Bioethik
Zu dem Beitrag „Für Lockerungen beim Embryonenschutz“ von Gisela Klinkhammer in Heft 5/2006:
Kein Deutungsspielraum
Beim Lesen des Berichts
„Fortpflanzungsmedizin und Embryonenschutz . . .“ fallen u. a. zwei Kernsätze auf:
„Der Begriff der Menschen- würde ist deutungsoffen.“
(Thesen Ethik, These 1), und:
„Die Positionen (hinsichtlich Beginn und Begriff der Menschenwürde) gehen auf jeweilige philosophische, weltanschauliche oder reli- giöse Standpunkte zurück.
Aufgrund des religiös-gesell- schaftlichen Pluralismus darf sich der Gesetzgeber nicht einseitig festlegen.“ (Thesen Recht, These 1). Der Zweck dieser Behauptungen ist klar:
Der Begriff Menschenwürde
soll aufgeweicht werden, um die Instrumentalisierung menschlicher Embryonen zu ermöglichen. Und der Gesetzgeber soll allen philosophischen, weltan- schaulichen und religiösen Standpunkten Raum geben, damit alles erlaubt ist.
Dem ist entgegenzuhalten:
– Wenn wir das Grundgesetz ernst nehmen wollen, müssen wir die dort gebrauchten Begriffe so verstehen, wie sie von den Vätern dieses Grundgesetzes gemeint wa- ren. Dann gibt es für den Begriff der Menschenwürde keinen Deutungsspielraum mehr, und die grundgesetz- lich garantierte Unantast- barkeit der Menschenwürde umfasst auch das Verbot, menschliche Wesen zu in- strumentalisieren – von der Konzeption bis zum Tod.
– Wenn der Gesetzgeber
darauf verzichtet, einen philosophischen, weltan- schaulichen oder religiösen Standpunkt einzunehmen, wird unser Rechtssystem den Verlust moralischer Wer- te beschleunigt nach- vollziehen – mit dem Ergebnis zunehmender Verschlechterung des menschlichen Zusammen- lebens. Der genannte Ver- zicht widerspräche auch dem Grundgesetz, denn dort heißt es in der Präambel:
„Im Bewusstsein seiner Ver- antwortung vor Gott und den Menschen . . . hat sich das Deutsche Volk . . . dieses Grundgesetz gege- ben.“ Die Verfassung ge- bietet also dem Gesetzgeber, sich seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen zu stellen . . .
Dr. med. Winfrid Gieselmann, Danziger Straße 59, 75417 Mühlacker B R I E F E
Leserzuschriften werden von der Redaktion sehr beachtet. Sie geben in erster Linie die Meinung des Briefschreibers wieder und nicht die der Redaktion. Die Veröffentlichungsmöglichkeiten sind leider beschränkt; der Redaktion bleibt oft keine andere Wahl, als unter der Vielzahl der Zuschriften eine Auswahl zu treffen. Die Chance, ins Heft zu kommen, ist umso größer, je kürzer der Brief ist. Die Redaktion muss sich zudem eine – selbst- verständlich sinnwahrende – Kürzung vorbehalten.