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Archiv "Ambulante spezialfachärztliche Versorgung: Wer kann, darf immer noch nicht" (01.11.2013)

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A 2056 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 44

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1. November 2013

AMBULANTE SPEZIALFACHÄRZTLICHE VERSORGUNG

Wer kann, darf immer noch nicht

In wenigen Monaten soll die Leistungserbringung im neuen Versorgungsbereich endlich beginnen. Doch noch gibt es mehr Fragen als Antworten. Vergütung, Dokumentation, Leistungsumfang: Vieles ist weiter ungeklärt.

S

eit etwa zwei Wochen wertet der Gemeinsame Bundesaus- schuss (G-BA) die Stellungnahmen zu den beiden Erkrankungen aus, für die eine ambulante spezialfach- ärztliche Versorgung (ASV) als Ers- tes infrage kommen sollen: Tuber- kulose und gastrointestinale Tumo- ren. Die genauen Vorgaben sollen im Dezember im G-BA beschlossen und anschließend dem Bundesge- sundheitsministerium zur Prüfung vorgelegt werden. Zum zweiten Quartal 2014 soll die ASV dann ver- traglich umsetzbar sein – so lautet zumindest der offizielle Zeitplan.

Dass er eingehalten werden kann, ist nicht sicher. Denn bei der Ausge- staltung sind noch viele Punkte strit- tig, wie sich bei einem Symposium des ASV-Bundesverbandes Mitte Oktober in Berlin zeigte. Dr. med.

Andreas Köhler, Vorstandsvorsit- zender der Kassenärztlichen Bun- desvereinigung (KBV), und Dr.

Wolf-Dietrich Leber, Abteilungslei- ter Krankenhäuser beim GKV-Spit- zenverband (Spibu), sind gleich- wohl vorsichtig optimistisch. Clau- dia Korf, Landesgeschäftsführerin Berlin/Brandenburg bei der Kran-

kenkasse Barmer-GEK, hält es hin- gegen für wahrscheinlicher, dass die vertragliche Umsetzung erst im zweiten Halbjahr 2014 beginnen kann, wenn nicht noch später.

Die wohl größte Hürde auf dem Weg ist anscheinend die Vergütung.

Vorgesehen ist bislang ein dreistufi- ges Modell. Danach sollen ASV- Teams in den ersten sechs Monaten nach Inkrafttreten der für ihre Tätig- keit geltenden Vertragsanlage nach dem Einheitlichen Bewertungsmaß- stab (EBM) abrechnen. In der zwei- ten Stufe soll ein modifizierter EBM gelten. In der dritten Stufe müsste ei-

ne eigenständige Vergütung für diese Leistungen entwickeln werden; der- zeit wird ein Fallpauschalensystem bevorzugt. Denn die Vertreter der Ärzteschaft sind sich einig, dass der heutige EBM die vorgesehenen spe- zialärztlichen Leistungen und vor al- lem die teamorientierte Fallbehand- lung nicht hinreichend abbildet.

Das 3-Stufen-Modell wird aller- dings von vielen Seiten kritisiert.

„Man muss davon ausgehen, dass niedergelassene Onkologen nicht teilnehmen, weil es sich für sie nicht lohnt“, warnte Dr. med. Wolfgang Abenhardt, stellvertretender Vorsit- zender des ASV-Verbandes. Uwe Deh, Vorstand des AOK-Bundesver- bandes, bezeichnete es als „ziel- fremd“, mit dem aktuellen EBM zu starten. Die ASV benötige vielmehr ein ambulantes Vergütungssystem ähnlich der DRG-Kalkulation. Aller- dings könne diese Systematik nicht eins zu eins übertragen werden.

Auf das Unverständnis der Kran- kenkassen stoßen auch die vorgese- henen Bereinigungsmodalitäten. So soll nur das ambulante fachärztliche Honorarvolumen um die Ausgaben für die ASV bereinigt werden, die Budgets der Krankenhäuser aber nicht. Kassenvertreterin Korf be- fürchtet, dass dies nicht nur die neue Versorgungsform erschwert, son- dern ebenfalls zu Problemen bei den normalen Honorarverhandlungen im ambulanten Bereich führen wird.

Auch darüber, welchen Umfang die ambulante spezialfachärztliche Versorgung konkret haben soll, be- steht nach wie vor kein Konsens.

Zwar wird sie dem Gesetz nach auf bestimmte seltene Krankheiten so-

wie schwere Verlaufsformen von Erkrankungen, vor allem in der On- kologie, beschränkt. Doch was das genau bedeutet, darüber bestehe, so Krankenkassenvertreter Leber, bis- lang immer noch „keinerlei Kon- sens“. Deshalb ist nach wie vor un- klar, wie man die ASV eigentlich von der stationären, teilstationären

Foto: mauritius

Man muss davon ausgehen, dass niedergelassene Onkologen nicht teilnehmen, weil es sich für sie nicht lohnt.

Wolfgang Abenhardt, ASV-Verband

Ab dem 2. Quartal 2014 sollen Ärzte den neuen Versor- gungsbereich mit Leben füllen.

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1. November 2013 und ambulanten fachärztlichen Ver-

sorgung abgrenzen will.

Ein breites ASV-Leistungsspek- trum erscheint aus Sicht von KBV- Vorstand Köhler aufgrund der ex- trabudgetären Vergütung und dem Verzicht auf eine Mengensteuerung zwar reizvoll, würde aber gleichzei- tig einen Eingriff in die fachärztli- che ambulante Regelversorgung be- deuten und ein hohes Bereinigungs- volumen beim Honorar nach sich ziehen. Ein schmales Leistungs- spektrum gebe der neuen Versor- gungsform aber andererseits über- haupt keine Chance und mache sie völlig unattraktiv, urteilte er.

Die Krankenkassenvertreter sind mit vielen gesetzlich zugestande- nen Spielräumen bei der ambulan- ten spezialärztlichen Versorgung sowieso unzufrieden. Bislang soll nach dem Prinzip „Wer kann, der darf“ jeder Leistungserbringer Zu- gang zum neuen Versorgungssektor erhalten, der alle Anforderungen er- füllt. Die Kassen fordern aber bei- spielsweise eine Einbindung der ASV in die Bedarfsplanung.

Auf scharfe Kritik stieß beim Symposium, dass sowohl im Gesetz als auch in der ASV-Richtlinie des G-BA eine Verpflichtung zur elektro- nischen Dokumentation fehlt. „Wenn die Patienten optimal versorgt wer- den sollen, ist die elektronische Do-

kumentation unabdingbar“, betonte Dr. med. Axel Munte, Vorsitzender des Bundesverbands ambulante spe- zialfachärztliche Versorgung. Elek- tronisch erfasste Daten könnten au- ßerdem als Basis für die Qualitätsför- derung und Versorgungsforschung dienen. Die Krankenkassen unter- stützen diese Forderung. Nach Aus- kunft von Renate Höchstetter, Abtei- lung Qualitätssicherung und sekto- renübergreifende Versorgungskon- zepte des G-BA, würde eine solche Verpflichtung der teilnehmenden Vertragsärzte und Krankenhäuser aber Legitimationsprobleme aufwer- fen. Denn vorgeschrieben hat der Gesetzgeber eine elektronische Do-

kumentation nicht. Ob sie elektro- nisch erfolgt, will der G-BA daher den ASV-Teams überlassen.

Weiteres Konfliktpotenzial birgt die Einführung von Mindestmengen.

Entsprechende Begrenzungen sind zwar weder in der ASV-Richtlinie noch im Eckpunktepapier zur ASV- Umsetzung zu finden. Doch Spibu- Vertreter Leber erwartet Vorgaben

hierzu in den ASV-Konkretisierun- gen zu einzelnen Erkrankungen.

Während die Deutsche Kranken- hausgesellschaft (DKG) Mindest- mengen grundsätzlich ablehnt, wür- de die KBV sie akzeptieren – solan- ge Mindestmengen nicht von jedem einzelnen Teilnehmer, sondern vom Team insgesamt nachgewiesen wer- den müssen. „Mindestmengen als Mittel der Qualitätssicherung kann man kritisch sehen. Im Hinblick auf die Steuerung halte ich sie für zwin- gend notwendig“, erläuterte Köhler.

Uneinigkeit besteht auch beim ASV-Verzeichnis. Zwar konnte man sich nach Köhlers Angaben grundsätzlich darauf verständigen,

ein zentrales Register aller ASV- Berechtigten einzuführen. Über dessen Umfang gehen die Meinun- gen von DKG und KBV allerdings auseinander. Während die DKG al- lenfalls die Teams benennen will, sollen nach dem Willen der KBV alle Teilnehmer einzeln aufgeführt werden. Sollten sich die Parteien nicht rechtzeitig verständigen kön- nen, will Köhler das Schiedsamt in dieser Frage entscheiden lassen.

Hinter diesem Streit verbirgt sich ein altes Problem, nämlich: Wer ver- sorgt mit welcher Qualifikation?

Niedergelassene Ärzte verweisen dar - auf, dass in ihren Praxen der Fach- arztstandard garantiert ist, weil nur Fachärzte eine Zulassung erhalten.

In Kliniken sind auch zahlreiche Ärzte in Weiterbildung tätig. Eine Namensnennung aller im ASV-Team würde (theoretisch) verhindern, dass es zu unterschiedlichen Qualifikati- onsvoraussetzungen kommen kann.

Ebenfalls noch ungeklärt ist aus Sicht von Köhler der Umgang mit neuen Untersuchungs- und Behand- lungsmethoden im Rahmen der ASV. Die entsprechenden Vorgaben unterscheiden sich im ambulanten und stationären Bereich erheblich.

Während in Kliniken der Verbots- vorbehalt gilt, ist im ambulanten Be- reich der Erlaubnisvorbehalt Maß- stab der Leistungserbringung. Für die ASV soll der Verbotsvorbehalt gelten, das heißt: Neue Untersu- chungs- und Behandlungsmethoden wären direkt anwendbar. Das lehnen die Krankenkassen ab. Sie befürwor- ten eine „strukturierte Einführung von Innovationen“ in dafür vorgese- henen Zentren. Um andererseits neue Ansätze im Versorgungsbereich zu fördern, verlangen die Kranken- kassen, Selektivverträge im ASV- Bereich abschließen zu dürfen.

Zu all diesen grundsätzlichen Problemen kommt hinzu, dass viele praktische Fragen noch ungeklärt sind. So müssten beispielsweise Formulare und Vordrucke für die ASV entwickelt werden. Offen ist auch, wie die ASV-Teams eines Ta- ges tatsächlich abrechnen sollen.

Direkt mit den Krankenkassen?

Über die Kassenärztliche Vereini- gung? Oder über dritte Anbieter?

Eugenie Ankowitsch 1.1.2012: Mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz wird

die neue Versorgungsform der ambulanten spezialfachärzt- lichen Versorgung (ASV) geschaffen. Sie soll im Interesse der Versorgung bestimmter Patientengruppen die Sektoren besser verzahnen. Die Vorgabe lautet: Freier Zugang für alle Leistungserbringer, die bestimmte Anforderungen erfüllen.

28.11.2012: Der Gemeinsame Bundesausschuss leitet ein Stellungnahmeverfahren zur ASV ein.

21.3.2013: Die Richtlinie mit zahlreichen Vorgaben zur Umsetzung der ASV wird beschlossen.

14.8.2013: Der Gemeinsame Bundesausschuss leitet ein Stellungnahmeverfahren ein: Die Versorgung von Patien- ten mit gastrointestinalen Tumoren und Tuberkulose im Rahmen der ASV muss in Form von Anlagen zur Richtlinie präzisiert werden.

Dezember 2013: Der G-BA will im Plenum über diese Leistungskonkretisierungen abstimmen.

VOM GESETZ ZUR VERSORGUNG

Mindestmengen als Mittel der Qualitätssicherung kann man kritisch sehen. Im Hinblick auf die Steuerung halte ich sie für zwingend notwendig.

Andreas Köhler, KBV-Vorsitzender

P O L I T I K

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