom Jahr 2000 die Entwick- lung der Opioidverordnungen bis 2010 für drei Kennzif- fern. Es wird deutlich, dass der Anstieg in der Zahl der Tagesdosen (+ 109 %) in erster Linie durch eine Zunah- me der Tagesdosen je Opioidempfänger (+ 53,4 %) und etwas geringer durch eine Zunahme in der Zahl der be- handelten Patienten (+ 37 %) bedingt ist.

TABELLE 1

Behandlungsprävalenz (%) mit Opioiden

Jahr

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

∆ 2000 zu 2010

Behandlungsprävalenz in % (95-%-KI)

Standardisiert auf die Bevölkerung Deutschlands zum Stichtag 31.12.

des Vorjahres Männer

% 2,68 2,96 2,95 3,12 3,05 3,13 3,20 3,30 3,59 3,66 3,68 + 37,3 %

95-%-KI 2,61–2,76 2,88–3,04 2,87–3,03 3,04–3,21 2,97–3,14 3,04–3,21 3,11–3,29 3,21–3,39 3,49–3,68 3,57–3,76 3,58–3,78

Frauen

% 3,90 4,34 4,30 4,47 4,45 4,65 4,66 4,82 5,07 5,23 5,35 + 37,1 %

95-%-KI 3,82–3,99 4,25–4,43 4,21–4,40 4,37–4,56 4,36–4,55 4,56–4,75 4,56–4,75 4,72–4,93 4,96–5,18 5,12–5,33 5,24–5,46

Gesamt

% 3,31 3,66 3,64 3,81 3,77 3,91 3,95 4,08 4,34 4,46 4,53 + 37,0 %

95-%-KI 3,25–3,36 3,60–3,72 3,58–3,70 3,75–3,87 3,70–3,83 3,84–3,97 3,88–4,01 4,01–4,14 4,27–4,41 4,39–4,53 4,46–4,60

1999 Männer

% 2,68 2,92 2,88 3,01 2,90 2,91 2,93 2,98 3,20 3,22 3,18 + 18,6 %

95-%-KI 2,61–2,76 2,84–3,00 2,80–2,96 2,93–3,10 2,82–2,99 2,83–3,00 2,85–3,02 2,89–3,07 3,11–3,29 3,13–3,31 3,09–3,27

Frauen

% 3,90 4,32 4,26 4,38 4,32 4,46 4,43 4,52 4,70 4,79 4,85 + 24,3 %

95-%-KI 3,82–3,99 4,23–4,41 4,16–4,35 4,29–4,48 4,23–4,42 4,37–4,56 4,33–4,53 4,42–4,62 4,60–4,80 4,69–4,89 4,75–4,95

Gesamt

% 3,31 3,63 3,59 3,71 3,63 3,71 3,70 3,77 3,97 4,02 4,03 + 22,0 %

95-%-KI 3,25–3,36 3,57–3,70 3,52–3,65 3,65–3,78 3,57–3,69 3,64–3,77 3,64–3,77 3,70–3,84 3,90–4,03 3,95–4,09 3,96–4,10

(3)

Eine differenzierte Darstellung der Behandlungsprä- valenzen nach den WHO-Stufen zeigen Tabelle 2 und eTabelle.

Die Behandlungsprävalenz mit nichtretardierten Prä- paraten ist um knapp 25 % zurückgegangen. Dies beruht auf einem Rückgang der nichtretardierten WHO-Stufe-2-Opioide (– 28,8 %) und hier insbe- sondere seit 2004 auf dem Rückgang von nichtretar- diertem Tramadol von 2,14 % (2000) auf 1,29 % (2010; – 39,6 %).

Die Behandlungsprävalenz mit retardierten WHO- Stufe-2-Opioiden nahm zu (+ 178,6 %), bedingt vor allem durch eine Zunahme von Tilidin/Naloxon (+ 468,6 %) und Tramadol (+ 102,7 %).

Bei nichtretardiertem Morphin kam es zu einem An- stieg von 0,04 % auf 0,12 % (+ 178,2 %). Auch die nichtretardierten Zubereitungen von Hydromorphon, Oxycodon und Fentanyl verzeichnen seit 2004 be- ziehungsweise 2007 deutlich Steigerungen in der Behandlungsprävalenz, die jedoch 2010 noch auf ei- nem niedrigen Niveau lag (2010: Hydromorphon:

0,03 %, Oxycodon: 0,01 %, Fentanyl 0,02 %).

Die Behandlungsprävalenz mit retardierten WHO-Stu- fe-3-Opioiden (inklusive Pflaster) hat sich von 2000 bis 2010 für alle Substanzen fast vervierfacht. Im Einzel- nen: Fentanyl 0,17 % versus 0,58 %, Oxycodon 0,04 % versus 0,44 %, Hydromorphon 0,01 % versus 0,13 % und Buprenorphin < 0,01 % versus 0,09 %.

Zielgruppen der Verordnung:

Tumorerkrankung/nichttumorbedingte Schmerzen

Anhand der Prävalenzdaten in Grafik 2 wird deutlich, dass Opioide nach wie vor vorrangig bei CNTS-Patien- ten verordnet werden: 2010 bei 76,7 % aller Opioidemp- fänger (2000: 80,6 %). Bei dieser Gruppe zeigte sich vor allem ein deutlicher Anstieg bei WHO-3-Opioiden.

Nach Art des Opioids und der Wirkdauer stellt sich die Verteilung der Tagesdosen nach Opioidempfängern mit und ohne Hinweis auf einen Tumor wie folgt dar (Tabelle 3).

Im Jahr 2000 wurden 72 % aller Opioid-Tagesdosen (146,04/202,55 Mio.) für CNTS-Patienten verordnet (2010: 75 %).

Bei Opioidempfängern mit Hinweis auf eine Tumor- erkrankung ist das Verhältnis zwischen schwachen und starken Opioiden mit circa 50 : 50 in etwa gleich

250 200 150 100 50 0

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Beobachtungsjahr

DDD (Million) DDD je Empfänger Prävalenz Werte standardisiert auf Bevölkerung

Trend (%)

100

145 151 153 122

134 154 153 161 170 179 191 202 209

100 111 110 115 114 118 119 123 131 135 137 GRAFIK 1

Opioide 2000–2010*: Veränderungsraten (%) für Prävalenz, verordnete Menge in definierten Tagesdosen (DDD) und DDD je Empfänger

* Standardisiert auf die Bevölkerung Deutschlands zum 31.12. des Vorjahres;

das Jahr 2000 stellt den Ausgangswert für die Berechnung der Entwicklung dar.

TABELLE 2

Behandlungsprävalenz (%) nach WHO-Stufe*1 und Zubereitung im Vergleich der Jahre*2

Angaben standardisiert auf die Bevölkerung Deutschlands zum 31.12. des Vorjahres

*1 Zuordnung der in dieser Untersuchung eingeschlossenen Opioide in die WHO-Stufen (siehe eSupplement):

WHO-Stufe 2: zum Beispiel Tramadol, Tilidin/Naloxon; WHO-Stufe 3: zum Beispiel Morphin, Hydromorphon, Oxycdon, Fentanyl, Buprenorphin

*2 Doppelnennungen möglich WHO-Stufe 2 nichtretardiert retardiert WHO-Stufe 3 nichtretardiert retardiert/Pflaster WHO-Stufe 2 + 3 nichtretardiert retardiert/Pflaster

2000 Männer

2,53 % 2,14 % 0,60 % 0,32 % 0,08 % 0,29 % 2,68 % 2,19 % 0,82 %

Frauen 3,71 % 3,13 % 0,91 % 0,41 % 0,07 % 0,38 % 3,90 % 3,18 % 1,20 %

Gesamt 3,13 % 2,65 % 0,76 % 0,37 % 0,08 % 0,33 % 3,31 % 2,70 % 1,02 %

2010 Männer

3,00 % 1,55 % 1,76 % 1,00 % 0,19 % 0,96 % 3,68 % 1,70 % 2,52 %

Frauen 4,23 % 2,22 % 2,45 % 1,61 % 0,19 % 1,56 % 5,35 % 2,36 % 3,71 %

Gesamt 3,63 % 1,89 % 2,11 % 1,31 % 0,19 % 1,26 % 4,53 % 2,04 % 3,13 %

Veränderung 2000–2010

Gesamt + 18,7 % – 28,8 % + 178,6 % + 257,8 % + 146,0 % + 278,9 % + 37,0 % – 24,4 % +207,9 %

(4)

geblieben. Bei CNTS-Patienten entfielen 2010 deut- lich weniger Tagesdosen auf WHO-2-Opioide (2000:

84 % versus 2010: 66 %) mit einer Verdoppelung der Tagesdosen am Gesamtverordnungsvolumen bei den langwirkenden WHO-3-Opioiden (2000: 16 % versus 2010: 33 %).

WHO-Stufe bei Therapiebeginn

Im Jahr 2009 erhielten 16 % der inzidenten Opioidempfän- ger (opioidenaive Personen für mindestens 365 Tage) als erste Verordnung ein WHO-3-Opioid (2001: 5,3 %). Am häufigsten wurde sowohl 2001 als auch 2009 als erste WHO-3-Substanz Fentanyl verordnet (43 % der inziden- ten WHO-3-Opioid-Empfänger in 2009). Bei den inziden- ten WHO-2-Opioid-Empfängern wurde in den beiden Ver- gleichsjahren als häufigster Wirkstoff Tramadol eingesetzt.

Behandlungsdauer bei CNTS-Opioidempfängern ohne Opioidverordnung im Vorjahr

Im Zeitraum von 2001 bis 2009 sank der Anteil derer mit einer Einmalverordnung eines Opioids von 59,1 % auf 52,7 %. Entsprechend stieg der Anteil mit längeren The- rapien. Eine Verordnung in jedem Quartal des Jahres war im Jahr 2001 bei 8,8 % (2009: 12,8 %) der CNTS-Opio-

idempfänger feststellbar. Der Anteil der Langzeitbehand- lungen (> 90 Tage bei Zulassung von Therapielücken bis zu 30 Tagen) lag 2001 bei 4,3 %, 2009 bei 7,5 %.

Diskussion

Prävalenzentwicklung und Arzneimittelauswahl

Ausgehend von einer Prävalenz von 4,53 % (2010) er- hielten unter der Annahme einer Verallgemeinerbarkeit der hier genutzten regionalen Daten hochgerechnet auf die Wohnbevölkerung Deutschlands circa 3,71 Millionen Personen mindestens eine Opioidverordnung. Die für Versicherte der Barmer Ersatzkasse ermittelten Präva- lenzdaten zum Opioidgebrauch der Jahre 2006–2009 lie- gen mit 5,7 % beziehungsweise 5,9 % höher (13). Eine Vergleichbarkeit der Daten ist jedoch nur eingeschränkt möglich, weil die Untersuchung der Daten der Barmer Ersatzkasse den Gebrauch von Codein berücksichtigt, das in fast vergleichbarer Häufigkeit wie Tramadol verordnet wurde. Aus diesem Grund sind hier höhere Prävalenzen im Vergleich zu den Angaben der Autoren erwartbar.

Die Entwicklung des Opioidverbrauchs wurde auch in anderen Ländern untersucht (4, 5, 14–16, e14). Weltweit hat sich der Opioidverbrauch seit 1991 fast verdreifacht (e15). Für Israel wird für 2000–2008 ein moderater An- stieg von 47 % in der Anzahl der DDD/1 000 Einwoh- ner/Tag für fünf WHO-3-Opioide (Morphin, Oxycodon, Pethidin, Methadon, Fentanyl) beschrieben (5). Diese Zunahme geht insbesondere auf eine Vervierfachung des Fentanylverbrauchs zurück, während sich die Anzahl der Morphintagesdosen in diesem Zeitraum halbiert hat (5).

Für Spanien wurde eine Steigerung um den Faktor 14 für Opioide im Zeitraum 1992 bis 2006 ermittelt, der insbe- sondere auf eine Zunahme der verordneten Fentanyl- und Tramadol-Tagesdosen zurückzuführen war (14). Der Morphinverbrauch war in Spanien seit der Fentanyl-Ein- führung im Jahr 1998 leicht rückläufig (14). Untersu- chungen aus Nordeuropa sowie die Daten des Internatio- nalen Suchtstoffkontrollrates zeigen, dass sich die ein- zelnen Länder hinsichtlich der Opioid-Verbrauchsent- wicklung deutlich unterscheiden (4, e15). Diese Statisti- ken ermöglichen in begrenztem Umfang einen Vergleich zwischen den Ländern, doch lassen sie keine Rück- schlüsse auf Behandlungsprävalenzen zu (15).

Eine Untersuchung mit vergleichbaren Studien, die der der Autoren ähnelt, führten Fredheim et al. mit Hil- fe personenbezogener Arzneimitteldaten für Norwegen durch (6). Sie ermittelten eine circa 10-prozentige Stei- gerung der Behandlungsprävalenz für den Zeitraum von 2004 (9,37 %) bis 2007 (9,94 %). Die im Vergleich zu unseren Daten (2007: 4,08 %) sehr hohe Prävalenz kann überwiegend auf den in die Untersuchung einbe- zogenen Codeinverbrauch zurückgeführt werden.

In Zusammenhang mit dem geringen Morphin- Verordnungsvolumen in Relation zu anderen WHO- 3-Opioiden wird von einigen Autoren inzwischen von einer „Morphinphobie“ gesprochen (14, e14). Auch in unseren Daten zeigte sich im Vergleich zu Morphin eine deutliche Zunahme der Behandlungsprävalenz für wei- tere WHO-3-Opioide. Der in anderen Ländern beschrie- bene und kritisch hinterfragte starke Anstieg im Verord- 3,0

2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Beobachtungsjahr

ohne Nennung mit Nennung einer Tumordiagnose Prävalenz (%)

3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Beobachtungsjahr

Prävalenz (%)

WHO 2

WHO 3 GRAFIK 2

Prävalenz: Anteil (%) der Opioidempfänger nach WHO-Stufe und Tumorerkrankung

(5)

nungsvolumen von Oxycodon ist bei uns ebenfalls zu beobachten (4, 14, 17). Da Morphin keinen nachweisba- ren klinisch relevanten Unterschied in der Effektivität und Toxizität zu Oxycodon oder Hydromorphon auf- weist, wird der Verbrauchsanstieg vor allem mit intensi- vem Marketing erklärt (4, 14, 17, e16). Es liegen Hin- weise vor, dass die Zunahme im Opioidverbrauch (unter anderem bei Oxycodon) in direktem Zusammenhang mit einer Vielzahl von Todesfällen stehen könnte (18–20, e17). In den USA lag die Zahl der Todesfälle durch verordnete Opioide über denen durch Gebrauch illegaler Drogen (21, 22). In verschiedenen Ländern wurde ein signifikanter Anstieg opioidbedingter Todes- fälle vor allem mit der Einführung retardierten Oxyco- dons in Verbindung gebracht, ohne dass diese als Suizid- versuch gewertet werden konnten (18, 23–26). Das Risi- ko einer Opioidüberdosierung stieg mit der verordneten Opioid-Tagesdosis (20, 27). Oxycodon wurde auch im deutschsprachigen Raum im Kontext eines missbräuch- lichen Einsatzes diskutiert, belastbare Daten zu Mortali- tätsrisiken im Zusammenhang mit einer Schmerzthera- pie liegen nicht vor (e18). Allerdings gibt es Hinweise, dass das Problem opioidbedingter Todesfälle nicht auf eine Oxycodon-spezifische Eigenschaft hinweist. Viel- mehr scheint auch der Einsatz anderer hochpotenter Opioide mit einem erhöhten Mortalitätsrisiko durch Überdosierung einherzugehen (28). Die Beurteilung der Entwicklung steht im Widerspruch zu einer Einschät- zung aus dem Jahr 2000, in der ein deutlicher Anstieg des medizinischen Gebrauchs von Opioiden nicht in Zu-

sammenhang mit Missbrauch gesehen wurde (29). Un- abhängig von der Diskussion über opioid-assoziierte To- desfälle besteht vor allem bei älteren Patienten ein er- höhtes Frakturrisiko unter einer Opioidtherapie. Hierbei scheint bei den Opioiden ein unterschiedliches Risiko zu bestehen; vor allem stieg das Risiko bei Therapieeinlei- tung, in höherem Dosisbereich und bei Einsatz von kurzwirksamen Opioiden (30–32).

Vergleichbar der Beobachtung der Autoren wird ein starker Anstieg im Verordnungsvolumen retardierter Zu- bereitungen – und hier insbesondere von Fentanyl – auch für andere Länder beschrieben (5, 14, e14). Auf die feh- lende Umsetzung von Leitlinienempfehlungen bei der Verordnung von Fentanyl wurde verschiedentlich hinge- wiesen (17, 33, e19). Transdermales Fentanyl sollte nach aktueller Empfehlung der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft vor dem Hintergrund einer kürz- lich publizierten Studie möglichst nicht als Erstverord- nung eines Opioids eingesetzt werden (33, 34). In dieser Studie wurde unter den erstmaligen Nutzern von Fenta- nyl ein im Unterschied zu unserer Analyse wesentlich höherer Anteil opioid-naiver Patienten ermittelt. Dies ist jedoch in erster Linie der Definition geschuldet, bei der Empfänger von WHO-2-Opioiden ebenfalls als opioid- naiv gewertet wurden (33, 35).

Kritisch beobachtet werden muss das Verordnungs- verhalten mit nichtretardierten Zubereitungen. Gerade Pharmaka mit schneller Pharmakokinetik und schnellem Anfluten im ZNS haben ein erhöhtes Suchtpotenzial (36). In den USA werden 30 % der schnellfreisetzenden TABELLE 3

Verordnungsvolumen in DDD nach Tumor/Nichttumor für WHO-Stufen und Zubereitung im Vergleich der Jahre*

* Angaben standardisiert auf die Bevölkerung Deutschlands zum 31.12. des Vorjahres WHO-Stufe 2

nichtretardiert retardiert WHO-Stufe 3 nichtretardiert retardiert/Pflaster WHO-Stufe 2+3 nichtretardiert retardiert/Pflaster

2000

Definierte Tagesdosen (DDD) in Millionen* (%) Tumor

27,71 (49,0 %)

20,81 (36,8 %)

6,90 (12,2 %)

28,80 (51,0 %)

2,86 (5,1 %)

25,94 (45,9 %)

56,51 (100 %) 23,67 (41,9 %)

32,84 (58,1 %)

Nichttumor 121,95 (83,5 %) 89,40 (61,2 %)

32,55 (22,3 %)

24,09 (16,5 %)

1,44 (1,0 %)

22,65 (15,5 %)

146,04 (100 %) 90,84 (62,2 %)

55,20 (37,8 %)

Gesamt 149,66 (73,9 %) 110,21 (54,4 %) 39,45 (19,5 %)

52,89 (26,1 %)

4,30 (2,1 %)

48,59 (24,0 %)

202,55 (100 %) 114,51 (56,5 %) 88,04 (43,5 %)

2010

Tumor 52,64 (50,4 %)

18,98 (18,2 %)

33,66 (32,2 %)

51,78 (49,6 %)

3,69 (3,5 %)

48,10 (46,1 %)

104,42 (100 %) 22,67 (21,7 %)

81,76 (78,3 %)

Nichttumor 211,86 (66,3 %) 78,24 (24,5 %)

133,62 (41,8 %) 107,60 (33,7 %) 3,74 (1,2 %) 103,86 (32,5 %) 319,46 (100 %) 81,98 (25,7 %)

237,48 (74,3 %)

Gesamt 264,50 (62,4 %) 97,22 (23,0 %)

167,28 (39,5 %) 159,38 (37,6 %) 7,43 (1,7 %) 151,96 (35,8 %) 423,88 (100 %) 104,65 (24,7 %) 319,24 (75,3 %)

(6)

Opioide für Schmerzen des muskuloskeletalen Systems und des Bindegewebes verordnet. Generell wurden auf- grund der befürchteten negativen Auswirkungen Opioide einem von der FDA initiierten Risikominimierungspro- gramm unterzogen (37). Zurzeit ist noch offen, ob durch den Markteintritt weiterer Substanzen eine Verordnungs- zunahme oder ein Ersatz vorhandener durch neue Wirk- stoffe beziehungsweise Applikationsformen erfolgt. Für den hier beobachteten kurzen Zeitraum seit der Markt- einführung neuer Fentanylzubereitungsformen zeigte sich ein steiler Anstieg für Fentanyl seit 2008 bei weiter- hin stabilem Verordnungsverhalten für nichtretardiertes Morphin. Betrachtet man die internationale Entwicklung vor allem im Hinblick auf den zunehmenden Einsatz so- genannter „rapid-onset-opioids“ (im Wesentlichen unter- schiedliche Fentanyl-Zubereitungen), so zeichnen sich durchaus schon dramatische Fehlentwicklungen ab, die auch ansatzweise mit den eigenen Zahlen – Verdoppe- lung der Behandlungsprävalenz nichtretardierter WHO- 3-Opioide bei CNTS-Opioidempfängern (eTabelle) – für Deutschland belegbar sind. So waren 2010 ein Drittel der Empfänger nichtretardierter WHO-3-Opioide CNTS-Patienten (eTabelle). Insbesondere wird der Ein- satz von nichtretardiertem Fentanyl außerhalb des Indi- kationsbereichs Tumorschmerz kontrovers diskutiert (38, 39, e20–e22). Darüber hinaus gibt es erste Hinwei- se, dass der Einsatz dieser Substanzen durchaus auch bei Tumorpatienten – also im originärem Zulassungsrahmen – sowie auch im Rahmen kontrollierter Studien zu Ab- hängigkeitssymptomatiken führen kann (40, e23).

Limitationen

Die Auswertung beruht auf einer Krankenkassenart und einer Region. Unterschiede in der Alters- und Ge- schlechtsstruktur zur Bevölkerung Deutschlands wurden berücksichtigt. Dennoch ist, da mit regionalen Variatio- nen in der Morbidität und Behandlungsweise zu rechnen ist, eine Verallgemeinerung der Ergebnisse – auch hin- sichtlich der 10 % nicht GKV-Versicherten – nur bedingt möglich. Da die AOK in Hessen jedoch rund ein Viertel der Bevölkerung versichert und globale Kennziffern wie die Veränderung der Anzahl der Tagesdosen in den Da- ten der Autoren mit den Angaben im alle Kassenarten umfassenden Arzneiverordnungs-Report vergleichbar ist (eSupplement) halten die Autoren die Ergebnisse für belastbar. Die Datenbasis enthält keine Angaben zu The- rapien in Krankenhäusern, zu Privatverordnungen und auch nicht zum Verordnungsanlass. Die Autoren können nicht ausschließen, dass ein Opioidempfänger mit Tu- mordiagnose eine Opioidverordnung aufgrund eines nichttumorbedingten Schmerzes erhalten hat. Durch die Gruppenbildung (Patienten mit Tumorerkrankung ver- sus CNTS-Patienten) wurde eine konservative Einschät- zung für die Verordnung bei Nichttumorschmerz vorge- nommen, der Verordnungsanlass „Tumorschmerz“ da- durch aber möglicherweise überschätzt.

Die Stärken der Datenbasis liegen in der Möglich- keit zur Langzeitbeobachtung und in der Vollständig- keit der Daten. Es bestehen keine Selektion der Versi- cherten und kein Drop-out, ebenso kein Recall- oder

Interviewer Bias. Wie verschiedentlich gefordert, konnten die Autoren außerdem zur besseren Interpreta- tion der Opioid-Verbrauchsdaten eine Differenzierung hinsichtlich der Verordnung bei Tumor- versus Nicht - tumorerkrankung vornehmen (15).

Opioide sind ein wichtiger Bestandteil in der medika- mentösen Schmerztherapie. Ein zu geringer Einsatz kann zu einer Unterversorgung und somit unzureichenden Schmerztherapie führen. Allerdings birgt eine unkritische Verordnung Gefahren der Fehlversorgung bis hin zur Ent- wicklung von Missbrauch und Abhängigkeit. Die Analy- se der Autoren hat gezeigt, dass Opioide überwiegend zur Behandlung des Nichttumorschmerzes eingesetzt wer- den. Deshalb kann aus einem Anstieg der verordneten Opioid-Tagesdosen keinesfalls der Schluss gezogen wer- den, dass Tumorpatienten ausreichend mit Opioiden ver- sorgt sind (1). Darüber hinaus weisen die vorliegenden Zahlen (Intensivierung der Opioidtherapie bei CNTS-Pa- tienten, zunehmende Langzeittherapie, hoher Anteil nichtretardierter Opioide bei CNTS-Patienten) auf eine mögliche Fehlversorgung im CNTS-Bereich hin. Diese Entwicklung muss insbesondere vor dem Hintergrund der mit der Therapie verbundenen potenziellen Risiken kri- tisch beobachtet werden.

Interessenkonflikt

Dr. Schubert erhielt für die PMV forschungsgruppe Gelder auf ein Drittmittelkonto von Krankenkassen (AOK Bundesverband, AOK Hessen, AOK Baden-Württem- berg), Ministerin (BMG, BMBF, Hessisches Sozialministerium) von der Kassen- ärztlichen Vereinigung Hessen, Bayer, Schering, Novo Nordisk, Sanofi und Abbott.

Prof. Sabatowski nahm Beratertätigkeiten wahr für Cephalon und Janssen- Cilag. Er erhielt Honorare für die Vorbereitung von wissenschaftlichen Fortbil- dungsveranstaltungen von MSD und Grünenthal. Für die Durchführung von klini- schen Auftragsstudien erhielt das UniversitätsSchmerzCentrum Honorare von Grünenthal, Astellas und Allergan.

Herr Ihle erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Manuskriptdaten

eingereicht: 3. 7. 2012, revidierte Fassung angenommen: 17. 10. 2012

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KERNAUSSAGEN

Es zeigt sich ein Anstieg in der Behandlungsprävalenz mit Opioiden und in der Anzahl der Tagesdosen je Emp- fänger von 2000 bis 2010.

Es gibt einen deutlichen Trend zur Verordnung von WHO-3-Opioiden, insbesondere bei Nichttumorpatienten.

Auch die Verordnung von nichtretardierten Zuberei- tungsformen hochpotenter Opioide (WHO-Stufe 3) nimmt zu.

Der überwiegende Anteil der Opioid-Verordnungen erfolgt für Nichttumorpatienten.

Die Anzahl der Langzeitbehandlungen mit Opioiden bei Nichttumorerkrankung steigt trotz unzureichender Evidenz an.

(7)

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Anschrift für die Verfasser Dr. rer. soc. Ingrid Schubert

PMV forschungsgruppe an der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der Universität zu Köln 50931 Köln

Ingrid.Schubert@uk-koeln.de

Zitierweise

Schubert I, Ihle P, Sabatowski R: Increase in opiate prescription in Germany between 2000 and 2010—a study based on insurance data.

Dtsch Arztebl Int 2013; 110(4): 45–51. DOI: 10.3238/arztebl.2013.0045

@

Mit „e“ gekennzeichnete Literatur:

www.aerzteblatt.de/lit0413 eSupplement, eTabelle:

www.aerzteblatt.de/13m0045

The English version of this article is available online:

www.aerzteblatt-international.de

(8)

ORIGINALARBEIT

Zunahme der Opioidverordnungen in Deutschland zwischen 2000 und 2010

Eine Studie auf Basis von Krankenkassendaten Ingrid Schubert, Peter Ihle, Rainer Sabatowski

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(10)

eSUPPLEMENT

Zunahme der Opioidverordnungen in Deutschland zwischen 2000 und 2010

Eine Studie auf der Basis von Krankenkassendaten Ingrid Schubert, Peter Ihle, Rainer Sabatowski

Ergänzende Methodendarstellung

Ziele der Studie sind die Untersuchung sowohl der Be- handlungsprävalenz nach Art der Opioide als auch de- ren Einsatz bei Tumor- und Nichttumorerkrankungen über einen Zeitraum von elf Jahren (2000 bis 2010).

Nachstehend werden die Datenbasis, die erhobenen Va- riablen und das methodische Vorgehen beschrieben.

Datenbasis und Stichprobenziehung

Datenbasis für die Untersuchung ist die „Versicherten- stichprobe AOK-Hessen/KV-Hessen“ (VSH). An dem Projekt „Versichertenstichprobe AOK-Hessen/KV- Hessen“ sind beteiligt:

die AOK – die Gesundheitskasse in Hessen (Bad Homburg v. d. H.)

die Kassenärztliche Vereinigung Hessen (Frank- furt/Main)

das Hessische Sozialministerium

die PMV forschungsgruppe (Universität zu Köln).

Zielsetzung war die Schaffung einer Datenbasis, die das Versorgungsgeschehen versicherten- und leistungs- erbringerbeziehbar, periodenübergreifend und vollstän- dig abbildet (e25). Die „Versichertenstichprobe AOK- Hessen/KV-Hessen [VSH]“ wird seit 1998 jährlich ge- zogen. Gegenwärtig steht sie für die Beobachtungsjah- re 1998 bis 2010 zur Verfügung.

Die Population der VSH nimmt über die Jahre ab, das Durchschnittsalter nimmt zu. So konnten im Jahr 2000, 326 554 Versicherte beobachtet werden, wobei der Frauenanteil bei 51 % lag. Im Jahr 2010 umfasste die Stichprobe 265 213 Versicherte (51,8 % Frauen).

Das Durchschnittsalter stieg von 43,9 Jahren (SD 23,8) im Jahr 2000 auf 46,3 Jahre (SD 24,4) in 2010. Die Mortalitätsrate lag im Jahr 2000 bei 1,5 %, 2010 bei 1,6 %.

Die Stichprobenziehung erfolgte als Zufallsstichpro- be aus Versicherten der AOK-Hessen mit einem über die Beobachtungszeit konstanten Auswahlsatz von 18,75 %, der sich aus dem Verfahren zur Stichproben- ziehung mit Hilfe einer aus der Krankenversicherten- nummer generierten Zufallszahl ergibt (e26, e27). Im Jahr 2010 waren etwa 1,5 Millionen Personen bei der AOK-Hessen versichert. Durch den konstanten Aus- wahlsatz ist sichergestellt, dass die Stichprobe den na- türlichen Bewegungen der zugrunde liegenden AOK-

Versichertenpopulation folgt. Beginn von Versicherun- gen (Geburt, Eintritte) sowie Austritte aus der AOK oder Verstorbene werden berücksichtigt (für eine aus- führliche Darstellung der VSH siehe [e25]).

Nachstehend sind die Datensektoren mit einigen Beispielen für die Dateninhalte aufgeführt. Die versi- chertenbezogenen Daten stehen pseudonymisiert in ei- ner Grundaufbereitung als SQL-Datenbank zur Verfü- gung:

Stammdaten: Geschlecht, Geburtsjahr, Nationali- tät, Postleitzahl des Wohnortes

Mitgliedszeiten: Versicherungsbeginn und -ende, Versicherungsart, Tod des Versicherten

Ambulante ärztliche Diagnosen (quartalsbezogen, ICD-10 kodiert) und Leistungsziffern (mit Tag der Leistungserbringung) und Angabe des abrechnen- den Arztes (Arztgruppe)

Verordnungsdaten: Pharmazentralnummer (damit Angaben zu Arzneimittelname, Packungsgröße, Stärke etc.), Verordnungs-/ Abgabedatum, Anga- be des ausstellenden Arztes (Arztgruppe)

Daten zur Krankenhausbehandlung und Rehabili- tation (Beginn, Ende, Diagnosen, einweisende Arztgruppe, behandelnde Fachabteilungen, er- brachte Leistungen)

Arbeitsunfähigkeitsdaten: Beginn, Ende, Diagno-

se Leistungen nichtärztlicher Leistungserbringer, zum Beispiel Heil- und Hilfsmittel mit Angabe des Verordnungsdatums und des ausstellenden Arztes (Fachgruppe), Fahrtkosten

Leistung der Pflegeversicherung (SGB XI): Pfle- geart, Pflegestufe, Beginn, Ende.

Datenschutz

Die Erhebung der Versichertenstichprobe erfolgt auf der Basis des § 75, SGB X und wurde durch die Auf- sichtsbehörde, Hessisches Sozialministerium, geneh- migt. Datenschutzrechtlich wurde die Datenerfassung, Pseudonymisierung und Datenübermittlung durch den Hessischen Datenschutzbeauftragten geprüft und in Abstimmung mit den Datenschutzbeauftragten von AOK-Hessen und KV-Hessen durchgeführt (e28, e29).

Die Pseudonymisierung der Daten erfolgt in einem mehrstufigen Verfahren unter Beteiligung eines Treu-

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händers. Eine Depseudonymisierung dieser Studien- nummer durch die Auswertungsstelle ist technisch nicht möglich, eine Re-Identifikation des Versicherten nicht zulässig.

Die Durchführung der Opioidstudie mit Hilfe der VSH wurde vom Beirat der Versichertenstichprobe AOK-Hessen/KV-Hessen genehmigt. Ein Ethikvotum ist für die ausschließlich auf GKV-Daten beruhende Datenbasis der hier ausgewerteten Versichertenstich- probe nicht erforderlich (e30).

Daten für die Opioidstudie

Für die Opioid-Studie wurden neben den Stammdaten mit Angaben zu Alter, Geschlecht und Versicherungs- zeiten die folgenden Daten herangezogen:

ambulante und stationäre Diagnosen zur Eintei- lung der Opioidempfänger als Tumor- bezie- hungsweise Nichttumorpatienten,

Arzneimittelverordnungen und

Krankenhausaufenthalte.

Mit Hilfe einer pseudonymisierten Patienten-Identifi- kationsnummer können die Angaben aus den verschie- denen Sektoren (stationär, ambulant, Arzneimittelver- ordnung) zusammengeführt werden.

Die nach ICD 10 (e31) kodierten Diagnosen werden im ambulanten Sektor quartalsweise an die Kassenärzt- liche Vereinigung beziehungsweise Krankenkassen übermittelt. Die Diagnosen sind somit nicht direkt mit einem tagesgenauen Behandlungsanlass oder einer Ver- ordnung verknüpft. Aus den Daten des stationären Sek- tors wurde die Entlassungsdiagnose (mit Entlassungs- datum) zur Definition der Tumorpatienten mit herange- zogen.

Die PMV forschungsgruppe erhält die Verordnungs- daten EDV erfasst. Die Rohdaten enthalten für jede Verordnung die Pharmazentralnummer. Mittels einer projekteigenen Datenbank werden für jede Verordnung über die Pharmazentralnummer Informationen über das verordnete Fertigarzneimittel beziehungsweise das Hilfsmittel und den Verbandstoff zugespielt. Die Wirk- stoffe werden nach der Anatomisch Therapeutisch Che- mischen Klassifikation (ATC) kodiert, die Verord- nungsmenge in definierten Tagesdosen (DDD) darge- stellt (e32, e33).

Für die Opioidstudie wurden die Opioide mittels des ATC N02A selektiert. Codein und Codeinkombinatio- nen, die vorrangig kurzfristig und bei eher jüngeren Pa- tienten eingesetzt werden, wurden nicht berücksichtigt (e34). Ebenso wurden Methadon und Levomethadon ausgeschlossen, weil bei diesen Substanzen im Jahr 2000 mittels ATC nicht entschieden werden konnte, ob eine Schmerz- oder Substitutionsbehandlung vorlag.

Da sich bei einigen Opioiden (insbesondere Fenta- nyl) die definierte Tagesdosis im Beobachtungszeit- raum verändert hat, wurde für die Untersuchung die je- weils letzte verfügbare aktuelle Angabe zur definierten Tagesdosis eines Arzneimittels (meist Dezember 2010) rückwirkend für alle Verordnungen herangezogen.

Die Opioide wurden nach WHO-Stufen in schwache (Stufe 2) und starke Opioide (Stufe 3) eingeteilt. Zu

den schwach wirkenden zählen beispielsweise Dihy- drocodein, Pethidin, Dextropropoxyphen, Tapentadol, Tilidin und Tramadol sowie Codeinkombinationen, die hier nicht berücksichtigt sind. Stark wirkende Opioide sind unter anderem Morphin, Hydromorphon, Oxyco- don, Ketobemidon, Piritramid, Nalbufin, Fentanyl, Pentazocin und Buprenorphin.

Definitionen

Für die Zwecke der Untersuchung wurde von einer Opioidverordnung für eine Tumorerkrankung ausge- gangen, wenn im Verordnungsjahr mindestens einmal eine Tumordiagnose mit ICD-10: C00-C97 kodiert war.

Opioidempfänger ohne Hinweis auf eine Tumordiagno- se wurden als CNTS-Patienten klassifiziert.

Für die Schätzung der Behandlungsprävalenz mit Opioiden werden alle Versicherten berücksichtigt, die in dem jeweiligen Beobachtungsjahr mindestens eine Verordnung erhalten haben.

Für die Fragestellung, ob sich im Zeitraum 2000 bis 2010 die Behandlungsdauer bei Therapiebeginnern ver- ändert, müssen Versicherte mit einer neuen Behandlung identifiziert und die Behandlungsdauer muss operatio- nalisiert werden:

Als Opioidempfänger mit einer neuen Behand- lung wurden Versicherte bezeichnet, die ausge- hend von der ersten Opioidverordnung in einem Beobachtungsjahr, in einem Zeitraum von 365 Ta- gen vor dieser Indexverordnung kein Opioid er- halten hatten. Da das Interesse auf der Verord- nungsweise bei neuen Behandlungsepisoden im zeitlichen Verlauf liegt, wird hierbei in Kauf ge- nommen, dass die auf diese Weise definierten Therapiebeginner auch in späteren Jahren erneute Verordnungen nach einem verordnungsfreien In- tervall von mindestens 365 Tagen aufweisen und damit in mehreren Querschnittuntersuchungen (nach Kalenderjahr) enthalten sein können (circa 5 % bis 10 % der Opioidempfänger). Bei Betrach- tung der Therapie nach WHO-Stufen mussten die Versicherten nur bezogen auf die jeweilige WHO- Stufe eine neue Behandlung aufweisen. Erstes Beobachtungsjahr für Patienten mit einer neuen Behandlung ist das Jahr 2001 (das Jahr 2000 wird zur Beobachtung des verordnungsfreien Intervalls herangezogen). Letztes Beobachtungsjahr für Pa- tienten mit neuer Verordnung ist das Jahr 2009, um diese Opioidempfänger noch 365 Tage nach Indexverordnung beobachten zu können.

Die Berechnung der Behandlungsdauer (Cover - age) erfolgte periodengenau (Tage unter ambulan- ter Therapie). Eine Therapieperiode startete mit dem Abgabedatum, die Reichweite ergab sich aus der Anzahl der in der jeweiligen Packung enthal- tenen Tagesdosen unter der Annahme einer Ein- nahme von 1 DDD/Tag. Die Dauer der „ersten“

Behandlungsperiode wird unter Zulassung von Verordnungslücken bis zu 30 Tagen ermittelt. Zu- sätzlich wurden Sensitivitätsanalysen zur Bestim- mung der Coverage durchgeführt. Hierbei wurden

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auftretende Therapielücken (60 Tage/90 Tage) un- ter den Annahme geschlossen, dass die verordne- ten Tagesdosen für einen längeren Zeitraum rei- chen und somit weniger Wirkstoff als eine Tages- dosis eingenommen wurde.

Repräsentativität

Die Repräsentativität der Stichprobe für die Bevölke- rung der AOK-Hessen ist durch die Wahl des Stichpro- benverfahrens und den hohen Auswahlsatz von 18,75 % gewährleistet. Folgende weitere Charakteristi- ka der Stichprobe müssen jedoch in ihrem Einfluss auf die Verallgemeinerung der Ergebnisse in Bezug auf die GKV-Bevölkerung beziehungsweise die Bevölkerung der Bundesrepublik berücksichtigt werden. Die Versi- chertenstichprobe entstammt einer Krankenkassenart (AOK) und einem Bundesland (Hessen). Von einer Re- präsentativität der Stichprobenpopulation für die Be- völkerung Deutschlands kann nicht uneingeschränkt ausgegangen werden. So zeigt ein Vergleich der Alters- und Geschlechtsstruktur der beiden Populationen, dass in der AOK-Hessen ältere Menschen überrepräsentiert sind. Dies lässt sich durch eine Alters- und Ge- schlechtsstandardisierung ausgleichen. Prinzipiell muss davon ausgegangen werden, dass sich die Popula- tion der Versichertenstichprobe (und damit die AOK- Population) noch in weiteren Parametern von der Ge- samtbevölkerung beziehungsweise Versicherten ande- rer Kassen unterscheidet (sozioökonomische Faktoren, Lebensstil) (e35, e36). Die für eine Standardisierung notwendigen Angaben liegen entweder gar nicht (Le- bensstil, klinische Parameter) oder nicht für alle Alters- gruppen und Versicherte (zum Beispiel Einkommen, Bildung, berufliche Tätigkeit, Nationalität) vor.

Für die Opioidstudie wurden die Prävalenzangaben (Anteil der Versicherten mit mindestens einer Opioid-

verordnung) sowie die Anzahl der Tagesdosen und die Tagesdosen je Empfänger eines Jahres standardisiert.

Dies erfolgte zum einen auf die Bevölkerung Deutsch- lands zum 31.12. des Vorjahres sowie zusätzlich auf die Bevölkerung des Jahres 1999 um den Einfluss der de- mographischen Entwicklung (Alterung der Bevölke- rung) auszugleichen.

Zur Prüfung der Übertragbarkeit der in der VSH be- schriebenen Entwicklungen auf Deutschland wurde in der Opioidstudie als globale Kennziffer die Verände- rungsrate in der Anzahl der verordneten Tagesdosen he- rangezogen. Ein Vergleich der Verbrauchsentwicklung der Opioide (ohne Codein und Mittel zur Substitution) zwischen unseren Daten und den bundesweiten Anga- ben im Arzneiverordnungsreport (AVR) (e37, e38), der alle Kassenarten umfasst, zeigt für den Zeitraum 2000 bis 2010 einen vergleichbaren Anstieg in der Anzahl der definierten Tagesdosen (109 % in der VSH versus 104 % im AVR)

Statistik

Die Daten befinden sich in einer Datenbank (MS-SQL- Server 2008 unter Windows Server 2008 R2) und wer- den mit SQL und dem Statistischen Programmpaket SAS for Windows Release 9.2 ausgewertet (SAS Insti- tute Inc., Cary, N.C. U.S.A.). Häufigkeitsschätzungen wurden in % mit 95-%-Konfidenzintervallen angege- ben.

Zitierweise

Schubert I, Ihle P, Sabatowski R: Increase in opiate prescription in Germany between 2000 and 2010—a study based on insurance data. Dtsch Arztebl Int 2013; 110(4): 45–51. DOI: 10.3238/arztebl.2013.0045

@

The English version of this article is available online:

www.aerzteblatt-international.de

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eTABELLE

Behandlungsprävalenz (%) nach WHO-Stufe und Zubereitung im Vergleich der Jahre nach Empfängern mit Hinweis auf Tumor/Nichtumor*

Angaben standardisiert auf die Bevölkerung Deutschlands zum 31.12. des Vorjahres

*Doppelnennungen möglich WHO Stufe 2 nichtretardiert retardiert WHO Stufe 3 nichtretardiert retardiert/Pflaster WHO Stufe 2+3 nichtretardiert retardiert/Pflaster

Anteil (%) mit Opioiden 2000

Tumor 0,56 0,47 0,15 0,19 0,04 0,17 0,64 0,50 0,29

Nichttumor 2,58 2,18 0,61 0,18 0,03 0,16 5,33 2,20 0,73

Gesamt 3,13 2,65 0,76 0,37 0,08 0,33 3,31 2,70 1,02

2010 Tumor

0,75 0,39 0,44 0,45 0,11 0,44 1,06 0,48 0,79

Nichttumor 2,88 1,50 1,67 0,86 0,07 0,83 6,95 1,56 2,34

Gesamt 3,63 1,89 2,11 1,31 0,19 1,26 4,53 2,04 3,13

Veränderung 2000–2010

Gesamt + 18,7%

– 28,8%

+ 178,6%

+ 257,8%

+ 146,0%

+ 278,9%

+ 37,0%

– 24,4%

+207,9%

ORIGINALARBEIT

Zunahme der Opioidverordnungen in Deutschland zwischen 2000 und 2010

Eine Studie auf Basis von Krankenkassendaten Ingrid Schubert, Peter Ihle, Rainer Sabatowski

Referenzen

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