• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Sterbebegleitung: Auch für die Menschenwürde gilt das „alles oder nichts“" (05.04.2002)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Sterbebegleitung: Auch für die Menschenwürde gilt das „alles oder nichts“" (05.04.2002)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 99½½Heft 14½½5. April 2002 AA921

B R I E F E

gar dafür bestraft zu werden.

Dabei sind häufig Heimauf- sicht und MDK die einzigen Instanzen, die sich für das Wohlergehen der Heimbe- wohner einsetzen und die Befugnis und Qualifikation dazu haben, tatsächlich etwas zu bewegen. Hierbei möchte ich nicht andeuten, dass das Pflegepersonal nicht im In- teresse der Heimbewohner handelt. Jedoch in einem schlecht geführten Heim zählt auch das Pflegepersonal zu den Leidtragenden. Bei einem schlechten Dienstplan und nicht erfüllten Pflege- dienstschlüsseln bleibt ihnen weder Zeit noch Kraft so zu handeln, wie sie es gelernt haben und möchten.

Schlecht geführte Heime weisen eine große Fluktuati- on an Pflegekräften auf und ziehen nicht die Qualifizier- testen an. Ohne Dokumenta- tion keine Qualitätssiche- rung. Ohne ausführliche Übergabe keine Kontinuität in der Pflege und kein Hin- weis auf mögliche Schwach- stellen. Der Profit des Pflege- heimes ist in manchen Fällen die Hauptmotivation des Heimbetreibers. Es werden keine Qualifikationen oder Vorkenntnisse über Pflege oder Demenz gefordert, um ein Heim zu betreiben. Ein falsches Bild von alten Men- schen führt dazu, dass sie wie passive, hirnlose Wesen auf dem Abstellgleis behandelt werden und höchstens warm, trocken und satt gehalten werden. Sie werden nicht als Individuen mit Eigenbedürf- nissen und Rechten angese- hen. Sie werden weder sinn- voll beschäftigt noch ausrei- chend versorgt. Auf ihre Bio- grafien und ihre Lebensqua- lität wird wenig geachtet. So leiden eher Heimbewohner und -angestellte unter der Diktatur der rein wirtschaft- lichen Interessen. Nur MDK und Heimaufsicht bieten da- zu ein Gegengewicht.

Dr. med. Barbara Herzberger, Generation Research Program des Humanwissenschaftlichen Zentrums der Ludwig-Maximilians-Universität, Arzbacherstraße 12, 83646 Bad Tölz

Sterbebegleitung

Zu dem Leserbrief „Die Würde erhalten“ von Prof. Dr. med.

Christoph Student in Heft 7/2002:

Auch für die Menschen- würde gilt das

„alles oder nichts“

Dem Leserbrief ist, soweit er menschliche Zuwendung auch für Bewusstlose an- mahnt, voll zuzustimmen.

Den Satz aber, „menschliche Würde besteht ja nicht an sich, sondern sie entwickelt sich stets aus der Beziehung zu Dritten“, halte ich für er- klärungs- und begründungs- bedürftig. Ist es wirklich vorstellbar, dass ein un- schuldiges Folteropfer, dem in seinem schrecklichen Sterbeprozess doch wahr- haftig keine „respektvolle Zuwendung“ durch einen

„Dritten“ zuteil wird, damit würdelos, also ohne menschliche Würde (also wie ein Tier) ist? Sollten wirklich alle die Menschen, die noch ohne die Hilfe der Palliativmedizin unter schrecklichen Schmerzen und Leiden „dahinsiechten“

und sterben mussten (wie man auch schon formuliert hat – in der Angst vor dem eigenen „Dahinsiechen“),

„würdelos“ gestorben sein?

Hier ist auch an alle Kriegs- und Unfallopfer zu denken.

Wie stirbt man eigentlich

„würdig“ (oder „mit Wür- de“)? Ist die Freiheit von Schmerzen und Leid ein Maß für „Würde“?

Der Begriff „unantastbar“

(der Menschenwürde) im Ar- tikel eins des Grundgesetzes erweist sich ja bei genauerer Betrachtung als zweideutig.

Er kann verstanden werden als: „darf nicht angetastet werden“, aber auch als „kann (gar) nicht angetastet wer- den“, nämlich in dem glei- chen Sinne wie „unvorstell- bar“.

Wer nun versucht, die Men- schenwürde lediglich von Menschen selbst oder von seinen zwischenmenschli- chen Beziehungen herzulei-

(2)

A

A922 Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 99½½Heft 14½½5. April 2002

B R I E F E

war jedoch die sich an die Anamnese anschließende körperliche Untersuchung durch die offensichtlich ei- genverantwortlich tätige Krankenschwester. Hierzu wurden bei der Patientin, welche an einer hochfloriden PCP und Osteoporose er- krankt ist, gleich mehrere Gelenke zur vermeintlichen Prüfung der Beweglichkeit endgradig(!) bewegt. Jeder Niedergelassene weiß um die Anforderungen, welche die KVen an uns stellen, bevor wir auch nur eine genehmi- gungspflichtige Leistung ab- rechnen dürfen. Um als Kas- sengutachter tätig zu werden, braucht’s hingegen nicht mal

’ne Approbation. Möglicher- weise ist ja auch das Anstif- ten zur Ausübung des ärztli- chen Berufes ohne Approba- tion eine Straftat, und es findet sich einmal ein mutiger Staatsanwalt, der gegen die Krankenkassen vorgeht.

Michael Rausch, lediglich Facharzt für Allgemeinmedizin, Markt 1, 45657 Recklinghausen

Mammographie

Zu dem Akut-Beitrag „Mammo- graphie-Screening: Konkurrenz statt Kooperation“ von Klaus Koch und Dr.

Renate Leinmüller in Heft 6/2002 und dem Medizinreport „Das ,Wie‘ spaltet die Fachwelt“ von Klaus Koch in Heft 7/2002:

Kein Nutzen

Screeningmethoden müssen treffsicher und nebenwir- kungsfrei oder nebenwir- kungsarm sein. Beide Voraus- setzungen sind bei der Mam- mographie nicht gegeben.

Auch bei optimaler Technik und Technikanwendung ist eine relevante Rate falschpo- sitiver und falschnegativer Befunde und eine nicht uner- hebliche Strahlenbelastung der Brust unvermeidbar. Die Brustdrüse ist das strahlen- empfindlichste Organ der Frau. Im Übrigen weisen mehr als 5 % der weiblichen Bevölkerung eine besondere Disposition für Brustkrebs (BRCA 1 und BRCA 2) auf.

Trägerinnen dieser Gene weisen im Vergleich zu den übrigen Frauen eine um ein Vielfaches erhöhte Strahlen- empfindlichkeit der Brust- drüse auf. Es kann also nicht überraschen, dass Mammo- graphie-Screeningprogram- me – auch solche mit hohem Qualitätsstandard – keinen Nutzen für die betroffenen Frauen bringen.

Dr. med. Helga Dieckmann, MPH, Gesellschaft für Strahlenschutz, Im Westerfelde 19, 21391 Reppenstedt

Qualitätssicherung in der Pathologie

In den meisten Beiträgen zum Screening und zur qua- litätsgesicherten Mamma- Karzinom-Behandlung ver- misse ich den Bezug zur ent- scheidenden Stufe der Dia- gnostik, dem histologischen Befund.

Wenn die Pathologie nicht qualitätsgesichert geführt wird, das heisst, dass die Präparate mindestens von zwei unabhängigen Patholo- gen überprüft werden, wird der Wert der vorangegange- nen Mammographie relati- viert und die nachfolgende Therapiestatistik vermut- lich „geschönt“ sein, da falschpositive Befunde denkbar sind, die eine höhe- re Überlebensrate zeigen würden.

Für so genannte Mammazen- tren, die die Qualitätssiche- rung in der Pathologie außer Acht lassen, empfehle ich, keinen Cent an öffentlichen Geldern zu verschwenden.

Dr. med. Peter-P. Rösner,Im Löwental 50, 45239 Essen ten, muss dann auch begrün-

den können, warum bei- spielsweise Opfer von Verge- waltigungen trotz ihrer Un- schuld dennoch ihrer menschlichen Würde be- raubt, also – angeblich – wür- delos sterben. Wer dieses Be- gründen unterlässt und trotz- dem die Würde der Opfer wenn auch nur implizit als vernichtet beschreibt, er- zeugt Sprachmüll. Es sollte daher endlich sehr genau zwischen Menschenwürde und leib-seelischer Integrität (also Unverletztheit) diffe- renziert werden. Letztere darf nur im Notfall, kann aber sehr wohl auch miss- bräuchlich angetastet wer- den. Die Menschenwürde der Mitmenschen aber ist un- verletzbar. Zerstören kann ich nur meine eigene – und dies nur durch schwere Schuld. Auch für die Men- schwürde gilt das „alles oder nichts“ – wie für das Leben.

Dr. med. Eberhard Bäßler, Hirschfelder Weg 9, 12679 Berlin

Papst Pius XII. Stellung- nahme weiter aktuell

Auf sehr eindrucksvolle Weise hat bereits Papst Pius XII. in einer seiner zahlrei- chen Ansprachen an Ärzte, hier am 24. Februar 1957 vor einer internationalen Gruppe von Ärzten in Rom (veröffentlicht in französi- schem Urtext im L’Osserva- tore Romano am 25. Febru- ar 1957, herausgegeben vom St. Lukas-Institut für Ärztli- che Anthropologie e.V., Münster, in „Grundfragen der ärztlichen Ethik“) Stel- lung genommen zur Frage der medikamentösen Ster- behilfe.

Dort heißt es in der Schluss- folgerung:

„Ist die Ausschaltung des Schmerzes und des Bewusst- seins durch narkotisierende Mittel (sofern sie durch me- dizinische Indikation erfor- derlich wird) durch Religion und Moral dem Arzt und dem Patienten (selbst beim Herannahen des Todes und wenn man voraussieht, dass

die Anwendung narkoti- scher Mittel das Leben ver- kürzen wird) erlaubt? – Die Antwort wird lauten müs- sen: Wenn es keine anderen Mittel gibt und wenn unter den gegebenen Umständen dies nicht die Erfüllung an- derer Pflichten hindert, dann ja!“

Diese Auffassung kann nach wie vor Grundlage ethisch- ärztlichen Handelns sein.

Hans Albert Berghoff-Flüel, Reuterweg 5, 59846 Sundern-Allendorf

Pflegeversicherung

Zu dem Leserbrief „Einsamer Rufer in der Wüste?“ von Dr. med.

Udo Fuchs in Heft 7/2002:

Pflegeversicherungsgut- achter-TÜV vonnöten

Wann gibt es endlich einen Pflegeversicherungsgutach- ter-TÜV? Bei zwei „Begut- achtungen“ zur Feststellung der Pflegestufe war ich per- sönlich zugegen. Beim ersten Mal als Hausarzt der Patien- tin. Der begutachtende Kol- lege kam mit Fötor alc. und Tremor zur Patientin in die Wohnung und erstellte sein Gutachten ausschließlich nach Anamnese. Auf mein Befragen, wie man denn so mit Mitte vierzig zu einer sol- chen Gutachtertätigkeit kä- me, erzählte der Kollege von seinem rückenbedingten Ausscheiden aus der frühe- ren Tätigkeit. Ein Anruf mei- nerseits bei einem mir be- kannten Kollegen in der früheren Wirkungsstätte des Gutachters ergab hingegen einen ganz anderen Grund für die Aufgabe der früheren Tätigkeit.

Bei meiner zweiten Begeg- nung der unheimlichen Art gab ich vor, Angehöriger zu sein, und täuschte medizini- sche Unwissenheit vor. Die von der AOK Recklinghau- sen veranlasste „Begutach- tung“ wurde von einer offen- sichtlich aus Osteuropa stam- menden Krankenschwester (!) durchgeführt, welche zu- dem schlecht Deutsch sprach.

Die Krönung des Ganzen

Offene Briefe

So genannte „offene Brie- fe“ werden, soweit von all- gemeinem Interesse, re- daktionell ausgewertet. Als Leserbriefe werden sie nicht publiziert. In der Ru- brik Leserbriefe erscheinen grundsätzlich nur solche Briefe, die allein für das Deutsche Ärzteblatt be-

stimmt sind.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

• Streikende Kolleg*innen müssen keineswegs selbst für eine Vertretung sorgen, sie müssen auch Eltern und Schüler*innen nicht über ihre Streikabsicht informieren.. •

Sowohl im Strafrecht als auch in der Berufs- ordnung der Psychotherapeuten sind Ausnahmen von der Schweigepflicht vorgesehen, um Patienten davor bewahren zu können, sich

Gallen, des Inforama Oeschberg, des Schweizer Obstverbands, des Schweizerischen Spirituosenverbands, der Fondation Rurale Interjurassienne sowie des Schweizer Schnaps Forums.

Proble- matisch ist es auch für die Stellung der Versorgungswerke, daß in der Rentenversicherung und der Beam- tenversorgung die Umverteilungslei- stungen ausgeweitet werden, so

Hier ist der Einstieg in das Modul 2 möglich – gerne kann Teil 1 wiederholt werden, hier fallen für Sie nur die Tagungspauschale und Ihre Reisekosten an... Ein

„Signalwirkung” auf Asylsuchende mit wirtschaftlichen Antragsmotiven erhoffte und der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vortrug, die

nen und Dozenten aus 20 medizini- schen Fakultäten beziehungsweise Universitätskliniken und Lehrkran- kenhäusern erarbeiteten und erprob- ten gemeinsam mit dem 14-köpfi-

So werden unter anderem regelmäßig Infor- mationsveranstaltungen für Ärzte in Weiterbildung sowie individuelle Beratungen für angehende Fach- ärzte